Freitag, 31. Januar 2014

Angespannte Lawinensituation in Osttirol - im südlichen Osttirol weiterer Gefahrenanstieg in Richtung sehr großer Lawinengefahr!

Sehr große Neuschneemengen samt starkem Höhenwind führten inzwischen zu einer durchwegs angespannten Lawinensituation in Osttirol. Dort herrscht ebenso wie in den südlichen Stubaier Alpen und den östlichen Ausläufern der Ötztaler Alpen große Lawinengefahr. Die am Vormittag prognostizierte große Gefahr in den Zillertaler Alpen ist bisher aufgrund der geringeren Neuschneemengen nicht eingetreten.
 
 
Bereits am 31.01. in der Früh sind in Osttirol, aber auch in den südlichen Stubaier Alpen viele, teilweise auch große Lawinen abgegangen. Auch am Nachmittag meldeten uns unserer Beobachter aus Osttirol viele hörbare Lawinenabgänge. 2 Personen kamen heute (31.01.)  in Osttirol bei Lawinenabgängen ums Leben. Nähere Infos dazu hier.
 
Starker Wind und Schneefall in Obertilliach am 30.01. abends
 
110cm Neuschnee in Lienz (Foto vom 31.01.2014 nachmittags)
 
Sollten die Niederschlagsprognosen bis Sonntag zutreffen, laut denen in Summe nochmals ein Meter Neuschnee zu erwarten ist, wird die Gefahr sogar auf die höchste Lawinenwarnstufe, das ist sehr große Gefahr, ansteigen! Wir erwarten dann auch sehr große, schadenbringende Lawinen. Vermehrt werden diese in Zentralosttirol aus hohen, schattigen sowie hochalpinen Bereichen aller Expositionen abgehen. Als durchwegs realistisches Szenario muss dabei der völlige Kollaps der Schneedecke im Bereich von bodennahen Schwachschichten angesehen werden.
 
Kürzlich aufgenommenes Schneeprofil in Zentralosttirol; die kompakte Schicht über dem lockeren Fundament kann bei zu großer Auflast kollabieren; Dieses Profil samt weiteren Profilen im Detail sh. hier.
 
In den Osttiroler Dolomiten sowie am Karnischen Kamm ist ein Kollaps aufgrund des günstigeren Aufbaus der Altschneedecke eher unwahrscheinlich. Aufgrund der noch größeren Neuschneemengen können Lawinen dort dennoch mitunter auch sehr groß werden.
 
Für Lawinenabgänge findet man neben bodennahen, mehr oder weniger ausgeprägten, meist lockeren Schichten (kantige Kristalle unter Krusten; Schwimmschnee) folgende Schwachschichten:
 
- kalter lockerer Neuschnee, der ab dem 29.01. massiv verfrachtet wurde.
 
Pulverschnee in Osttirol (29.01.2014)
 
Beginnende massive Verfrachtungen am 29.01. am Alpenhauptkamm; frischer Triebschnee auf kaltem, lockeren Schnee lässt sich sehr leicht stören!
 
In windabgewandten Bereichen hohe Störanfälligkeit des frischen Triebschnees
 
- Weiters haben sich durch das gm.4 seit Montag in steilen bis sehr steilen besonnten Hängen auf dünnen Schmelzkrusten kantige Kristalle gebildet. Dieses Phänomen beobachtete man bis zumindest 2700m hinauf. Bei zahlreichen Lawinenabgängen mit Personenbeteiligung Mitte der Woche war dies die relevante Gleitfläche.
 
Diese Lawine im hinteren Radurschltal wurde durch eine Gämse ausgelöst. Die Schwachschicht bestand aus kantigen Kristallen auf einer Schmelzkruste
 
- Zudem findet man nicht nur schattseitig (vermehrt im kammnahen Bereich) noch eingeschneiten Oberflächenreif…
 
Bei diesem Stabilitätstest war Oberflächenreif die primäre Ursache des Bruches (29.01.2014); 2900m Radurschltal
 
Am 01.02. kann es in tiefen Lagen mitunter zu regnen beginnen. Gleitschneelawinen werden dadurch noch wahrscheinlicher. Wegen der großen  Schneemengen im Süden Osttirols können Gleitschneelawinen auch groß bis sehr groß werden.
 
Unberechenbare Gleitschneelawinen in vielen Teilen Osttirols stellen eine besondere Herausforderung für die schwierige Arbeit der Lawinenkommissionen dar!
 
Am Abend des 01.02. soll dann mit der zu erwartenden Abkühlung und neuerlichen Intensivierung der Niederschläge die Schneefallgrenze laut Auskunft der ZAMG Wetterdienststelle wieder in die Täler sinken.
 
Mit einer Entspannung der Situation ist mit Nachlassen der Niederschläge im Verlauf des Sonntags, dem 02.02. zu rechnen.