Mittwoch, 5. Februar 2014

Umfangreiche Verfrachtungen samt störanfälligem Triebschnee oberhalb der Waldgrenze; Lawinenauslösungen durch Wintersportler

Frischer Triebschnee lässt sich zurzeit leicht durch geringe Zusatzbelastung auslösen. Dies bestätigen unsere Schneedeckenuntersuchungen, zahlreiche Rückmeldungen von Wintersportlern und Beobachtern, ausgezeichnete Sprengerfolge, aber auch Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung der vergangenen Tage. Vermehrt betroffen ist derzeit Steilgelände im Sektor W über N bis O oberhalb der Waldgrenze. Oberhalb etwa 2300m dehnen sich die Gefahrenbereiche dann zunehmend auch auf die übrigen Expositionen aus. [Darunter haben in besonnten Hängen der Strahlungseinfluss (auch wenn dieser teilweise eher diffus war) sowie die warmen Temperaturen zu einer leichten Stabilisierung beigetragen.]
 
Starker Wind prägt die Schneedecke oberhalb der Waldgrenze (Südliche Stubaier Alpen) Foto vom 03.02.2014
 
Hohe Auslösebereitschaft frischer Triebschneepakete; Niederer Berg (Südliche Stubaier Alpen); Foto vom 03.02.2014)
 
Lawinen gingen am 03.02. vereinzelt auch spontan ab; Tuxer Alpen (Foto vom 04.02.2014)
 
Kammnahes, spontanes Schneebrett in den Tuxer Alpen (Foto vom 04.02.2014)
 
Lawinen wurden auch wieder von Wintersportlern ausgelöst. 6 Skitourengeher hatten am 04.02.2014 in der Schlick am Weg Richtung Hohen Burgstall großes Glück, als sie eine Schneebrettlawine auslösten. Da nicht sicher war, ob es ev. weitere Verschüttete gab, wurde eine große Suchaktion gestartet. Es konnte Entwarnung gegeben werden.
 
Lawineneinsatz nach Lawinenabgang unterhalb des Hohen Burgstalls in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto vom 04.02.2014)
 
Ebenso ging ein Lawinenabgang im Schmirntal am N-exponierten Gipfelhang zur Ultenspitze glimpflich aus, wie einer unterhalb des Wiesjaggls im Nahbereich des Kaunertaler Gletscherskigebietes. Die Dunkelziffer an Lawinenauslösungen dürfte derzeit sehr hoch sein!
 
Schneebrettlawinen lösen sich dabei meist an der Grenzfläche zwischen Triebschnee und lockerem Pulverschnee. Man findet aber auch kantige Kristalle, die sich während Strahlungsnächten Ende Jänner gebildet haben, im Südsektor zudem kantige Kristalle auf Schmelzkrusten (gm.4. sh. vorige Blogeinträge). Letztere verbinden sich unterhalb etwa 2300m zusehends mit dem darüber gelagerten Schnee, weiter oben sind diese noch problematisch. (Gestern am 04.02. untersuchten wir im Anrissbereich der Unfalllawine am Kleinen Gilfert die Schneedecke. Es bestätigte sich dort unsere Annahme, dass sich das Schneebrett auf kantigen Kristallen auf einer Schmelzkruste löste.)
 
Schneeprofil: Unfalllawine Kleiner Gilfert, auf einer dünnen, kantigen Schicht oberhalb einer Schmelzkruste löste sich das Schneebrett. Sonnseitig bildet sich nun zunehmend eine Schmelzkruste aus; oberflächennah wird die Schneedecke mancherorts feucht; unterhalb von 2300m kann im Südsektor von einer zunehmenden Stabilisierung der Schneedecke ausgegangen werden.
 
Eingeschneiter Oberflächenreif dürfte unseren Infos zufolge zunehmend an Bedeutung verlieren, in großen Höhen, kammnah und schattseitig jedoch vereinzelt noch eine Rolle spielen.
 
Eine Störung der in Bodennähe teilweise locker aufgebauten Altschneedecke durch Wintersportler ist nur mehr im extremen Steilgelände in großen Höhen durch große Zusatzbelastung denkbar. Möglich ist dies allerdings auch noch durch primären Bruch eines Schneebretts in oberflächennahen Schichten samt folgender, massiver Zusatzbelastung des abgehenden Schneebretts (Rückmeldungen über große Schneebrettauslösungen in den Südlichen Ötztaler Alpen in bodennahen Schichten durch primäre Sprengung frischer Triebschneepakete samt folgendem Kollaps der Altschneedecke bestätigen dieses Szenario. Betroffen davon sind v.a. Höhenlagen oberhalb etwa 2400m.)
 
Südseitig konnten zumindest in Nordtirol einige kleine, feuchte Lockerschneerutsche beobachtet werden.
 
Feuchtschneerutsch aus südexponiertem Gelände in den Tuxer Alpen (Foto vom 04.02.2014)
 
Zusehends leidet nun auch die Schneequalität…(Foto vom 04.02.2014)
 
Das Wetter ist derzeit weiterhin zweigeteilt. Im Norden aufgelockert durch Föhn, im Süden trüb.
 
Von Süden staut das Schlechtwetter herein. Im Norden aufgelockert bewölkt und sehr mild (Foto vom 04.02.2014)
 
Trüb in Osttirol, wie hier in Obertilliach (Foto vom 04.02.2014)
 
In Osttirol muss weiterhin auf Gleischneelawinen auf steilen Wiesenhängen geachtet werden. Bereiche unterhalb von Rissen sollten wegen des nicht prognostizierbaren Abgangszeitpunktes möglichst gemieden werden.
 
In Summe weiterhin unsere Empfehlung: Unerfahrene Personen sollten möglichst auf den gesicherten Pisten bleiben. Wer sich im freien Skigelände aufhält, sollte über lawinenkundliches Wissen verfügen und nicht zu steil unterwegs sein. Günstiger ist es derzeit nur in den neuschneeärmeren Regionen im Norden im ständig verspurten Gelände sowie unterhalb der Waldgrenze (dort wo keine Gefahr von Gleitschneelawinen droht).
 
Skifahren macht auch im weniger steilen Gelände Spaß!