Dienstag, 16. Januar 2018

Zunehmend heikle Lawinensituation durch eingeschneiten Oberflächenreif. In den neuschneereichen Gebieten wird die Gefahr auf groß ansteigen.

Laut ZAMG-Wetterdienststelle kommt während der kommenden Tage wieder einiges an Schnee zusammen. Betroffen davon sind v.a. Nordtirol sowie die Osttiroler Tauern. Am meisten wird es im Westen und Norden des Landes schneien. Dort kann lokal sogar die 100cm-Marke überschritten werden. Begleitet wird der Schneefall von stürmischem Wind aus dem Sektor NW bis W.


Die Schneedecke war bis zum gestrigen Tag, dem 15.01.2018 vielerorts stabil. Allerdings bildete sich während der vorangegangenen Tage an der Schneeoberfläche verbreitet über das ganze Land eine zum Teil sehr ausgeprägte Schicht aus Oberflächenreif. (Übrigens ein großes Dankeschön für die zahlreichen Rückmeldungen!). In nebelbeeinflussten Gebieten, wie im Unterland bzw. in Osttirol, war die Oberflächenreifbildung nochmals verstärkt. Dies war zum Teil auch im kammnahen, schattigen Gelände (bedingt durch den Nigg-Effekt) der Fall.

Oberflächenreif: Wunderschön zum Anschauen. Gefährlich, sobald eingeschneit. Verstärkte Oberflächenreifbildung in Kammnähe durch Nigg-Effekt: Silleskogel, Region Zillertaler Alpen (Foto: 14.01.2018)

Nebel im Lienzer Becken (Foto: 12.01.2018)
Die Auswirkungen von Nebeleinfluss in Zentralosttirol (Foto: 15.01.2018)

Oberflächenreif im Arlberggebiet (Foto: 15.01.2018)

Oberflächenreif bei Fieberbrunn (Foto: 14.01.2018)

Im schattigen Gelände sowie im flacheren besonnten Gelände ist der Oberflächenreif  durchwegs locker. Dieser lagert zudem häufig noch auf einer mehrere Zentimeter dicken Schicht aus lockeren, kantigen und filzigen Kristallen. Alles zusammen ergibt eine gefährliche Schwachschicht für die vorhergesagten Schneefälle.

Abfahrtsgenuss auf einer oberflächennah aufbauend umgewandelten Schneedecke. Im Vordergrund glitzern Oberflächenreifkristalle, Tuxer Alpen (Foto: 15.01.2018)

Die Konsequenz: Dort, wo gebundener Schnee auf dieser Schwachschicht zu liegen kommt, muss von einer sehr hohen Störanfälligkeit der Schneedecke ausgegangen werden. Es ist mit Fernauslösungen aus flachem Gelände zu rechnen. Auch spontane Schneebrettlawinen werden nicht ausbleiben. Vermehrt wird man diese im Westen des Landes mit Intensivierung der Niederschläge bereits ab den Abendstunden beobachten können. Morgen am 17.01. wird dies dann auch in den neuschneereicheren Regionen weiter im Osten zu beobachten sein. Dabei wird es sich anfangs um kleine bis maximal mittelgroße Lawinen handeln. Ein Durchbrechen in tiefere Schichten erscheint aufgrund des aktuellen Schneedeckenaufbaus und der Vorgeschichte des Winters (u.a. Auswirkungen der Warmfront vom 04.01. bzw. des Südföhns vom 09.01.) weniger wahrscheinlich.

Wir erwarten erhöhte, spontane Lawinenaktivität im neuschnee- und windbeeinflussten, schattigen und unverspurten bzw. wenig verspurten Steilgelände. (Foto: 15.01.2018)

Im besonnten Steilgelände wurde der Oberflächenreif durch Sonneneinstrahlung umgewandelt. Entweder wurde dieser zerstört, oder aber es haben sich dünne Schmelzkrusten mit noch erkennbaren, verkrusteten Oberflächenreifkristallen gebildet. Dies trifft zumindest für Höhenlagen unterhalb etwa 2800m zu. In den vermehrt von Nebel beeinflussten Gebieten kann Oberflächenreif jedoch auch im besonnten Gelände mitunter noch lockerer sein.

Feuchter, bereits mit der Schneeoberfläche leicht verkrusteter Oberflächenreif im besonnten Steilgelände auf ca. 2200m, Sektor Süd. (Zillertaler Alpen) (Foto: 15.01.2018)


Während windärmerer Phasen der aktuellen Neuschneefälle kann zwischen gebundenen Schichten lockerer Pulverschnee eingelagert sein. Dieser bildet dann eine mögliche Schwachschicht.

Kurz zusammengefasst:

Eingeschneiter Oberflächenreif wird vermehrt im Sektor W über N bis O zu Problemen führen.

Es werden sich zahlreiche Gefahrenstellen ausbilden. Die Auslösewahrscheinlichkeit ist sehr hoch.

Wintersportler sollten deshalb vorerst sehr defensiv unterwegs sein.
Unerfahrenen Personen raten wir (wieder einmal) auf den gesicherten Pisten zu bleiben.

Besser ist es vorerst nur im südlichen Teil Osttirols, wo es deutlich weniger schneien soll. Dennoch gilt auch dort: Frischen Triebschnee konsequent meiden.

Wir hatten diesen Winter schon einmal eine ähnliche Situation im Norden des Landes, als sich Anfang Dezember Oberflächenreif bildete. In kurzer Zeit wurden 12 Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung gemeldet.