Donnerstag, 20. Januar 2022

Mit Neuschnee und Wind entstehen gebietsweise gefährliche Triebschneeansammlungen. Vermehrte Gefahrenstellen in Schattenhängen sowie in Kammlagen!

Frischen Triebschnee kritisch beurteilen

Nach einer langen Phase mit günstigen Lawinenverhältnissen stellt sich die Lawinensituation insbesondere in  den neuschneereicheren Regionen nun um. Im Norden sowie v.a. den  östlichen Landesteilen Nordtirols soll es bis Sonntag, 23.01.2022 zwischen etwa 30cm und 50cm, lokal auch mehr schneien, am meisten wohl in den Waidringer und den Östlichen Kitzbüheler Alpen.

72h Neuschneeprognose.: Schwerpunkt der Niederschläge im (Nord-)Osten des Landes
72h Neuschneeprognose.: Schwerpunkt der Niederschläge im (Nord-)Osten des Landes


Begleitet wird der Neuschnee von starkem bis stürmischem Wind. Dadurch entstehen zumindest oberhalb der Waldgrenze umfangreiche Triebschneeansammlungen. Diese werden in bisher eher windberuhigten, schattigen Steilhängen am leichtesten zu stören sein. Dort besteht die Altschneeoberfläche nämlich meist aus lockeren Kristallen, welche für die darüber gelagerten Triebschneepakete eine gefährliche Schwachschicht bilden werden. Entsprechend leicht können dort Schneebrettlawinen bereits durch das Gewicht eines einzelnen Wintersportlers oder einer Snowboarderin ausgelöst werden. In den besonders neuschneereichen Gebieten ist dann auch mit spontanen Lawinenabgängen zu rechnen. Vorsicht überdies in Kammlagen aller Hangrichtungen sowie im Steilgelände hinter Geländekanten.


In Schattenhängen trifft man vermehrt auf Gefahrenstellen

Unterwegs in den Östlichen Kitzbüheler Alpen. Schattig besteht die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen aus lockeren kantigen und filzigen Kristallen. Diese lagern auf der Regenkruste von Ende Dezember. Auch die Basis der Schneedecke ist häufig locker. (Foto: 14.01.2022)
Unterwegs in den Östlichen Kitzbüheler Alpen. Schattig besteht die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen aus lockeren kantigen und filzigen Kristallen. Diese lagern auf der Regenkruste von Ende Dezember. Auch die Basis der Schneedecke ist häufig aus kantigen Kristallen aufgebaut. (Foto: 14.01.2022)


Ein sehr ähnliches Bild in der Silvretta. Schattig ist die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen locker - die entscheidende Schwachschicht für darüber gelagerte Triebschneepakete. (Foto: 19.02.2022)
Ein sehr ähnliches Bild in der Silvretta. Schattig ist die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen locker - die entscheidende Schwachschicht für neue Triebschneepakete. (Foto: 19.02.2022) 


Mitunter hat sich im Schatten auch noch Oberflächenreif halten können. Dort wo dies der Fall ist, muss man von einer hohen Störanfälligkeit des darüber gelagerten Neu- bzw. Triebschnees ausgehen. Gebietsweise kann dies auch für schattige Waldlichtungen zutreffen. Foto aufgenommen am 15.01.2022 auf 1100m im Mieminger Gebirge.
Mitunter hat sich im Schatten auch noch Oberflächenreif halten können. Dort wo dies der Fall ist, muss man von einer hohen Störanfälligkeit des darüber gelagerten Neu- bzw. Triebschnees ausgehen. Gebietsweise kann dies auch für schattige Waldlichtungen zutreffen. Foto aufgenommen am 15.01.2022 auf 1100m im Mieminger Gebirge.


Bezeichnend für die vergangene Woche war eine deutliche Temperaturinversion: Im Tal war es kälter als auf den Bergen. Hier am Karnischen Kamm bildete sich große Oberflächenreifkristalle. (Foto: 14.01.2022)
Bezeichnend für die vergangene Woche war eine deutliche Temperaturinversion: Im Tal war es kälter als auf den Bergen. Hier am Karnischen Kamm bildeten sich im Talbereich große Oberflächenreifkristalle. (Foto: 14.01.2022)


Bessere Ausgangslage in  Sonnenhängen

In besonnten, sehr steilen Hängen hingegen wirkten die warmen Temperaturen sowie die Strahlung auf die Schneedecke ein. Einerseits aperte die Schneedecke dadurch weiter aus. Andererseits bildeten sich vermehrt oberflächennahe Krusten. Zudem förderte das in die Schneedecke eingedrungene Schmelzwasser samt folgendem Gefrieren während klarer, kühler Nächte die Verbindung bereits bestehender Krusten untereinander. Fazit: Schwachschichten im Altschnee sind dort viel seltener anzutreffen. Zu beachten ist allerdings insbesondere für die niederschlagsreichen Regionen, dass sich während des Schneefalls Schwachschichten im Neuschneepaket bilden können (Graupel oder lockerer, überwehter Neuschnee).


Fortschreitende Ausaperung im besonnten Gelände. Osttiroler Tauern (Foto. 16.01.2022)
Fortschreitende Ausaperung im besonnten Gelände. Osttiroler Tauern (Foto. 16.01.2022)


Aus extrem steilem Gelände lösten sich mancherorts feuchte Lockerschneelawinen (Foto: 15.01.2022)
Aus extrem steilem Gelände lösten sich mancherorts feuchte Lockerschneelawinen (Foto: 15.01.2022)


Schneeprofil auf 2685m, SW, 36°. Interessant sind die zwischen und unterhalb von Schmelzkrusten vorhandenen, gefrorenen Wasserkanäle, welche stabilisierend wirken. (Foto: 19.01.2022)
Schneeprofil auf 2685m, SW, 36°. Interessant sind die zwischen und unterhalb von Schmelzkrusten vorhandenen, gefrorenen Wasserkanäle, welche stabilisierend wirken. (Foto: 19.01.2022)  


Zurückhaltung im freien Gelände in den neuschneereichen Regionen

Ganz klar, dass nach der langen niederschlagsfreien Durststrecke "Powderalarm" angesagt ist. Dennoch appellieren wir an die Vernunft der WintersportlerInnen, sich nicht gedankenlos dem Pulverrausch hinzugeben, sondern das Verhalten den Verhältnissen anzupassen. Wer in den neuschneereichen Regionen im freien Gelände unterwegs sein möchte, sollte nicht nur über sehr gutes lawinenkundliches Wissen verfügen sondern auch zurückhaltend unterwegs sein.