Samstag, 27. Februar 2021

Hinweis auf weitere alpine Gefahren - (neben der Lawinengefahr)

Frühjahrsverhältnisse

Das schöne Wetter mit klaren Nächten beschert uns ab Sonntag, 27.02.2021 klassische Frühjahrsverhältnisse: Am Morgen überwiegen günstige Bedingungen. Die Lawinengefahr steigt während des Tages aufgrund Erwärmung und Sonneneinstrahlung (etwas) an. Die spontane Lawinenaktivität hat dabei im Vergleich zur vergangenen Woche inzwischen deutlich abgenommen. Wintersportler*innen können v.a. dort, wo die Schneedecke während des Tages im Steilgelände feucht bzw. nass wird, noch Schneebrettlawinen auslösen. Die Hauptgefahr bilden jedoch Gleitschneelawinen, insbesondere im schneereichen Osttirol.


Weitere alpine Gefahren

Neben der Lawinengefahr möchten wir dieses Forum auch dazu benützen auf weitere, aktuell zu beachtende (alpine) Gefahren hinzuweisen.


Absturzgefahr auf harter Schneeoberfläche

Unmittelbar mit der nächtlichen Ausstrahlung und oberflächigen Verfestigung der Schneedecke zusammenhängend, sollte man eine mögliche Absturzgefahr auf der harten Schneeoberfläche beachten. Es erscheint ratsam, rechtzeitig Harscheisen oder gegebenenfalls sogar Steigeisen (samt Pickel) zu verwenden.



In den Morgenstunden ist die Schneedecke nach klaren Nächten vielerorts tragfähig gefroren.


Gefahr durch Wechtenbrüche

Gerade jetzt im Frühjahr nimmt die Gefahr von spontanen Wechtenbrüchen stetig zu. Wichtig erscheint insbesondere aber, dass man sich der Existenz von Wechten bewusst ist, damit man nicht versehentlich auf Wechten steigt, die unter der künstlichen Zusatzbelastung brechen könnten.


Wechten: Schön anzuschauen, aber heimtückisch (Foto: 18.02.2021)


Gefahr durch Spaltenstürze

Am Donnerstag, 25.02.2021 ist eine Person am Großvenediger durch einen Spaltensturz ums Leben gekommen. Die Person war nicht angeseilt. Aufgrund der intensiven Niederschläge im Süden des Landes mag der Eindruck entstanden sein, dass die Schneeauflage auf Gletschern außerordentlich gut sei. Man muss jedoch bedenken, dass gerade hochalpin während Schneefälle stürmischer Wind vorherrschte, der mitunter viel Schnee verfrachtete. Die Schneemächtigkeit kann deshalb aktuell auf windexponierten Gletschern für die Jahreszeit unterdurchschnittlich sein.


Bergrettungseinsatz Spaltensturz Großvenediger (Foto: 25.02.2021)


Die gebrochene Schneebrücke. Man erkennt die teilweise nur sehr dünne Überdeckung (Foto: 25.02.2021)


Schneebrücken über Bachläufe

Wir beobachten aktuell, dass die Bäche langsam wieder offen(er) werden. Diese führen durch die Schmelze mehr Wasser. Schneebrücken werden dadurch dünner und störanfälliger. Also, Vorsicht beim Queren von Bäche mit viel Wasser. Es besteht Ertrinkungsgefahr! Denn nicht immer gibt es die Möglichkeit, wie bei unterem Foto - eine Holzbrücke über den Bach...





Gespannte Seile beim Zustieg auf die Adlersruhe

Eine sehr lokale, aufgrund der Beliebtheit des Tourengebiets jedoch hervorzuhebende Gefahr ergibt sich aktuell im Bereich der Materialseilbahn, die auf die Adlersruhe führt(e). Eine sehr große Schneebrettlawine von der Langen Wand im Großglocknergebiet zerstörte diese nämlich am 06.12.2020.


Im Vordergrund eine zerstörte Stütze der Materialseilbahn auf die Adlersruhe. Am linken Bildrand befindet sich der Großglockner. Rechts der Stützenoberkante erkennt man das Einzugsgebiet der Schadenslawine (Foto: 17.12.2021)


Nun sind die Seile der Materialseilbahn im Mittelteil der Bahn unter Schnee begraben und befinden sich ca. 50-70 m seitlich versetzt der normalen Führung. Sie sind somit aktuell unter großer Spannung. Ein - bei fortschreitender Abschmelzung - möglicher Seilausschlag stellt eine große Gefährdung für Skitourengeher*innen dar. Dies gilt auch für die Bergstation der Bahn, wo große Zugkräfte wirken. Dieser Umstand veranlasste den Hüttenwirt der Adlersruhe, Toni Riepler, die gefährdeten Bereiche großräumig abzuriegeln und zu markieren.








Die Schadenslawine. Links am oberen Bildrand der Großglockner, rechts entlang des Grates ein Kreis - die Adlersruhe. 

Donnerstag, 25. Februar 2021

Gleitschneelawinen bilden die Hauptgefahr - Tageszeitlichen Gang der Lawinengefahr beachten

Zahlreiche spontane Lawinenabgänge


Während der vergangenen Woche sind in Tirol zahlreiche Lawinen von selbst abgegangen. Betroffen waren vor allem, steile, von der Sonne beschienene Hänge bis in Höhenlagen von etwa 2700m hinauf. Gehäuft wurden Nass- und Gleitschneelawinen unterhalb etwa 2400m beobachtet.



Ablagerungen frischer Nassschneelawinen am Fließer Berg, Süd, 2100m (Foto: 23.02.2021)



Schneebrett-, Gleit- und Lockerschneelawinen in der Samnaungruppe. Am linken Bildrand erkennt man ein Gleitschneemaul - ein Vorzeichen einer möglichen Gleitschneelawine (Foto: 23.02.2021)



Gefährdungspotential für exponierte Verkehrswege, Gschnitztal, Foto: 23.02.2021



Spontaner Lawinenabgang aus extrem steilem südexponierten Gelände. Zentrale Lechtaler Alpen (Foto: 23.02.2021)



Kleine Gleitschneelawine mit großer Folgewirkung. Diese Lawine verschüttete die Zufahrtsstraße nach Kals - sh. unteres Foto (Foto: 23.02.2021)



Lawinenablagerung obiger Lawine auf der Kalser Landesstraße (Foto: 23.02.2021)


Erfolgreiche Lawinensprengungen 


Aufgrund erhöhten Gefährdungspotentials mancher Straßenabschnitte im schneereichen Osttirol wurden dort u.a. auch Lawinen künstlich vom Hubschrauber aus gesprengt. Zum richtigen Zeitpunkt durchgeführt, waren die Sprengungen durchwegs sehr erfolgreich, wie folgendes Video zeigt.



Lawinensprengung für die Sicherung der Kalser Landesstraße (Video: 24.02.2021)


Einige Lawinen mit Personenbeteiligung bzw. einige Lawineneinsätze


Ebenso sind uns einige Lawinenabgänge gemeldet worden, bei  denen Personen beteiligt waren bzw. bei denen Lawineneinsätze aufgrund unklarer Situationen initiiert wurden. Unserem Informationsstand kamen dabei keine Personen zu Schaden. Hier eine grobe Auflistung:
 
17.02.2021 11:50 Uhr: Nederkogel, Gurgler Gruppe, Südost, 2650m, 
20.02.2021 09:50 Uhr: Lämpermahdspitze, Nördliche Ötztaler und Stubaier Alpen, Ost, 2400m
20.02.2021 11:35 Uhr: Vordere Brandjochspitze, Karwendel, Südost, 2250m
20.02.2021 --:-- Uhr : Kesselspitze, Nördliche Ötztaler und Stubaier Alpen, Nordost, 2300m
21.02.2021 13:15 Uhr: Hohe Warte, Westl. Tuxer Alpen, Nord, 2250m
23.02.2021 17:40 Uhr: Arzler Reise, Karwendel, Süd, 1950m
24.02.2021 11:00 Uhr: Foppmandl, Zentrale Stubaier Alpen, Nordost, 2350m
24.02.2021 12:15 Uhr: Kleiner Kaserer - Wildlahnertal, Westliche Tuxer Alpen, Südwest, 2100m
24.02.2021 15:15 Uhr: Arztaler Hochleger, Westliche Tuxer Alpen, 2200m, Süd
25.02.2021 07:45 Uhr: Zirmeggenkar, Gurgler Gruppe
25.02.2021 12:45 Uhr: Riffelsee Talabfahrt, Weißkugelgruppe
25.02.2021 14:15 Uhr: Schafkar, Lechtaler Alpen, Südost, 2300m
25.02.2021 15:50 Uhr: Gleierschköpfe, Karwendel


Nachteinsatz Arzler Reise, Karwendel (Foto: 23.02.2021)


Lawineneinsatz Arztal-Hochleger (Foto: 24.02.2021)


Lawinenabgang Foppmandl (Foto: 24.02.2021)


Schneebrett Kleiner Kaserer-Wildlahnertal (Foto: 24.02.2021)


Lawinenabgang Zirmeggenkar (Foto: 25.02.2021)


Schneebrett Schafkar (Foto: 25.02.2021)


Systematische Schneedeckenuntersuchungen als Basis für die Gefahreneinschätzung


Die vergangenen Tage konzentrierten wir uns auf die Beobachtung der zunehmenden Durchfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke. Im Rahmen einer großräumigen Geländeerkundung unter Zuhilfenahme des Landeshubschraubers konnten wir systematisch Schneedeckenuntersuchungen durchführen.  


Landeplatz bei der Wetterstation Gallreideschrofen im Pitztal (Foto: 23.02.2021)


Wir nützten diese Gelegenheit gleich auch dazu, die für einige Wetterstationen eingerichteten Schneedeckensimulationen zu verifizieren. Das Ergebnis war verblüffend. Realität und Modell passten gut zusammen.


Steter Temperaturanstieg, gute nächtliche Ausstrahlung und Abkühlung sowie tageszeitliche Durchfeuchtung der Schneedecke - Station Gallreideschrofen.


Schneeprofil im Nahbereich der Wetterstation Gallreideschrofen, Osthang, 2190m, Isotherme Schneedecke, also durchwegs feucht und 0°C. Potentielle Schwachschichten innerhalb der Schneedecke


Schneedeckensimulation: Linker Teil: Die roten Drei- und Vierecke zeigen mögliche Schwachstellen aufgrund eines Nassschneeindizes. Rechter Teil zeigt das simulierte Schneeprofil für den Stationsstandort Gallreideschrofen.


Wenige Meter von obigem Profil entfernt in einem 23° steilen NW-Hang: Die Schneedecke hat noch Temperaturreserven, d.h. Die Wärme macht der Schneedecke schattig in der Höhenlage noch nichts aus.



Karte für die EUREGIO-Region mit Nassschneeindizes für ausgewählte Stationen und simulierte  Südhänge: Je röter, desto instabiler.


Interessant war wiederum der in der Luft vorhandene Saharastaub, der die Sicht insbesondere zwischen dem 22.02. und 24.02. eintrübte.




Häufig findet man an der Schneeoberfläche bzw. in deren Nahbereich Saharastaub von Anfang Februar. Dieser fördert die Wärmeaufnahme und dadurch die Durchfeuchtung der Schneedecke (Foto: 23.02.2021)


Ausblick für die kommenden Tage


Die Frühjahrsverhältnisse mit einem tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr bleiben vorerst bestehen. Eine schwache Kaltfront, die Tirol von Freitag auf Samstag erreicht, führt zu einer Besserung der Situation mit einem geringeren tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr, als dies während der vergangenen Woche der Fall war. Ab Sonntag, 28.02. soll sich neuerlich ein stabiles Hochdruckgebiet über Tirol etablieren.

Die Hauptgefahr werden Gleitschneelawinen darstellen, die auf steilen Wiesenhängen abgleiten können. Diese Lawinen können zu jeder Tages- und Nachtzeit, auch bei tragfähigem Schmelzharschdeckel abgehen. Deshalb unser Rat: Meidet Bereiche unterhalb von Gleitschneerissen. Im schneereichen Osttirol können Gleitschneelawinen weiterhin gefährlich groß werden und dabei u.a. auch Wanderwege oder Forststraßen gefährden.

Bereits abgegangene Gleitschneelawinen bzw. Gleitschneerisse auf der Nordkette oberhalb von Innsbruck (Foto: 24.02.2021)


Für den Wintersportler gilt: Bei guter Tourenplanung, sprich guter Zeiteinteilung dominieren nach klaren Nächten - abgesehen vom Gleitschneeproblem - gute Bedingungen. Während der Morgenstunden besteht allerdings auf der meist hart gefrorenen Schneeoberfläche Absturzgefahr. Im Gratbereich lauert mancherorts zudem die Gefahr von Wechtenbrüchen.

Montag, 22. Februar 2021

Vorsicht: Gleitschneelawinen können zu jeder Tages- und Nachtzeit abgehen - auch Wanderwege und Forststraßen können gefährdet sein!

Die Schneedecke verliert mit Wassereintrag an Festigkeit


Mit den überdurchschnittlich warmen Temperaturen und der Sonneneinstrahlung stellen wir aktuell eine fortschreitende Durchfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke fest. Dies trifft besonders für Sonnenhänge unterhalb etwa 2600m sowie für Schattenhänge unterhalb etwa 1800m zu.


Bezeichnend für die aktuelle Situation: Steter Temperaturanstieg während der vergangenen Tage. Schnee-Oberflächentemperatur unterliegt einem Tagesgang und erreicht ab dem späten Vormittag 0 Grad. Intensiver Strahlungseintrag. 


Das in die Schneedecke eindringende Wasser erreicht dort zunehmend auch den Boden. Die Schneedecke ist dann isotherm, man misst somit vom Boden bis zur Schneeoberfläche überall 0°C.

Schneeprofil Jöchlspitze im Außerfern: Isotherme Schneedecke auf knapp 1700m im 6° steilen südexponierten Gelände


Je tiefer die Höhenlage bzw. auch je steiler und je sonnenexponierter ein Hang, desto massiver ist dieser Durchfeuchtungsprozess. In höheren Lagen schaut es entsprechend noch besser aus.


Gestern am 21.02. war die Schneedecke im Karwendel in einem 38° steilen, Südhang auf 2680m nur oberflächig nass. Dort gibt es noch Temperaturreserven und dauert somit noch bis zu einer massiveren Destabilisierung der Schneedecke. 


Gleitschneelawinen können jederzeit abgehen - Gefährdung exponierter Verkehrswege, Wanderwege oder Forststraßen


Mehr Wasser an der Grenzfläche zwischen Boden und Schneedecke bedeutet auf glattem Untergrund eine geringere Reibung und dadurch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Abgleitens der gesamten Schneedecke. Deshalb beobachten wir konkret seit vorgestern, 20.02. nachmittags, vermehrt Gleitschneelawinen im gesamten Land. Gemein an dieser Lawinenart ist der Umstand, dass auch während klarer Nächte, wenn die Schneeoberfläche tragfähig gefriert, der Gleitprozess am Boden weiter fortschreitet. Gleitschneelawinen können deshalb auch mitten in der Nacht abgehen! In den schneereichen Regionen, wie z.B. in Osttirol sind diese Lawinen zum Teil auch groß und gefährden dadurch nicht nur exponierte Verkehrswege, sondern beispielsweise auch Wanderwege oder Forststraßen!


Gleitschneelawine im Nahbereich einer Aufstiegsspur. Defereggental (Foto: 21.02.2021)


Gefährdung von Zustiegen bzw. Abfahrten im Südlichen Osttirol durch - vom Tal nicht einsehbaren Gleitschnee-Lawinen-Einzugsgebieten. Sehr heimtückisch! (Foto: 21.02.2021)



Frische Gleitschneelawine aufgrund vermehrten Wassereintrags in die Schneedecke im Schmirntal in den Westlichen Tuxer Alpen. (Foto: 22.02.2021)



Durchnässung fördert auch den Abgang von Schneebrettlawinen - tageszeitlichen Gang beachten


Befinden sich innerhalb der Schneedecke Schwachschichten aus aufbauend umgewandelten Kristallen, so kann Wassereintrag zu deren Schwächung führen. Als Folge können sich dort Schneebrettlawinen lösen. Aktuell betrifft dies Steilhänge im Sektor O über S bis W unterhalb etwa 2400m. Wenn das Einzugsgebiet groß genug ist, sind auch dort mitunter gefährlich große Schneebrettlawinen vorstellbar. Im Gegensatz zu Gleitschneelawinen unterliegen Schneebrettlawinen aber eindeutig einem tageszeitlichen Gang - von frühmorgens nach klaren Nächten meist günstigen Verhältnissen steigt deren Auslösewahrscheinlichkeit während des Tages stetig an.  


Schneebrettlawinen Rotgabele (Schobergruppe). Aus den Bildern kann auch abgeleitet werden - und das passt zur aktuellen Situation in Osttirol - dass die Schneedecke in tieferen Schichten stabil ist (kein Durchbrechen aufgrund der großen Zusatzbelastung der abgehenden Lawinen in tiefere Schichten) -  (Foto: 21.02.2021)



Ablagerungsgebiet der Lawine Rotgabele - Gefährdungspotential! (Foto: 21.02.2021)



Eine ähnliche Situation bei der Wolgemuthalm (Gschlöss). Lawinenablagerung auf Zustiegsweg. (Foto: 22.02.2021)


Nasse Lockerschneelawinen

Während der vergangenen Tage konnte man zudem auch vermehrt nasse Lockerschneelawinen aus besonntem, extrem steilen Gelände beobachten. Unterhalb des Brandjochs auf der Nordkette wurde beispielsweise ein Wintersportler von einer Lockerschneelawine erfasst, mitgerissen und verletzt. Die Gefahr nasser, spontaner Lockerschneelawinen nimmt inzwischen eher wieder ab. Eine künstliche Auslösung durch Wintersportlern ist bei entsprechend nasser Schneeoberfläche aber weiterhin vorstellbar.



Bei den eingezeichneten Pfeilen erkennt man Lockerschneerutsche. Diese lösten sich spontan. Eine Person wurde mitgerissen. Brandjoch, SO, extrem steil (Foto: 20.02.2021)


Nur mehr vereinzelte Gefahrenstellen für trockene Schneebrettlawinen


Wie schon im vergangenen Blogeintrag erwähnt, gibt es für trockene Schneebrettlawinen nur mehr vereinzelte Gefahrenstellen. Am ehesten lassen sich diese noch im extrem steilen, schattigen Gelände, dann besonders an schneearmen Stellen bzw. an Übergängen von wenig zu viel Schnee auslösen. Bezeichnend für diese Situation ist u.a. ein Lawinenabgang im Wildlahnertal im Nahbereich der Hohen Warte in den Westlichen Tuxer Alpen, bei dem ein abfahrender Wintersportler von einer Schneebrettlawine erfasst, mitgerissen und unverletzt teilverschüttet wurde. 



Lawinenauslösung im felsdurchsetzten, extremen Steilgelände. Hohe Warte (Foto: 21.02.2021)


Zusammenfassend: 

Abgesehen vom Gleitschneeproblem herrschen in den Morgen- und frühen Vormittagsstunden nach klaren Nächten verbreitet günstige Verhältnisse. Während des Tages steigt die Gefahr von Nass- und Gleitschneelawinen an. Vorsicht: Lawinen können bis in Talbereiche vorstoßen!

Donnerstag, 18. Februar 2021

Zunehmend günstige Lawinensituation mit (leichtem) tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr

Es kündigt sich ein stabiles Hochdruckgebiet an



Laut ZAMG-Wetterdienststelle nimmt der Hochdruckeinfluss während der kommenden Tage stetig zu. Am Freitag, 19.02. macht sich noch eine Kaltfront über Deutschland mit Wolken in Tirol bemerkbar. Ab Samstag, 20.02. setzt sich dann endgültig ein stabiles Hochdruckgebiet durch. Die Nullgradgrenze soll dann auf 3000m zu liegen kommen. Auf den Bergen wird es nur schwach windig sein.



Die Modelle sind sich einig: Während der kommenden Woche wirds keinen Neuschnee geben.



Zunehmend günstige Lawinensituation


Stetig abnehmende, oberflächennahe Lawinenprobleme


Diese Wetteraussichten wirken sich durchwegs günstig auf die Lawinensituation aus. Mögliche oberflächennahe Lawinenprobleme, die wir während der vergangenen Woche beobachten konnten (Triebschnee- und oberflächennahes Altschneeproblem), sind inzwischen so gut wie kein Thema mehr. Dies hat v.a. damit zu tun, weil sich vergangene Woche oberhalb möglicher Schwachschichten verbreitet nur gering mächtige Schneebretter gebildet haben. Nun führt bzw. führte der Energieeintrag  bereits vielerorts zu einer guten Verbindung zwischen Brett und Schwachschicht.



Triebschneeproblem am 13.02.2021: Der sehr lockere Neuschnee (Wildschnee) wurde durch Windeinfluss verfrachtet und bildete kurzfristig, sehr störanfällige Triebschneepakete. Grieskogelgruppe.



Mögliche Schwachschichten haben sich seit dem 07.02. nur oberflächennah gebildet. Nun wirken sich Wärme und Strahlungseinfluss positiv auf die Situation aus. Bei der von oben gesehen, zweiten herausgearbeiteten Kruste erkennt man auch eine leichte gelbliche Färbung - es handelt sich um unlängst abgelagerten Saharasand. Süd, 2200m, Westliche Tuxer Alpen (Foto: 16.02.2021)


Ein ganz kurzer Exkurs zu der von uns während der vergangenen Tage in höheren Lagen ausgegebenen, mäßigen Lawinengefahr unter dem Gesichtspunkt, dass Lawinen durch geringe Belastung ausgelöst werden konnten. Dies passt auf den ersten Blick eher zu Gefahrenstufe 3 (erheblich) als zu Gefahrenstufe 2 (mäßig). Der Grund dafür: Lawinengefahrenstufen werden in Abhängigkeit mehrerer Parameter ausgegeben. 
  • Einerseits fließt die Schneedeckenstabilität und damit zusammenhängend die Auslösewahrscheinlichkeit von Lawinen ein: Triebschneepakete konnten leicht gestört werden. 
  • Andererseits geht es um die Verteilung der Gefahrenstellen: Diese waren vermehrt in kammnahen Bereichen bzw. hinter Geländekanten, also nicht verbreitet anzutreffen. 
  • Zusätzlich spielt die Lawinenart und Lawinengröße eine große Rolle: Wir gingen großteils von kleinen Schneebrettlawinen mit einer geringen Anrissmächtigkeit aus. 
Entscheidend waren somit die nicht allzu großflächige Verteilung der Gefahrenstellen sowie die vornehmlich kleinen Lawinen, die zu unserer Heranziehung von mäßiger Gefahr (unter Beiziehung der Matrix der Europäischen Lawinenwarndienste) geführt haben.


Frisches Triebschneepaket, das auf einer kantigen Schwachschicht (aufgrund von gm.4 - kalt auf warm) abgegangen ist. Grieskogelgruppe (Foto: 12.02.2021)


Schneeprofil, welches im Nahbereich oberen Fotos aufgenommen wurde. Man erkennt mögliche Schwachschichten im Bereich einer Schmelzkruste. Die Brüche waren unvollständig.


Ein ähnliches Bild in den Zentralen Lechtaler Alpen. Schwachschicht mit unvollständigem Bruch - gering ausgeprägtes Brett darüber. Süd, 2230m



Wenige, weitere Gefahrenstellen


Was vorerst bleibt sind Gefahrenstellen auf steilen, glatten Flächen (bevorzugt auf Wiesenhängen im schneereichen Osttirol), wo unverändert Gleitschneelawinen abgehen können. Vermehrt betroffen davon ist sonnenexponiertes Steilgelände. Gleitschneelawinen kündigen sich häufig durch Risse in der Schneedecke an. Deshalb immer wieder unser Rat: Haltet euch nach Möglichkeit nicht im Bereich bzw. unterhalb von Gleitschneerissen auf.


Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen. Zentralosttirol. (Foto: 11.02.2021)


Zusätzlich gibt es noch wenige Gefahrenbereiche, wo persistente, also lang anhaltende Schwachschichten im Mittelteil der Schneedecke gestört werden können. Letztere Gefahrenstellen sollten nur mehr an schneearmen Stellen bzw. an Übergängen von wenig zu viel Schnee und dann v.a. im extrem steilen Gelände insbesondere durch große Belastung zu stören sein. Am ehesten betroffen ist aktuell noch der Sektor WNW über N bis ONO zwischen etwa 2000m und 2400m. Zusätzlich bekamen wir von den Südtiroler Kollegen Rückmeldungen über zwei Lawinenabgänge vor 1-2 Wochen im extrem steilen S- und O-exponierten Gelände entlang des Alpenhauptkammes auf ca. 3000m. Auch dort sollte es sich  nur mehr um ganz vereinzelte Gefahrenbereiche handeln.

In großen Höhen (ca. 2400m aufwärts) findet man zudem ein kleinräumiges Triebschneeproblem, v.a. in kammnahen Schattenhängen. 

Zu bedenken ist auch ein vorerst meist wohl nur leichter tageszeitlicher Anstieg der Lawinengefahr aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung und der vorhergesagten frühlingshaften Temperaturen. Lawinenreport beachten!


Schneequalität bessert sich


Aktuell (18.02.2021) dominiert häufig Bruchharsch. Einzig in sehr steilen Sonnenhängen insbesondere in mittleren Höhenlagen firnt es zunehmend auf. Firn bzw. korrekt Sulzschnee wird während der kommenden Tage vermehrt in Sonnenhängen bis in größere Höhen hinauf anzutreffen sein. Eine vernünftige Zeiteinteilung kann hilfreich sein, dass der Schnee bei der Abfahrt nicht schon zu sehr aufgeweicht ist.


Firn auf ca. 2000, Süd im Karwendel (Foto: 18.02.2021)



Kurze Rückschau auf die vergangene Woche


Ein kurzes Intermezzo mit sehr kalten Temperaturen ist Geschichte.


Anfangs (sehr) kalt, nun wärmer werdend...


Ein ähnliches Bild in Osttirol...
Am 16.02. nachmittags drang wurde die Schneedecke feucht. Oberflächennahe Schichten wurden dadurch gebunden. Die Schneedecke wurde kurzfristig störanfälliger.


An windabgewandten Orten guter Pulverschnee...


Am Wochenende zum Teil sehr guter Pulverschnee (Foto: 12.02.2021)