Freitag, 31. Dezember 2021

Silvester-Update zur Lawinensituation - Allmählicher Rückgang der Lawinengefahr

Warmfront führte zu hoher Lawinenaktivität


Kurzanalyse zur Warmfront

Die von der ZAMG vorhergesagte Warmfront vom 29.12. auf den 30.12. brachte in Nordtirol und im nördlichen Osttirol meist zwischen 15mm und 50mm Niederschlag. Der Schwerpunkt des Niederschlages lag dabei im Westen und Nordwesten des Landes. Etwas länger als erwartet schneite es anfangs noch, bis dann die Schneefallgrenze rapide stieg. Meist regnete es zwischen etwa 2300m-2500m hinauf. Kurzfristig lag die Höhengrenze auch darüber, so z.B. im Arlberggebiet, wo dies bis etwa 2800m hinauf der Fall war.


Niederschlagsverteilung in Tirol vom 29.12. auf den 30.12. Weniger Niederschlag als ursprünglich erwartet fiel v.a. im zentralen Teil Nordtirols sowie im nördlichen Osttirol.
Niederschlagsverteilung in Tirol vom 29.12. auf den 30.12. Weniger Niederschlag als ursprünglich erwartet fiel v.a. im zentralen Teil Nordtirols sowie im nördlichen Osttirol.


Begleitet war die Warmfront von stürmischem Wind auf den Bergen. Nun ist es für die Jahreszeit viel zu warm.


Station Erfurter Hütte im Rofan. Die Schneehöhe nahm aufgrund des Regeneinflusses vom 29.12. auf den 30.12. etwas ab. Der Wind war stürmisch. Nun ist es für die Jahreszeit extrem mild. Die Luft ist recht trocken. Die nasse Schneeoberfläche konnte während einer klaren Nacht etwas abkühlen.
Station Erfurter Hütte im Rofan. Die Schneehöhe nahm aufgrund des Regeneinflusses vom 29.12. auf den 30.12. etwas ab. Der Wind war stürmisch. Nun ist es für die Jahreszeit extrem mild. Die Luft ist recht trocken. Die nasse Schneeoberfläche konnte während einer klaren Nacht etwas abkühlen. 


Als Folge der Warmfront bildete sich vom 30.12. auf den 31.12. bodennaher, dichter Nebel.


Nebel über dem Inntal von der Nordkette aus gesehen.
Nebel über dem Inntal von der Nordkette aus gesehen.


Kurzfristig hohe Lawinenaktivität

Die höchste Lawinenaktivität ergab sich aufgrund von nassen, kleinen bis mittelgroßen Lockerschneelawinen. Dann folgten Gleitschneelawinen. Dann - v.a. in größeren Höhen - Schneebrettlawinen. Letztere konnten u.a. auch durch Sprengungen ausgelöst werden. Gute Sprengerfolge mit großen Lawinenabgängen gabs v.a. in den Skigebieten im Westen des Landes.


Die Pfeile zeigen auf Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände, die während des Regens von selbst abgegangen sind. Kalkkögel. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 30.12.2021)
Die Pfeile zeigen auf Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände, die während des Regens von selbst abgegangen sind. Kalkkögel. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 30.12.2021)


Völlig ausgeräumt - die Pimigspitze im Außerfern. Lockerschnee- und Gleitschneerutsche bzw. -lawinen. (Foto: 30.12.2021)
Völlig ausgeräumt - die Pimigspitze im Außerfern. Lockerschnee- und Gleitschneerutsche bzw. -lawinen. (Foto: 30.12.2021)


Schneebrettlawinen mittlerer Größe aufgrund von Lawinensprengungen in der Wilden Grube im Gletscherskigebiet Stubaier Gletscher (Foto: 30.12.2021)
Schneebrettlawinen mittlerer Größe aufgrund von Lawinensprengungen in der Wilden Grube im Gletscherskigebiet Stubaier Gletscher (Foto: 30.12.2021)



Lockerschnee- und Gleitschneelawinen unterhalb der Dawinspitze in den Östl. Lechtaler Alpen (Foto: 31.12.2021)
Lockerschnee- und Gleitschneelawinen unterhalb der Dawinspitze in den Östl. Lechtaler Alpen (Foto: 31.12.2021)


Eingekreist ist eine große spontane Schneebrettlawine, die auf einer am Gletschereis befindlichen Schwachschicht abgegangen ist. Weißkugel.
Eingekreist ist eine große spontane Schneebrettlawine, die auf einer am Gletschereis befindlichen Schwachschicht abgegangen ist. Weißkugel.


Nun frühjahrsähnliche Verhältnisse mit schlechter Schneequalität

Die Verhältnisse erinnern etwas an das Frühjahr: Eine in tiefen und mittleren Höhenlagen nasse Schneedecke, in höheren Lagen eine durch nächtliche Ausstrahlung vom 30.12. auf den 31.12 mit einem brüchigen Harschdeckel versehene Schneeoberfläche. Die Schneequalität ist entsprechend schlecht. Am besten zum Skifahren gehts aktuell tatsächlich auf den Pisten bzw. im sehr viel befahrenen Tourengelände.


Regenrinnen an der Schneeoberfläche. Obergurgl (Foto: 30.12.2021)
Regenrinnen an der Schneeoberfläche. Obergurgl (Foto: 30.12.2021)


"Gatsch" / Schneematsch auf 1600m (Foto: 30.12.2021)
"Gatsch" / Schneematsch auf 1600m (Foto: 30.12.2021)

Der Unterschied zum Frühjahr liegt allerdings in der zu dieser Jahreszeit nicht allzu intensiven Strahlung. Zudem dämpft aktuell recht trockenen Luft eine fortschreitende tageszeitliche Durchnässung. Deshalb, und auch wegen der bereits hohen Lawinenaktivität, erwarten wir trotz der sehr warmen Temperaturen nur mehr ganz vereinzelt feuchte Rutsche (am ehesten Gleitschnee) aus sehr steilem, besonnten Gelände.


Weitere Entwicklung

Aktuell schaut alles nach einem weiteren Rückgang der Lawinengefahr bei einer vorerst gleichbleibend schlechten Schneequalität aus. Gefahrenbereiche, wo Schneebrettlawinen ausgelöst werden können, gibts v.a. noch oberhalb etwa 2300m, vermehrt in sehr steilen Schattenhängen bzw. in Kammlagen in großen Höhen. Auszulösen ist dann v.a. der kürzlich entstandene Triebschnee. Ganz vereinzelt sind Auslösungen von Schneebrettlawinen auch im extrem steilen Gelände an schneearmen Stellen durch große Belastung in tieferen Schichten denkbar, dies ebenso zumindest oberhalb etwa 2300m, vermehrt im Sektor NW über N bis NO. Günstiger sind die Verhältnisse weiterhin ganz im Osten sowie im südlichen Osttirol.

Vorerst bleibt es noch warm. Anfang des Jahres wird es dann wieder feuchter. Ab Mittwoch soll es dann wieder (einmal) bis in tiefe Lagen schneien. 

Wir wünschen euch allen einen guten Rutsch sowie ein freudvolles und gesundes, rundes Jahr 2022!

Mittwoch, 29. Dezember 2021

Warmfront führt zu markantem Anstieg der Lawinengefahr!

Große Lawinengefahr aufgrund von Neuschnee, Regen und Sturm


Der heute morgens am 29.12. aktualisierte Lawinenreport zeigt es deutlich: Die Lawinengefahr steigt im Tagesverlauf markant an und erreicht gebietsweise die Gefahrenstufe 4 - "groß"!
Der heute morgens am 29.12. aktualisierte Lawinenreport zeigt es deutlich: Die Lawinengefahr steigt ab den Abendstunden markant an und erreicht gebietsweise die Gefahrenstufe 4 - "groß"!


Eine Warmfront erreicht uns heute am 29.12. von Nordwesten. Diese bringt einerseits viel Niederschlag, andererseits stürmische Verhältnisse auf den Bergen. Die Lawinengefahr wird deshalb rasch ansteigen. Wir erwarten viele spontane Lawinenabgänge. Die Haupt-Lawinenaktivität wird während der Nachtstunden vom 29.12. auf den 30.12. erwartet, dann, wenn auch die Niederschläge am intensivsten ausfallen werden. Eine ausführlichere Analyse zu den Lawinenszenarien gibts am Ende des Blogs...


Kurzer Wochenrückblick

Weihnachtstauwetter bescherte uns vergangene Woche recht warme Tage. Niederschlag gabs vermehrt im Norden des Landes. Der Süden war wetterbegünstigt. Auch die Lawinengefahr nahm tendenziell weiter ab und war mäßig, unterhalb der Waldgrenze gering.


Immer wieder etwas Niederschlag v.a. im Norden des Landes. Niederschlag vom 29.12. auf den 30.12. fiel anfangs als Regen (Abnahme der Schneehöhe), nach Mitternacht mit leichtem Temperaturrückgang als Schnee. Einsetzender Niederschlag mit Eintreffen der Warmfront am 29.12. 15:00 Uhr. Wetterstation Jöchelspitze / Allgäuer Alpen / Außerfern
Immer wieder etwas Niederschlag v.a. im Norden des Landes. Niederschlag vom 28.12. auf den 29.12. fiel anfangs als Regen (Abnahme der Schneehöhe), nach Mitternacht mit leichtem Temperaturrückgang als Schnee. Einsetzender Niederschlag mit Eintreffen der Warmfront am 29.12. ab 15:00 Uhr. Wetterstation Jöchelspitze / Allgäuer Alpen / Außerfern


Niederschlagsverteilung vom 24.12. auf den 25.12. - ein ähnliches Bild gabs vom 26.12. auf den 27.12. sowie vom 28.12. auf den 29.12.2021
Niederschlagsverteilung vom 24.12. auf den 25.12. - ein ähnliches Bild gabs vom 26.12. auf den 27.12. sowie vom 28.12. auf den 29.12.2021


Plusgrade auf der Füssener Hütte (1550m) am 25.12.2021
Plusgrade auf der Füssener Hütte (1550m) am 25.12.2021



Die Schneedecke wurde deshalb in tiefen und mittleren Lagen im Norden des Landes häufig bereits bis zum Boden hin feucht. Füssener Jöchle. 1720m, NO, 32°. Profil vom 26.12.2021 (c) Niedermayer, et.al.
Die Schneedecke wurde aufgrund der warmen Witterung und des Niederschlags in Form von Regen in tiefen und mittleren Lagen im Norden des Landes häufig bereits bis zum Boden hin feucht. Füssener Jöchle. 1720m, NO, 32°. Profil vom 26.12.2021 (c) Niedermayer, et.al.


Der wetterbegünstigte Süden. Blick von der Dolomitenhütte in Richtung Lienzer Dolomiten (c) foto-webcam.eu
Der wetterbegünstigte Süden. Blick von der Dolomitenhütte in Richtung Lienzer Dolomiten (c) foto-webcam.eu


Die Warmfront und deren vermutete Auswirkungen auf die Lawinengefahr


Regen in tiefen und mittleren Lagen / Rascher Anstieg der Schneefallgrenze bis etwa 2500m

Einsetzender Niederschlag heute am 29.12.2021 nachmittags im Westen des Landes kündigt eine von Nordwesten über das Land ziehende Warmfront an. Die ZAMG-Wetterdienststelle prognostiziert Niederschlagsmengen zwischen etwa 25mm und 50mm, lokal auch mehr. Betroffen davon ist ganz Nordtirol sowie das nördliche Osttirol. Am meisten Niederschlag soll im Westen sowie Norden Nordtirols fallen.

Fakt ist, dass der Niederschlag in tiefen und mittleren Höhenlagen bereits von Beginn an als Regen fallen wird. In hohen Lagen wird es anfangs noch Schnee sein. Der Schneefall soll allerdings bis etwa 2500m hinauf rasch in Regen übergehen! Die Hauptintensität des Niederschlags wird während der Nachtstunden des 29.12. erwartet.


24h-Neuschneeprognose vom 29.12. auf den 30.12.2021. Da es sich um eine NEUSCHNEE-Prognose handelt, wird hier aufgrund der steigenden Regengrenze NICHT der Gesamtniederschlag angegeben!
24h-Neuschneeprognose vom 29.12. auf den 30.12.2021. Da es sich um eine NEUSCHNEE-Prognose handelt, wird hier aufgrund der steigenden Regengrenze NICHT der Gesamtniederschlag angegeben!


Auf den Bergen stürmisch

Bereits gestern am 28.12. legte der Wind in der Höhe zu. Nun wird man sich zunehmend auf stürmische Verhältnisse auf den Bergen einstellen müssen. Der Wind bläst v.a. aus Nordwesten.


Zunehmend starker bis stürmischer Wind aus West bis Nordwest. Windeinfluss wird in der Höhe neue, z.T. sehr umfangreiche Triebschneeansammlungen bilden.
Zunehmend starker bis stürmischer Wind aus West bis Nordwest. Windeinfluss wird in der Höhe neue, z.T. sehr umfangreiche Triebschneeansammlungen bilden.


Windprognose für 29.12.2021 Mitternacht
Windprognose für 29.12.2021 Mitternacht


Spontane Lawinenaktivität!

Wir gehen aufgrund der Wetterprognosen von einer erhöhten spontanen Lawinenaktivität aus.  Dabei überlagern sich verschiedene Lawinenprobleme und mögliche Lawinenszenarien.

In den vom Regen beeinflussten Gebieten haben wir es mit einem Nassschneeproblem zu tun. Wir erwarten dort folgende Lawinenarten: 
  • Nasse Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände in allen Hangrichtungen
  • Gleitschneerutsche und -lawinen auf steilen Wiesenhängen in allen Hangrichtungen
  • Feuchte / nasse Schneebrettlawinen v.a. im Sektor West, Nord und Ost

Aufgrund der nicht allzu mächtigen Schneedecke werden Lockerschnee- und Gleitschneelawinen meist mittelgroß sein.


Bereits um den 13.12. sind in Tirol sehr viele Gleitschneerutsche und -lawinen abgegangen. Erhöhte Abgangsbereitschaft in vom Regen beeinflussten Gebieten u.a. dort, wo sich bereits Gleitschneemäuler aufgetan haben. Tuxer Alpen (Foto: 28.12.2021)
Bereits um den 13.12. sind in Tirol sehr viele Gleitschneerutsche und -lawinen abgegangen. Erhöhte Abgangsbereitschaft in vom Regen beeinflussten Gebieten u.a. dort, wo sich bereits Gleitschneemäuler aufgetan haben. Tuxer Alpen (Foto: 28.12.2021)


Feuchte Schneebrettlawinen hingegen können aufgrund der flächigeren Bruchausbreitung z.T. aber auch groß werden. Bei den feuchten Schneebrettlawinen gibts wiederum zwei Szenarien, die abhängig von der Dauer der Schneefälle sind, die dann in Regen übergehen werden. Dort wo es anfangs etwas mehr schneit, werden Schneebrettlawinen primär im Bereich der aktuellen Altschneeoberfläche brechen. Bevorzugt wird dies unterhalb dünner Krusten auf einer Schwachschicht aus kantigen Kristallen der Fall sein. Dort wo es gar nicht oder nur kurz schneit, wird der Regen aufgrund der eher "wärmeren" Schneedecke (natürlich in Abhängigkeit der Höhenlage und Exposition) recht rasch in die Schneedecke eindringen. Dort finden wir meist im mittleren Teil der Schneedecke eine während des Frühwinters entstandene Schwachschicht.  Diese konnte letzthin zwar kaum mehr gestört werden. Eindringendes Wasser wird die Verbindung zwischen den Kristallen allerdings wieder auflösen und diese Schwachschicht reaktivieren. Es handelt sich dabei um ein Nassschneeproblem wie wir es u.a. auch vom frühen Frühjahr her kennen! Vereinzelt ist die Aktivierung der Schwachschicht einzig auch durch die Zusatzbelastung des Regens vorstellbar.




Der türkisene Pfeil symbolisiert das in die Schneedecke eindringende Regenwasser. der Pfeil in magenta zeigt die Schwachschicht, die durch Regen geschwächt wird. Schneeprofil auf 2050m, NW, 30° Elfer Bergstation, Nördliche Stubaier Alpen (c) Larcher et. at.
Der türkisene Pfeil symbolisiert das in die Schneedecke eindringende Regenwasser. der Pfeil in magenta zeigt die Schwachschicht, die durch Regen geschwächt wird. Schneeprofil auf 2050m, NW, 30° Elfer Bergstation, Nördliche Stubaier Alpen (c) Larcher et. at.


Das Bild zeigt einerseits den simulierten Schneehöhenverlauf der Wetterstation Nachtweide in der Silvretta Skiregion. Andererseits wird in den Blautönen in die Schneedecke eindringendes Wasser anhand eines berechneten Indizes dargestellt. Der graue vertikale Strich zeigt den Zeitpunkt 29.12. 14:00 Uhr an. Unter Einbeziehung von Wettermodellen wird in die Zukunft geschaut. In den Nachtstunden vom 29.12. auf den 30.12. soll die Schneedecke am Stationsstandort auf 2030m bis zum Boden durchnässt werden.
Das Bild zeigt einerseits den simulierten Schneehöhenverlauf der Wetterstation Nachtweide in der Silvretta Skiregion während dieses Winters. Andererseits wird in den Blautönen in die Schneedecke eindringendes Wasser anhand eines berechneten Indizes dargestellt. Der graue vertikale Strich zeigt den Zeitpunkt 29.12. 14:00 Uhr an. Unter Einbeziehung von Wettermodellen wird in die Zukunft geschaut. In den Nachtstunden vom 29.12. auf den 30.12. soll die Schneedecke am Stationsstandort auf 2030m bis zum Boden durchnässt werden.


Spontane Schneebrettlawinen in den nicht vom Regen beeinflussten Gebieten


Als weiteres Szenario gibt es jenes mit spontanen Schneebrettlawinen in den Bereichen, wo es durchgehend schneien bzw. großteils schneien wird. Als Schwachschicht für Schneebrettlawinen kommt primär die bis heute am 29.12. vorhanden Altschneeoberfläche in Frage. Wie schon erwähnt handelt es sich dabei um eine kantige Schwachschicht, die oftmals unter dünnen Schmelzkrusten bzw. Windkrusten lagert.


Eine dünne Eislamelle an der Schneeoberfläche, darunter lockere, kantige Kristalle - die für die kommende Schneeauflage primäre Schwachschicht. Tuxer Alpen (Foto: 28.12.2021)
Eine dünne Eislamelle an der Schneeoberfläche, darunter lockere, kantige Kristalle - die für die kommende Schneeauflage primäre Schwachschicht. Tuxer Alpen (Foto: 28.12.2021)



Schneefall, Erwärmung und Windeinfluss werden in größeren Höhen ein "perfektes" Brett über einer zum Teil recht flächigen Schwachschicht ausbilden. Erste Verfrachtungen in den Tuxer Alpen am 28.12.2021
Schneefall, Erwärmung und Windeinfluss werden in größeren Höhen ein "perfektes" Brett über einer zum Teil recht flächigen Schwachschicht ausbilden. Erste Verfrachtungen in den Tuxer Alpen am 28.12.2021


Nach den Niederschlägen wird man vermehrt Schneebrettlawinen beobachten können. Brüche sind sowohl in oberflächennahen als auch tieferen Schwachschichten vorstellbar. Schneebrettabgang Zillertaler Alpen (Foto: 24.12.2021)
Nach den Niederschlägen wird man vermehrt Schneebrettlawinen beobachten können. Brüche sind sowohl in oberflächennahen als auch tieferen Schwachschichten vorstellbar. Schneebrettabgang Zillertaler Alpen (Foto: 24.12.2021)


Ein weiteres Szenario gibt es noch in hochalpinen Regionen, also dort wo man vergletschertes Gelände vorfindet. Durch die Zusatzbelastung des Neu- und Triebschnees, aber auch durch primäre oberflächennahe spontane Lawinenabgänge können mitunter auch bodennahe Schwachschichten gestört werden. Es sind dann vereinzelt auch sehr große Lawinenabgänge vorstellbar. In der Regel handelt es sich da um Bereiche, die fernab jeglicher Infrastruktureinrichtungen sind.

 
"Schneemuren"

Vorstellbar bei den aktuellen Wetterprognosen sind auch "Schneemuren" in den besonders niederschlagsreichen, vom Regen beeinflussten Gebieten. Mit Wasser gesättigter Boden kann mitunter in Bewegung geraten und in Folge auch etwas Schnee mitnehmen. Einen solchen Vorfall hatten wir z.B. am 17.11.2019 im Stubaital.


Weitere Entwicklung

Die spontane Nassschneeaktivität sollte morgen am 30.12. mit Abklingen der Niederschläge deutlich abnehmen. Vereinzelte spontane, trockene Lawinenabgänge sind dann v.a. noch in sehr steilen Hängen in größeren Höhe vorstellbar, dort wo durch Windeinfluss weiterhin große Schneemengen abgelagert werden.

Was vorerst bleibt ist ein in der Höhe durch den Einfluss der Warmfront meist sehr gut ausgebildetes "Brett" in Form von Neu- und Triebschnee. Erfahrungsgemäß gibt es dann immer besonders gute Sprengerfolge. Auch wird man zum Teil noch mit großen Schneebrettlawinen rechnen müssen, die von Wintersportlern ausgelöst werden können, dies v.a. in größeren Höhen.

Mit den sehr warmen Temperaturen über Neujahr (Nullgradgrenze über 3000m) wird die in der Höhe vorerst noch große Lawinengefahr sukzessive abnehmen.

Wir bemühen uns, möglichst noch vor Neujahr eine Aktualisierung des Blogs durchzuführen.

Donnerstag, 23. Dezember 2021

Altschneeproblem mit vereinzelten Gefahrenstellen - Frischer Triebschnee - häufig schlechte Schneequalität

Altschneeproblem: Vereinzelte Gefahrenstellen v.a. in sehr steilen Schattenhängen

Schneedeckenuntersuchungen sowie Rückmeldungen von Wintersportlern bestätigen ein stetig abnehmendes, jedoch vereinzelt immer noch vorhandenes und in Summe als heimtückisch zu bezeichnendes Altschneeproblem. Gefahrenstellen findet man v.a. in sehr steilen Schattenhängen oberhalb etwa 2200m, aber auch in Sonnenhängen in großen Höhen. Lawinenauslösungen sind insbesondere an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee denkbar, wobei Brüche innerhalb der Schneedecke meist im Mittelteil der Schneedecke zu beobachten sind.


Sehr vereinzelt noch zu beobachten: Schneebrettauslösung durch Fernauslösung in der Glockner Gruppe. (Foto: 15.12.2021 (c) Toni Riepler)
Sehr vereinzelt: Schneebrettauslösung durch Fernauslösung. Interessant und typisch ist die sehr unterschiedliche Schneemächtigkeit. Glockner Gruppe. (Foto: 15.12.2021 (c) Toni Riepler)


Spontane Lawinenauslösung aufgrund stürmischen Windes und der in Folge zu großen Zusatzbelastung des frischen Triebschnees. Zentralosttirol (Foto: 20.12.2021)
Spontane Lawinenauslösung aufgrund stürmischen Windes und der in Folge zu großen Zusatzbelastung durch den frischen Triebschnee. Zentralosttirol (Foto: 20.12.2021) 

Zwei Meldungen erreichten uns diese Woche allerdings auch über spontane Schneebrettabgänge, bei denen die Brüche in bodennahen Schwachschichten auf Gletschereis erfolgten. Einmal war dies am Manigenbachkogel in der Gurgler Gruppe auf 3200m, NO, ein weiteres Mal unterhalb des Gablers in den Zillertaler Alpen auf 2850m, NW.  Auch hier dürfte die Belastung des frischen Triebschnees  jeweils der Auslöser gewesen sein. Vergleiche dazu die Lawinenabgänge von Anfang November im vergletscherten Gebiet, aber auch den im letzten Blogeintrag erwähnten Lawinenabgang am Linken Fernerkogel.


Triebschneeproblem meist gut erkennbar

Bezeichnend für die vergangene Woche war wettertechnisch v.a. der in der Höhe kurzfristig zum Teil stürmische Wind, meist aus nördlicher bzw. westlicher Richtung.


Wetterstation St. Veit Zischke im Defereggental. Stürmischer Wind um den 20.12.2021. Schneeverfrachtungen auch unterhalb der Waldgrenze waren die Folge. Abgesehen davon: Meist sonnig.
Wetterstation St. Veit Zischke im Defereggental. Stürmischer Wind um den 20.12.2021. Schneeverfrachtungen auch unterhalb der Waldgrenze waren die Folge. Abgesehen davon: Meist sonnig.


Windeinfluss führte zu ungleicher Schneeverteilung. Sattelberg. (Foto: 16.12.2021)
Windeinfluss führte zu ungleicher Schneeverteilung. Sattelberg. (Foto: 16.12.2021)


Wechtenbildung in den Zillertaler Alpen (Foto: 19.12.2021)
Wechtenbildung in den Zillertaler Alpen (Foto: 19.12.2021)

Das Triebschneeproblem ist aktuell eher noch auf Steilgelände beschränkt, welches unmittelbar hinter Geländekanten liegt. Vermehrt betroffen ist kammnahes Gelände. Mit etwas Erfahrung in der Lawinenbeurteilung lassen sich solche Gefahrenbereiche gut erkennen und umgehen. Vorsicht v.a. dort, wo frischer Triebschnee auf dem kürzlich gebildeten Oberflächenreif oder auf dünnen Schmelzkrusten (mit darunter befindlichen lockeren Kristallen) abgelagert wird, weil dieser dann leicht zu stören sein wird.


Nur mehr vereinzelt Gleitschneelawinen


Nach einer sehr hohen Gleitschneeaktivität um den 13.12. werden uns aktuell nur mehr sehr wenige Gleitschneelawinen gemeldet. Hier ersichtlich: Gleitschneemäuler als mögliche Abgangsorte von Gleitschneelawinen. Karnische Alpen (Foto: 16.12.2021)
Nach einer sehr hohen Gleitschneeaktivität um den 13.12. werden uns aktuell nur mehr sehr wenige Gleitschneelawinen gemeldet. Hier ersichtlich: Gleitschneemäuler als mögliche Abgangsorte von Gleitschneelawinen. Karnische Alpen (Foto: 16.12.2021)


Häufig schlechte Schneequalität

Die Schneeoberfläche wurde kürzlich zumindest oberhalb der Waldgrenze von Wind beeinflusst. Zudem findet man durch den Regeneinfluss vom 12.12. auf den 13.12. sowie durch nachfolgenden Strahlungseinfluss recht verbreitet eine dünne Schmelzkruste, die das Skivergnügen trübt. Mancherorts, wie z.B. in den Karnischen Alpen wurde die dünne Regenkruste schattseitig inzwischen wieder zu lockeren Kristallen umgewandelt. Dort, wo kein Wind im Spiel war, sind die Bedingungen in den Karnischen Alpen somit vergleichsweise besser.


Bruchharsch in den Lechtaler Alpen (Foto: 20.12.2021)


Grober Überblick der Krustenbildung an der Schneeoberfläche. Ausgewertet wurden sämtliche Rückmeldungen von unseren Beobachtern, von WintersportlerInnen sowie Schneeprofile. Inneralpin sowie im südlichen Osttirol liegt die Höhengrenze etwas tiefer. Sonnseitig sind dort allerdings auch höher gelegene Bereiche betroffen.
Grober Überblick der Krustenbildung an der Schneeoberfläche. Ausgewertet wurden sämtliche Rückmeldungen von unseren Beobachtern, von WintersportlerInnen sowie Schneeprofile. Inneralpin sowie im südlichen Osttirol liegt die Höhengrenze in Schattenhängen etwas tiefer. Sonnseitig sind dort allerdings auch höher gelegene Bereiche betroffen.

Mancherorts liegt für ein ungetrübtes Skivergnügen einfach noch (zu) wenig Schnee. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 14.12.2021)
Mancherorts liegt für ein ungetrübtes Skivergnügen einfach noch (zu) wenig Schnee. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 14.12.2021)


Oberflächenreif

Interessant für uns ist auch die vermehrte Oberflächenreifbildung. Ähnlich wie bei der oberflächigen Krustenbildung scheint Oberflächenreif recht weit verbreitet zu sein, zumindest unterhalb der Waldgrenze, aber auch darüber, v.a. im schattigen bzw. allgemein flacheren Gelände. Vermehrt dürfte sich dieser auch in den Nebelgrenzbereichen (Nebel u.a. um den 15.12.2021) gebildet haben.


Oberflächenreif: Schön anzusehen. Kritisch wirds immer, wenn dieser überschneit bzw. überweht wird. Grubenkopf, Zentrale Stubaier Alpen (Foto: 14.12.2021)
Oberflächenreif: Schön anzusehen. Kritisch wirds immer, wenn dieser überschneit bzw. überweht wird. Grubenkopf, Zentrale Stubaier Alpen (Foto: 14.12.2021)


An der Nebelgrenze bildet sich bevorzugt ein schmales Band an Oberflächenreif. (Foto: 16.12.2021)
An der Nebelgrenze bildet sich bevorzugt ein schmales Band an Oberflächenreif. (Foto: 16.12.2021)



Sehr bezeichnend: Oberflächenreif, darunter eine dünne Schmelzkruste, darunter eine dünne Schicht aus lockeren Kristallen. Salfeins. 2000m, O. Profil vom 15.12.2021 (c) Anna Siebenbrunner
Sehr bezeichnend: Oberflächenreif, darunter eine dünne Schmelzkruste, darunter eine dünne Schicht aus lockeren Kristallen. Salfeins. 2000m, O. Profil vom 15.12.2021 (c) Anna Siebenbrunner


Da die Beschaffenheit der Schneeoberfläche für die weitere Entwicklung der Lawinengefahr eine entscheidende Rolle spielt, sind wir auch weiterhin über Informationen zur Schneeoberflächenbeschaffenheit, insbesondere über Beobachtungen zu Schmelzkrusten und Oberflächenreif (mit Angabe des Höhen- und Expositionsbereichs) sehr dankbar! Infos bitte via mail an: lawine@tirol.gv.at.


Entwicklung über die Weihnachtsfeiertage


Die ZAMG-Wetterdienststelle beschreibt die Wetterentwicklung folgendermaßen: "Der Alpenraum liegt in einer Nordwestströmung, mit der eine Warmfront streift, die in erster Linie deutliche Milderung bringt. Dahinter stellt sich Westströmung mit milden aber nicht allzu feuchten Luftmassen ein."

Dies bedeutet, dass sich an der Lawinensituation vorerst nichts Gravierendes ändern wird. Neue Gefahrenstellen werden v.a. dort zu finden sein, wo die aus dünnen Krusten bzw. Oberflächenreif bestehende Schneeoberfläche von frischem Triebschnee überlagert wird. 


FROHE WEIHNACHTEN!


Im Namen des gesamten Teams des Lawinenwarndienstes Tirol wünschen wir euch allen frohe und besinnliche Weihnachtsfeiertage!


Einer der vielen Kraftplätze Tirols für besinnliche Weihnachten. (Foto: 23.12.2021)
Einer der vielen Kraftplätze Tirols für besinnliche Weihnachten. (Foto: 23.12.2021)

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Kurzfristig hohe Gleitschneeaktivität - Hauptproblem jedoch: Schneearme Stellen, sehr steil, schattig, Waldgrenze aufwärts

Regen mit mehrfachen Auswirkungen


Erhöhte Gleitschneeaktivität


Am eindrucksvollsten war vergangene Woche die kurzfristig sehr hohe Gleitschneeaktivität zwischen dem 12.12. und 13.12.2021. Wärmeeinfluss in Kombination mit Regen erhöhte den Wassergehalt in der Schneedecke. Dadurch verringerte sich in Folge wiederum der Gleitwiderstand der Schneedecke auf steilen Grashängen, was schlussendlich die Abgangsbereitschaft von Gleitschneerutschen und -lawinen erhöhte.

 
Regenrinnen, Gleitschneemäuler und -lawinen im Außerfern (Foto: 14.12.2021)
Regenrinnen, Gleitschneemäuler und -lawinen im Außerfern (Foto: 14.12.2021)


Die rote Linie zeigt das Temperaturprofil der Schneedecke. Am Boden sowie an der Oberfläche wurden 0°C gemessen. (Bodenwärmestrom von unten inkl. Regen- und Wärmeeintrag von oben) 2060m, SO, 30°. Kastnerberg, Zentrale Stubaier Alpen (Profil vom 15.12.2021) (c) Stefanie Höpperger



Gleitschneeaktivität (auch vor dem Regen) in den schneereicheren Regionen Osttirols. Sillian (Foto: 11.12.2021)
Gleitschneeaktivität gabs allerdings auch schon vor dem Regen, und zwar in den neuschneereicheren Regionen, wie hier z.B. im südlichen Osttirol (Foto: 11.12.2021)


Feuchte / Nasse Lockerschneelawinen


Parallel zu den Gleitschneelawinen lösten sich aus extrem steilem Gelände insbesondere in den regenbeeinflussten Bereichen vermehrt feuchte bzw. nasse Lockerschneelawinen bzw. -rutsche.


Lockerschneerutsche in der Westlichen Verwallgruppe. Zudem erkennt man Gleitschneeaktivität. (Foto: 16.12.2021)
Lockerschneerutsche in der Westlichen Verwallgruppe. Zudem erkennt man Gleitschneeaktivität. (Foto: 16.12.2021)


Niederschlagsverteilung


Niederschlagsverteilung vom 12.12. auf den 13.12. in Tirol. Nirgends war es richtig viel. Die Schneefallgrenze lag häufig zwischen 2000m und 2300m, lokal auch höher.
Niederschlagsverteilung vom 12.12. auf den 13.12. in Tirol. Nirgends war es richtig viel. Die Schneefallgrenze lag häufig zwischen 2000m und 2300m, lokal auch höher.



Immer wieder Niederschlag. Regen gabs mit Temperaturanstieg vom 12.12. auf den 13.12.
Immer wieder Niederschlag. Regen gabs mit Temperaturanstieg vom 12.12. auf den 13.12.


Kurzfristiger Ausfall zahlreicher Windsensoren


Auffallend war auch, dass bei vielen Windstationen am 13.12. die Windmessung abrupt über zumindest mehrere Stunden auf 0 sank. Dies hatte nicht damit zu tun, dass der Wind "einschlief", sondern damit, dass sehr feuchte Luftmassen und Nieselregen zu kurzfristiger Vereisung bzw. Anraumbildung auf den Stationen führte. Mit den anhaltend warmen Temperaturen schmolz der Anhang und die Windmessung funktionierte wieder tadellos.


Deutlicher Temperaturanstieg vom 12.12. auf den 13.12. Die Schneeoberflächentemperatur erreichte 0°, Die Windmessung funktionierte kurzfristig nicht mehr.
Deutlicher Temperaturanstieg vom 12.12. auf den 13.12. Die Schneeoberflächentemperatur erreichte 0°, Die Windmessung funktionierte kurzfristig nicht mehr.


Abnahme der Schneequalität - Bruchharsch


Während der Nacht vom 13.12. auf den 14.12. klarte es dann auf. Die Schneetemperatur fiel in den Keller - ein für die WintersportlerIn unbefriedigendes Ergebnis: Bruchharsch! In den regenbeeinflussten Gebieten beobachtet man eine mehr oder weniger ausgeprägte oberflächige Schmelzkruste in Schattenhängen bis häufig 2300m, teilweise bis 2500m und vereinzelt bis 2700m hinauf. In Sonnenhängen ist dies aktuell in steilen Hängen (auch strahlungsbedingt) bis knapp in hochalpine Bereiche hinauf festzustellen.


Eine Schmelzkruste an der Schneeoberfläche als Folge von Regen und anschließender Abkühlung bzw. nächtlicher Abstrahlung. Westliche Verwallgruppe (Foto: 16.12.2021)
Eine Schmelzkruste an der Schneeoberfläche als Folge von Regen und anschließender Abkühlung bzw. nächtlicher Abstrahlung. Westliche Verwallgruppe (Foto: 16.12.2021)


Längerfristig ev. problematisch


Regen, Schneeregen bzw. feuchter Schneefall bis in größere Höhen hinauf wird von uns Lawinenprognostikern immer auch etwas sorgenvoll beobachtet. Möglich erscheint bei entsprechender Wetterlage die Ausbildung zumindest einer markanten Schwachschicht unmittelbar angrenzend an diese Kruste. Eine ähnliche Situation hatten wir z.B. vergangenen Winter, als sich um eine kurz vor Weihnachten entstandene Schmelzkruste kantige Kristalle gebildet hatten. Diese Schicht aus kantigen, lockeren Kristallen war ab Mitte Jänner für etwa 1 Monat lang unfallkausal.


Altschneeproblem nimmt langsam ab, bleibt aber tückisch

Während wir bis vor kurzem noch etliche Rückmeldungen über Lawinenauslösungen im Altschnee, vereinzelt auch noch über Rissbildungen und Setzungsgeräusche bekommen haben, werden solche Rückmeldungen nun sukzessive weniger. Parallel dazu zeigen kürzliche Schneedeckenuntersuchungen ebenso eine Entwicklung in Richtung langsamer Besserung der Situation.


Lawinenauslösung eines einzelnen Wintersportlers am Hohen Aifner. Die Pfeile zeigen den Einfahrts- und Ausfahrtsbereich. WSW, 2500m (Foto: 12.12.2021)
Lawinenauslösung eines einzelnen Wintersportlers am Hohen Aifner. Die Pfeile zeigen den Einfahrts- und Ausfahrtsbereich. WSW, 2500m (Foto: 12.12.2021)


Schneebrettabgang im Bereich der Murmentenkarspitze. Personen befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Aufstieg. Der Pfeil symbolisiert den Aufstiegsbereich. (Foto: 12.12.2021)
Schneebrettabgang im Bereich der Murmentenkarspitze. Personen befanden sich zu diesem Zeitpunkt im Aufstieg. Der Pfeil symbolisiert den Aufstiegsbereich. W, 2500m (Foto: 12.12.2021)


Rissbildungen und Setzungsgeräusche im Nahbereich des Hochzeiger-Skigebietes (Foto: 12.12.2021)
Rissbildungen und Setzungsgeräusche im Nahbereich des Hochzeiger-Skigebietes (Foto: 12.12.2021)


Im Vordergrund eine massiv vom Wind geprägte Schneeoberfläche, im Hintergrund ein Lawinenanriss samt Ablagerung. Person konnte unverletzt entkommen. Leppleskogel - Osttirol (Foto: 14.12.2021)
Im Vordergrund eine massiv vom Wind geprägte Schneeoberfläche, im Hintergrund ein Lawinenanriss samt Ablagerung. Person konnte unverletzt entkommen. Großer Leppleskogel - Osttirol (Foto: 14.12.2021) 


Lawine in magenta wurde unterhalb der Schwarzen Schneid in den Ötztaler Alpen durch eine Sprengung ausgelöst. Die in blau dargestellte Lawine brach unmittelbar (!) nach dem Sprengzeitpunkt und nicht erst durch die Belastung der abgehenden Lawine. Eine erstaunliche Bruchfortpflanzung vom Sprengpunkt aus. Die Schwachschicht stammt vom Herbst und befand sich oberhalb des Gletschereises. (Foto: 10.12.2021)
Lawine in magenta wurde unterhalb der Schwarzen Schneid in den Ötztaler Alpen durch eine Sprengung ausgelöst. Die in blau dargestellte Lawine brach unmittelbar (!) nach dem Sprengzeitpunkt und nicht erst durch die Belastung der abgehenden Lawine. Eine erstaunliche Bruchfortpflanzung vom Sprengpunkt aus. Die Schwachschicht stammt vom Herbst und befand sich oberhalb des Gletschereises. (Foto: 10.12.2021)


Schneearme Bereiche bzw. Übergänge von wenig zu viel Schnee sind problematisch


Eigene Schneedeckenuntersuchungen sowie vorhandene Schneeprofile belegen recht klar, dass Problembereiche v.a. noch an schneearmen Stellen zu finden sind. Bei massiverer Überdeckung der im November gebildeten Schwachschichten (sh. frühere Blogeinträge) gibt es hingegen häufig keine bzw. nur unvollständige Brüche. 


Schneeprofil mit einer störanfälligen Schwachschicht aus kantigen Kristallen und Schwimmschnee. Nord, 2080m, Östliche Rieserfernergruppe. Profil: Alois Mariacher, (14.12.2021)
Schneeprofil mit einer störanfälligen Schwachschicht aus kantigen Kristallen und Schwimmschnee. Nord, 2080m, 30°. Östliche Rieserfernergruppe. Profil: Alois Mariacher, (14.12.2021)



Schwachschichten im unteren Teil der Schneedecke konnten bei Tests nicht mehr gestört werden. NO, 2300m, 38°. Profil vom 15.12.2021. Westliche Lechtaler Alpen (c) Kärle/Perl  


Sonstige Eindrücke und kurzer Ausblick


Die vergangene Zeit war windreich. Die Schneeoberfläche wurde entsprechend massiv bearbeitet. Triebschneepakete waren jedoch nur kurzfristig zu stören und stabilisierten sich rasch aufgrund der warmen Temperaturen und der damit einhergehenden Setzung der Schneedecke.

Viel Wind auf den Bergen. Tuxer Alpen (Foto: 08.12.2021)Viel Wind auf den Bergen. Tuxer Alpen (Foto: 08.12.2021)
Viel Wind auf den Bergen. Tuxer Alpen (Foto: 08.12.2021)

 
Pulverschnee in tiefen Lagen, dort wo der Wind nicht im Spiel war. Arlberg. (Foto: 10.12.2021)


Die kommenden Tage stehen unter Hochdruckeinfluss. Wind in der Höhe kann insbesondere ab Freitag störend sein. Ab dann sollte man v.a. in großen Höhen vermehrt in Kammnähe frische Triebschneepakete im Auge behalten.


FAZIT


Das in den vergangenen Blogeinträgen schon mehrfach thematisierte Altschneeproblem stellt unverändert die vergleichsweise größte Gefährdung für WintersportlerInnen dar. Am häufigsten findet man Gefahrenbereiche in Schattenhängen von der Waldgrenze aufwärts. Dort können Lawinen immer wieder noch durch geringe Belastung vornehmlich an schneearmen Stellen bzw. an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee ausgelöst werden. Brüche können sich von dort mitunter auch in stabilere Bereiche fortpflanzen. In Sonnenhängen scheinen Lawinenauslösungen v.a. noch in größeren Höhen, vermehrt von etwa 2500m aufwärts, meist wohl nur mehr durch große Belastung möglich zu sein.