Montag, 31. Januar 2022

Verbreitet große Lawinengefahr!

Viel Neuschnee und Sturm lassen die Lawinengefahr auf "groß" ansteigen

Die von der ZAMG-Wetterdienststelle vorhergesagte Kaltfront ist heute am 31.01. während der Mittagsstunden eingetroffen und lässt es inzwischen in weiten Teilen Nordtirols intensiv schneien. Zudem weht auf den Bergen starker bis stürmischer Wind aus Nordwest. Bis inklusive Mittwoch sind laut aktueller Prognose verbreitet 80 bis 130cm Neuschnee zu erwarten. Am stärksten betroffen sind laut ZAMG-Wetterdienststelle die Silvretta-Arlbergregion und die Lechtaler Alpen bis zum Karwendel. Hier sind 130 bis lokal 180cm Neuschnee möglich. Am wenigsten Neuschnee bekommt hingegen das südliche Osttirol mit etwa 20cm ab.


72h-Neuschneeprognose ab Montag, 31.01.2022
72h-Neuschneeprognose ab Montag, 31.01.2022


Der Niederschlag fällt im Wesentlichen in zwei Staffeln, einmal in Form einer Kaltfront von Montag auf Dienstag mit einer kurzen Wetterberuhigung am Dienstag Nachmittag. Den zweiten Schub bringt eine warmaktive Front ab Dienstag abends bis inklusive Mittwoch.


Niederschlags- und Windprognose für eine der niederschlagsreichsten Regionen Tirols, der Silvretta.
Niederschlags- und Windprognose für eine der niederschlagsreichsten Regionen Tirols, der Silvretta.


Gut zu sehen: Einzug der Kaltfront ab den Mittagsstunden des 31.01. mit beginnendem Schneefall samt starkem bis stürmischem Wind
Gut zu sehen: Einzug der Kaltfront ab den Mittagsstunden des 31.01. mit beginnendem Schneefall samt starkem bis stürmischem Wind


Für Dienstag, den 01.02.2022 rechnen wir vorerst mit einer heiklen bis gefährlichen Situation für den Wintersportler ("Wintersportler-Groß" oberhalb des Waldgrenzbereichs). Ab Mittwoch ist die große Gefahr dann vermehrt in Zusammenhang mit großen spontanen Lawinenabgängen zu sehen. In den besonders schneereichen Regionen muss man dann im Tagesverlauf bei steigenden Temperaturen auch mit (vereinzelten) sehr großen Lawinenabgängen rechnen. 


Ein Blick in die Schneedecke

Wie schon im letzten Blogeintrag erwähnt, ist eine genaue Analyse des aktuellen Schneedeckenaufbaus vor solchen Schneefällen essentiell für eine bessere Abschätzung der Lawinengefahr, insbesondere auch der zu erwartenden Lawinenarten bzw. Lawinengrößen.

Wir haben das Glück, einerseits auf eine große Anzahl hochqualitativer Schneeprofile zurückgreifen zu können (lawis.at). Andererseits konnten wir uns während unserer Außendiensttage, u.a. auch mit Unterstützung des Landeshubschraubers selbst ein sehr gutes Bild über den Aufbau und die Stabilität der Schneedecke in ganz Tirol verschaffen.


Schneedeckenuntersuchungen als Basis einer guten Lawinenprognose. Westliche Verwallgruppe (Foto: 25.01.2022)
Schneedeckenuntersuchungen als Basis einer guten Lawinenprognose. Westliche Verwallgruppe (Foto: 25.01.2022)


Analyse von Schneeprofilen

Bezeichnend ist aktuell eine meist recht stabile Altschneedecke mit möglichen Schwachschichten am ehesten in oberflächennahen Bereichen unterhalb dünner Schmelzkrusten.


Schneeprofil in der Grießkogelgruppe vom 29.01.2022, NO, 2485m, 33°, NO. Stabilitätstests führten nur zu einem oberflächennahen Teilbruch.
Schneeprofil in der Grießkogelgruppe vom 29.01.2022, NO, 2485m, 33°. Stabilitätstests führten nur zu einem oberflächennahen Teilbruch.


Schneeprofil in der Westlichen Verwallgruppe vom 28.01.2022; O, 2610m, 38°. Teilbruch unterhalb einer dünnen, oberflächennahen Schmelzkruste.
Schneeprofil in der Westlichen Verwallgruppe vom 28.01.2022; O, 2610m, 38°. Teilbruch unterhalb einer dünnen, oberflächennahen Schmelzkruste.


Schneeprofil in der Glockturmgruppe vom 25.01.2022, N, 2280m, 32°. Das Profil besteht v.a. aus kantigen Kristallen. Bei sehr große Auflast könnte es trotz aktuell geringer Tendenz zur Bruchausbreitung zum Bruch an der Basis kommen. Dies v.a. im Bereich so genannter "Schwimmschneenester", bevorzugt an schneearmen Stellen.
Schneeprofil in der Glockturmgruppe vom 25.01.2022, N, 2280m, 32°. Das Profil besteht v.a. aus kantigen Kristallen. Bei sehr große Auflast kann es trotz aktuell geringer Tendenz zur Bruchausbreitung zum Bruch an der Basis kommen. Dies v.a. im Bereich so genannter "Schwimmschneenester", bevorzugt an schneearmen Stellen.


Hohe Variabilität der Schneeoberfläche aufgrund starken bis stürmischen Windes

Vor diesen Schneefällen wehte bereits vielerorts starker bis stürmischer Wind, der die Schneeoberfläche massiv bearbeitete. Diese ist häufig sehr inhomogen und variabel. Entsprechend unterschiedlich ist auch die Schneeverteilung. Dies ist positiv zu werten, weil große Bruchfortpflanzungen im Altschnee dadurch unwahrscheinlich werden.


Die vergangenen Tage waren von starkem bis stürmischem Wind auf den Bergen geprägt. Grießkogelgruppe, (Foto: 29.01.2022)
Die vergangenen Tage waren von starkem bis stürmischem Wind auf den Bergen geprägt. Grießkogelgruppe, (Foto: 29.01.2022)


Pimigspitze in den Westlichen Lechtaler Alpen. Der nach Norden ausgerichtete Hang ist und war unlängst massiv dem Wind ausgesetzt. (Foto: 28.01.2022)
Pimigspitze in den Westlichen Lechtaler Alpen. Der nach Norden ausgerichtete Hang ist und war unlängst massiv dem Wind ausgesetzt. (Foto: 28.01.2022)


Windberuhigte Bereiche mit einer ungestörten Schneeoberfläche (als mögliche Schwachschichten für Schneebrettlawinen) sind entsprechend rar. Am ehesten ist dies in schattigen Karen oder in nach (Süd-)Osten ausgerichteten Hängen bzw. Karen der Fall. Dort findet man eine lockere Altschneeoberfläche, nicht selten versehen mit massiven Graupeleinlagerungen der vergangenen Tage. Ebenso konnten sich dort wohl am ehesten der  (im vorigen Blogeintrag) erwähnte verkrustete Oberflächenreif (mit beginnender aufbauender Umwandlung darunter) halten.


Schwachschichten für Schneebrettlawinen

Somit ergeben sich folgende realistische Möglichkeiten, wo Schneebrettlawinen brechen können:
  • Aufbauend umgewandelte Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen
  • Lockerer Neuschnee der vergangenen Tage in windberuhigten Bereichen (u.a. im nördlichen Osttirol)
  • Kantige Schicht unterhalb oberflächennaher Schmelzkrusten
  • Lockere, aufbauend umgewandelte Basis der Schneedecke (am häufigsten beobachtet wohl in der Glockturmgruppe)
  • Schwachschichten, die sich ab heute, 31.01. Mittag im Neuschneepaket bilden. Das können massive Graupeleinlagerungen sein. Dies kann aber auch kalter Neuschnee sein, der kurzfristig unter wenig Windeinfluss fällt und dann von Triebschnee bzw. wärmerem Neuschnee aufgrund der warmaktiven Front am Mittwoch überlagert wird.

Ausblick

Nach Ende der intensiven Neuschneefälle am Mittwoch, 02.02. nachts wird auch der Donnerstag, 03.02. voraussichtlich ein gefährlicher Lawinentag werden. Dies primär aufgrund des bis dann sehr gut ausgebildeten Bretts, welches sich v.a. am Mittwoch mit steigenden Temperaturen bei immer noch starkem bis stürmischem Wind ausgebildet haben wird. Aber auch am Donnerstag selbst können deutlich steigende Temperaturen zu einer kurzfristig erhöhten Auslösebereitschaft führen. In den Skigebieten wird es sich voraussichtlich um einen Tag mit sehr guten Sprengerfolgen handeln. Ab Freitag wird die Lawinengefahr bei sinkenden Temperaturen recht rasch zurückgehen.


Das Gebot der Stunde für WintersportlerInnen

Unerfahrene Personen sollten während der kommenden Tage auf den gesicherten Pisten bleiben. Die Tourenmöglichkeiten sind stark eingeschränkt. Große Zurückhaltung uns sehr gutes lawinenkundliches Wissen erscheinen in den neuschneereichen Regionen angebracht!

Donnerstag, 27. Januar 2022

Mit wechselhaftem Wetter stellt sich die günstige Lawinensituation zunehmend um

Etwas Neuschnee und stürmische Verhältnisse lassen die Lawinengefahr nun wieder ansteigen

Nach einigen Tagen mit günstigen Lawinenverhältnissen bei überwiegend geringer Lawinengefahr steigt die Gefahr während der kommenden Tage etwas an.


Gefahrenstufenkarte für heute, 27.01.2022. In weiten Teilen der Alpen überwiegt geringe Lawinengefahr. Ab morgen, 28.01. steigt die Gefahr langsam, aber stetig an.
Gefahrenstufenkarte für heute, 27.01.2022. In weiten Teilen der Alpen überwiegt geringe Lawinengefahr. Ab morgen, 28.01. steigt die Gefahr langsam, aber stetig an.


Hauptgefahr frischer Triebschnee, vermehrt in Schattenhängen sowie in Kammlagen

Bis zum Wochenende hin werden Schneefall und stürmischer Wind aus Nordwesten neue Triebschneeansammlungen bilden. Diese sind v.a. in den neuschneereicheren Regionen im Nordosten des Landes, wo es morgen am 28.01. zwischen etwa 5cm und 15cm schneien soll etwas umfangreicher.


48h Neuschneeprognose bis Samstag, 29.01.2022 Früh
48h Neuschneeprognose bis Samstag, 29.01.2022 Früh


Bei der Station Nachtweide in der Silvretta Skiarena erkennt man bereits den inzwischen starken bis stürmischen Wind in der Höhe.
Bei der Station Nachtweide in der Silvretta Skiarena erkennt man bereits den inzwischen starken bis stürmischen Wind in der Höhe.


Speziell in steilen Schattenhängen erwarten wir eine erhöhte Störanfälligkeit dieser frischen Triebschneepakete. Dies hat v.a. auch mit der Beschaffenheit der Schneeoberfläche zu tun. Diese besteht dort häufig aus lockerem, aufbauend umgewandelten Schnee, gebietsweise auch aus (verkrustetem) Oberflächenreif. (Mehr dazu weiter unten...). Vermehrte Vorsicht erscheint aber auch in Kammlagen sowie hinter Geländekanten in den übrigen Hangausrichtungen angebracht. Mitunter können schlechte Sichtverhältnisse die Gefahreneinschätzung erschweren. 


Rückblick auf die vergangene Woche

Nach dem letzten Blogeintrag, als wir vor unfallträchtigen Tagen gewarnt hatten, gab es tatsächlich vermehrte Rückmeldungen über Lawinenereignisse mit Personenbeteiligung. Es handelte sich dabei meist um kleine bis mittelgroße Schneebrettlawinen, gehäuft naturgemäß im neuschneereichen Osten des Landes. Personen kamen nicht zu Schaden. Erfreulich war auch, dass diese Lawinenereignisse häufig der Leitstelle Tirol gemeldet wurden, sodass keine unnötigen Lawineneinsätze erforderlich geworden sind.

Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung

Einige der bekannt gewordenen Lawinenabgänge samt Details finden sich hier:

Lawinenabgang Filzenkogel in den Nördlichen Zillertaler Alpen. Oben erkennt man die Einfahrtsspur. Der Pfeil zeigt die Ausfahrtsspur, der Kreis die Person, die aus der Lawine ausfahren konnte (Foto: 23.01.2022)
Lawinenabgang Filzenkogel in den Nördlichen Zillertaler Alpen. Oben erkennt man die Einfahrtsspur. Der Pfeil zeigt die Ausfahrtsspur, der Kreis die Person, die aus der Lawine ausfahren konnte (Foto: 23.01.2022)


Schneebrettlawine Sonntagsköpfl in den Tuxer Alpen (Foto: 23.01.2022)
Schneebrettlawine Sonntagsköpfl in den Tuxer Alpen (Foto: 23.01.2022)


Kleines Schneebrett in den Tuxer Alpen (Foto: 23.01.2022)
Kleines Schneebrett in den Tuxer Alpen (Foto: 23.01.2022)


Schneebrettabgang Hüttenkogel im Zillertal. Bei einem ähnlichen Abgang wurden Personen im Nahbereich im Staubereich der Stahlschneebrücke verschüttet, blieben jedoch unverletzt. (Foto: 23.01.2022)
Schneebrettabgang Hüttenkogel im Zillertal. Bei einem ähnlichen Abgang wurden Personen im Nahbereich im Staubereich der Stahlschneebrücke verschüttet, blieben jedoch unverletzt. (Foto: 23.01.2022)

Im Osten viel Neuschnee, dann setzte sich Schönwetter durch. Die Lawinengefahr ging rasch zurück.

Hotspots des vergangenen Neuschneezuwachses zwischen dem 21.01. und 23.01. waren Teilbereiche des Karwendels sowie die Region Wilder Kaiser / Waidringer Alpen und die Östlichen Kitzbüheler Alpen.


Anfangs Neuschnee und Wind, dann zunehmend Schönwetter bei warmen Temperaturen. Mitunter windig.
Anfangs Neuschnee und Wind, dann zunehmend Schönwetter bei warmen Temperaturen. Mitunter windig.

 
Unverkennbar sowohl im Vordergrund, als auch im Hintergrund: Windeinfluss auf den Bergen. Osttiroler Tauern (Foto: 23.01.2022)
Unverkennbar sowohl im Vordergrund, als auch im Hintergrund: Windeinfluss auf den Bergen. Osttiroler Tauern (Foto: 23.01.2022)

Nebel förderte die Bildung von (verkrustetem) Oberflächenreif

Ein interessantes Phänomen konnten wir gegen Ende des Niederschlages ab Samstag, 22.01. abends beobachten. Im Bereich von Nebelbänken bzw. abziehenden Nebelbänken bildete sich verbreitet Oberflächenreif. Unterkühlte Wassertröpfchen froren zudem an der Schneeoberfläche an, sodass in Folge häufig verkrusteter Oberflächenreif, zum Teil auch Eislamellen zu beobachten waren. Das nachfolgende Schönwetter mit perfekten Strahlungsnächten förderte zudem die aufbauende Umwandlung unterhalb dieser Krusten. Dies ist wiederum für die kommenden Schneefälle bedeutsam, weil dort von einer schlechten Verbindung zwischen Neu- bzw. Triebschnee ausgegangen werden muss. 


Nebelbänke im Außerfern (Foto: 23.01.2022)
Nebelbänke im Außerfern (Foto: 23.01.2022)


Im Hintergrund erkennt man abziehenden Nebel, im Vordergrund den aufgrund des Nebels gebildeten Oberflächenreifs. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 23.01.2022)
Im Hintergrund erkennt man abziehenden Nebel, im Vordergrund den aufgrund des Nebels gebildeten Oberflächenreif. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 23.01.2022)


Oberflächenreif im Bereich der Ahornspitze in den Zillertaler Alpen (Foto: 26.01.2022)
Oberflächenreif im Bereich der Ahornspitze in den Zillertaler Alpen (Foto: 26.01.2022)


Dank unserer zahlreicher, engagierter Beobachter, eigenen Geländeerkundungen sowie Rückmeldungen von WintersportlerInnen konnten wir uns einen recht guten Überblick über die Verbreitung dieses Phänomens machen. Typisch ist ein gewisses Höhenband innerhalb dessen der (verkrustete) Oberflächenreif vermehrt beobachtet werden konnte. Die Kruste ist unterschiedlich ausgeprägt, tendenziell dicker im Norden des Landes als weiter im Süden (Nordtirols). Mitunter findet man "nur" Oberflächenreif.  

Verkrusteter Oberflächenreif im Tannheimertal (Foto: 23.01.2022)
Verkrusteter Oberflächenreif im Tannheimertal (Foto: 23.01.2022)


Grobe Verbreitung des "verkrusteten" Oberflächenreifs. Man findet diesen vornehmlich im Nordsektor!
Grobe Verbreitung des (verkrusteten) Oberflächenreifs. Man findet diesen im Nordsektor!

Unterdurchschnittliche Schneehöhen

An der für die Jahreszeit (stark) unterdurchschnittlichen Schneemächtigkeit hat sich vorerst nichts geändert.


Aktuelle Gesamtschneehöhe (magenta) bei der Station Steeg im Außerfern. Die dunkle Linie zeigt im Vergleich dazu das langjährige Mittel an. Zudem werden bisherige Maxima und Minima dargestellt.
Aktuelle Gesamtschneehöhe (magenta) bei der Station Steeg im Außerfern. Die dunkle Linie zeigt im Vergleich dazu das langjährige Mittel an. Zudem werden bisherige Maxima und Minima dargestellt.


Im Navistal: Sonnseitig erinnert die Ausaperung bereits an das Frühjahr (Foto: 26.01.2022)
Im Navistal: Sonnseitig erinnert die Ausaperung bereits an das Frühjahr (Foto: 26.01.2022)

 
Blick vom Ausgang des Ötztals in Richtung Norden. (Foto: 25.01.2022)
Blick vom Ausgang des Ötztals in Richtung Norden. (Foto: 25.01.2022)


Ausblick

Das ab nun bereits zunehmend wechselhafte Wetter soll ab Sonntag, 30.01. immer turbulenter werden. Stürmischer Wind, dann eine Abfolge von Kalt- und Warmfronten lassen sowohl den Winter zurückkehren, als auch die Lawinengefahr (deutlich) ansteigen. Der Schwerpunkt der Niederschläge wird laut Auskunft der ZAMG-Wetterdienststelle im Westen bzw. Nordwesten des Landes erwartet. 


Die Grafik zeigt die modellierte, aufsummierte Neuschneesumme mit entsprechenden Abweichungen. Zwischen Montag, 31.01. und Mittwoch, 02.02. soll es winterlich werden. (Region Westliche Lechtaler Alpen)
Die Grafik zeigt die modellierte, aufsummierte Neuschneesumme mit entsprechenden Abweichungen. Zwischen Montag, 31.01. und Mittwoch, 02.02. soll es winterlich werden. (Region Westliche Lechtaler Alpen)


Windprognose für Sonntag, 30.01.2022
Windprognose für Sonntag, 30.01.2022. Stürmisch!


Wichtig für uns Lawinenprognostiker ist vor solchen Schneefällen immer eine möglichst genaue Analyse des aktuellen Schneedeckenaufbaus. Problematisch sind aktuell v.a. oberflächennahe Schichten, wie die oben erwähnten verkrusteten Oberflächenreifschichten samt kantiger Kristalle darunter. Oder aber eine abseits von windbeeinflussten Gebieten häufig zu beobachtende aufbauend umgewandelte Schneeoberfläche aus filzigen und kantigen Kristallen bzw. "Noppenpulver". 


Recht typisches Schneeprofil in flachem Gelände bzw. in schattigen Lagen. Lockerer Schnee an der Schneeoberfläche. Eingelagerte Regenkrusten, u.a. von der Warmfront vom 29.12. auf den 30.12.2021. Meist nur unvollständige Brüche zwischen den Krusten. Axamer Lizum (Foto: 24.01.2022)
Recht typisches Schneeprofil in flachem Gelände bzw. in schattigen Lagen. Lockerer Schnee an der Schneeoberfläche. Eingelagerte Regenkrusten, u.a. von der Warmfront vom 29.12. auf den 30.12.2021. Meist nur unvollständige Brüche zwischen den Krusten. Axamer Lizum (Foto: 24.01.2022)


"Noppenpulver" im Jamtal (Foto: 25.01.2022)
"Noppenpulver" im Jamtal (Foto: 25.01.2022)


Aufgrund der zunehmend stürmischen Verhältnisse auf den Bergen kann die Schneeoberfläche noch unregelmäßiger und in Summe variabler werden, was prinzipiell von Vorteil wäre. Großflächigere Lawinenabgänge im Bereich der jetzigen Schneeoberfläche würden dadurch unwahrscheinlicher werden. Beruhigend ist zudem, dass die Altschneedecke recht stabil ist. Dies trifft insbesondere für steile Sonnenhängen, aber auch für Schattenhängen zu. In letzteren neigen mögliche Schwachschichten nämlich nicht zu Bruchfortpflanzungen. Auch konnte im Bereich von eingelagerten Schmelzkrusten keine bösartigen Entwicklungen hinsichtlich gm.4 (kalt auf warm) beobachtet werden. 

Näherer Details zur weiteren Entwicklung samt der neuesten Prognosen werden in einem gesonderten Blog, spätestens am Montag, 31.01.2022 behandelt werden.

Samstag, 22. Januar 2022

Vorsicht: Unfallträchtige Tage, insbesondere in den niederschlagsreichen Regionen im Osten des Landes! Zurückhaltung erscheint angebracht!

Das Wichtigste voran! 

In den neuschneereichen Regionen sollte man im freien Skigelände über sehr gutes lawinenkundliches Wissen verfügen und zudem besonnen und zurückhaltend unterwegs sein. Gefahrenstellen sind verbreitet, mitunter schwer zu erkennen und Lawinenunfälle somit recht wahrscheinlich. Übrigens kratzen wir in den besonders neuschneereichen Gebieten nahe der Stufe 4 " - große Lawinengefahr!


Warmfront erhöht Störanfälligkeit der Schneedecke!

Heute am 22.01.2022 ist die von der ZAMG-Wetterdienststelle vorhergesagte Warmfront eingetroffen und bringt v.a. in den östlichen Regionen bis morgen, 23.01. in der Früh weitere 20-50cm Neuschnee. Somit wird es bis dann innerhalb der vergangenen 48 Stunden lokal um 100cm geschneit haben. Begleitet wird der Schneefall von meist starkem, in Böen stürmischem Wind aus nördlicher Richtung. Da die Störung Warmfrontcharakter hat, muss davon ausgegangen werden, dass anfangs kälterer Neuschnee von etwas wärmerem und häufig von Wind geprägtem Neuschnee überlagert wurde. Der kältere Neuschnee kann somit kurzfristig, allerdings recht verbreitet, eine störanfällige Schwachschicht für den darüber gelagerten gebundenen Neuschnee bilden. Zudem hat man vermehrtes Gefährdungspotential für Schneebrettlawinen auch noch durch die im vorangegangenen Blogeintrag erwähnte, aufbauend umgewandelte Schneeoberfläche in schattigen, bisher eher windberuhigten Steilhängen. 


Einer der "hotspots" des bisherigen Niederschlagsgeschehens: Die Seegrube oberhalb von Innsbruck. Seit 20.01. abends bereits gut 50cm Schneehöhenzuwachs. Über Nacht sollen es nochmals bis etwa 50cm werden. Starker Wind. Temperaturanstieg!
Einer der "hotspots" des bisherigen Niederschlagsgeschehens: Die Seegrube oberhalb von Innsbruck. Seit 20.01. abends bereits gut 50cm Schneehöhenzuwachs. Über Nacht sollen es nochmals bis etwa 50cm werden. Starker Wind. Temperaturanstieg!



24-Stunden Neuschneeprognose 22.01. auf 23.01.2022. Lokal ist laut letzten Prognosen auch mehr Schnee zu erwarten.
24-Stunden Neuschneeprognose 22.01. auf 23.01.2022. Lokal ist laut letzten Prognosen auch mehr Schnee zu erwarten.


Windig ist es und war es auf den Bergen. Am Weg zum Grubenkopf - Zentrale Stubaier Alpen. (Foto: 21.01.2022)
Windig ist es und war es auf den Bergen. Am Weg zum Grubenkopf - Zentrale Stubaier Alpen. (Foto: 21.01.2022)


Spontane Lawinen

Zeitlich gestaffelt ist nun vermehrt mit spontanen Lawinenabgängen zu rechnen. Es handelt sich dabei sowohl um Schneebrett-, Gleitschnee- als auch Lockerschneelawinen.
 

Schneebrettlawinen

Insbesondere in den besonders neuschneereichen Regionen ist während der Abend- und Nachtstunden mit dem vermehrten Abgang spontaner Schneebrettlawinen zu rechnen. Diese werden meist mittelgroß, vereinzelt jedoch auch groß werden. Da sich die Wolken in den niederschlagsreichen Regionen morgen Sonntag, 23.01. erst im Laufe des Nachmittags verziehen werden, wird die Sonneneinstrahlung wohl kaum mehr den nötigen Impuls für weitere spontane Schneebrettlawinen liefern können.

Gleitschneelawinen

In tiefen und mittleren Lagen wurde der Neuschnee zumindest in Sonnenhängen häufig auf (wieder) aperem Boden abgelagert. Dort ist während der kommenden Tage - wiederum in den neuschneereichen Regionen - mit vermehrten Abgängen von Gleitschneerutschen und meist mittelgroßen Gleitschneelawinen zu rechnen. Das prognostizierte Schönwetter mit langsam ansteigenden Temperaturen wird deren Auslösewahrscheinlichkeit etwas erhöhen.

Lockerschneelawinen

Bereits morgen, Sonntag, 23.01., ist überall dort, wo es während der vergangenen Tage geschneit hat und zudem die Sonne bereits kräftiger scheint, mit spontanen Lockerschneelawinen zu rechnen. Ansonsten wird dies spätestens am Montag, 24.01. der Fall sein. Bevorzugt werden Lockerschneelawinen aus extrem steilem, meist felsdurchsetztem Gelände in Südhängen zu beobachten sein.


Bereits heute am 22.01. erste Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung

Die Leitstelle Tirol meldete heute zwei "Negativlawinen", also Lawinenabgänge bei denen Personen zwar beteiligt waren, aber nicht zu Schaden gekommen sind. Dies war im Bereich des Sonntagsköpfls in den Östlichen Tuxer Alpen sowie im Bereich des Mitterkars in der Gemeinde Brandberg in den Nördlichen Zillertaler Alpen der Fall.


Unfallträchtige Tage - Bitte um Besonnenheit und Zurückhaltung!

Nach einer stürmischen Schneefallperiode bei sich zunehmend besserndem Wetter ist erfahrungsgemäß immer mit vermehrten Lawinenabgängen mit Personenbeteiligung zu rechnen. Mögen die bereits erwähnten Lawinenabgänge dafür bereits mahnende Beispiele sein!

Donnerstag, 20. Januar 2022

Mit Neuschnee und Wind entstehen gebietsweise gefährliche Triebschneeansammlungen. Vermehrte Gefahrenstellen in Schattenhängen sowie in Kammlagen!

Frischen Triebschnee kritisch beurteilen

Nach einer langen Phase mit günstigen Lawinenverhältnissen stellt sich die Lawinensituation insbesondere in  den neuschneereicheren Regionen nun um. Im Norden sowie v.a. den  östlichen Landesteilen Nordtirols soll es bis Sonntag, 23.01.2022 zwischen etwa 30cm und 50cm, lokal auch mehr schneien, am meisten wohl in den Waidringer und den Östlichen Kitzbüheler Alpen.

72h Neuschneeprognose.: Schwerpunkt der Niederschläge im (Nord-)Osten des Landes
72h Neuschneeprognose.: Schwerpunkt der Niederschläge im (Nord-)Osten des Landes


Begleitet wird der Neuschnee von starkem bis stürmischem Wind. Dadurch entstehen zumindest oberhalb der Waldgrenze umfangreiche Triebschneeansammlungen. Diese werden in bisher eher windberuhigten, schattigen Steilhängen am leichtesten zu stören sein. Dort besteht die Altschneeoberfläche nämlich meist aus lockeren Kristallen, welche für die darüber gelagerten Triebschneepakete eine gefährliche Schwachschicht bilden werden. Entsprechend leicht können dort Schneebrettlawinen bereits durch das Gewicht eines einzelnen Wintersportlers oder einer Snowboarderin ausgelöst werden. In den besonders neuschneereichen Gebieten ist dann auch mit spontanen Lawinenabgängen zu rechnen. Vorsicht überdies in Kammlagen aller Hangrichtungen sowie im Steilgelände hinter Geländekanten.


In Schattenhängen trifft man vermehrt auf Gefahrenstellen

Unterwegs in den Östlichen Kitzbüheler Alpen. Schattig besteht die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen aus lockeren kantigen und filzigen Kristallen. Diese lagern auf der Regenkruste von Ende Dezember. Auch die Basis der Schneedecke ist häufig locker. (Foto: 14.01.2022)
Unterwegs in den Östlichen Kitzbüheler Alpen. Schattig besteht die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen aus lockeren kantigen und filzigen Kristallen. Diese lagern auf der Regenkruste von Ende Dezember. Auch die Basis der Schneedecke ist häufig aus kantigen Kristallen aufgebaut. (Foto: 14.01.2022)


Ein sehr ähnliches Bild in der Silvretta. Schattig ist die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen locker - die entscheidende Schwachschicht für darüber gelagerte Triebschneepakete. (Foto: 19.02.2022)
Ein sehr ähnliches Bild in der Silvretta. Schattig ist die Schneeoberfläche in windberuhigten Bereichen locker - die entscheidende Schwachschicht für neue Triebschneepakete. (Foto: 19.02.2022) 


Mitunter hat sich im Schatten auch noch Oberflächenreif halten können. Dort wo dies der Fall ist, muss man von einer hohen Störanfälligkeit des darüber gelagerten Neu- bzw. Triebschnees ausgehen. Gebietsweise kann dies auch für schattige Waldlichtungen zutreffen. Foto aufgenommen am 15.01.2022 auf 1100m im Mieminger Gebirge.
Mitunter hat sich im Schatten auch noch Oberflächenreif halten können. Dort wo dies der Fall ist, muss man von einer hohen Störanfälligkeit des darüber gelagerten Neu- bzw. Triebschnees ausgehen. Gebietsweise kann dies auch für schattige Waldlichtungen zutreffen. Foto aufgenommen am 15.01.2022 auf 1100m im Mieminger Gebirge.


Bezeichnend für die vergangene Woche war eine deutliche Temperaturinversion: Im Tal war es kälter als auf den Bergen. Hier am Karnischen Kamm bildete sich große Oberflächenreifkristalle. (Foto: 14.01.2022)
Bezeichnend für die vergangene Woche war eine deutliche Temperaturinversion: Im Tal war es kälter als auf den Bergen. Hier am Karnischen Kamm bildeten sich im Talbereich große Oberflächenreifkristalle. (Foto: 14.01.2022)


Bessere Ausgangslage in  Sonnenhängen

In besonnten, sehr steilen Hängen hingegen wirkten die warmen Temperaturen sowie die Strahlung auf die Schneedecke ein. Einerseits aperte die Schneedecke dadurch weiter aus. Andererseits bildeten sich vermehrt oberflächennahe Krusten. Zudem förderte das in die Schneedecke eingedrungene Schmelzwasser samt folgendem Gefrieren während klarer, kühler Nächte die Verbindung bereits bestehender Krusten untereinander. Fazit: Schwachschichten im Altschnee sind dort viel seltener anzutreffen. Zu beachten ist allerdings insbesondere für die niederschlagsreichen Regionen, dass sich während des Schneefalls Schwachschichten im Neuschneepaket bilden können (Graupel oder lockerer, überwehter Neuschnee).


Fortschreitende Ausaperung im besonnten Gelände. Osttiroler Tauern (Foto. 16.01.2022)
Fortschreitende Ausaperung im besonnten Gelände. Osttiroler Tauern (Foto. 16.01.2022)


Aus extrem steilem Gelände lösten sich mancherorts feuchte Lockerschneelawinen (Foto: 15.01.2022)
Aus extrem steilem Gelände lösten sich mancherorts feuchte Lockerschneelawinen (Foto: 15.01.2022)


Schneeprofil auf 2685m, SW, 36°. Interessant sind die zwischen und unterhalb von Schmelzkrusten vorhandenen, gefrorenen Wasserkanäle, welche stabilisierend wirken. (Foto: 19.01.2022)
Schneeprofil auf 2685m, SW, 36°. Interessant sind die zwischen und unterhalb von Schmelzkrusten vorhandenen, gefrorenen Wasserkanäle, welche stabilisierend wirken. (Foto: 19.01.2022)  


Zurückhaltung im freien Gelände in den neuschneereichen Regionen

Ganz klar, dass nach der langen niederschlagsfreien Durststrecke "Powderalarm" angesagt ist. Dennoch appellieren wir an die Vernunft der WintersportlerInnen, sich nicht gedankenlos dem Pulverrausch hinzugeben, sondern das Verhalten den Verhältnissen anzupassen. Wer in den neuschneereichen Regionen im freien Gelände unterwegs sein möchte, sollte nicht nur über sehr gutes lawinenkundliches Wissen verfügen sondern auch zurückhaltend unterwegs sein.

Donnerstag, 13. Januar 2022

Mehrheitlich günstige Lawinensituation

Frischer Triebschnee bleibt die Hauptgefahr


Vorab: Wir haben es in Summe mit mehrheitlich günstigen Lawinenverhältnissen zu tun. Am meisten aufpassen sollte man weiterhin auf frische Triebschneepakete. Diese sind am ehesten im sehr steilen, häufig kammnahen Gelände bzw. hinter Geländekanten auszulösen. Als Schwachschicht dient  überwehter Wildschnee, kleinräumig auch kantige Kristalle angrenzend an oberflächennahen Schmelzkrusten. Meist handelt es sich dabei um kleine Lawinen. Entsprechend überwiegt häufig die Absturzgefahr der Verschüttungsgefahr.


Kleine, inzwischen wieder teilweise überwehte Schneebrettlawine - Glockturmgruppe. Foto: (13.01.2022)

Es dominiert somit eine eher spannungsarme Schneedecke. Oberflächennah ist diese inzwischen häufig vom Wind geprägt. Allgegenwärtig sind zudem eingelagerte Krusten. Allgegenwärtig ist auch eine zumindest in hohen und hochalpinen Lagen häufig an der Basis eher aufbauend umgewandelte Schneedecke. Die Schneequalität wurde im Laufe der Woche tendenziell schlechter. Gut zu fahrender Pulverschnee wird entsprechend seltener...


Wind war vergangene Woche ein häufiger Begleiter im Gelände. Stubaier Gletscher (Foto: 11.01.2022)


Auch hier erkennt man den Windeinfluss. Deferegger Berge (Foto: 08.01.2022)


Dort, wo die Schneeoberfläche "genoppt" ist, lässt es sich meist noch recht gut Ski fahren. Glockturmgruppe (Foto: 13.01.2022)


Unterdurchschnittliche Schneehöhen


Betrachtet man unsere langjährigen Aufzeichnungen unserer fleißigen Beobachter, so hat man es schwarz auf weiß: Aktuell findet man in den meisten Landesteilen eine für die Jahreszeit unterdurchschnittliche Schneehöhe. 


Beobachtergrafik unseres Beobachters Klaus Friedl von Boden im Lechtal: Die obere Grafik zeigt einerseits die seit 1960 gemessenen Maxima sowie Minima der Schneehöhe. Zusätzlich wird auch der Mittelwert und in magenta die aktuelle Gesamtschneehöhe dargestellt. Diese befindet sich unter dem inzwischen 61-jährigen Mittelwert. Die zweite Grafik zeigt den bisher gemessenen Neuschnee, die untere Grafik die Temperaturen an. Dort erkennt man auch die Anfang Jänner gemessene Maximaltemperatur.


Wie sich das im Gelände auswirkt, sieht man, wenn man selbst unterwegs ist. Steinkontakt ist keine Seltenheit.


Unterwegs in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 09.01.2022)


Die bei den Freeridern gefürchteten "sharks" - gerade noch vom Schnee überdeckte Steine, die zu einem erhöhten Sturz- und Verletzungsrisiko bei der Abfahrt führen. (Foto: 13.01.2022)




Aktuell verfolgen wir gerade sehr penibel eine mögliche Entwicklung von kantigen Kristallen angrenzend an jene Regenkruste, die sich während der Warmfront vom 29.12. auf den 30.12. gebildet hat. Bei einigen Schneeprofilen konnten wir diese Entwicklung bereits erkennen.

Derzeit haben wir nur zwei Rückmeldungen über eine "bösartige" Ausbildung im Sinne einer möglichen Bruchfortpflanzung. Dies war jeweils auf ca. 2700m in sehr steilem, besonnten Gelände, allerdings auch wieder nur recht kleinräumig. Aufgrund der weiteren Wetterprognose, die uns viel Sonnenschein und eine Milderung bei den Temperaturen verspricht, können wir davon ausgehen, dass es sich bei gm.4 vorerst nur um sehr kleinräumige Problemzonen in eingewehten, sehr steilen Hängen in eng begrenzten Höhen- und Expositionsbändern handelt. 


Wetterstationsgrafik Kühtai ab 01.01.2022: Anfangs überdurchschnittlich warme Temperaturen. Die Schneeoberfläche wurde feucht. Dann am 05.01. Schneefall und deutliche Abkühlung: Ideale Voraussetzungen für die Ausbildung von gm.4. Zudem zu sehen: Immer wieder viel Wind auf den Bergen.


Um für die kommenden, intensiven Schneefälle (die wohl noch länger auf sich warten lassen) gerüstet zu sein, verfolgen wir stets die Entwicklung der Schneedecke. Aktuell legen wir besonderes Augenmerk auf aufbauende Umwandlungsprozesse im Nahbereich von Krusten. Außerfern (Foto: 11.01.2022)



Der Pfeil zeigt auf eine Schicht kantiger Kristalle oberhalb der Regenkruste von Ende Dezember. Entstanden aufgrund von gm.4: Westliche Kitzbüheler Alpen. 1660m, Nord, 20°.


Um unser Bild über diese Entwicklung weiter zu schärfen, sind wir über Beobachtungen vom Gelände sehr dankbar. Gerne immer via mail an: lawine@tirol.gv.at oder aber via Schneeprofile und Stabilitätstests unter www.lawis.at. Ein herzliches Danke dafür!

Mittwoch, 5. Januar 2022

Mit Neuschnee und Wind gebietsweise erhebliche Lawinengefahr

Kaltfront führt zu Gefahrenanstieg


Frischer Triebschnee als Hauptgefahr

Eine Kaltfront, die heute am 05.01.2022 rasch über Tirol gezogen ist, brachte überall Neuschnee. Meist schneite es zwischen 10 und 20cm, gebietsweise um 30cm. Zusammen mit dem in der Höhe recht kräftigen Wind bildeten sich insbesondere oberhalb der Waldgrenze frische Triebschneepakete. Diese stellen aktuell die Hauptgefahr für WintersportlerInnen dar. In den neuschneereichen Gebieten sind diese ausgedehnter und mächtiger und somit gefährlicher. Mit etwas Erfahrung in der Lawinenbeurteilung lassen sich frische Triebschneepakete bei ausreichenden Sichtverhältnissen gut erkennen. Entsprechend kann man diesen auch gut ausweichen. Vermehrt findet man solche Gefahrenbereiche naturgemäß hinter Geländekanten, im kammnahen Gelände, sowie in Rinnen und Mulden.


Bereits gestern am 04.01.2022 legte der Wind in der Höhe zu. Samnaungruppe
Bereits gestern am 04.01.2022 legte der Wind in der Höhe zu. Samnaungruppe


Schneedifferenz seit heute, 05.01. in der Früh
Schneedifferenz seit heute, 05.01. in der Früh


Hohe Variabilität der Schneedecke

Betrachtet man die Schneeverteilung bzw. die Beschaffenheit der Schneedecke, insbesondere der Schneeoberfläche vor Einzug der Kaltfront, so kann im ganzen Land in Summe von einer hohen Variabilität ausgegangen werden. Dies ist positiv zu werten und spricht für keine großflächigen Bruchfortpflanzungen, sondern eher für lokale Problembereiche aufgrund des frischen Triebschnees.


Schneeverteilung im Villgratental (Foto: 01.01.2022)


Ein ähnliches Bild in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 01.01.2022)
Ein ähnliches Bild in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 01.01.2022)


Eine von Regenrinnen geprägte Schneeoberfläche in den Allgäuer Alpen (Foto: 01.01.2022)
Eine von Regenrinnen geprägte Schneeoberfläche in den Allgäuer Alpen (Foto: 01.01.2022)



Eine von Wind und Sonne geprägte und dadurch ebenso unregelmäßige Schneeoberfläche in größeren Höhen. Karnischer Kamm (Foto: 04.01.2022)
Eine von Wind und Sonne geprägte und dadurch ebenso unregelmäßige Schneeoberfläche in größeren Höhen. Karnischer Kamm (Foto: 04.01.2022)


Ein Blick in die Schneedecke zeigt sehr häufig eine wenig störanfällige Altschneedecke. Ausgenommen sind kleine Schwimmschneenester an schneearmen Stellen, die man vermehrt in Kammlagen findet. Diese sind häufig von eher gering mächtigen, härteren und älteren Triebschneepaketen überlagert und können lokal v.a. im extrem steilen Gelände gestört werden.



Typisches Schneeprofil: Brüche in der Schneedecke können sich meist nicht fortpflanzen. Die Altschneedecke ist verbreitet stabil. N, 2600m, 34°, Deferegger Alpen
Typisches Schneeprofil: Brüche in der Schneedecke können sich meist nicht fortpflanzen. Die Altschneedecke ist verbreitet stabil. N, 2600m, 34°, Östliche Deferegger Alpen


Schwachschichten, auf denen die frischen Triebschneepakete als Lawine abgehen können, finden sich somit v.a. im Neuscheepaket selbst, ev. in Form von Graupeleinlagerungen oder aufgrund weicherer Neuschneeschichten, die von Triebschnee überlagert wurden. Aufgrund der meist überschaubaren Neuschneemengen und Gefahrenbereiche kommen wir in weiten Teilen des Landes in der Höhe mit mäßige Lawinengefahr durch. Somit ist die aktuell ausgegebene erhebliche Gefahr in den etwas neuschneereicheren Regionen eher im unteren Bereich dieser Gefahrenstufe angesiedelt.


Ein kurzer Blick zurück: Rekordtemperaturen zu Neujahr

Vergangene Woche war wettertechnisch außergewöhnlich, da viel zu warm. So wurden beispielsweise in Galtür oder St. Anton am Arlberg zu Neujahr noch nie so hohe Lufttemperaturen gemessen, wie heuer.

Nach Durchzug der Warmfront vom 29.12. auf den 30.12., die Regen häufig bis 2600m hinauf brachte, gefolgt von der sehr warmen Wetterphase bis 04.01. abends wurde die Schneedecke einerseits in tiefen und mittleren Lagen häufig nass, in höheren sonnenbeschienenen Hängen oberflächennah feucht. Andererseits führte dies in Summe zur Zerstörung von oberflächennahen Schwachschichten, aber auch schlussendlich zu einer Stabilisierung der Altschneedecke.


Ein noch nie dagewesenes Bild: Die rote Linie zeichnet Rekordtemperaturen in Galtür auf.
Ein noch nie dagewesenes Bild: Die rote Linie zeichnet Rekordtemperaturen in Galtür auf. 


Ausblick

Vorerst bleibt das Triebschneeproblem die Hauptgefahr.