Freitag, 28. Mai 2021

Unverändert winterlich im Hochgebirge - Lawinen bleiben ein Thema...

Kühlster Frühling seit zumindest 25 Jahren - weiterhin viel Schnee auf den Bergen


Die ZAMG-Wetterdienststelle informierte unlängst, dass es sich heuer um den kühlsten Frühling seit zumindest 25 Jahren handelt. Ähnlich kühl war es laut ZAMG-Wetterdienststelle nur in den Jahren 1996 und 1991, deutlich kühler 1987.

Das Ergebnis sieht man auf den Bergen: In großen Höhen ist es winterlich. Mögliche  Lawinenprobleme betreffen aufgrund der unterdurchschnittlichen Temperaturen unverändert v.a. oberflächennahe Schichten. Details dazu findet man im vergangenen Blogeintrag. Am schwierigsten einzuschätzen bleiben somit die mögliche Ausbildung der Gefahrenmuster "kalt auf warm" (gm.4), sowie "eingeschneiter Graupel" (gm.9). Wir gehen davon aus, dass diese Gefahrenmuster tendenziell eher in hochalpinen Bereichen (über etwa 3000m) bedeutsam sind. Eine höhere Wahrscheinlichkeit für gm.4 gibt es dabei in besonnten, sehr steilen Hängen. 

Hilfreich für die Beurteilung der Lawinengefahr erscheinen insbesondere auch aufgrund unserer aktuell nur wenigen Schneedeckeninformationen selbst durchgeführte oberflächennahe Stabilitätstests.   


Hier ein paar Impressionen zur Situation anhand aktueller Bilder


Schneebrettlawine in der Großvenediger-Region auf ca. 3200m SW. Oberflächennaher Anriss. Gefahrenmuster gm.4 bzw. gm.9 als wahrscheinlichste Ursache. (Foto: 26.05.2021)
Schneebrettlawine in der Großvenediger-Region auf ca. 3200m SW. Oberflächennaher Anriss. Gefahrenmuster gm.4 bzw. gm.9 als wahrscheinlichste Ursache. (Foto: 26.05.2021)



Ablagerung einer nicht mehr ganz frischen Schneebrettlawine in der Großvenediger-Region Nord 2600m. Kurzfristiger Wärmeeintrag als möglicher Auslöser (Foto: 21.05.2021)
Ablagerung einer nicht mehr ganz frischen Schneebrettlawine in der Großvenediger-Region Nord 2600m. Kurzfristiger Wärmeeintrag als möglicher Auslöser (Foto: 21.05.2021)


Wohl am häufigsten zu beobachten und am vergleichsweise leichtesten einzuschätzen: Lockerschneelawinen unmittelbar nach Neuschneefällen. (Foto: 26.05.2021)
Wohl am häufigsten zu beobachten und am vergleichsweise leichtesten einzuschätzen: Lockerschneelawinen unmittelbar nach Neuschneefällen. (Foto: 26.05.2021)



Lockerschneelawinen lösen sich meist spontan, lassen sich im extrem steilen Gelände aber auch sehr leicht durch Wintersportler auslösen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 23.05.2021)
Lockerschneelawinen lösen sich meist spontan, lassen sich im extrem steilen Gelände aber auch sehr leicht durch Wintersportler auslösen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 23.05.2021) 



Frischer Triebschnee in großen Höhen. Aufgrund der kalten Temperaturen zumindest kurzfristig ein Thema, vermehrt in kammnahen, sehr steilen Hängen. Großvenediger-Region. (Foto: 26.05.2021)
Frischer Triebschnee in großen Höhen. Aufgrund der kalten Temperaturen zumindest kurzfristig ein Thema, vermehrt in kammnahen, sehr steilen Hängen. Großvenediger-Region. (Foto: 26.05.2021)



Vorsicht vor Wechten. Interessant an diesem Foto u.a. auch eingelagerter Saharastaub (Foto: 21.05.2021)
Vorsicht vor Wechten. Interessant an diesem Foto u.a. auch eingelagerter Saharastaub (Foto: 21.05.2021)


Imposante Lawinenablagerung samt aufwändiger Schneeräumung im nördlichen Osttirol (Foto: 26.05.2021)
Imposante Lawinenablagerung samt aufwändiger Schneeräumung im nördlichen Osttirol (Foto: 26.05.2021)




Kein alltäglicher Anblick für Ende Mai. Sattes grün in den Tälern, zum Teil noch tief winterlich auf den Bergen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 21.05.2021)
Kein alltäglicher Anblick für Ende Mai. Sattes grün in den Tälern, zum Teil noch tief winterlich auf den Bergen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 21.05.2021)



Die Wetterstationsgrafik am Pitztaler Gletscher bestätigt unseren Wettereindruck: Sehr wechselhaft, auf den Bergen kalt, windig und viel Schnee.
Die Wetterstationsgrafik am Pitztaler Gletscher bestätigt unseren Wettereindruck: Sehr wechselhaft, auf den Bergen kalt, windig und viel Schnee. 



Wetter bleibt wechselhaft - Lawinengefahr bleibt ein Thema


Der heutige Freitag, 28.05.2021 glänzt mit freundlichem Wettercharakter. Allerdings bleibt uns die zu kühle und wechselhafte Witterung während der kommenden Tage erhalten. 


Vergleichsweise viel Sonne gibt es nur heute am 28.05.2021... (c) ZAMG-Wetterdienststelle
Vergleichsweise viel Sonne gibt es nur heute am 28.05.2021... (c) ZAMG-Wetterdienststelle


Somit heißt es trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit weiterhin auf eine mögliche Lawinengefahr im Hochgebirge zu achten.


Aktualisierung des Blogeintrags: (28.05.2021 - 07:00 Uhr):


Die oben angeführte Information zum Wetter bezog sich noch auf den gestrigen Wetterbericht der ZAMG-Wetterdienststelle - der heutige war noch nicht veröffentlicht. Hier ein Auszug aus dem letztgültigen Wetterbericht der ZAMG-Wetterdienststelle vom 28.05.2021 07:00 Uhr:  

"Hinter einer Kaltfront wird heute in Tirol Zwischenhocheinfluss wetterbestimmend. Am Wochenende kommt eine Nordströmung auf und ein Höhentief zieht von der Ostsee nach Ungarn. Tirol wird von mäßig feuchter Luft beeinflusst, was vor allem in den östlichen Bereichen für wolkenreiches Wetter sorgt. Nach Westen zu bleibt schwacher Hochdruckeinfluss wetterbestimmend. Kommende Woche dann Hochdruckrandlage. Es sollte ab Sonntag in eine mehrtägig trockene Wetterphase übergehen, die kommende Woche in frühsommerlichen Temperaturen gipfelt."

Wir erwarten somit vermehrt klassische Frühjahrsverhältnisse mit einem tageszeitlichen Gang der Lawinengefahr...

Die nächste Aktualisierung des Blogs erfolgt bei wesentlichen Änderungen der aktuellen Lawinensituation.

Donnerstag, 20. Mai 2021

Im Hochgebirge ist es weiterhin winterlich - Lawinengefahr sollte beachtet werden

Gebietsweise noch viel Schnee auf den Bergen


Während einer zu kühlen und sehr wechselhaften Zeit nimmt die Schneehöhe in hochalpinen Lagen weiter zu. Dort herrschen unverändert recht winterliche Verhältnisse. Dies passt auch mit den Aussagen der ZAMG-Wetterdienststelle zusammen, die angibt, dass der Frühling zuletzt in den Jahren 1996 und 1991 ähnlich kühl war wie heuer.


Gesamtschneehöhe in Tirol (Stand: 20.05.2021)


Monatsrückblick der Station am Pitztaler Gletscher. Gut zu erkennen die zu kühle Wetterphase mit häufig Niederschlag, zum Teil auch kräftigem Wind. Die aktuelle Gesamtschneehöhe ist während des vergangenen Monats vergleichsweise am höchsten.



Schneelage am 18.05.2021 im Tuxertal


Vergleichsbild vor einem Jahr am 18.05.2020


Schneelage am 07.05.2021 in der Axamer Lizum


Vergleichsbild vor einem Jahr am 09.05.2020



Neuschnee am 15.05.2021 am Stubaier Gletscher


Lawinengefahr sollte unverändert beachtet werden


Obwohl wir aktuell nur sehr wenig Informationen über den Schneedeckenaufbau in großen Höhen haben, gehen wir aktuell v.a. von oberflächennäheren Problemen aus. Dazu zählen:


  • Triebschneeproblem: 
    • v.a. in hochalpinen, vermehrt kammnahen Lagen; bevorzugt während bzw. unmittelbar nach Niederschlägen
  • Neuschneeproblem: 
    • Graupel: Wir wissen von gebietsweise massiveren Graupeleinlagerungen in oberflächennahen Schichten. Eine dicke, von Triebschnee überlagerte Graupelschicht kann mitunter eine Schwachschicht für Schneebrettlawinen darstellen. 
    • Nasse Lockerschneelawinen unmittelbar nach bzw. während der Schneefälle durch (diffusen) Strahlungseinfluss samt Temperaturanstieg. Dieses Problem tritt auch in tieferen Lagen auf, dort wo es viel geschneit hat.
  • Altschneeproblem: 
    • Der ständige Wechsel von Neuschnee, Kälte, Anfeuchtung der Schneedecke v.a. durch  (diffusen) Strahlungseinfluss birgt hohes Potential für die Ausbildung des Gefahrenmusters "kalt auf warm" (gm.4). Wir gehen davon aus, dass dieses Problem vermehrt oberhalb von 3000m in allen Expositionen in oberflächennäheren Schichten vorhanden sein kann. Es handelt sich um ein sehr schwierig einzuschätzendes und heimtückisches Problem. Hilfreich ist einzig ein rascher Blick in die Schneedecke samt Stabilitätstest, der dazu näher Aufschluss bringen kann. Beachte dazu u.a. auch den letzten Blogeintrag.


Zahlreiche spontane nasse Lockerschneelawinen auf der Nordkette oberhalb von Innsbruck aufgrund von (diffusem) Strahlungseinfluss. (Foto: 20.05.2021)


Eine Schwächung der Schneedecke in bodennahen Schichten aufgrund von Wassereintrag ist aktuell kein Thema. Dies war letztmals um den 09.05. der Fall. Damals sind uns einzelne Schneebrettlawinen schattseitig in Höhenbereiche zwischen etwa 2500m und 2700m gemeldet worden.


Lawinenabgang Riepenwand-Schlicker Seespitze in den Nördlichen Stubaier Alpen auf ca. 2500m NW vermutlich um den 09.05.2021


Von den Südtiroler KollegInnen wurden wir gestern überdies über einen tödlichen Lawinenunfall auf der Königsspitze auf 3700m informiert. Infos dazu gibts u.a. hier:


Es steht ein wechselhaftes Pfingstwochenende bevor


Morgen, Freitag, 21.05. bringt eine Warmfront wärmere, aber wolkenreiche Atlantikluft heran. Auf den Bergen ist es v.a. im Bereich des Alpenhauptkammes zum Teil sogar stürmisch. Am Samstag, 22.05. folgt eine Kaltfront. Die Schneefallgrenze soll um 1600m liegen. Der Niederschlagsschwerpunkt liegt am Hauptkamm östlich vom Ötztal. Es kann lokal bis etwa 40cm Schnee fallen. Die Luftmasse bleibt danach labil und kühl, das Wetter ähnlich wie wir es schon gewöhnt sind: Wechselhaft! Für die Lawinengefahr gilt oben Erwähntes.



 72h- Neuschneeprognose



Es gibt auch Lichtblicke, dass der Frühling langsam, aber stetig Einzug hält...



Dienstag, 11. Mai 2021

Föhn bricht zusammen - Neuschnee und Wind führen zu einem Anstieg der Lawinengefahr

Der Winter will kein Ende nehmen...


Während der vergangenen Tage blies auf den Bergen kräftiger Süd-Föhn. Heute am 11.05. bricht der Föhn zusammen. Im Süden des Landes hat bereits Niederschlag eingesetzt. Im Norden wird dies mit Eindringen einer Kaltfront aus Westen während der Abend- bzw. Nachtstunden der Fall sein. 


Windspitzen knapp unter 150km/h am Patscherkofel
Windspitzen knapp unter 150km/h am Patscherkofel


Niederschlagskarte 11.05. 15:00 Uhr. Im Süden hat mancherorts bereits Niederschlag eingesetzt. "Hot spot" aktuell das Timmelsjoch


Anfänglich soll es noch auf etwa 2500m hinauf regnen. Die Schneefallgrenze wird sich dann mit der Kaltfront zwischen etwa 1500m und 2000m einpendeln (im Norden tiefer als im Süden).



48h-Neuschnee-Vorhersage


Lawinengefahr steigt


Einiges an Neuschnee, zusammen mit Wind, wird die Lawinengefahr ansteigen lassen. Wir rechnen im hochalpinen Gelände in den neuschneereichen Gebieten mit teilweise größeren spontanen Lawinenabgängen. Diese Aussage stützt sich aktuell auf eine Rückmeldung einer großflächigen, oberflächennahen Schneebrettlawine im Bereich der Östlichen Simonyspitze in der Venedigergruppe sowie aufgrund von Prozessdenken. 



Spontaner Lawinenabgang bei der Östlichen Simonyspitze (Foto: 09.05.2021)


Wir gehen davon aus, dass sich hochalpin mancherorts eine oberflächennahe Schwachschicht aufgrund des Gefahrenmuster "kalt auf warm" (gm.4) gebildet hat. Bei entsprechender Zusatzbelastung durch den Neuschnee ist davon auszugehen, dass Schneebretter auch großflächiger von selbst abgehen können. Zudem werden frische Triebschneepakete in großen Höhen kurzfristig mitunter durch Wintersportler zu stören sein (Schwachschicht ev. überwehter Pulver bzw. Graupel). Vermehrt werden solche Gefahrenstellen im kammnahen, sehr steilen Gelände anzutreffen sein.



Rasche Aktivierung des Neuschnees bei (diffuser) Strahlung


Neuschnee um diese Jahreszeit reagiert extrem rasch auf Wärme- und Strahlungseinfluss. Spätestens ab Donnerstag, wenn es zumindest lokal aufzulockern beginnen wird, erwarten wir einen raschen Festigkeitsverlust des Neuschnees. Einerseits werden zahlreiche Lockerschneelawinen aus extrem steilen Gelände zu beobachten sein. Andererseits sind durch den Wärmeimpuls aber auch spontane Schneebrettlawinen denkbar. Lockerschnee- wie auch Schneebrettlawinen können in Folge in der Sturzbahn zum Teil auch die durchnässte Schneedecke mitreißen.


Spontane Schneebrettlawinen vom 10.05.2021 aufgrund fortschreitender Durchnässung der Schneedecke in Schattenhängen. Höhenbereich um 2500m


Zurückhaltung und Erfahrung


Wir erwarten also eine Situation, während der Wintersportler über gute Erfahrung in der Lawinenbeurteilung verfügen und eher defensiv unterwegs sein sollten. Zudem Vorsicht unterhalb von hochgelegenen und steilen Einzugsgebieten im Bereich von kanalisierten Lawinenbahnen. Dort können Lawinen mitunter auch in tiefere Höhenlagen vorstoßen und z.B. Wanderwege oder Forststraßen gefährden.

Samstag, 8. Mai 2021

Information über Lawinenereignisse am Samstag, 08.05.2021

Am heutigen Samstag, 08.05. nützten zahlreiche Wintersportler das gute Wetter und die überwiegend recht günstigen Verhältnisse, um im Gelände unterwegs zu sein. Die Schneedecke war während der Morgenstunden (außer hochalpin) gut gefroren. Vielfach konnte man somit bei der Abfahrt tollen Firn genießen. Während des Tages führte oberflächennahe Durchfeuchtung mancherorts zu kleineren Lawinenabgängen - meist waren es Lockerschneelawinen. 

In großen Höhen allerdings wehte eisig kalter Wind, der im Kammbereich ziemlich umfangreiche Triebschneepakete bildete. Diese waren, wie sich herausstellte, immer wieder auch störanfällig und wohl die primäre Ursache der uns heute bekannt gewordenen Lawinenereignisse (z.T. vermutlich auch in Kombination mit dem Gefahrenmuster "kalt auf warm" (gm.4) bzw. Graupel (gm.9)]

Hier auf die Schnelle eine Auflistung der gemeldeten Lawinenereignisse: 

09:30 Uhr: Hinterer Brunnenkogel (Stubaier Alpen): 3300m, OSO, unverletzt

09:55 Uhr: Blockkogelferner (Ötztaler Alpen): ca. 3050, NO, unverletzt

10:19 Uhr: Böses Weibele (Schobergruppe): ca. 3000m, NO, 2 Personen mit Airbag, unverletzt

10:49 Uhr: Tonigenkogel (Ridnaungruppe): ca. 2900m, O, Rutsch, unverletzt

11:32 Uhr: Watzespitze (Kaunergrat): 3400m, O, 2 Personen verletzt

11:36 Uhr: Weißkugel (Weißkugelgruppe): 3700m, O


Lawinenunfall Watzespitze. Das Schneebrett brach kammnah, als sich zwei Personen zu Fuß im Aufstieg befanden. Der Kreis zeigt deren Skidepot. (Foto: 08.05.2021)



Übersichtsbild des Lawinenabgangs unterhalb der Weißkugel via Webcam


Detailfoto der Lawine unterhalb der Weißkugel. Der Pfeil zeigt auf bereits mehrere Abfahrtsspuren. Eine Person wurde von dem Schneebrett erfasst und verletzt ins Krankenhaus nach Meran gebracht. (Foto: 08.05.2021)


Für morgen, Sonntag, 09.05. steht ein außergewöhnlich warmer Tag bevor. Die Gefahr von nassen Lawinen wird rasch ansteigen. Die Zeitreserven sind somit deutlich geringer als heute am 08.05. Dies erkennt man aktuell auch an den Wetterstationsgrafiken. 


Die Luft ist aktuell feuchter und wärmer als gestern um dieselbe Zeit. Die Ausstrahlung und Abkühlung der Schneedecke wird über Nacht vergleichsweise schlechter sein. 


Unser Tipp somit: Eher hoch und sehr früh unterwegs und früh wieder am Ausgangsort zu sein. Dabei v.a. kammnahen Triebschnee sowie die Möglichkeit oberflächennaher Schwachschichten (sh. Blog) beachten. Den Müttern alles Gute zum Muttertag!

Donnerstag, 6. Mai 2021

Auf den Bergen teils noch recht winterlich - sehr warmes Wochenende steht bevor - Gefahr von Nassschneelawinen steigt

Wärmeimpuls birgt erhöhtes Potential an Nassschneelawinen


Auf den Bergen liegt noch viel Schnee


Die ZAMG-Wetterdienststelle wies heute in einer Aussendung auf die zwischen Sonntag, 09.05. und spätestens Mittwoch 12.05. zu erwartende starke Erwärmung mit vermehrter Schneeschmelze hin. Dies hat unmittelbar mit den für die Jahreszeit noch beachtlichen Schneemengen zu tun. Gerade in Schattenhängen liegt bis zumindest in mittlere Lagen hinunter für die Jahreszeit überdurchschnittlich viel Schnee. Ähnlich ist es in in großen Höhen in allen Hangrichtungen. 



Überblick der Gesamtschneehöhe vom 06.05.2021



Sehr bezeichnendes Foto für die Schneelage in mittleren Höhenlagen: Südseitig aper, nordseitig sind Abfahrten teils noch bis zu den Ausgangspunkten von Touren möglich. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 30.04.2021)


Die seit 1961 im Flachen gemessenen Rekordschneehöhen in Obertilliach sind inzwischen Geschichte... 


Vorsicht! Lawinengefahr steigt mit Erwärmung und vorhergesagtem Regen!


Für die Lawinengefahr bedeutet diese Wetterprognose eine erhöhte Lawinenaktivität. 



Erwärmung wird während der kommenden Tage zu vermehrten Lawinenabgängen führen. Bild stammt aus dem Defereggental vom 29.04.2021


Nach der von heute, 06.05. während der Nachtstunden über Tirol ziehenden Kaltfront, die zwischen 10 und 30cm Neuschnee bringen soll, werden spätestens am Samstag, mit rascher Wetterbesserung zahlreiche Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände zu beobachten sein. 



Neuschneeprognose vom 06.05. auf den 07.05.2021


Insbesondere in kammnahen Windschattenhängen steigt dann kurzfristig in großen Höhen auch die Wahrscheinlichkeit an, dass Wintersportler Schneebrettlawinen in Form von frischen Triebschneeansammlungen auslösen können. Ab Sonntag, 09.05., an jenem Tag, wenn sommerliche Temperaturen bei einer 0°-Grenze von 3900m (!) vorhergesagt werden, schreitet die Durchfeuchtung der Schneedecke voran. Insbesondere in Schattenhängen, wo bisher die Durchnässung noch nicht bis in tiefere Schichten vorgedrungen ist, können Lawinen auch in tiefere Schichten brechen und mitunter gefährlich groß werden. (Vorsicht zum Teil auch im Bereich von Forststraßen oder Wanderwegen unterhalb von höher gelegenen Einzugsgebieten!) Die Gefahr solcher Lawinen verschärft sich voraussichtlich ab Montag abends (10.05.), wenn es von Süden, den Alpenhauptkamm noch betreffend, bis etwa 3000m regnen soll. Anbruchgebiete von Schneebrettlawinen sollten sich grob ab etwa 2400m aufwärts befinden.


In großen Höhen schattseitig ev. heimtückische Lawinensituation durch gm.4 (kalt auf warm)?


Ein Lawinenabgang in der Steilflanke der Petersenspitze im hinteren Pitztal deutet auf eine oberflächennahe Schwachschicht hin, deren Entstehung eventuell mit einer raschen Entwicklung des Gefahrenmusters "kalt auf warm" zu tun haben könnte. Es handelt sich um einen Höhenbereich um 3000m. Ebenso möglich, aber in diesem Fall etwas unwahrscheinlicher ist eine massivere Graupeleinlagerung während der kürzlichen Schneefälle. Aktuell fehlen uns Schneedeckenuntersuchungen aus diesem Höhenbereich, die nähere Rückschlüsse zuließen.


Die Schneebrettlawine löste sich während der Abfahrt von Wintersportlern. Die scharfe Höhengrenze mitten im Hang kann mit erhöhter Wahrscheinlichkeit gm.4 (kalt auf warm) zugeordnet werden.




Rückschau auf die vergangene Woche


Wechselhaft


Mehrmals in Folge - so auch diesmal - charakterisieren wir die vergangene Woche als wechselhaft. Wechselhaft war sowohl das Wetter, wechselhaft waren auch die Lawinenverhältnisse. 



Für die Jahreszeit meist zu kühl, immer wieder Niederschlag, zwei Schönwettertage, auf den Bergen meist sehr windig


Lockerschnee- und Schneebrettlawinen, aber auch gute Verhältnisse mit Pulverschnee


Freitag, 30.04., kann zumindest in Nordtirol als anfangs recht "dampfinger" Tag charakterisiert werden. Wolken zogen nach nächtlichen Niederschlägen ab. Die Strahlung war diffus, der Wärmeimpuls in die Schneedecke hoch. Im Nachhinein betrachtet ein Tag mit vermehrten Lawinenabgängen - u.a. auch Schneebrettlawinen in den damals vorhergesagten Höhenbereichen. Häufig wurden Schneebrettlawinen auch von Lockerschneelawinen ausgelöst.


Wolkenbänke an den Hängen führen zu dieser Jahreszeit bei Sonneneinstrahlung zu vermehrter langwelliger Rückstrahlung und dadurch rascherer Durchfeuchtung der Schneedecke. Grießkogelgruppe (Foto: 30.04.2021)



Bald nach Aufnahme des obigen Fotos lösten sich Lawinen von selbst. Anfänglich Lockerschnee-, dann Übergang in Schneebrettlawine. Grießkogelgruppe (Foto: 30.04.2021)



Schneebrett- und Lockerschneelawinen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 30.04.2021)



Am 01.05.2021 löste sich unmittelbar unterhalb von Felsen schattseitig aufgrund fortschreitender Durchnässung eine Schneebrettlawine, die zu einer Suchaktion führte. Niemand wurde verschüttet. Axamer Lizum (Foto: 01.05.2021)



Das Foto stammt auch von der Axamer Lizum und wurde am 04.05. aufgenommen. Die Lawinenabgänge dürften vom 30.04. und 01.05. stammen.


Eine Kaltfront brachte am 02.05. und 03.05. Neuschnee - zum Teil auch (sehr kurzfristig) guten Pulver in großen Höhen...



48h Differenz der Schneehöhe: Schneefälle ab 01.05. abends



Nicht, dass der falsche Eindruck entsteht: Die vergangene Woche stand häufig auch im Zeichen recht guter Bedingungen. Pulvertraum in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto. 03.05.2021)



Bezeichnend für die Jahreszeit: Zahlreiche Lockerschneelawinen nach Schneefällen. Defereggen (Foto: 03.05.2021)


Starker Westwind auf den Bergen führte zu Verfrachtungen. Mieminger Kette. (Foto: 05.05.2021)



Einstellung des täglichen Lawinenreports ab kommendem Wochenende


Wir zitieren hier den Text aus dem Blog unserer Südtiroler Kollegen: "Am kommenden Wochenende erscheinen die letzten Lawinenreporte der Saison. Kein Lawinenreport bedeutet aber nicht, keine Lawinengefahr. Auf den Bergen liegt momentan noch viel Schnee, dementsprechend gilt es die Lawinengefahr zu berücksichtigen. Informationen über Schnee- und Lawinenlage werden besonders bei großen Änderungen weiterhin im Blog veröffentlicht."