Dienstag, 11. Dezember 2018

Nach Wintereinbruch ist Zurückhaltung angesagt

In Tirol ist der Winter eingekehrt. Seit Samstag, dem 08.12.2018 sind in der Höhe zum Teil über 100cm Schnee gefallen.

Beträchtliche Neuschneesummen in weiten Teilen Tirols.

Rückblick


In weiten Teilen Tirols sorgte am Freitag, 07. 12. ein Zwischenhoch für recht freundliches Wetter mit milden Temperaturen. Die Nullgradgrenze lag dabei tagsüber nahe 3000m. Die Schneesituation war mit Ausnahme des Alpenhauptkammes bis zu diesem Zeitpunkt relativ dürftig, die Schneedecke meist stark windbeeinflusst und unregelmäßig.

Wenig Schnee und unregelmäßige Schneeverteilung in den Zentralen Stubaier Alpen. Bei den abgeblasenen Rücken tritt mit Saharastaub gefärbter Schnee von Ende Oktober zutage (Foto: 07.12.2018)

In der Nacht auf Samstag, 08.12. kühlte es mit dem Durchzug einer intensiven Kaltfront aus Nordwest abrupt ab. Innerhalb eines kurzen Zeitraumes fielen die Temperaturen um rund 10° C. Begleitet von stürmischem Wind fielen verbreitet 5-10 cm Neuschnee bei einer Schneefallgrenze um die 1000m. Vermehrt wurden auch intensive Graupelschauer beobachtet.

Während der vergangenen Tage beobachtete man vielerorts Graupel, Inntal (Foto: 10.12.2018)

Schneeprofil in der Grieskogelgruppe vom 08.12.2018; Nordost, 2580m, 26°. Unterhalb einer dünnen Triebschneeauflage erkennt man Graupel, welcher während der intensiven Kaltfront in der Nacht auf Samstag, 08.12. gefallen war. Nordseitig, oberhalb von 2400m findet man in der Altschneedecke zudem mögliche Schwachschichten (© Lukas Ruetz).

Nachdem am Samstag, 08.12. eine Warmfront für leichte Milderung und nur geringfügig Niederschlag sorgte, erreichte uns in der Nacht auf Sonntag eine weitere Kaltfront bei stürmischem Wind aus Nordwest. Die Schneefallgrenze sank bis in Tallagen.

In Nordtirol sowie in den Hohen Tauern fielen in hohen Lagen verbreitet 40cm bis 100cm Neuschnee, lokal auch mehr. Am meisten schneite es dabei in den typischen Nordweststaulagen von der Silvretta- und Samnaungruppe über die Verwallgruppe und die Allgäuer Alpen bis zum Karwendel sowie im Wilden Kaiser. In den Deferegger Alpen schneite es mit rund 10cm bis 20cm deutlich weniger, in den Lienzer Dolomiten kaum.

Messstation Pischgraben/Madleinkopf in der Westlichen Verwallgruppe: In der Nacht auf Samstag, 08.12. kommt es mit Durchzug der Kaltfront zu einem schlagartigen Absinken der Temperaturen um mehr als 10°C sowie einer abrupten Zunahme der Windgeschwindigkeit. Die schwache Warmfront bringt darauffolgend kurzzeitig eine leichte Milderung, bevor eine erneute Kaltfront zu einer weiteren Abnahme der Temperaturen führt. Seit Beginn der Niederschläge wurde an der Station rund 100cm Schneezuwachs verzeichnet. Der Wind blies während des Ereignisses stark bis stürmisch aus nordwestlichen Richtungen.

Im mittleren Ötztal wurden bis Montag, 10.12. auf 1400m rund 35cm Neuschnee, im Bereich der Waldgrenze an die 50cm Neuschnee gemessen (Foto: 10.12.2018).

Winterlandschaft auch im Zillertal (Foto: 10.12.2018).
Durch den stark bis stürmischen Wind entstanden oberhalb der Waldgrenze in allen Expositionen umfangreiche Triebschneeansammlungen.

Der Wind als Baumeister der Lawinen verfrachtet den frischen Schnee. Tuxer Alpen (Foto: 08.12.2018)

Mögliche Schwachschichten für Schneebrettlawinen findet man meist innerhalb des Neuschneepakets in Form von kaltem Neuschnee bzw. Graupel. Spontane Lawinen, welche uns während der Niederschlagsperiode gemeldet wurden, waren vermutlich in diesen Schwachschichten angebrochen.

Innerhalb der Altschneedecke findet man zudem Schwachschichten in Schattenhängen zwischen etwa 2400m und 2900m. Es handelt sich um kantige Kristalle zwischen Krusten. Stabilitätsuntersuchungen zeigen bisher unterschiedliches Bruchverhalten, von guter bis zu schlechter Bruchausbreitung.

Weiters trifft man im hochalpinen, vergletscherten, schattigen Gelände noch aufbauend umgewandelten Schnee direkt oberhalb des Gletschereises. Diese Schicht sollte aufgrund der meist kompakten Schneeauflage von Ende Oktober nur in Ausnahmefällen zu stören sein.

Schneeprofil in den Zentralen Stubaier Alpen; Nord, 2615m, 25°. In schattigen Nordhängen findet man häufig eine Abfolge von Krusten und lockeren Schichten. Auch wenn die Schneedecke vor den letzten Niederschlägen sehr inhomogen war, können Schneebrettlawinen, welche im Altschnee anbrechen, nicht ausgeschlossen werden (© LWD Tirol). 

Ausblick

Mit der Wetterbesserung vom Westen her nimmt auch der Wind ab. Triebschneeansammlungen sind zum Teil überschneit und dadurch schwierig zu erkennen. Bei den vorherrschenden kalten Temperaturen dauert es vermutlich einige Tage, bis sich die Triebschneepakete mit den im Neuschnee befindlichen Schwachschichten gut verbunden haben. Wir raten deshalb zu Zurückhaltung im sehr steilen Gelände. Vorsicht auch: Der erste Schönwettertag nach einer stürmischen Schneefallperiode ist immer besonders unfallträchtig!

In ganz Tirol war es am Dienstagmorgen, 11.12 frostig kalt. Die kalten Temperaturen bleiben uns die nächsten Tage erhalten und verhindern ein schnelles Verfestigen der Schneedecke.

Sonst noch zu beachten: Auf steilen Wiesenhängen kann der Neuschnee abgleiten. Bereiche unter Gleitschneerissen sollten möglichst gemieden werden.

Auch Kunstschnee kann als Gleitschneelawine abgehen, wie hier im Skigebiet Hochimst. Inzwischen präsentiert sich dieses Gebiet tief winterlich. (Foto: 05.12.2018)