Donnerstag, 30. Januar 2020

Gebietsweise kritische Situation für den Wintersportler!

Neue Gefahrenstellen durch Neuschnee und Wind

Eine Kaltfront, die uns ab Dienstag, 28.01. überquerte, brachte bis Mittwoch, 29.01. in den Nachtstunden gebietsweise über 50cm Neuschnee.

Am meisten schneite es im Nordwesten Nordtirols sowie im nördlichen Osttirol

Das Wetter der vergangenen Woche. Anfangs noch Hochdruckeinfluss, der sich zunehmend abschwächte. Anfangs vermehrt Südströmung, dann Kaltluftvorstoß mit Winddrehung auf N-NW samt Schneefall. Station "Am Adamsberg" oberhalb von Galtür im Paznauntal.

Kurzfristig große Lawinengefahr

Die Lawinengefahr stieg entsprechend an und wurde im Westen und Norden Nordtirols oberhalb der Waldgrenze kurzfristig als groß (Stufe 4) eingestuft. Es handelte sich dabei um ein "Skifahrer-Groß", also um eine Situation, die v.a. für den Wintersportler als (sehr) kritisch einzustufen ist. Von großen, schadenbringenden Lawinen wurde nicht ausgegangen.

Bei der Auswahl einer Gefahrenstufe spielen zahlreiche Einflussfaktoren eine Rolle. Für die vergangene Situation war die hohe Auslösewahrscheinlichkeit im bisher vom Wintersportler wenig beeinflussten und eher windgeschützten Gelände, v.a. im Sektor W über N bis O, insbesondere jedoch in der nördlichen Hälfte sowie im kammnahen Gelände entscheidend. Wir bewegten uns in den neuschneereicheren Gebieten für die künstliche Auslösung im Bereich der zwei markierten Kästchen.

Weiterhin gebietsweise kritische Situation für den Wintersportler! 

Inzwischen wurde die Gefahr wieder abgestuft. Weiterhin besteht jedoch eine für den Wintersportler und die Freeriderin nicht zu unterschätzende Lawinengefahr. Besonders aufpassen muss man im bisher wenig verspurten Tourengelände (insbesondere in der nördlichen Hälfte) und - so es dies überhaupt irgendwo noch gibt - auch im bisher unverspurten Variantengelände. Zudem haben sich im kammnahen, vermehrt O- und SO-ausgerichteten Steilgelände frische, zum Teil recht mächtige und noch recht leicht auszulösende Triebschneepakete gebildet. Mit zunehmender Seehöhe steigt deren Auslösewahrscheinlichkeit.

Spontane Lawinen und Lawinensprengungen

Betrachtet man die spontane Lawinenaktivität der vergangenen Niederschlagsperiode sowie Sprengerfolge, so waren diese recht unterschiedlich.

Spontane Lawinen wurden - wie auch erwartet - vermehrt im bisher wenig verspurten, schattigen sowie im leeseitigen, kammnahen, sehr steilen Gelände beobachtet. Die Lawinen waren meist mittelgroß (Größe 2), vereinzelt auch groß (Größe 3).

Vermehrte Rückmeldungen über spontane Lawinenaktivität bekamen wir v.a. von den Stubaier Alpen, zum Teil auch aus der Verwallgruppe. Wenige spontane Lawinen wurden hingegen beispielsweise in den Ötztaler Alpen beobachtet. Ähnliches war im Nahbereich des Variantengeländes am Arlberg sowie in den niederschlagsärmeren Regionen der Tuxer und Kitzbüheler Alpen der Fall.

Spontane Schneebrettlawine in den Nördlichen Stubaier Alpen. Klassischer Gefahrenbereich: bisher unbeeinflusst, schattig, Schwachschicht: aufbauend umgewandelte Altschneeoberfläche (Foto: 30.01.2020)

Spontane Schneebrettlawinen in der Grießkogelgruppe. Schattiges, bisher wenig vom Wind beeinflusstes Steilgelände (Foto: 30.01.2020)

Kammnahes Schneebrett in der Venedigergruppe (Foto: 30.01.2020)

Kammnahes Schneebrett Weißkugel (Foto: 30.01.2020)

Skigebiet Kappl: Linkes Schneebrett löste sich spontan, rechtes wurde durch Sprengung ausgelöst (Foto: 30.01.2020)

Als gut wurden die Sprengerfolge z.B. im Kappler Skigebiet bewertet. Ebenso war dies in Kühtai sowie auf der Seegrube oberhalb von Innsbruck der Fall. Geringe Erfolge gab es u.a. im Arlberggebiet sowie den Skigebieten in den Südlichen Ötztaler Alpen.

Gute Sprengerfolge im Nahbereich des Kühtaier Skigebietes (Foto: 30.01.2020)

Gute Sprengerfolge auf der Seegrube. Interessant sind hier die unterschiedlichen Bruchflächen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte hier Graupel (ev. auch überwehter Pulverschnee während der Schneefallperiode) als Schwachschicht eine Rolle gespielt haben.

Mäßige Sprengerfolge Obergurgl / Hochgurgl (Foto: 30.01.2020)

Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung

Am 28.01. wurden zwei Eiskletterer in Innergschlöß beim sogenannten Schildfall von einer Lawine überrascht, als sie sich nach dem Abseilen bereits am ca. 40 Grad steilen Wandfuß befanden. Eine Person wurde mitgerissen, konnte jedoch selbständig ins Tal gelangen.

Heute am 30.01. gingen seitens der Leitstelle zwei Meldungen über Lawinenabgänge ein. Jeweils handelte es sich um das Arlberggebiet. "In der Riffle" wurde eine Person mitgerissen, konnte sich jedoch selbst befreien und wurde laut Leistelle von der Pistenrettung behandelt. Bei einem Lawinenabgang im "Vorderen Rendl" wurden keine Personen verschüttet.

Wie geht es weiter? Die Lawinengefahr wird neuerlich ansteigen...

In den nächsten Tagen bleibt das Wetter turbulent und für die Jahreszeit deutlich zu mild. Eine in der Nacht auf morgen Freitag, 31.01.2020, aufziehende Warmfront bringt etwas Regen bis etwa 1800-2000m. Nur in Hochlagen können laut ZAMG-Wetterdienststelle wenige Zentimeter Neuschnee hinzukommen. Ab Sonntag, 02.02.2020, dominiert eine bis zur Wochenmitte anhaltende stürmische West- bis Nordwestströmung, welche sehr feuchte Luftmassen an die Alpennordseite heranführt. Die Schneefallgrenze kann deutlich über  2000m ansteigen, dazu weht stürmischer Wind. Die Lawinengefahr wird wieder entsprechend ansteigen.

Mit Wärme und Regen werden auch Gleitschneelawinen wieder vermehrt ein Thema werden. Dristlköpfl (Foto: 29.01.2020)

Sonst noch berichtenswert!

Die ZAMG-Wetterdienststelle meldet, dass der Jänner 2020 einer der drei wärmsten der Messgeschichte war. Weitere Prädikate des Jänners: mild, trocken, sonnig.

Saharastaub...

Im gesamten Land konnte während der vergangenen Woche deutlich Saharastaub in der Luft beobachtet werden. Rastkogel in den Tuxer Alpen (Foto: 24.01.2020)

Heute am 30.01.2020 enstanden in der Höhe neue Triebschneepakete. Stubaier Gletscher

In den Bergen eine zum Teil recht stark vom Wind geprägte Schneeoberfläche. Tuxer Alpen (Foto; 30.01.2020)

Vergleichsweise recht günstige Situation in Osttirol abseits des Hauptkamms (Foto: 30.01.2020)

Wintergewitter mit massiven Graupelschauern am 28.01. Kurzfristig Sturmböen von bis zu 160 km/h. Einige Skigebiete hatten damit ihre Probleme (Foto: 28.01.2020)

Graupel im gesamten Land. Zum Teil wurden bis zu drei Graupelschichten im Neuschneepaket eingelagert. Hier ein Bild aus dem Defereggental (Foto: 28.01.2020)