Montag, 29. Oktober 2018

Intensive Niederschläge mit Schnee in großen Höhen und Sturm lassen die Lawinengefahr ansteigen: Triebschnee- und Gleitschneeproblem

Die Wetterlage ist außergewöhnlich: Äußerst intensive Niederschläge im Süden des Landes. Zudem stürmischer Wind. Die Schneefallgrenze befindet sich derzeit meist um 2500m, zum Teil auch darunter.

Dieser Mix lässt die Lawinengefahr ansteigen. Inzwischen wurden im hochalpinen Gelände schon erste spontane Lawinen mittlerer Größe beobachtet. Während der Nachtstunden ist in den besonders niederschlagsreichen Regionen entlang des Alpenhauptkammes und in Zentralosttirol mit weiteren Lawinen in hochalpinen und hohen Regionen zu rechnen. Die Situation wird sich mit Abklingen der Niederschläge rasch entspannen. Dennoch: Vorsicht Wintersportler: Frischer Triebschnee lässt sich im sehr steilen Gelände kurzfristig durch geringe Belastung stören. Schneebrettlawinen können für Wintersportler gefährlich groß werden.

Dort, wo es auf Grashängen mehr schneit, sollte zudem auf die Gefahr von Gleitschneelawinen geachtet werden.

Hier ein paar Impressionen zur Situation:

Extreme Niederschlagsmengen im Süden

…hier am Beispiel der Station Obertilliach

In der Höhe weht stürmischer Wind aus südlicher Richtung

Spontaner Lawinenabgang Stubaier Gletscher (Foto: 29.10.2018)

Die nächste Aktualisierung erfolgt bei gravierenden Änderungen der Situation.

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Winterliche Bedingungen ab dem Wochenende im hochalpinen Gelände entlang des Alpenhauptkammes – Frischen Triebschnee im sehr steilen Gelände, mitunter auch Gleitschnee auf Wiesenhängen beachten

In großen Höhen entlang des Alpenhauptkammes wird es ab dem Wochenende winterlich. Dies zeigt sich anhand der Prognosen der ZAMG-Wetterdienststelle Innsbruck. Bis Sonntag, dem 28.10. soll es dort um 50cm schneien. Anfang der nächsten Woche kommt dann ein weiterer Schub Neuschnee dazu. Dies passiert bei starkem Wind aus südlicher Richtung.


Die Kombination aus Schneefall und Wind führt zu Schneeverfrachtungen im Hochgebirge. Triebschneeansammlungen im windabgewandten Gelände sind die Folge und sollten von Wintersportlern bereits als mögliche Gefahrenquelle in Betracht gezogen werden. Diese können bevorzugt im sehr steilen, windabgewandten Gelände mitunter durch geringe Belastung gestört werden. Als Schwachschicht dürfte derzeit nur überwehter Pulverschnee in Frage kommen, der sich nach den Schneefällen rasch mit den Triebschneepaketen verbinden sollte. Wir gehen somit von einer kurzfristigen Gefährdung durch Schneebrettlawinen aus.

Weiters kann in den neuschneereichen Gebieten der Neuschnee auf steilen Wiesenhängen abgleiten. Da die Regengrenze während der Niederschlagsperiode ansteigen wird, sollten sich die Gefahrenbereiche in den typischerweise betroffenen mittleren Höhenlagen in Grenzen halten.

Derzeit präsentieren sich die Berge entlang des Alpenhauptkammes aufgrund der Niederschläge vom 23.10. bis zum 25.10. großteils leicht angezuckert. „Hot spot" der Niederschläge war die Venedigergruppe.

Am meisten hat es bisher in der Venedigergruppe geregnet bzw. geschneit: Hier am Beispiel der Johannishütte

Hintereisferner in den Südlichen Ötztaler Alpen

Blick von der Wanglspitze in Richtung Hintertuxer Gletscher in den Zillertaler Alpen

Blick zum Großglockner in den Osttiroler Tauern

Die nächste Aktualisierung erfolgt bei gravierenden Änderungen der Situation.

Freitag, 5. Oktober 2018

ISSW2018: Die interessantesten Inhalte für Wintersportler

Die Vorbereitungen für den International Snow Science Workshop der Organisatoren - Bundesforschungszentrum für Wald, Wildbach- und Lawinenverbauung,  Kongesszentrums Innsbruck, Lawinenwarndienst Tirol - sind so gut wie abgeschlossen.

Die Teilnehmer aus der ganzen Welt trudeln derzeit in Innsbruck ein. Viele nutzen noch den goldenen Oktober um die umliegende Bergwelt vor der abwechslungsreichen aber auch intensiven Konferenzwoche zu erkunden. Zeit für uns, das Programm und die Beiträge des ISSW2018 - Innsbruck genauer vorzustellen...

ISSW2018 - Überblick

Programmübersicht ISSW 2018
Die Themenblöcke sind nach Wochentagen gegliedert: Am Montag geht es um Lawinendynamik, Lawinenschutzmaßnahmen und Lawinenverbauungen. Am Dienstag wechselt der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit, Klimawandel & Schnee, Skigebietsmanagement & Schneerzeugung.

Am Mittwoch finden die Exkursionen der Teilnehmer zeitgleich zum Tag der offenen Tür statt.

Am Donnerstag dreht sich alles um die Lawinenwarnung sowie die Schneedecke und ihrer Stabilität. Am Freitag erreicht die Konferenz ihren Höhepunkt für Wintersportler mit Schwerpunkten Lawinenausbildung, Risikostrategien, Lawinenunfallmanagement & Entscheiden im Gelände.
Genauere Infos auf der offiziellen Homepage http://www.issw2018.com/ 

Für Wintersportler

... ist wie bereits vielfach angekündigt der Tag der offenen Tür am Mittwoch, 10.10., besonders hervorzuheben. In diesem Blogeintrag stellen wir darüber hinaus die zusätzlich interessanten Inhalte neben dem Public Day vor.

Die Beiträge

Posterpräsentation einer frühreren ISSW. Foto: Mammut
Bei der Konferenz wird es zu den oben genannten Themengebieten verschiedene Multimedia-Vorträge oder ein Poster mit mündlicher Präsentation geben. 

Geht man die Beiträge durch, fallen grundsätzliche Strömungen auf:

Was in Bezug auf Lawinenschutz durch Verbauungen bereits fest etabliert ist, fasst zunehmend in der Lawinenwarnung Fuß - Computermodelle und ihre Berechnungen bzw. Visualisierungen.
Egal ob zu erwartende Lawinengrößen, ihr Schadenspotential, ihre Auslauflänge, Wettermodelle & darauf basierende Schneedeckenmodelle die den Aufbau der Schneedecke und ihre Schichtung berechnen oder, oder, oder. Die Vorgänge in der Natur werden immer exakter physikalisch und mathematisch beschrieben und können so mit der heute vorhandenen Rechenleistung in Simulationen nachgeahmt werden. Zunehmend fällt auch die Verbindung der einzelnen Rechenmodelle zu Modellketten auf. Ein gutes, bereits etabliertes Beispiel dazu ist SNOWGRID der ZAMG wo Wettermodelle und Schneedeckenmodelle ineinander greifen um die Schneebedeckung zu berechnen.
Eine simulierte Schneebrettlawine aus einem Computermodell. Screenshot: SLF

Im Bereich Lawinenschutzmaßnahmen für Infrastruktur ist man mittlerweile zu "integralen Schutzmaßnahmen" übergegangen. Das heißt, man verbaut nicht nur, sondern lässt gezielt alle Schutzmaßnahmen wie Sprengungen, Schutzwald, Lawinendämme usw. ineinandergreifen und wählt nach lokalen Gegebenheiten die besten Kombinationen.

Ein stark aufstrebendes Thema ist zudem die Fernerkundung - also das Erforschen und Messen der Schneedecke aus größerer Entfernung wie von Satelliten oder mit Lasermessungen, sowie der Einsatz von Drohnen.
Tipp:  
- Poster P 4.5 "Using time lapse photography to document terrain preferences of backcountry skiers" Zeitrafferaufnahmen um Vorlieben im Gelände von Wintersportlern zu dokumentieren
- Vortrag O2.3 "Investigating avalanche interaction with defence structures using unmanned aerial system photogrammetry" - Montag, 10:45 - 11:00 (Lawinenschutzmaßnahmen mit der Hilfe von Drohnen untersuchen)
- Vortrag O4.12 "Operational monitoring of Alpine snow cover within the European Copernicus Programme" - Montag 15:55 - 16:05 (Schneedeckenbeobachtung über Satelliten)

Beim Schneemanagement in Skigebieten dreht sich alles um den Klimawandel und wie man ihm am besten begegnet. Daneben widmen sich viele Forscher mittlerweile den Gleitschneelawinen, wie man diese Lawinenart am besten vorhersagt und wie man ihnen als Sicherheitsverantwortlicher am besten begegnen kann.
Tipp:
- Vortrag O5.1 "Climate change in the Alps and its consequences for snow" - Dienstag, 08:05 - 08:20 (Klimawandel in den Alpen und seine Auswirkungen auf Schnee)
- Poster P6.17 "Snow farming in the Alps: today's and future activities" (Snowfarming in den Alpen: Ist-Stand und Zukunft)
- Poster P5.10 "The contribution of snowmelt to the annual waterbalance in the Tyrolean Alps" (Der Einfluss der Schneeschmelze auf den Wasserhaushalt der Tiroler Alpen)

In der Lawinenwarnung beobachtet man inzwischen stark das Bestreben nach Vereinheitlichung über politische Grenzen hinweg. Dazu werden wissenschaftliche Arbeiten über die Unterschiede der verschiedenen Warnregionen und vor allem die Vorlieben verschiedener Lawinenprognostiker aus Amerika wie Europa vorgestellt. Der LWD Tirol präsentiert in diesem Hinblick das Vorzeigeprojekt Avalanche.report.
Tipp:
-  Vortrag O17.1 "Consistency and bias in avalanche forecasts: a look across borders in the Alps" - Freitag, 13:30 - 13:40 (Konsistenz und Vorlieben in der Lawinenwarnung: Ein Überblick in den Alpen)
- Vortrag O17.8 "Project ALBINA: A conceptual framework for a consistent, cross-border and multilingual regional avalanche forecasting system" - Freitag 15:15-15:25 (Hintergründe zur gemeinsamen Lawinenvorhersage für Nordtirol, Südtirol & Trentino)
Der Saal Tirol im Congress Innsbruck. Foto: CMI

Bei der Risikobeurteilung setzt man ebenfalls immer mehr auf die Hilfe von Computern:
Die auf Munter basierenden Methoden zur Beurteilung des Lawinenrisikos werden zunehmend automatisiert, mit verschiedenen, neu entwickelten Algorithmen verknüpft und mit analytischen Betrachtungsweisen wie den Lawinenproblemen und der Verbreitung verknüpft. Aus der Kombinationen mit Routen-Tracks und einem Geländemodell erhält man Karten, die das Risiko für gewisse Routenabschnitte darstellen.
Tipp:
- Vortrag O15.6 "Do avalanche airbags lead to riskier choices in the backcountry?" - Freitag 09:20 - 09:35 (Erhöhen Airbags die Risikobereitschaft?)
- Poster P15.15 "To go or not to go: Decision making at individual slope" (Einfahren oder nicht: Entscheidungen am Einzelhang)
- Poster P19.3 "Acceptable risk for backcountry skiers and riders: differences in uphill and downhill terrain selection (Akzeptables Risiko für Skifahrer: Unterschiede im Aufstieg und Abfahrt)
- Poster P19.7 "How do experts interpret avalanche terrain from a map?" (Wie interpretieren Experten das Lawinengelände anhand einer Karte?)

In der Lawinenausbildung beobachtet man ebenfalls stark den Trend zur Vereinheitlichung in Europa. In Nordamerika beispielsweise werden Lawinenkurse bereits von jeweils einer Organisation in Kanada und den USA betreut. Auch beim Thema Ausbildung ist der LWD Tirol mit mehreren neuen Konzepten vertreten.
Tipp:
- Poster P16.19 "Avalanche education in Austria - about the current status and a new concept" (Lawinenausbildung in Österreich - über den aktuellen Status und ein neues Konzept)
- Poster P17.3 "How to assess and communicate persistent weak layers" (Wie man aufbauend umgewandelte Schwachschichten einschätzt und kommuniziert)
- Poster P17.4 "Efficacy in communication of avalanche warnings" (Wirksamkeit in der Kommunikation von Lawinenwarnungen)


Eine genaue Liste der Vortrags-Highlights findet ihr in der Pressemitteilung unter https://issw2018.com/images/Press/PRESSE_EXTENDED_D.pdf 
Die Dogana im Congress Innsbruck dient als Zentrum der Veranstaltung mit Postern, Ständen von Ausstellern & Organisatoren und Verpflegungssationen. Foto: CMI

Abstracts als PDF

Allen Vorträgen & Postern gemeinsam ist ein vorher abgegebenes Extended Abstract.  Diese Abstracts sind bereits frei zugänglich unter:


http://arc.lib.montana.edu/snow-science/workshops.php

Bzw. mit Suchfunktion:
http://arc.lib.montana.edu/snow-science/index.php?view=advanced

Noch erwähnenswert: Kickoff für die Öster. Gesellschaft für Schnee & Lawinen (ÖGSL)

Logo ÖGSL

Am Freitag von 12:15 bis 13:15 findet das Kickoff der Österreichischen Gesellschaft für Schnee & Lawinen statt. Einem Verein für den Austausch innerhalb der Schnee- & Lawinencommunity. Mehr Infos unter:

Fazit

Auch wenn die ISSW bei uns noch wenig bekannt ist, in Nordamerika hat sie sich seit der ersten Konferenz 1976 zu dem Treffpunkt von Skigebiets-Betreibern, Lawinenkommissionsmitgliedern, Bergführern, Bergrettern, Lawinenprognostikern, Schneewissenschaftlern und nicht zuletzt von ambitionierten Wintersportlern entwickelt. Darum:

Wir sehen uns vom 07. - 12. Oktober auf der ISSW2018 in Innsbruck...