Donnerstag, 31. März 2016

Zunehmende Durchfeuchtung und Festigkeitsverlust der Schneedecke

Während der vergangenen Tage konnte man eine fortschreitende Durchfeuchtung der Schneedecke vermehrt unterhalb etwa 2400m beobachten. Dies hat mit den steigenden Temperaturen, der (diffusen) Strahlung und der zunehmenden Luftfeuchtigkeit zu tun.

Offensichtlich wird die Durchfeuchtung, wenn man im Gelände unterwegs ist. Gut erkennt man diesen Prozess jedoch auch anhand unserer Wetterstationen.

Im Frühjahr konzentrieren wir uns vermehrt auf die Konstellation aus Lufttemperatur, Taupunkt (ein Feuchtemaß) und der Oberflächentemperatur bei der 2. Grafik von oben. Es ist grob ein steigender Temperaturtrend bei steigender Luftfeuchtigkeit und Annäherung der Oberflächentemperatur an 0 Grad Celsius bei stark verminderter nächtlicher Ausstrahlung festzustellen. Im Klartext: An dieser Wetterstation im Defereggental erkennt man, wie die Schneedecke immer feuchter wird. Dieser Prozess ist derzeit verstärkt unterhalb etwa 2400m zu erkennen bei für die nächsten Tage wohl steigender Tendenz.

Die Schneedecke wird immer feuchter. Profil auf der Seegrube oberhalb von Innsbruck am 31.03.2016.

Mit dem vermehrten Wassereintrag in die Schneedecke verliert diese nun an Festigkeit. Bis vorgestern, dem 29.03. beobachtete man nur vereinzelte Lockerschneelawinen aus besonntem, extrem steilen Gelände. Seit gestern, dem 30.03. wurden uns auch Lockerschneelawinen aus Nordhängen unterhalb etwa 2200m gemeldet. Heute am 31.03. erhöhte sich die Anzahl an beobachteten und gemeldeten Lockerschneelawinen deutlich. Meist waren diese klein, sind jedoch aufgrund ihrer Konsistenz rasch gefährlich für den Wintersportler.

Lockerschneelawinen im Rettenbachtal in den Südlichen Ötztaler Alpen im Nordsektor vom 30.03.2016 (Foto: 31.03.2016)

Nasse Lockerschneelawinen lassen sich leicht durch einen externen Impuls auslösen. Nordkette (Foto: 31.03.2016)

Markant ist auch die deutliche Häufung von Gleitschneelawinen während der vergangenen Tage. Bei einem Abgang einer Gleitschneelawine am 28.03. im Schindlerkar im Arlberggebiet wurde anfangs von verschütteten Personen ausgegangen, was sich glücklicherweise nach einer großen Suchaktion nicht bestätigte.

Gleitschneelawine am 28.03. auf einem sehr steilen Wiesenhang im Schindlerkar. Es handelte sich um viel befahrenes Gelände, teilweise um eine Buckelpiste, die als Lawine abging. (Foto: 29.03.2016)

Frische und etwas ältere Gleitschneelawinen im freien Skiraum nahe des Skigebietes Fiss-Ladis-Serfaus (Foto: 29.03.2016)

Frische Gleitschneelawine auf der Nordkette (Foto: 31.03.2016)

Schattseitig muss man sich nun auf die zunehemende Durchnässung bodennaher Schwachschichten v.a. oberhalb etwa 2200m konzentrieren. Noch ist es nicht soweit. Wir erwarten dann vermehrt auch Schneebrettlawinen.

Schattseitiges Profil mit pontentiellen Schwachschichten, wenn diese nass werden.

Rückblick auf das Osterwochenende

Der Karsamstag - der 26.03. - war rückblickend gesehen in den neuschneereicheren Regionen (v.a. Arlberg-Außerfern, Nordalpen, Kitzbüheler und Tuxer Alpen, lokal auch in weiteren Regionen) ein recht lawinenaktiver Tag. Entscheidend war die Kombination aus vorhandener Schwachschicht (Oberflächenreif, aufbauend umgewandelter Pulverschnee oder lockerer Neuschnee) und darüber gelagertem, gebundenen Neuschnee. Die Bindung des Neuschnees erfolgte dabei einerseits durch zum Teil sehr kräftigen Wind, andererseits aber auch durch den während des 26.03. im Tagesverlauf zunehmenden Strahlungs- und Temperatureinflusses.

Schneefall vom Karfreitag auf den Karsamstag: 20cm-30cm, lokal um 40cm (Rückmeldungen von Wintersportlern aus den Tuxer Alpen)

Wetterverlauf zum Osterwochenende am Beispiel der Station Ehrenbachhöhe in den Kitzbüheler Alpen. Man erkennt den Neuschneezuwachs, Windeinfluss und die Wetterbesserung am 26.03. nachmittags.

Bei den Lawinen handelte es sich meist um Rutsche bzw. kleine Schneebrett- und Lockerschneelawinen. Die meisten von ihnen wurden von Wintersportlern ausgelöst, einige gingen durch den Strahlungseinfluss von selbst ab.

Eine dieser spontanen Lawinen löste sich am 26.03. kurz nach 14:00 Uhr unterhalb des Mitterkaisers im Bereich der Fritz-Pflaum-Hütte in der Region Östliche Nordalpen. Laut unseren Informationen dürfte es sich um eine primäre Lockerschneelawine gehandelt haben, die in Folge eine Schneebrettlawine unterhalb einer Felsstufe ausgelöst hat. Eine aufsteigende Tourengruppe, bestehend aus sechs, in Abständen aufsteigenden Personen wurde von der Lawine überrascht. Drei von ihnen wurden erfasst, eine davon ca. 2m, eine ca. 1m verschüttet und eine teilverschüttet. Die total verschütteten Personen konnten durch Kameradenrettung geborgen werden, wobei eine davon schwer unterkühlt war, die anderen unverletzt blieben.

Lawinenabgang Mitterkaiser im Bereich der Fritz-Pflaum-Hütte (Foto: 26.03.2016)

Lawinenabgang Mitterkaiser mit Verschüttungsstelle (Foto: 26.03.2016)

Hier noch weitere Impressionen der Lawinenaktivität in den neuschneereicheren Gebieten.

Kellerjoch in den Tuxer Alpen (Foto: 26.03.2016)

Lockerschneelawinen im Bereich des Biberkopfs im Außerfern (Foto: 26.03.2016)

Rutsch im Schafkar im Außerfern (Foto: 26.03.2016)

Schneebrett unterhalb des Galtjochs im Außerfern (Foto: 26.03.2016)

Schneebrett unterhalb der Seefelder Spitze in den Westlichen Nordalpen. Gut zu erkennen ist auch der Windeinfluss an der Schneeoberfläche (Foto: 27.03.2016)

Lawinenauslösung unterhalb des Gaiskogels in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 26.03.2016)

Person konnte offensichtlich aus der Lawine ausfahren. Bereich Wedelhütte (Foto: 26.03.2016)

Die Fotos sollen jedoch nicht den Eindruck entstehen lassen, dass überall Gefahren lauerten. Über ganz Tirol gesehen, speziell dort, wo es nur wenig oder gar nicht schneite, dominierten vorwiegend günstige Verhältnisse.

Mittwoch, 30. März 2016

Zur Info

Wir sind gerade im Gelände unterwegs. Eine Aktualisierung des Blogs mit einer Analyse der Lawinensituation während der Osterfeiertage samt einem Ausblick erfolgt bis 30.03.2016 abends (sorry: bis 31.03. vormittags).

Derzeit muss man v.a. auf die fortschreitende Durchnässung der Schneedecke während des Tages in tiefen und mittleren Höhenlagen und dem damit verbundenen Festigkeitsverlust achten.

Freitag, 25. März 2016

Osterwochenende: Wechselhaftes Wetter. Überwiegend günstige Lawinensituation. Vorsicht v.a. vor frischem Triebschnee und tageszeitlich bedingten Nassschneerutschen

Wir nähern uns dem April, was sich auch am wechselhaften Wettergeschehen bemerkbar macht. Derzeit (am 25.03.) wird eine schwache Warmfront von einer nächtlichen Kaltfront abgelöst, welche im Norden zwischen 10 und 30cm Neuschnee bringen soll. Danach wird es wechselhaft und milder weiter gehen.

Sonne, Wolken und Schneefall wechseln ab; Silvretta, (Foto: 23.03.2016)

Auch anhand der Wetterstationsgrafik bei der Falkaunsalpe in den Nördlichen Stubaier Alpen erkennt man ab dem 22.03. den Beginn des wechselhaften Wettergeschehens.

Was die Lawinengefahr anlangt, bleibt diese vorerst noch überwiegend günstig. Bei sämtlichen, uns bekannten Stabilitätstests konnten keine flächigen Brüche im Altschnee erzeugt werden. Man muss sich deshalb derzeit v.a. auf mögliche, oberflächennahe Schwachschichten konzentrieren. Wir beobachten derzeit zwei mögliche Schwachschichten oberhalb etwa 2000m: Einerseits handelt es sich um Oberflächenreif, vermehrt in schattseitigen, kammnahen Steilhängen (u.a. verstärkt durch den Nigg-Effekt).

Oberflächenreif in den Kalkkögeln (Foto: 20.03.2016)

Andererseits findet man in Schattenhängen teilweise auch massiv aufbauend umgewandelten Pulverschnee. Beide Schwachschichten können dort ein Problem darstellen, wo diese von frischem Triebschnee überlagert werden. Derzeit gehen wir von eher kleinräumigen Gefahrenstellen aus, die auf morgen, dem 26.03., mit den Neuschneefällen samt Windeinfluss etwas verbreiteter sein werden. Bei entsprechender Sicht sind diese Gefahrenstellen jedoch gut zu erkennen.

Durch massive Temperaturgegensätze im Bereich der Schneeoberfläche wandelte sich der Pulverschnee häufig zu kantigen Kristallen, teilweise auch zu Schwimmschneekristallen um. Das Profil wurde in der der südlichen Arlbergregion in einem sehr steilen Schattenhang in 2400m Höhe aufgenommen. (Ähnliche Prozesse konnte man teilweise auch in besonnten Hängen unterhalb dünner Firnspiegel beobachten. Dort ist die Schneeoberfläche meist jedoch sehr unregelmäßig und kommt deshalb als Schwachschicht eher nicht in Frage.)

Hochalpin findet man solche mögliche Schwachschichten seltener, da die Schneeoberfläche häufig massiv vom Wind geprägt ist.

Am Weg zum Freiger in den Nördlichen Stubaier Alpen. Eine vom Wind geprägte Schneeoberfläche (Foto: 21.03.2016)

Wichtig zu erwähnten ist auch noch, dass wir uns mitten im Frühjahr befinden und deshalb der Neuschnee rasch durch Strahlungseinfluss durchfeuchtet werden kann. Wir erwarten dort, wo es mehr schneit und anschließend die Sonne zum Vorschein kommt (auch diffuse Strahlung reicht aus), vermehrte feuchte Lockerschneelawinen und Nassschneerutsche aus extrem steilem Gelände. Ein Durchbrechen in tiefere Schichten ist derzeit aufgrund der eingelagerten, dicken Schmelzharschdeckel in besonnten Hängen noch nicht zu erwarten.

Das Profil von der südlichen Arlbergregion zeigt dicke, die Schneedecke derzeit noch stabilisierende Schmelzkrusten.

Was sollte sonst noch beachten werden: Die Spaltenüberdeckung ist heuer allgemein unterdurchschnittlich. Weit ausladende Wechten sind ebenso wie Gleitschneelawinen auf Grashängen eine unberechenbare Gefahr, weshalb man entsprechenden Respektabstand halten sollte.

Auf diesem Weg wünschen wir frohe Ostern und alles Gute bei den Aktivitäten im Freien!

Mittwoch, 23. März 2016

Frischen, kleinräumigen Triebschnee beachten.

Seit 22.03. abends hat sich das Wetter umgestellt. Feuchte und kühle Luftmassen strömen aus nördlicher Richtung ins Land und bringen etwas Neuschnee. Mit teilweise stärkerem Höhenwind bilden sich neue, kleinräumige Gefahrenbereiche in Form von frischen Triebschneepaketen. Sobald die Sonne zum Vorschein kommt ist aus besonntem, felsigen Gelände mit kleinen spontanen Lockerschneelawinen zu rechnen.

In Summe herrschen dennoch weiterhin günstige Verhältnisse.

Sonntag, 20. März 2016

Firn, Pulver, wenig Gefahrenstellen, leichter tageszeitlicher Anstieg der Lawinengefahr.

Das Frühjahr gibt nun auch auf den Bergen ein erstes Lebenszeichen von sich. Noch sind die dafür typische tageszeitliche Durchfeuchtung und der damit einhergehende Festigkeitsverlust nicht allzu ausgeprägt, was einerseits mit der sehr trockenen Luftmasse, andererseits mit der für die Jahreszeit eher unterdurchschnittlichen Temperaturen zu tun hat. Man beobachtet derzeit (am 20.03.) nur vereinzelte, kleine Nassschneerutsche bzw. nasse Lockerschneelawinen aus extrem steilem, besonnten Gelände.

Traumwetter: Anhand der Oberflächentemperatur erkennt man die gute nächtliche Abkühlung der Schneedecke. Es ist windarm bei voller Strahlung und für die Jahreszeit gemäßigten Temperaturen

Zumindest begünstigt der Wechsel aus oberflächiger Durchfeuchtung und nächtlicher Abkühlung der Schneedecke die Bildung eines tragfähigen Schmelzharschdeckels. Dies beobachtet man in steilen besonnten Hängen vermehrt unterhalb etwa 2600m mit steigender Tendenz. Bei guter Zeiteinteilung kann man somit tollen Firn genießen. Aber aufgepasst: Der harte Schmelzharschdeckel erhöht die Absturzgefahr!

Firn in den Osttiroler Tauern (Foto: 17.03.2016)

Die trockene Luftmasse führt auch dazu, dass sich der Pulverschnee in windberuhigten Schattenhängen sehr gut hält. Häufig trifft man diesen noch oberhalb etwa 2000m an, teilweise reicht diese Höhengrenze bis 1500m herunter.

Häufig gibt es noch tollen Pulverschnee, wie hier in den Osttiroler Tauern (Foto: 17.03.2016)

Was die Schneedeckenstabilität anlangt, so hat sich diese weiter gebessert. Dies zeigen Schneedeckenuntersuchungen, aber wohl auch die zahlreichen, zum Teil extremen Abfahrten, die während der vergangenen Zeit absolviert wurden. Denkbar sind Lawinenauslösungen unter ungünstigen Voraussetzungen am ehesten noch in den inneralpinen Regionen sowie im südlichen Osttirol im Bereich der bekannten, bodennahen Schwachschicht schattseitig oberhalb etwa 2500m. Ungünstige Voraussetzungen sind dabei: extrem steil, schattseitig, schneearm, insbesondere große Zusatzbelastung. Sollte es dann jedoch zu einer Störung dieser Schwachschicht kommen, können Lawinen durchaus mittlere Größe erreichen.

Mögliche bodennahe Schwachschicht am Glungezer in den Tuxer Alpen. Der bodennahe Schwimmschnee ist bereits verkrustet und lässt sich somit nicht mehr so leicht stören. (Foto: 19.03.2016)

Hier das zu obigem Foto passende Profil unterhalb des Glungezers. Man erkennt eine mögliche Schwachschicht, die allerdings nur unter ungünstigen Voraussetzungen gestört werden kann.

Inzwischen werden auch extreme Abfahrten durchgeführt; Rosskogel Nord, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 19.03.2016)

Hier noch einige weitere Eindrücke der vergangenen Tage:

Dort, wo die Schneedecke oberflächig angefeuchtet wird und Wind drüberstreicht, bilden sich Firnspiegel. Am Foto erkennt man zusätzlich eine kleine nasse Lockerschneelawine im linken Bilddrittel. Tuxer Alpen (Foto: 19.03.2016)

Am Nachmittag können Wintersportler, dort, wo die Schneedecke durchfeuchtet wird, Nassschneerutsche auslösen. (Foto: 17.03.2016)

Vorsicht vor Wechtenbrüchen! Ahornspitze, Zillertaler Alpen (Foto: 19.03.2016)

Kammnah, hochalpin, schattseitig gibt es mitunter noch kleine Triebschneepakete auf Oberflächenreif. Meist sollte die Spannung für eine Auslösung nicht mehr ausreichen (Foto: 16.03.2016)

Ein typisches Bild: Im Tal wird es grün, in der Höhe liegt ausreichend Schnee für Wintersportaktivitäten (Foto: 19.03.2016)

Dienstag, 15. März 2016

Gefahrenstellen findet man v.a. noch in sehr steilen Schattenhängen oberhalb etwa 2400m, vermehrt in den inneralpinen Regionen sowie im südlichen Osttirol

Wie schon in den vergangenen Lawinenlageberichten erwähnt, überwiegen in Tirol günstige Verhältnisse. Gefahrenstellen konzentrieren sich dabei v.a. auf sehr steile Schattenhänge oberhalb etwa 2400m, vermehrt in den Tuxer, Stubaier, Ötztaler und Zillertaler Alpen sowie dem südlichen Osttirol.

Lawinenauslösungen sind vergleichsweise zu den Befahrungszahlen der vergangenen Woche selten, konzentrieren sich jedoch auf die oben erwähnten Bereiche und passen somit sehr gut mit unseren Stabilitätsuntersuchungen zusammen. Als Schwachschicht kommt praktisch ausschließlich die bodennahe Schwachschicht vom Frühwinter aus kantigen Kristallen und Schwimmschnee in Frage. Die Kristalle sind dort vergleichsweise zu früher deutlich besser untereinander verbunden (teilweise verkrustet), dennoch können dort noch Brüche und Bruchfortpflanzungen verursacht  werden.

Betroffen ist dabei v.a. bisher eher selten befahrenes Gelände. Lawinen können dann v.a. an schneearmen Stellen insbesondere durch große, vereinzelt jedoch immer noch durch geringe Zusatzbelastung ausgelöst werden und durchaus mittlere Größe erreichen.

Hier ein paar Eindrücke der vergangenen Tage samt Infos zu den letzten, uns bekannt gewordenen Lawinenauslösungen.

Lawinenauslösung am 10.03. in der Malgrube Kalkkögel, Nördliche Stubaier Alpen. Wintersportler löste Lawine in Kammnähe aus, wurde mitgerissen, blieb unverletzt. NW, Auslösebereich: 2480m  (Foto: 11.03.2016)

Sturzbahn der Lawine Malgrube (Foto: 11.03.2016)

Stabilitätstest am Anriss; Malgrube: Ein Bruch pflanzte sich noch weiter fort (Foto: 11.03.2016)

Lawinenabgang Scheibenspitze am 14.03. in den Tuxer Alpen. 2 Personen befanden sich bei der Abfahrt und wurden mitgerissen. Blieben mit ABS an der Oberfläche. Unverletzt. Man beachte die spontane Lawine vom vergangenen Wochenende rechts der Unfalllawine. (Foto: 14.03.2016)

Lawinenabgang Scheibenspitze: Einfahrtsbereich: Bereits mehrere Skitourengeher sind den Hang zuvor abgefahren. N-seitig: Seehöhe: ca. 2420m (Foto:14.03.2016)

Lawinenabgang Hinterer Daunkopf in den Südlichen Stubaier Alpen am 14.03.2016; schattseitig 2900m (Foto: 14.03.2016).

Lawinenabgang Hinterer Daunkopf in den Südlichen Stubaier Alpen am 14.03.2016; interessant, aber stimmig für die Situation ist die Bruchfortpflanzung samt Sekundärlawinen (Foto: 14.03.2016).

Vereinzelt ist auf Gleitschneelawinen zu achten, wie hier in den Tuxer Alpen (Foto: 12.03.2016)

Auffallend war sonst noch die Bildung von Oberflächenreif, verstärkt auch durch den Nebel der vergangenen Tage. Schattseitig können dort frische, kleine Triebschneepakete mit den heute am 15.03. vorhergesagten Neuschneefällen störanfällig werden.

Oberlächenreif schattseitig am Weg zum Äußeren Knorrkogel in den Osttiroler Tauern (Foto: 14.03.2016)

Donnerstag, 10. März 2016

Frischer, gut erkennbarer Triebschnee; beginnende Durchfeuchtung in besonnten Hängen; Altschneeproblem inneralpin; in Summe jedoch günstige Verhältnisse bei teilweise noch gutem Pulverschnee

Der im gestrigen Blogeintrag vom 09.03. bereits erwähnte Föhn bildete mancherorts umfangreichere, spröde und somit störanfällige Triebschneepakete. Am meisten aufpassen heißt es derzeit in kammnahen, sehr steilen Schattenhängen sowie allgemein in größeren Höhen. Die Vorteile: Die Gefahrenstellen sind sehr leicht zu erkennen. Der Triebschnee wird sich relativ rasch mit dem darunter befindlichen, lockeren Pulver verbinden.

Recht starker Windeinfluss samt Schneeverfrachtungen im Außerfern. (Foto: 09.03.2016)

Ein Wintersportler löst bei Fieberbrunn in den Kitzbüheler Alpen ein kleines, frisches Triebschneepaket aus (Foto: 09.03.2016)

Frischer Triebschnee lagert auf kaltem, lockeren Pulverschnee. Kurzfristig ist dieser sehr leicht zu stören, wie hier am Windbichl in den Tuxer Alpen (Foto: 09.03.2016)

In Summe überwiegt jedoch noch guter Pulverschnee, zumindest in flacheren Hängen oder in Schattenhängen oder in hohen Lagen (wegen der zunehmenden Windexposition nicht so sehr in hochalpinen Lagen).

Unterwegs im Bereich der Franz-Senn-Hütte. In windgeschützten Bereichen erfreut man sich über makellosen Pulverschnee (Foto: 09.03.2016)

Man merkt inzwischen das beginnende Frühjahr. Entsprechend kräftig wirkt sich die Sonneneinstrahlung aus. So konnte man aus extrem steilem, besonnten Gelände gestern am 09.03. die erwarteten Lockerschneelawinen beobachten.

Eine Lockerschneelawine während des Abgangs nahe des Zwieselbacher Roßkogels in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 09.2016)

Aus unseren umfangreichen Stabilitätsuntersuchungen der vergangenen Tage sowie aus Rückmeldungen unserer Beobachter zeichnen wir derzeit folgendes Bild der Schneedecke:

Am störanfälligsten ist der bereits erwähnte, frische Triebschnee. Triebschnee der vergangenen Woche sollte hingegen kaum mehr ein Problem darstellen. Eine Ausnahme bildet da am ehesten noch der Bereich um das Defereggental in Osttirol, wo sich auf der Schmelzkruste, die sich vom 20.02. auf den 21.02. gebildet hat, mancherorts eine störanfällige Schicht aus kantigen Kristallen gebildet hat, die noch als mögliche Gleitfläche für Schneebrettlawinen in Frage kommen kann. Das Problem dürfte sich zusehends auf schattige Hänge in Höhenbereichen zwischen etwa 2200m und 2600m verlagern. (Anmerkung vom 10.03. 22:20 Uhr: Das Höhenband ist eine grobe Schätzung und dürfte laut letzten Infos tiefer beginnen, schmäler sein und weniger hoch hinauf reichen).

(Anmerkung vom 10.03.: 22:20 Uhr: Ein Profil vom Zweitausender in den Kitzbüheler Alpen zeigt auf knapp 2000m westseitig ausgeprägtere, kantige Kristalle im Bereich der oben erwähnten Regenkruste. Bei Vergleich mit zahlreichen anderen Profilen (mit meist nur schwach ausgeprägter aufbauender Umwandlung bei den Regenkrusten) dürfte es sich somit eher um ein lokaleres Problem in einem vermutlich recht engen Höhenband (um 2000m-2200m?) kurzfristig in allen Expositionen handeln. Verantwortlich dafür war das Gefahrenmuster 4: "kalt auf warm / warm auf kalt".)


Schwachschichten im Bereich von  Regenkrusten am Zweitausender in den Kitzbüheler Alpen

Ansonsten besteht noch ein gewisses Problem mit bodennahen Schwachschichten aus kantigen Kristallen und Schwimmschnee v.a. in den Tuxer, Zillertaler, Ötztaler und  Stubaier Alpen sowie im Südlichen Osttirol. Tests zeigen stellenweise noch durchgehende Bruchfortpflanzungen. Problematisch ist es derzeit am ehesten noch in sehr steilen Hängen der Exposition NW über N bis NO v.a. oberhalb etwa 2400m (im Südlichen Osttirol weiterhin oberhalb etwa 2200m) an schneearmen Stellen im sehr steilen bis extrem steilen Gelände. Inzwischen sollte man für eine Auslösung allerdings meist große Belastung benötigen.

Ein Schneeprofil auf ca. 2600m Exposition N in den Nördlichen Stubaier Alpen. Beim Handschuh erkennt man eine etwas lockerere Schicht, wo unter ungünstigen Voraussetzungen Brüche initiiert und fortgepflanzt werden können. (Foto: 09.03.2016)

Imposant sind auch Fotos, die wir aus dem hinteren Ötztal erhalten haben. Von Samstag, dem 05.03. auf Sonntag, dem 06.03. sind dort in hochalpinen, vergletscherten Gebieten zum Teil große Lawinen spontan auf bodennahen Schwachschichten vom Frühwinter abgegangen. Die Gefahr solcher spontaner Lawinen ist seit Sonntag in den Morgenstunden vorerst gebannt. Auch erscheint es derzeit unwahrscheinlich, dass Wintersportler in diesen Höhenbereichen Schneebretter in den bodennahen Schwachschichten auslösen können. Dennoch: Es gibt ein nicht unwesentliches Gefahrenpotential in Folge von weiteren, sehr großen Zusatzbelastungen (seien diese durch Schneezuwachs oder oberflächennahe Lawinen), oder in Folge der Durchfeuchtung dieser bodennahen Schwachschichten im späten Frühjahr. Dies gilt hochalpin für alle Expositionen.

Spontane Schneebrettlawinen vom vergangenen Wochenende im Rotmoostal in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 10.03.2016)

Spontane Schneebrettlawine vom vergangenen Wochenende unterhalb des Vorderen Seelenkogels in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 10.03.2016)

Interessant erscheint auch noch, wie die Gesamtschneehöhe im südlichen Osttirol zugenommen hat. Anfang Februar verzeichneten wir dort die seit unseren Aufzeichnungen im Jahre 1960 geringsten Schneemengen. Inzwischen ist die Gesamtschneehöhe dort für die Jahreszeit überdurchschnittlich.

Tief winterlich ist es derzeit am Karnischen Kamm in der Region Südliches Osttirol (Foto: 08.03.2016)

Die obere Grafik zeigt die bisher gemessenen Maxima, Minima, den Mittelwert (dünne magenta Linie) und die derzeitige Gesamtschneehöhe (dicke magenta Linie) bei der Dolomitenhütte in den Lienzer Dolomiten.

Es zeichnet sich somit vorerst ein versöhnlicher Winterverlauf ab