Dienstag, 22. November 2022

Wintersportler aufgepasst! In der Höhe können Lawinen gebietsweise leicht ausgelöst werden!

Eine Kaltfront bringt Schnee!

Nach einem anfangs warmen, dann wechselhaften November schneit es gerade in weiten Teilen Tirols bis in tiefe Lagen. Der Schneefall wird heute am 22.11. am kräftigsten ausfallen und morgen überall abklingen. Laut ZAMG-Wetterdienststelle liegen die Hauptniederschlagsgebiete in den Tuxer- und Zillertaler Alpen sowie dem nördlichen und südlichen Osttirol. Dort soll es in der Höhe um 40cm  schneien, in den südlichen Ötztaler und Stubaier Alpen bis 30cm, sonst meist um 20cm.


48h-Neuschneeprognose. Die Hauptniederschlagsgebiete liegen im (Süd-)Osten des Landes


Der Wind hat von südlichen Richtungen auf W-NW gedreht und ist meist mäßig, nimmt aber während der kommenden Tage in der Höhe deutlich zu. Die Hauptwindrichtung bleibt W-NW. 


Windprognose für Mittwoch, 23.11. 20:00 Uhr
Windprognose für Mittwoch, 23.11. 20:00 Uhr


Erhebliche Lawinengefahr in der Höhe


Die Kombination aus Schnee, Wind und dem aktuellen Schneedeckenaufbau führt zu einem deutlichen Anstieg der Lawinengefahr. In der Höhe - dort wo sich eine zusammenhängende Schneedecke halten konnte - muss von erheblicher Lawinengefahr ausgegangen werden. Am vergleichsweise ungünstigsten  sind die Bedingungen in den neuschneereichen Regionen. Die Gefahr nimmt mit zunehmender Seehöhe zu. Schattenhänge sind tendenziell gefährdeter. Sonnenhänge sind v.a. in Kammnähe sowie allgemein in hochalpinem Gelände kritisch zu beurteilen. 


Ein Blick zurück: Wechselhaftes Wetter mit wiederkehrenden Niederschlägen, teilweise auch in Form von Regen.
Ein Blick zurück: Wechselhaftes Wetter mit wiederkehrenden Niederschlägen, teilweise auch in Form von Regen.


Die Schneedecke

Die Schneedecke ist ein Abbild des Wettergeschehens. Entsprechend findet man dort eine Abfolge von Krusten und weicheren Schichten. Letztere sind häufig aus lockeren, kantigen Kristallen, teilweise sogar aus Schwimmschnee aufgebaut. Sie  stellen eine ernst zu nehmende Schwachschicht für das nun darüber gelagerte, vom Wind beeinflusste Schneepaket dar. Die Belastung eines Wintersportlers kann ausreichen, um die Schwachschicht zu stören und Schneebretter auszulösen.


Schneeprofil in der Gurgler Gruppe vom 19.11.2022. 3065m, NW, 34° Mögliche Schwachschichten befinden sich in Oberflächennähe
Schneeprofil in der Gurgler Gruppe vom 19.11.2022. 3065m, NW, 34° Mögliche Schwachschichten befinden sich in Oberflächennähe


Schneeprofil in der Weißkugelgruppe vom 21.11.2022. 3050m, SO, 33°. In großen Höhen findet man auch im besonnten Gelände zumindest eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen.
Schneeprofil in der Weißkugelgruppe vom 21.11.2022. 3050m, SO, 33°. In großen Höhen findet man auch im besonnten Gelände zumindest eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen. 


Sehr hilfreich für die Abschätzung, ob vor diesen Schneefällen bereits eine zusammenhängende Schneedecke vorhanden war, sind Bilder von Webkameras. Hier eine kleine Auswahl, wie die Schneelage so war. Mehr Info u.a. auf foto-webcam.eu.   


Blick ins Tuxertal, einem der bisher schneereichsten Gebiete Tirols. Foto vom 15.11.2022
Blick ins Tuxertal, einem der bisher schneereichsten Gebiete Tirols. Foto vom 15.11.2022


Hochalpines Gelände von 2800m aufwärts in der Weißkugelgruppe
Hochalpines Gelände von 2800m aufwärts in der Weißkugelgruppe

Nördliches Osttirol. Südhänge waren bis in große Höhen aper.
Nördliches Osttirol. Südhänge waren bis in große Höhen aper. 


In den Lienzer Dolomiten und am Karnischen Kamm lag vor den Schneefällen schattseitig bereits Schnee. Unseren Infos nach ist dieser oberflächig verkrustet, darunter häufig locker.
In den Lienzer Dolomiten und am Karnischen Kamm lag vor den Schneefällen schattseitig bereits Schnee. Unseren Infos nach ist dieser oberflächig verkrustet, darunter häufig locker.


Appell

Häufig findet man in der Höhe zumindest eine bösartige Schwachschicht, darüber nun vermehrt ein gut gebundenes (Neu-)Schneepaket, somit die "idealen" Voraussetzungen für ein Schneebrett. Aufgrund der nicht allzu mächtigen Überdeckung der Schwachschicht lässt sich diese aktuell recht leicht von Wintersportlern stören. Deshalb: Seid im Gebirge bitte überlegt und zurückhaltend unterwegs!

Übrigens wird man kurzfristig in den neuschneereichen Regionen auf Wiesenhängen vermehrt Gleitschneerutsche beobachten können. Zudem werden Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände abgehen.

Samstag, 5. November 2022

Im hochalpinen Gelände auf frische Triebschneepakete achten - zudem Lockerschnee- und Gleitschneerutsche

Kaltfront brachte Schnee, am meisten in den Nördlichen Zillertaler Alpen

Während der vergangenen 24 Stunden fiel in ganz Tirol Niederschlag, oberhalb etwa 1200m in Form von Schnee. Das Niederschlagsmaximum wurde in den Nördlichen Zillertaler Alpen mit lokal bis zu 40mm gemessen. Verbreitet waren es 10-20mm. Dies entspricht in etwa 10-20cm Neuschnee. In der Höhe wehte zum Teil kräftiger Wind, anfangs aus dem Südsektor, dann aus dem Nordsektor.


Neuschneezuwachs der Kaltfront vom 04.11.2022
Neuschneezuwachs der Kaltfront vom 04.11.2022


Ein ähnliches Bild zeigt die Karte der 24h-Niederschlagssumme (04.11. auf 05.11. 08:00 Uhr) von Hydro Online.
Ein ähnliches Bild zeigt die Karte der 24h-Niederschlagssumme (04.11. auf 05.11. 08:00 Uhr) von Hydro Online.


Nördliche Zillertaler Alpen vor Eintreffen der Kaltfront
Nördliche Zillertaler Alpen vor Eintreffen der Kaltfront



Nördliche Zillertaler Alpen nach Eintreffen der Kaltfront - wohl nur ein kurzer winterlicher Eindruck
Nördliche Zillertaler Alpen nach Eintreffen der Kaltfront - wohl nur ein kurzer winterlicher Eindruck...


Auswirkungen des Schneefalls auf die Lawinengefahr

Eine mögliche Lawinengefahr ist vermehrt in den neuschneereichen Regionen zu beachten. Die Hauptgefahr geht von frischen Triebschneepaketen im schattigen, sehr steilen Gelände, und zwar von etwa 2800m aufwärts, aus. Der Triebschnee lagert dort mitunter auf einer während des Oktobers entstandenen oberflächennahen Schwachschicht aus kantigen Kristallen. Aktuell ist von kleinen bis mittelgroßen Schneebrettlawinen auszugehen. Diese können vereinzelt durch die Belastung von Wintersportlern ausgelöst werden. Vermehrt ist dies wohl im unmittelbaren Kammbereich sowie hinter steilen Geländekanten möglich. Aufgrund der Wetterprognose, die von einer Wetterbesserung und steigenden Temperaturen ausgeht, kann von einer raschen Setzung des Neuschnees und einer raschen Abnahme dieser Gefahr ausgegangen werden.

Zudem wird man an diesem Wochenende vermehrt kleine Lockerschneerutsche aus extrem steilem Gelände sowie kleine Gleitschneerutsche auf steilen Wiesenhängen beobachten können.


Rückblick


Wetter

Laut ZAMG haben wir auf den Bergen gerade den wärmsten Oktober der Messgeschichte erlebt. Die Messreihe geht auf das Jahr 1853 zurück.



Der Oktober 2022 war außergewöhnlich warm...
Der Oktober 2022 war außergewöhnlich warm...


Rückschau bis Anfang Oktober: Ein sonniger, außergewöhnlich warmer und eher niederschlagsarmer Oktober liegt hinter uns. Niederschlag fiel oftmals bis in großen Höhen in Form von Regen. Aktuell erkennt man den Temperaturrückgang aufgrund der Kaltfront samt Schneefall und Winddrehung.
Rückschau bis Anfang Oktober: Ein sonniger, außergewöhnlich warmer und eher niederschlagsarmer Oktober liegt hinter uns. Niederschlag fiel oftmals bis in großen Höhen in Form von Regen. Aktuell erkennt man den Temperaturrückgang aufgrund der Kaltfront samt Schneefall und Winddrehung.


Schneedecke

Vor Eintreffen der Kaltfront vom 04.11. fand man schattig eine mehr oder weniger zusammenhängende Schneedecke meist von etwa 2800m aufwärts, südseitig nur im hochalpinen, vergletscherten Gelände. Aktuell wissen wir wenig über den Zustand dieser Altschneedecke, gehen aber davon aus, dass sich häufig an deren Schneeoberfläche eine Harschkruste ausgebildet hat. Im besonnten hochalpinen Gelände wird es sich um eine tragfähige Schicht handeln, im schattigen Gelände wird diese brüchig sein. Im schattigen Gelände erwarten wir unterhalb dieser oberflächigen Kruste eine während des Oktobers ausgebildete lockere Schicht aus kantigen Kristallen. Diese Schicht sehen wir derzeit als einzige, mitunter bedeutsame Schwachschicht für Schneebrettlawinen an.


Schneeprofil vom 16.10.2022, 3170m, NO, 20° am Daunferner in den Zentralen Stubaier Alpen. Der Pfeil zeigt auf eine mögliche Schwachschicht unterhalb einer dünnen Kruste. (c) Lukas Ruetz
Schneeprofil vom 16.10.2022, 3170m, NO, 20° am Daunferner in den Zentralen Stubaier Alpen. Der Pfeil zeigt auf eine mögliche Schwachschicht unterhalb einer dünnen Kruste. (c) Lukas Ruetz



Blick vom Kaunertaler Gletscher Richtung Süden. Ausgangssituation vom 03.11.. Eine mehr oder weniger zusammenhängende Schneedecke gibt es nur in großen Höhen, vermehrt im schattigen Gelände.
Blick vom Kaunertaler Gletscher Richtung Süden. Ausgangssituation vom 03.11.. Eine mehr oder weniger zusammenhängende Schneedecke gibt es nur in großen Höhen, vermehrt im schattigen Gelände.


Der nächste Blogeintrag wird wieder bei einer markanten Änderung der Schnee- und Lawinensituation publiziert werden.