Freitag, 26. Februar 2016

Vorerst noch günstige Verhältnisse – Frischen Triebschnee in großen Höhen beachten. Vereinzelte Gefahrenstellen weiterhin aufgrund des Altschneeproblems, vermehrt in sehr steilen Schattenhängen in den inneralpinen Regionen. Gefahrenanstieg ab Sonntag, dem 28.02.

Mit dem Temperaturrückgang und dem Durchzug einer Kaltfront in der Nacht auf den 24.02 konnte sich die durch Regen und milde Temperaturen unterhalb von 2400m weitgehend durchfeuchtete Schneedecke deutlich stabilisieren.

Eine durch Regeneinfluss gezeichnete Schneedecke in der Silvretta. Im Hintergrund erkennt man Lawinenaktivität von den vorangegangen zwei Tagen (Foto: 22.02.2016)

Kurzfristig war die Schneequalität in den regenbeeinflussten Bereichen aufgrund eines dünnen Harschdeckels sehr bescheiden… (Foto: 22.02.2016)

Deutlich zu erkennen: Temperaturrückgang vom 23.02. auf den 24.02. bei Eindringen einer Kaltfront mit etwas Neuschnee und Wind. Ein trüber 25.02., Wetterbesserung am 26.02.

Die Neuschneesummen waren eher gering: In der Nacht auf den 23.02 fielen entlang des Alpenhauptkammes bis 10cm, vom 23.02. auf den 24.02. in Nordtirol und entlang des Osttiroler Tauernkammes 5 bis 10cm Neuschnee.

Mit dem mäßigen, teilweise auch starken Westwind wurde der trockene, lockere Neuschnee vor allem in höheren Lagen verfrachtet. Es bildeten sich meist kleinräumige, jedoch kurzfristig recht störanfällige Triebschneepakete.
Stürmisch im Bereich des Winnebachjochs am Weg zum Breiten Grieskogel (Foto: 24.02.2016)

Bewusste Auslösung eines kammnahen Triebschneepakets in der Silvretta (Foto: 24.02.2016)

Weiterhin etwas heimtückisch bleibt das bekannte Altschneeproblem. Schneedeckenuntersuchungen zeigen zumindest teilweise noch eine gewisse Störanfälligkeit und somit Unberechenbarkeit. Am ehesten betroffen sind sehr steile, schattige Hänge in den Tuxer, Stubaier und Ötztaler Alpen oberhalb etwa 2300m, dies vermehrt in bisher unverspurtem, eher schneearmen Gelände. Auch in besonnten Hängen oberhalb etwa 2500m ist die Gefahr von Altschneebrüchen v.a. in oben angeführten Regionen nicht überall gebannt. So langten kürzlich zwei Rückmeldungen über Lawinenauslösungen im Altschnee in den Südlichen Ötztaler Alpen bei uns ein.

Am meisten aufpassen sollte man unverändert in sehr steilem, schattigen Gelände oberhalb etwa 2300m in den inneralpinen Regionen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 24.02.2016)

In Summe herrschen derzeit jedoch recht gute Verhältnisse. Teilweise wurde man während der vergangenen Tage auch mit etwas Pulverschneeschnee belohnt.

Ein Pulvertraum oberhalb der Jamtalhütte in der Silvretta (Foto: 24.02.2016)

Etwas Pulverschnee auf Harsch in der Axamer Lizum (Foto: 26.02.2016)

Ab morgen, dem 27.02. kommt langsam Föhn auf. In Nordtirol bleibt es laut ZAMG-Wetterdienststelle noch schön, während es im Süden langsam einzutrüben beginnt. Der Wind wird in den Föhnschneisen zunehmend stark, zum Teil auch stürmisch. Am Sonntag ist dann in im Süden des Landes mit zum Teil ergiebigem Niederschlag zu rechnen. Die Lawinengefahr wird entsprechend ansteigen.


Schaut man sich die Schneedecke in Osttirol näher an, so muss im südlichen Osttirol v.a. schattseitig auf das zum Teil schwache Fundament geachtet werden. Durch zu große Schneeauflast kann es dort zu Brüchen und in Folge zu spontanen Lawinenabgängen kommen.

Schneeprofil aus dem südlichen Osttirol mit bodennahen Schwachschichten

Interessant ist auch die Abfolge von harten und weicheren Schichten im Nahbereich der Schneeoberfläche in den kürzlich vom Regen beeinflussten Gebieten, wie hier an einem Profil in den Osttiroler Tauern. Bei zu großer Schneeauflast ist mitunter auch dort (sowie teilweise im Bereich der Regenkruste vom 31.01. auf den 01.02.) mit Brüchen zu rechnen, dies voraussichtlich vermehrt in einem Höhenbereich zwischen etwa 2200m und 2500m.

Dienstag, 23. Februar 2016

Eindrücke der vergangenen Tage…

Zwischen den Abendstunden des 20.02. und des 21.02. hatten wir in Nordtirol sowie im nördlichen Osttirol eine recht lawinenaktive Zeit. Danach entspannte sich die Situation vergleichsweise sehr rasch.

Wir möchten hier – wie im vorigen Blogeintrag angekündigt – kurz die Situation mit Bildern Revue passieren lassen sowie einen Überblick über die derzeit herrschenden Verhältnisse geben.

Neuschnee, anschließender Temperaturanstieg samt Übergang in Regen und stürmischer Wind prägten das Wochenende vom 20.02. auf den 21.02.. Sturm in den Ötztaler Alpen (21.02.2016)

Viele Lawinen sind während der Nachtstunden vom 20.02. auf den 21.02. abgegangen, als es intensiv schneite bzw. regnete und stürmte. Teilweise brachen Schneebrettlawinen in bodennahen Schwachschichten, häufiger oberflächennah in Form des frischen Triebschnees. Während des 21.02. lösten sich dann vermehrt auch Lockerschneelawinen aus besonnten Hängen.

Die meisten Lawinen brachen oberflächennah: Frischer Triebschnee wurde durch den Temperaturanstieg und Regeneinfluss geschwächt. Osttiroler Tauern (Foto: 22.02.2016)

Feuchte Lockerschnee- und Schneebrettlawinen unterhalb der Hohen Munde in den Westlichen Nordalpen (Foto: 21.02.2016)

Abgang einer feuchten Schneebrettlawine im Defereggental (Foto: 21.02.2016)

Schneebrett- und Lockerschneelawinen (Bruch bis in bodennahe Schwachschichten) in den Kalkkögeln (Foto: 21.02.2016)
Schneebrettlawine mit beachtlicher Anrisshöhe am Weg zur Lampsenspitze in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 21.02.2016)

Schneebrettlawine mit beachtlicher Anrisshöhe an der Nordseite der Saumspitze in der Arlbergregion (Foto: 21.02.2016)

Schneebrettlawinen in den Tuxer Alpen, die auf den bekannten bodennahen Schwachschichten in der Nacht vom 20.2. auf den 21.02. abgegangen sind (Foto: 21.02.2016).

Ein ähnliches Bild im nördlichen Osttirol: Spontane Schneebrettlawinen im Bruggeralmtal (Foto: 22.02.2016)

Während des Wochenendes war auch Glück im Spiel, dass Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung relativ glimpflich ausgegangen sind.

Am Weg zum Zischgeles in den Nördlichen Stubaier Alpen wurde am 21.02. ein Italienischer Skitourengeher von einer spontanen Schneebrettlawine erfasst, die sich aus den Osthängen der Kamplschröfen löste. Er konnte sich selbständig aus der Lawine befreien, erlitt jedoch Verletzungen am Arm und wurde vom Hubschrauber in das Krankenhaus nach Hall geflogen.

Lawinenabgang Zischgeles in den Nördlichen Stubaier Alpen. 2 italienische Skitourengeher befanden sich in der Nähe des Skidepots, als die Lawine einen einzeln aufsteigenden, ebenso italienischen Skitourengeher erfasste. Der Kreis zeigt die ungefähre Verschüttungsstelle. Am vorderen Bildrand erkennt man von rechts weitere Lawinenablagerungen. Von dieser Seite löste sich eine weitere spontane Schneebrettlawine. Der Unfall passierte knapp nach 12:00 Uhr am 21.02.2016

Lawinenabgang Zischgeles vom 21.02.: Ein Foto in Richtung der zweiten spontanen Schneebrettlawine unterhalb der Kamplschröfen, welche den italienischen Skitourengeher nicht betraf. Dennoch interessant: Man erkennt den primären Lawinenanriss in Form von frischem Triebschnee, dann den Bruch in tiefere Schwachschichten. Der Polzeihubschrauber führt gerade weitere Erhebungen durch. (Foto: 22.02.2016)

Lawinenunfall Zischgeles vom 21.02.2016: Ein Profil von unserem Beobachter Lukas Ruetz zeigt eindrucksvoll die Kombination aus noch störanfälligem Triebschnee (weiche filzige Schicht) und bodennahen schwachen Schichten.


Lawinenabgang während des Aufstiegs im Nahbereich der Sommerwand in den Nördlichen Stubaier Alpen. Es wurde niemand erfasst. (Foto: 21.02.2016)

Inzwischen hat sich die Situation, wie bereits erwähnt, deutlich gebessert. In tieferen Lagen ist vor Einzug der Kaltfront noch auf Feuchtschneerutsche, in hohen und hochalpinen, vermehrt kammnahen Schattenhängen auch noch auf Triebschnee zu achten. Die Triebschneeproblematik wird sich mit den vorhergesagten Neuschneefällen samt Wind nun etwas verschärfen.

Einzig die Schneequalität lässt gerade zu wünschen übrig. Meist findet man bis etwa 2500m hinauf Bruchharsch. Allerdings wurde uns aus neuschneeärmeren Gebieten gestern bereits auch von tollem Firn aus besonnten Hängen unterhalb von 2600m berichtet.

Montag, 22. Februar 2016

Nach einem sehr lawinenaktiven 21.02. zunehmende Besserung der Situation. Vorerst noch auf Durchfeuchtung in tieferen Lagen sowie auf Triebschnee in großen Höhen achten.

Anhand der Wetterstationen erkennt man, dass sich die gestern bis teilweise 2500m hinauf durchfeuchtete, in tieferen Lagen teilweise durchnässte Schneedecke während der Nachtstunden (bei großteils klarer Nacht) oberflächig verfestigen hat können.

Der heut zu erwartende Wärme- und Strahlungseintrag wird deshalb verzögert auf die Schneedecke wirken.

Wetterstation bei der Jamtalhütte in der Silvretta:  Interessant ist v.a. die zweiten Grafik von oben. Dort werden Lufttemperatur (rot), Taupunkt (blau) und Oberflächentemperatur (grau) angezeigt. Die Oberflächentemperatur sinkt mit Eindringen trockener Luftmassen ab den späten Nachmittagsstunden des 21.02. Über Nacht konnte sich an der Schneeoberfläche ein mehrere cm dicker Harschdeckel bilden, der die Schneedecke vorerst stabilisiert.

Eine genaue Analyse der gestrigen Situation, bei der sowohl viele spontane Lawinen abgegangen sind, gute Sprengerfolge zu verzeichnen waren und überdies Wintersportler einige Lawinen ausgelöst hatten (teilweise mit Verletzungen), folgt bis spätestens morgen vormittags.

Sonntag, 21. Februar 2016

Mit Sturm, Schneefall und Temperaturanstieg kurzfristig heikle Lawinensituation für den Wintersportler

Große Schnee- und teilweise Regenmengen haben zu einem deutlichen Anstieg der Lawinengefahr geführt. Die Situation erinnert ein wenig an jene vom 31.01. auf den 01.02., als bei ähnlichen Verhältnissen zahlreiche Lawinen von selbst abgegangen sind. Aus dem hinteren Kaunertal wissen wir bereits von einigen spontanen Lawinenabgängen während der Nachtstunden vom 20.02. auf den 21.02., was in den neuschneereicheren Regionen sowie inneralpin, aber auch im nördlichen Osttirol sicherlich kein Einzelfall gewesen ist.

Die in der Karte dargestellten Schneehöhen wurden häufig von Regen beeinflusst.

Der Rückgang der Schneehöhe ab dem 21.02. in den frühen Morgenstunden geht mit einem deutlichen Temperaturanstieg einher. Statt Schnee fiel bei der Station Dawinalpe (Region Arlberg-Außerfern) Regen. In der Höhe weht stürmischer Wind.

Zur besseren Veranschaulichung die Station Kartellboden in der Arlbergregion, bei der auch der Niederschlag gemessen wird. Anfangs nimmt die Schneehöhe zu, dann ab etwa Mitternacht bei weiterem Niederschlag und steigenden Temperaturen ab.

Neuerlich (wie Ende Jänner 2016) ein „Ausreißer“: Der nordöstliche Teil der Region „Östliche Nordalpen mit den intensivsten Niederschlägen.

Verbreitet starker, bis stürmischer Wind aus dem Sektor W-NW

Als Schwachschichten kommen sowohl die bereits mehrfach in früheren Blogeinträgen erwähnte bodennahe, aufbauend umgewandelte Schicht im Bereich von alten Krusten sowie (kürzlich gefallener) Neuschnee in Frage, der von Triebschnee überlagert wurde. Denkbar, aber noch nie verifiziert, ist auch eine Schwachschicht aus kantigen Kristallen im Bereich der Regenkruste, die sich vom 31.01. auf den 01.02 gebildet hat, v.a. schattseitig um etwa 2200m-2400m, vermehrt in Nordtirol und im nördlichen Osttirol.
Die bodennahen Schwachschichten findet man übrigens vermehrt in den Tuxer, Stubaier, Ötztaler und Zillertaler Alpen, teilweise auch in der südlichen Arlbergregion und der Silvretta-Samnaun-Gegend sowie (seltener) im nördlichen Osttirol. Schattseitig ist dies v.a. oberhalb etwa 2300m, in besonnten Hängen oberhalb etwa 2500m vermehrt der Fall.

In Summe herrschen kurzfristig nicht nur hinsichtlich der Lawinengefahr sowie auch hinsichtlich der Schneequalität ungünstige Verhältnisse. Der Schnee wurde bis etwa 2200m zum Teil massiv durchnässt, darüber entsprechend vom Wind beeinflusst.

Das südliche Osttirol war von den Niederschlägen nicht betroffen. Dort ist in der Höhe jedoch neuer Triebschnee entstanden. Die Hauptgefahr findet man hier in steilen Schattenhängen.

Hier noch ein paar Impressionen der vergangenen Tage.

Stürmisch am Weg zum Großen Galtenberg in den Kitzbüheler Alpen (Foto: 20.02.2016)

Fernauslösung am Weg zum Hohen Bösring in der Region Südliches Osttirol (Foto: 20.02.2016)

Neuschnee vom 20.02. nachmittags (noch vor dem Regen) im Inntal

Donnerstag, 18. Februar 2016

Endlich Winter im südlichen Osttirol. Kurzfristig auf störanfälligen Triebschnee achten. Altschneeproblem v.a. in steilen Schattenhängen in den inneralpinen Regionen sowie im südlichen Osttirol

Endlich hat auch das südliche Osttirol genügend Schnee für Wintersportaktivitäten bekommen. Neuerlich sind während der vergangenen zwei Tage dort bis zu 35cm Schnee gefallen.

Dringend notwendiger Schnee im südlichen Osttirol

Nach einigen windschwachen Tagen hat der Wind gestern zum Teil stark zugelegt, sodass in kurzer Zeit Triebschneepakete entstanden sind. Triebschnee lagerte sich in größeren Höhen in windabgewandten Hängen meist auf kaltem, lockeren Pulverschnee ab, welcher von Graupel durchmischt war. Einige Rückmeldungen von Bergführern und unseren Beobachtern bestätigen die zum Teil recht hohe Störanfälligkeit solcher Triebschneepakete beginnend ab etwa 2400m aufwärts.

Windentwicklung am Beispiel der sehr windexponierten Wetterstation Palinkopf in der Silvretta während der vergangenen Woche. Man erkennt deutlich die windschwachen Tage ab dem 15.02. samt der Windzunahme ab dem 17.02.

Blick vom Inntal in Richtung Tuxer Alpen, wo der Wind gerade Schnee verfrachtet (Foto: 17.02.2016)

Durch den Transport von feuchten Luftmassen bildet sich an besonders exponierten Wetterstationen, wie hier am Hochgasser in den Osttiroler Tauern, Anraum. (Foto: 16.02.2016)

Nach den Schneefällen werden heute am 18.02. aufgrund der vermehrten Sonneneinstrahlung aus extrem steilem, felsdurchsetzten, vom Wind wenig beeinflussten Gelände vermehrt Lockerschneelawinen zu beobachten sein.

Lockerschneelawine am Weg zur Grünsteinscharte (Westliche Nordalpen) (Foto: 17.02.2016)

In tiefen und mittleren Lagen fällt zusehends eine leichte Anfeuchtung der Schneedecke – auch durch den zunehmenden Strahlungseinfluss – auf. Die Schneedecke ist dort meist stabil. Am ehesten ist dann auf Gleitschneelawinen zu achten.

Stabile, jedoch leicht feuchte Schneedecke in mittleren Höhenlagen oberhalb von Tannheim im Außerfern (Foto: 16.02.2016)

Unverändert ein Thema sind die bodennahen Schwachschichten v.a. in den inneralpinen Regionen (Tuxer, Stubaier, Ötztaler, Zillertaler Alpen) sowie im südlichen Osttirol. Aufpassen heißt es dort v.a. in bisher wenig verspurtem, steilen, schattigen Gelände an schneearmen Stellen; inneralpin ist dies oberhalb etwa 2300m, im südlichen Osttirol oberhalb etwa 2000m zu beachten. In besonnten Hängen gehen wir inzwischen von einer Besserung der Situation aus. Dort sollte man Schneebrettlawinen eher nur mehr durch große Belastung an schneearmen Stellen oberhalb etwa 2500m auslösen können.

Samstag, 13. Februar 2016

Neuerlich Lawinenabgänge aufgrund des bekannten Altschneeproblems!

Wir können es heuer nicht oft genug wiederholen. Die bisherige Verteilung der Lawinenereignisse in den eher inneralpinen Regionen (sh. vorige Blogeinträge) ist kein Zufall! Wir haben dort unverändert ein ausgeprägtes Problem mit einer bodennahen Schwachschicht, schattseitig ab etwa 2300m, in besonnten Hängen ab etwa 2500m aufwärts. Inzwischen ist auf das Altschneeproblem oberhalb der Waldgrenze auch im südlichen Osttirol vermehrt zu achten!

Auch die heute bekannt gewordenen Lawinenabgänge, bei denen Personen beteiligt waren, passen in das Gesamtbild:

Im Aufstieg zum Jochgrubenkopf im Schmirntal in den Tuxer Alpen löste  eine 8-köpfige französische Tourengruppe im schattigen, extrem steilen Gelände eine Schneebrettlawine aus, die den gesamten Gipfelhang umfasste. Es war wohl sehr viel Glück im Spiel, dass die 4 erfassten Personen nur teilweise verschüttet wurden und die Abfahrt ins Tal selbständig antreten konnten.

Blick vom Naviser Kreuzjöchl in Richtung Jochgrubenkopf nach dem Lawinenabgang. Der Kreis zeigt den Gipfelhang des Jochgrubenkopfs, wo die französische Tourengruppe das Schneebrett ausgelöst hat. Foto: 13.02.2016 (c) Bertram Grießer

Unterhalb des Sömen in den Nördlichen Stubaier Alpen drehten 2 Skitourengeher, die sich im Aufstieg befanden nach Auslösung einer Schneebrettlawine, von der sie nicht erfasst wurden, um.

Schneebrettlawine unterhalb des Sömen in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 13.02.2016) (c) Reinhold Oblak

Inzwischen sorgt starker Wind in der Höhe wieder für neue Verfrachtungen...

Donnerstag, 11. Februar 2016

Im südlichen Osttirol trotz geringer Schneehöhen oberhalb der Waldgrenze zum Teil recht störanfällige Schneedecke. Lawinenauslösungen weiterhin meist im Altschnee. Recht gute Bedingungen mit Pulverschnee in mittleren Höhenlagen.

Als kurze Ergänzung zum heutigen Blogeintrag möchten wir noch auf einige Sachen hinweisen: Es gibt nicht nur Negatives, sondern auch Positives zu berichten!
 
Zur Abwechslung einmal das Positive zuerst: In mittleren, nicht so sehr vom Wind beeinflussten Höhenlagen findet man meist eine recht stabile Schneedecke samt gutem Pulverschnee, der morgen am 12.02. wegen des Strahlungseinflusses sonnseitig allerdings nicht mehr ganz so makellos sein dürfte.
 
Ein Blick knapp unterhalb  des Gipfels der Wankspitze in den Westlichen Nordalpen in Richtung Stöttltörl zeigt guten Pulverschnee. (Foto: 11.02.2016)
 
Frische Triebschneepakete haben sich heute durch den Strahlungseinfluss unterhalb etwa 2300m rasch verbunden (Foto: 11.02.2016)
 
Schneeprofil samt Stabilitätstest in den Westlichen Nordalpen um 2000m schattseitig. Kein ausgeprägtes Altschneeproblem; beginnende bodennahe Anfeuchtung des Schnees. Oberflächennahe Harschkruste bricht unregelmäßig. Somit in Summe ein guter Eindruck in dieser Höhenlage und Region.
 
Sonnseitig wird die Schneedecke unterhalb etwa 2000m zunehmend auch in tieferen Schichten schwach feucht, ist in Summe jedoch stabil.
 
Kein Einzelfall: Stabile Schneedecke sonnseitig unterhalb 2000m; Wankspitze, Westliche Nordalpen (Foto: 11.02.2016)
 
Negatives gibt es unverändert aus den inneralpinen Regionen oberhalb etwa 2300m zu berichten. Dort bleibt das bereits oftmals angesprochene Altschneeproblem weiter aufrecht.
 
Variantenfahrer lösten heute im Kühtai in der Nähe des Drei-Seen-Liftes diese Schneebrett aus. Es passierte nichts (Foto: 11.02.2016)
 
Negatives gibt es auch aus dem südlichen Osttirol zu berichten. Dort hat sich durch die kürzlichen Schneefälle eine Situation ausgebildet, die vergleichbar mit jener ist, die wir Anfang / Mitte Jänner in weiten Teilen Nordtirols hatten. Auf einer aufbauend umgewandelten Schneedecke (meist unter dünnen Krusten) lagert nun genügend gebundener (meist vom Wind beeinflusster Schnee), sodass nun vermehrt Schneebrettlawinen ausgelöst werden können. Rissbildungen, Setzungsgeräusche und sogar Fernauslösungen werden uns von dort gemeldet. Also trotz der geringen Schneehöhen nicht täuschen lassen. Steiles, vermehrt schattiges Gelände sollte deshalb besonders vorsichtig beurteilt werden!
 
Spontanes Schneebrett, das während des Schneefalls im südlichen Osttirol abgegangen ist (Foto: 11.02.2016)
 
Schneebrettlawinen können auch fernausgelöst werden! Südliches Osttirol (Foto: 11.02.2016)
 

Durch Föhneinfluss stark vom Wind beeinflusste Schneedecke

Die letzten Tage waren von anfangs stürmischen Verhältnissen samt folgenden Schneefällen geprägt.


Eine der exponiertesten Wetterstationen bei Föhnsituationen ist der Patscherkofel oberhalb von Innsbruck, wo Spitzen bis zu 160 km/h gemessen wurden.

Wetterstation Patscherkofel: Prägend war der Wind. Nach Zusammenbruch des Föhns drehte die Strömung von Süd auf NW. In Summe kam dadurch ganz Tirol in den Genuss von Niederschlag.

Endlich ist auch im südlichen Osttirol etwas Neuschnee dazugekommen, auch wenn die Schneehöhen für die Jahreszeit weiterhin unterdurchschnittlich sind.


Neuschnee, Niederschlag und Lufttemperatur in Obertilliach


In Obertilliach (Südliches Osttirol) wurde in diesem Winter während der vergangenen Woche das bisherige Minimum der Schneehöhe seit Messbeginn im Jahre 1961 erreicht. Inzwischen geht es mit der Schneehöhe wieder bergauf.

Eggenkofel im Südlichen Osttirol (Foto: 10.02.2016)

Föhnstimmung in den Nördlichen Stubaier Alpen mit Blick Richtung Süden, wo sich die Wolken stauen. (Foto: 09.02.2016)

Föhnsturm im Arlberggebiet führte nicht nur dort, sondern in vielen Skigebieten zu eingeschränktem Liftbetrieb (Foto: 07.02.2016)

Was die Schneedecke anlangt wurde diese natürlich massiv vom Wind geprägt. Es entstanden umfangreiche Triebschneeansammlungen.

Windeinfluss in den Tuxer Alpen (Foto: 08.02.2016)

Frische Triebschneepakete konnten hinter Geländekanten v.a. in größeren Höhen recht leicht gestört werden. Als Schwachschicht dienten dort vormals noch lockere Neuschneekristalle bzw. filzige Kristallformen. Tuxer Alpen (Foto: 08.02.2016)

Unverändert ein Thema bleibt das bekannte Altschneeproblem.

Gut zu erkennen die hohlraumreiche Schicht in Bodennähe. Der Riss in der Schneedecke stammt von einem im Nahbereich ausgelösten Schneebrett. Rosskopf, Tuxer Alpen (Foto: 07.02.2016)

An schneearmen Stellen sind vermehrt in den Regionen der Tuxer, Zillertaler, Stubaier und Ötztaler Alpen, aber auch den Regionen südlich des Arlberg sowie neuerdings in Osttirol Rissbildungen und Setzungsgeräusche v.a. oberhalb etwa 2300m weiterhin möglich. Tuxer Alpen (Foto: 08.02.2016)

Was leider auffällt ist, dass zwar die Belastungen, die zur Störung der bodennahen Schwachschichten notwendig sind, größer werden, allerdings kommt es bei Stabilitätsuntersuchungen weiterhin meist zu Brüchen über die gesamte Fläche. Dies zeigt einfach, dass die Tendenz zur Bruchfortpflanzung weiter aufrecht ist. Das Ergebnis können somit unverändert auch großflächigere Lawinenabgänge sein (sh. auch vorigen Blogeintrag.)

Bodennahe Schwachschicht, die bereits über einen längeren Zeitraum störanfällig ist.


Während oberflächennahe Triebschneepakete, die auf lockerem Neuschnee abgelagert wurden, relativ rasch wieder an Gefährlichkeit verlieren, muss man sich langsam auf eine weitere, mögliche Schwachschicht konzentrieren. Es handelt sich um eine kantige Schicht unterhalb jener Regenkruste, die sich zwischen dem 31.01. und 01.02. gebildet hat. Teilweise beobachtet man die Bildung solcher kantigen Kristalle auch unmittelbar oberhalb dieser Schmelzkruste.

Oberhalb der der Regenkruste, die sich vom 31.01. auf den 01.02. gebildet hat, beginnt sich mancherorts langsam eine lockere, kantige Schicht zu bilden. Meist sollte diese noch kein Problem darstellen, jedoch im Auge behalten werden.

Unter der Regenkruste, die sich vom 31.01. auf den 01.02. gebildet hat, beginnt sich mancherorts langsam eine lockere, kantige Schicht zu bilden. Meist sollte diese noch kein Problem darstellen, jedoch im Auge behalten werden.

Summa summarum: Wir haben eine Situation, bei der man zumindest oberhalb der Waldgrenze über gutes lawinenkundliches Wissen verfügen sollte. Wer in tiefen und mittleren Höhenlagen, in weniger vom Wind beeinflussten Gebieten unterwegs ist, sollte hingegen kaum auf größere Probleme stoßen. Hier ist am ehesten auf eine mögliche Gefahr von Gleitschneelawinen zu achten: Dazu ein Tipp unsererseits: Im Bereich von steilen Grashängen, wo sich Risse aufgetan haben, sollte man sich unterhalb dieser Risse möglichst nicht aufhalten.