Dienstag, 31. Dezember 2013

Die Lawinengefahr geht zurück - sämtliche Lawinenereignisse der vergangenen Tage passierten im sehr steilen bis extrem steilen, meist schattigen Gelände

In den schneereichen Regionen des Landes, dazu zählen Osttirol sowie die Regionen entlang des Alpenhauptkammes sieht man die Spuren der vor einigen Tagen noch angespannten Lawinensituation in Form von spontanen Lawinenabgängen.
 
Spontane, zum Teil große Schneebrettlawinen im Oberhofertal – Villgraten (Zentralosttirol). Die meisten spontanen Lawinen dürften um den 26.12. abgegangen sein. (Foto: 28.12.2013)
 
Die rote Linie symbolisiert eine Lawinenablagerung, Oberhofertal – Villgraten (Foto: 28.12.2013)
 
Viele Lawinen konnten auch im schattigen Waldgrenzbereich beobachtet werden.
 
Lawinenauslösungen durch Wintersportler im Waldgrenzbereich, Obergurgl – Hochgurgl (Foto: 28.12.2013)
 
Spontane Lawinen im Waldgrenzbereich, Karnischer Kamm (Foto: 30.12.2013)
 
Nach zahlreichen Lawinenauslösungen durch Wintersportler am 27.12. musste am 28.12.2013 das erste Todesopfer beklagt werden. Seitdem geht die Anzahl an Lawinenereignissen zwar zurück. Dennoch gab es bis zum 31.12. fast jeden Tag Meldungen über Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung.
 
Lawinenabgang Rifflsee am 28.12.2013: Zwei Variantenfahrer lösten dieses Schneebrett aus, Pistenbereich wurde verschüttet. Suchaktion ergebnislos.
 
Am Gailachkogel im Bereich des Wasserkars musste am 30.12. eine weitere große Suchaktion nach einer Lawinenauslösung eingeleitet werden. Diesmal handelte es sich um extrem steiles SO-exponiertes Gelände auf ca. 2700m. Die Personen konnten der Lawine entkommen.

Lawineneinsatz Gaislachkogel - Wasserkar vom 30.12.2013 

Appell an alle, die eine Lawine auslösen und dabei definitiv nichts passiert ist: BITTE die Leitstelle Tirol via 140 bzw. 144 darüber informieren. Sinnlose, kostspielige Suchaktionen können dadurch vermieden werden!

In Hochgurgl wurde im Bereich der Schermerbahn am 30.12. eine Schneebrettlawine ausgelöst. Auch dort passierte glücklicherweise nichts.

Schneebrettlawine Hochgurgl - Schermerbahn am 30.12.2013 
 
Am Toblacher Pfannhorn fuhr am 30.12. eine Person in extremes NO-exponiertes Steilgelände. Der Anriss war ca. 50cm hoch, die Lawine 250m lang. Als Gleitfläche diente wieder einmal ausgeprägter Schwimmschnee im schattigen Gelände. Die Person hatte einen ABS und wurde sichtbar ganzverschüttet, d.h. der Kopf war unter den Schneemassen, ABS-Rucksack schaute teilweise aus den Schneemassen. Die Person konnte von anderen Skitourengehern rasch befreit werden. Er verletzte sich am Knie. Nördlich der ausgelösten Lawine konnte man übrigens einen Schneebrettanriss einer spontanen Lawine vom 26.12. bzw. 27.12. erkennen…Übrigens hätte man auch problemlos über den Rücken abfahren und dann über mäßig steiles Gelände mindestens ebenso tollen Pulverschnee genießen können…
 
Rot: Einfahrtsspur samt Lawinenumrisse. Person am Bild zeigt die Verschüttungsstelle
 
Toblacher Pfannhorn am 30.12.2013: Einfahrtsbereich samt Spur und oberster Teil des Lawinenanrisses
 
Schneeprofil Toblacher Pfannhorn am 30.12.2013. Man erkennt deutlich den massiven Schwimmschneestock
 
Schneeprofil Toblacher Pfannhorn
 
Weiterhin gibt es in Tirol ein Süd-Nordgefälle nicht nur von der Schneehöhe auch noch von der Lawinengefahr.
 
Viel Schnee im südlichen Osttirol (Zentralosttirol am 27.12.2013)
 
Viel Schnee im südlichen Osttirol - Wetterstation Thurntaler
 
Wenig Schnee im Norden.
 
Kitzbüheler Alpen am 30.12.2013; allerdings gute Pistenverhältnisse durch Beschneiung…
 
Wenig Schnee im Norden - Wetterstation Ganatschalm - Region Arlberg-Außerfern
 
 
Vorsicht noch auf Gleitschneelawinen im schneereichen Osttirol
 
Gleitschnee in Osttirol (Foto: 28.12.2013)
 
Langsam stabilisiert sich nun die Schneedecke. Dennoch: Lichter, sehr steiler, schattiger Waldgrenzbereich sowie sehr steiles schattiges Gelände darüber sollten möglichst genau beurteilt bzw. im Zweifel gemieden werden. Günstiger ist es im sonnenbeschienenen Gelände, zumindest unterhalb etwa 2500m. Dort findet man kaum sehr ausgeprägten, bodennahen Schwimmschnee. Oberhalb etwa 2500m ist dies jedoch in Form von eher kleinräumigen Nestern schon der Fall. Eine Lawinenauslösung ist dort insbesondere durch große Zusatzbelastung im extremen Steilgelände vorstellbar.
 
Vorerst auch wichtig: Das Wetter passt über Neujahr.
 
Am 30.12. klarte es mit Ausnahme von Osttirol auf.
 
Seitens des Teams des LWD Tirol bleibt uns nun noch, euch allen für 2014 viele lässige und sichere Erlebnisse im Schnee zu wünschen!
 
Pulvertraum im südlichen Osttirol am 30.12.2013
 
Traumhafte Winterstimmung am Kastnerberg in den südlichen Stubaier Alpen am 30.12.2013
 

Nachtrag zum tödlichen Lawinenunfall am 28.12.2013 im Variantenbereich Brunnalm - Gemeinde St. Jakob im Defereggen

Nach den Erhebungen der Alpinpolizei steht fest: Der verunglückte finnische Snowboarder, der im Variantenbereich des Skigebietes Brunnalm am 28.12.2013 ums Leben kam, hatte Pech.
 
Der rote Stern nördlich des Mooserbergliftes kennzeichnet die Unfallstelle © tiris
 
Gemeinsam mit mehreren Freunden fuhr er außerhalb der Pistenabsperrung an einer flachen Schulter nordöstlich des Mooserbergliftes ab. An dieser Pistenabsperrung stehen Tafeln, die auf eine mögliche Lawinen- sowie Absturzgefahr in den angrenzenden, extrem steilen Nordosthängen hinweisen.
 
Varianten und Pistenbereich samt Lawine.
Der rote Kreis zeigt jene Stelle, wo der Finne stürzte. In Folge fiel er in den Hang über den kleinen Felsen. Darunter löste er das Schneebrett aus.
 
Zuvor wählten sie schon einmal diese Abfahrt, auch deshalb, weil sie wegen der heiklen Lawinensituation bewusst steiles Gelände meiden wollten.
 
Der Finne blieb hinter den Kollegen, um noch zu fotografieren. Danach wählte er seine Abfahrtsspur unmittelbar am Rand des dort anschließenden extremen Steilgeländes. Offensichtlich stürzte er, fiel in den Steilhang über eine kleine Felsnase, wo er aufschlug, und dadurch ein Schneebrett auslöste. Er wurde von der Lawine bis in den Talboden mitgerissen, wo er an der Schneeoberfläche mit tödlichen Verletzungen zu liegen kam. Die Kollegen bemerkten das Fehlen des Finnen erst bei der Talstation des Liftes, fuhren anschließend nochmals zur Bergstation, bemerkten dann den Lawinenabgang und schlugen Alarm.
 
Das Schneebrett riss in einem 38° geneigten, nach unten zunehmend steiler werdenden NO Hang. Als Gleitfläche diente ausgeprägter Schwimmschnee, der sich während der langen niederschlagsfreien und kalten Phase seit Ende November gebildet hatte. Im Altschneefundament konnten zudem dünne Schmelzkrusten gefunden werden. Der Anriss war zwischen 35 und 55cm hoch, die Lawine knappe 10m breit und etwa 600m lang.
 
Hier der Absturzbereich im Überblick. Das Pfeilende symbolisiert den Liegepunkt des Verschütteten.

Sonntag, 29. Dezember 2013

Tödlicher Lawinenunfall im Variantenbereich des Skigebietes Brunnalm

Ein finnischer Skifahrer kam heute bei einem Lawinenunfall im Variantenbereich des Skigebietes Brunnalm ums Leben. Offensichtlich übersah er eine Wechte, die durch seine Belastung brach. In Folge löste sich eine Schneebrettlawine mittlerer Größe, die ihn ca. 200m mitriss. Er erlitt während des Absturzes über felsdurchsetztes Gelände tödliche Verletzungen. Der Lawinenhang ist ca. 40° steil und nach NO exponiert. Nähere Details folgen so rasch wie möglich.

Heute am 28.12. lösten zudem im Skigebiet Riffelsee im Pitztal zwei Variantenfahrer eine Schneebrettlawine aus. Eine Person wurde mitgerissen, konnte sich jedoch selbst befreien. Diese Lawine verschüttete den darunter befindlichen Pistenbereich. Eine groß angelegte Suchaktion konnte zum Glück ohne Hinweise auf weitere Verschüttete abgebrochen werden.

Freitag, 27. Dezember 2013

Im Süden des Landes zum Teil heikle Lawinensituation - zahlreiche Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung am 27.12. - noch mit glimpflichem Ausgang! Bitte vorsichtig sein!!!

Die Prognosen der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik in Innsbruck (ZAMG) haben super gepasst. Der Föhn ließ es am 25.12. im Süden bereits schneien, während es im Norden aufgelockert war.
 
Der Kampf der Elemente am 25.12.2013 (Blick vom Inntal Richtung Rangger Köpfl und Kalkkögel)
 
Nach stürmischen Tagen fiel mit einem deutlichen Süd-Nordgefälle einiges an Schnee. Im südlichen Osttirol sowie in den südlichen Ötztaler und Stubaier Alpen waren es lokal sogar über 100cm.
 
 
Die Lawinensituation war angespannt und erreichte im Süden des Landes am 26.12. mit großer Gefahr ihr Maximum. Übrigens wird sich die Situation mit der vorhergesagten Windzunahme am 28.12. wieder verschärfen!
 
 
Wie sich inzwischen rausstellte, passte die Einstufung perfekt. Wir konnten im Gelände zahlreiche Selbstauslösungen beobachten bzw. wurde uns darüber berichtet. Setzungsgeräusche stehen an der Tagesordnung. Gerade ist auch die Meldung eines unserer Beobachter aus Obergurgl eingegangen: „Im Waldbereich ist es unglaublich labil, überall Wumm Geräusche und Risse. Äußerst gefährlich war es heute. Mal schauen wie es weiter geht.“ Ebenso gab es heute am 27.12. mitunter sehr gute Sprengerfolge.
 
Guter Sprengerfolg im Bereich des Gaislachkogels am 27.12.2013
 
In rot spontane Lawinenabgänge vom 26.12.2013 (Oberiss, Stubaier Alpen)
 
Vermehrt konnte man spontane Lawinen im Sektor WNW über N bis ONO beobachten.
 
Spontane Lawine vom 26.12. im extremen Steilgelände, Südliche Stubaier Alpen (Foto vom 27.12.2013)
 
Spontane Lawine vom 26.12. im extremen Steilgelände, Südliche Stubaier Alpen (Foto vom 27.12.2013)
 
Südseitig beobachtete man primär Lockerschneelawinen, die durch die Sonneneinstrahlung am 27.12. bedingt waren.
 
Lockerschneelawinen im südexponierten Steilgelände vom 27.12.2013
 
Vorsicht: Im südlichen Osttirol sind in tiefen und mittleren Lagen derzeit in allen Expositionen Gleitschneelawinen ein nicht zu unterschätzendes Thema!
 
Heute sind 10 Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung bekannt geworden. Oftmals war viel Glück im Spiel, dass nichts passiert ist. Meldungen gingen u.a. vom Arlberg, aus der Silvretta Skiarena, Söldner Skigebiet, Obergurgl und Goldried ein. Mit Sicherheit war die Dunkelziffer recht hoch.
 
Ein eindrucksvolles Foto von einem Lawinenabgang am 27.12. bei der Heidebahn in Sölden zwischen Lawinengalerien: roter Pfeil: Fuß einer verschütteten Person, die geborgen werden konnte.
 
Heute am 27.12. legte der Wind während des Tages teilweise wieder zu. Die Daten der Wetterstation Gallreideschrofen zeigen dies deutlich, aber auch was sich während der vergangenen Tage abgespielt hat. Anfangs eine ausgeprägte Südstaulage mit Orkan auf den Bergen. Dann einsetzender Niederschlag aus Süden. Weiters Winddrehung auf West und Temperaturrückgang samt andauerndem Schneefall. Inzwischen liegen wir wieder in einer Südströmung.
 
 
 
 
Neue gefährliche Triebschneeansammlungen bildeten sich mancherorts am 27.12.2013 (Stubaital)
 
Windzeichen an der Schneeoberfläche.
 
Frische Windzeichen am 27.12.2013
 
Als Gefahrenmuster sind gm.6 und gm.1, aber auch gm.7 zu berücksichtigen.
 
Wenn man in die Schneedecke gräbt sieht man dies.
 
Oberste Schicht ist im Neuschnee gebrochen (frischer Triebschnee), darunter Bruch im kantigen, lockeren Altschnee
 
Hier war im Neuschnee noch kein Wind im Spiel. Vorsicht v.a. auf kantige Kristalle in Bodennähe (sh. auch frühere Blogeinträge). Besonders gefährdet bisher windberuhigte Bereiche im Sektor WNW über N bis ONO.
 
Fast ganz zum Schluss somit der Appell: Während der kommenden Tage besonders zurückhaltend sein!
 
Besser ist es nur im Norden. Dort liegt allerdings auch wenig Schnee.
 
In den Kitzbühelern.
 
Sonst noch berichtenswert: Der Strom fiel teilweise durch umstürzende Bäume aus.
 
 

Dienstag, 24. Dezember 2013

Die prognostizierten Neuschneefälle und ihre vermutlichen Auswirkungen auf die Lawinengefahr

In Tirol liegt wenig Schnee. Das ist vorerst nichts Neues. So schaut es auf der Karte aus…
 
 
Und so in der Natur…
 
Saalkogel in den Kitzbüheler Alpen am 15.12.2013
 
Am Weg Richtung Predigberg. Blick ins Paznauntal (18.12.2013)
 
Großglockner (21.12.2013)
 
Zahmer Kaiser am 21.12.2013
 
Blick vom Roßkogel in Richtung Seefelder Plateau (21.12.2013)
 
Neu ist der vorhergesagte Wetterumschwung. Mit einem deutlichen Süd-Nordgefälle soll es einiges an Neuschnee geben. Im südlichen Osttirol prognostiziert die ZAMG während der kommenden Tage einen guten Meter Neuschnee!
 
 
Zudem ist es stürmisch und soll weiterhin stürmisch bleiben.
 
 
Betrachtet man das Wetter der vergangenen Tage so fällt auch dort oftmals starker Wind und für die Jahreszeit zu milde Temperaturen auf - Weihnachtstauwetter…
 
Wetterstation Nachtweide in der Silvretta Skiarena (starker Wind aus südlichen Richtungen, warm)
 
Die Lawinengefahr wird mit den ab morgen beginnenden Schneefällen samt Wind ansteigen. Ganz besonders aufpassen muss man dann in jenen Bereichen, wo die Altschneedecke locker aufgebaut ist. Das trifft derzeit insbesondere für den Waldgrenzbereich im Sektor WNW über N bis ONO, aber auch in höher gelegenen, vom Wind geschützten Bereichen zu. Die lange niederschlagsfreie und oftmals auch kalte Witterung mit massiver nächtlicher Ausstrahlung hat den Schnee massiv aufbauend umgewandelt. Man findet lockeren Schwimmschnee mit kantigen Kristallen und dünnen, eingelagerten Schmelzkrusten. Sobald Triebschnee darauf zu liegen kommt, muss man von einer sehr hohen Störanfälligkeit ausgehen. In den niederschlagsreicheren Gebieten rechnen wir dort auch mit spontanen Lawinenabgängen.
 
Die Schneedecke ist in windgeschützten, schattigen Bereichen bis zum Boden hin meist locker und spannungsarm. Achtung: Neuschnee bzw. Triebschnee werden sich schlecht mit der derzeitigen Altschneeoberfläche verbinden! (Paznauntal am 18.12.2013)
 
Ansonsten ist die Schneedecke derzeit oftmals massiv vom Wind geprägt und sehr unregelmäßig aufgebaut. Dies hat zumindest den Vorteil, dass dort zusammenhängende Gleitflächen fehlen. Man muss dort dann eher auf Schichtgrenzen im Neuschnee zwischen ev. lockereren Neuschnee und Triebschnee achten.
 
Alles in allem: Während der nächsten Tage raten wir zu großer Vorsicht. Besser ist es in den bisher aperen Bereichen. Dort können allerdings im schneereichen Süden Gleitschneelawinen ein Thema werden.
 
Somit bleibt uns noch schöne Weihnachten zu wünschen! Wer heute am 24.12. noch  Touren unternehmen möchte, der ist gut beraten, im Bereich von Pisten unterwegs zu sein. Dort hat man zumindest die Garantie einer schön gleichmäßigen Abfahrt!
 
Pistenvergnügen…