Montag, 31. Dezember 2018

Vom Waldgrenzbereich aufwärts zahlreiche, störanfällige Triebschneepakete. Wir raten zu Zurückhaltung im Steilgelände!

Vorsicht: 

Ähnlich wie der 25.12.2018 stellt auch der 01.01.2019 als erster Schönwettertag nach einer stürmischen Schneefallperiode einen sehr unfallträchtigen Tag dar!

Schnee und Sturm:

In Nordtirol sowie im nördlichen Osttirol hat es während der vergangenen zwei Tage bei kräftigem Windeinfluss geschneit. Der Schwerpunkt der Schneefälle lag im Unterland sowie im nördlichen Osttirol. Dort sind in der Höhe meist um 50cm, lokal sogar bis etwa 100cm Neuschnee dazugekommen.



Windspitzen um 100 km/h waren während der vergangenen Tage keine Seltenheit auf Tirols Bergen. Dementsprechend viel Schnee wurde verfrachtet.

Störanfällige Schneedecke:

Vom Waldgrenzbereich aufwärts muss man derzeit von einer z.T. sehr störanfälligen Schneedecke ausgehen. Dies bestätigen Rückmeldungen unserer Beobachter, die heute am Silvestertag in diesen Gebieten unterwegs waren und von Rissbildungen und Setzungsgeräuschen berichteten. In den Kitzbüheler Alpen lösten zudem heute am 31.12. Wintersportler im schattigen Gelände nördlich der 3S-Station bei Jochberg eine Lawine aus. Es passierte nichts. Um 17:25 Uhr ging eine Meldung der Leitstelle ein, dass im Bereich der Unterfaister Niederalm bei Söll eine Lawine abgegangen sei. Nähere Infos derzeit nicht bekannt.

Ebenso wissen wir, dass gestern am 30.12. zum Teil Graupelschauer über unser Land gezogen sind. Graupel bzw. von Triebschnee überlagerter Pulverschnee bilden derzeit eine recht weit verbreitete und meist wohl primäre Schwachschicht für Schneebrettlawinen. Sekundär können auch die, in früheren Blogeinträgen erwähnten, kantige(n) Schicht(en) im Bereich von Krusten gestört werden: Typischer Höhenbereich: 2200m bis 2700m vermehrt in den inneralpinen Regionen sowie im nördlichen und zentralen Teil Osttirols. Betroffen sind davon alle Expositionen, wobei der Höhenbereich im besonnten Gelände inzwischen wohl bei etwa 2400m aufwärts liegen dürfte.

Langer Rede kurzer Sinn:
Wer derzeit außerhalb des gesicherten Geländes unterwegs sein will, sollte über sehr gutes lawinenkundliches Wissen verfügen und defensiv unterwegs sein. Dies vermehrt vom Waldgrenzbereich aufwärts. Frischen Triebschneepaketen im Steilgelände sollte man derzeit konsequent ausweichen!

Ausblick:

Es geht (tief) winterlich weiter (außer im südlichen Osttirol). Für Wintersportler sind die Verhältnisse zumindest oberhalb des Waldgrenzbereichs oft heikel! Weitere Infos folgen im Laufe der Woche.

Donnerstag, 27. Dezember 2018

Lawinenereignisse der vergangenen Tage...

Dieser Blogbeitrag soll einen kurzen Überblick über die vergangenen Lawinenereignisse liefern. Nähere Details u.a. auch hier: Die meisten davon passierten in jenen Regionen, die wir zur Zeit mit  "erheblicher Gefahr" beurteilt haben. (zudem in der Arlbergregion).


Dort haben wir in einem Höhenband zwischen etwa 2200m und 2700m ein Altschneeproblem, und zwar in allen Hangrichtungen: Im Mittelteil der Schneedecke bzw. in bodennahen Schichten findet man immer wieder lockere, kantige Kristalle - häufig im Nahbereich von Krusten. Diese lockeren Kristalle bilden die Schwachschicht, darüber lagert eine während der vergangenen Zeit massiv vom Wind geprägte Schneedecke. Triebschnee, eine Schwachschicht und die Zusatzbelastung durch Wintersportler (z.T. auch Schwächung durch Sonneneinstrahlung) bilden die Voraussetzung für die beobachteten Schneebrettlawinen.

Lawinenunfall Hohe Mut vom 25.12. Es handelte sich um eine sehr große Schneebrettlawine. Eine Snowboarderin kam ums Leben. Eine zweite Person konnte orographisch rechts ausfahren. Anrissbereich 2600m, SW, stellenweise 40°.  Am Bild erkennt man eine zweite, fernausgelöste Lawine am rechten oberen Bildrand.  (Foto: 26.12.2018)
Hohe Mut: Blick von der Lawinenbahn Richtung Rotmoostal (Foto: 26.12.2018)

Hohe Mut: Das Profil wurde im Nahbereich des Lawinenanrisses aufgenommen. Oberflächiger Triebschnee, darunter eine Abfolge von Krusten und kantigen Kristallen. (Foto: 26.12.2018)

Hohe Mut: Verschüttungsstelle (Foto: 26.12.2018)

Einige, der uns gemeldeten Lawinenabgänge wurden fernausgelöst:

Rastkogel: Links der Lawine fuhren Wintersportler ab. Rechts davon löste sich eine Schneebrettlawine. (Foto: 26.12.2018)

Vermutlich von Wintersportlern, fernausgelöste Lawinen am Zischgeles (Foto: 26.12.2018)

Lawinenabgang Hoher Burgstall am 27.12.: Ein Skitourengeher befand sich im Aufstieg, als sich die Lawine löste. (Foto: 27.12.2018)

Lawinenunfall Weißer Knoten im Glocknergebiet. 4 beteiligte Personen blieben unverletzt. (Foto: 25.12.2018)

Gleitschneelawinen stellen v.a. in den schneereichen Regionen, wie hier im Arlberggebiet, ein mögliches Problem dar (Foto: 26.12.2018)

Im südlicheren Osttirol, wie hier in den Villgratener Bergen, sind Triebschneepakete weniger mächtig als weiter im Norden (Foto: 25.12.2018)

Im extrem steilen Gelände löste ein Wintersporler unterhalb der Talsenhöhe in den Kitzbüheler Alpen heute am 27.12. diese oberflächennahe Lawine aus. (Neu- und Triebschnee auf einer harten Regenkruste). Die Person konnte offensichtlich ausfahren. (Wäre der Abgang bei der Leitstelle Tirol Nummer: 140 gemeldet worden, hätte man sich die teure Suchaktion sparen können.

Aufmerksamer Beobachter am Pfuitjöchl. Bei der Lawine handelt es sich um eine feuchte Lockerschneelawine aufgrund der tageszeitlichen Erwärmung und Sonneneinstrahlung (Foto: 26.12.2018)

Ausblick:

Das Altschneeproblem bleibt vorerst bestehen. Wir raten deshalb Wintersportlern in den bekannten Höhenbereichen nicht zu steil unterwegs zu sein.

Ansonsten herrschen meist recht günstige Bedingungen. Einzig die Schneequalität lässt mitunter zu wünschen übrig.

Mit dem, laut ZAMG Wetterdienststelle, am Wochenende wieder stärkeren Wind muss allerdings neuerlich auf frischen Triebschnee, besonders in größeren Höhen geachtet werden.

Dienstag, 25. Dezember 2018

Einige Lawinenabgänge mit Personenbeteiligung - einer davon mit tödlichem Ausgang. Hauptgefahr: Frischer Triebschnee und zum Teil schwacher Altschnee


Seitens der Leitstelle Tirol wurden wir heute über 6 Lawinenereignisse mit Personenbeteiligung informiert: Glorerhütte und Marchkinkelle in Osttirol; Rettenbachferner, Serleskamm, Giggijoch und Hohe Mut in Nordtirol. Letzterer ging tödlich aus. Ersten Informationen der Alpinpolizei nach soll es sich bei dem Lawinenabgang unterhalb der Hohen Mut um einen großflächigen Abgang im freien Skigelände gehandelt haben. Dies deutet auf ein ausgeprägtes Altschneeproblem hin. Morgen am 26.12. werden wir gemeinsam mit der Alpinpolizei Erhebungen durchführen. Erste Details sh. hier:



Lawinenabgang Hohe Mut am 25.12.2018. Die Ellipse zeigt den Unfallhang unterhalb der Hohen Mut in Obergurgl im freien Skigelände.

Markant war heute am 25.12. auf den Bergen noch der starke bis stürmische Windeinfluss. Vielerorts konnte man auch Schneefahnen im Kammbereich beobachten. Der Wind soll sich laut ZAMG-Wetterdienststelle abschwächen.

Die Hauptgefahr für die kommenden Tage bildet der frische Triebschnee, welcher im Steilgelände allgemein kritisch beurteilt werden sollte. Besonders vorsichtig sollte man derzeit in einem Höhenbereich zwischen etwa 2200m und 2700m sein, weil dort innerhalb der Schneedecke vermehrt lang anhaltende Schwachschichten im Bereich von Krusten eingelagert sind. Besondere Vorsicht zudem natürlich auch allgemein im kammnahen Gelände, in Rinnen und Mulden, wo mitunter lockerer Pulverschnee oder im Neuschnee eingelagerter Graupel als (kurzfristige) Schwachschicht für Schneebrettlawinen dienen können.

Schneeverfrachtungen beim Hohen Tor oberhalb von Kals (Foto: 25.12.2018)

Wechten am Naviser Kreuzjöchl in den Tuxer Alpen (Foto: 25.12.2018)

Montag, 24. Dezember 2018

Vorsicht! Der erste Schönwettertag nach einer stürmischen Schneefallperiode ist besonders unfallträchtig!

Die Prognosen der ZAMG-Wetterdienststelle haben sehr gut gepasst. Es regnete bzw. schneite in weiten Teilen Tirols viel. Zudem wehte in der Höhe überwiegend stürmischer Wind aus dem Sektor Nordwest.

In Summe sind während der vergangenen Tage im Westen des Landes in größeren Höhen zumindest 50cm Schnee dazugekommen, im Südwesten des Landes waren es häufig um 70cm, lokal bis zu 100cm.

Differenz der Gesamtschneehöhe. Einige der Wetterstationen befinden sich in Höhenlagen, wo es lange Zeit regnete.

Hier zum Vergleich die Niederschlagsverteilung vom 23.12. auf den 24.12.2018 vormittags.
Der Temperaturanstieg (mit Regen zwischen etwa 2000m und bis zu 2600m) gepaart mit Niederschlag und Schneefall samt Sturm schwächte die Schneedecke. Bis in mittlere Höhenlagen beobachtete man vermehrt nasse Lockerschneelawinen und Gleitschneelawinen. In größeren Höhen gingen spontan Schneebrettlawinen ab. Letztere waren insbesondere im schneereichen Westen und Südwesten des Landes zum Teil groß und lösten sich in allen Expositionen. Die Hauptaktivität war zwischen gestern am 23.12. sowie heute am 24.12. vormittags.

Als Schwachschicht dürfte einerseits Graupel gedient haben, der gestern am 23.12. recht großflächig beobachtet wurde. Zudem scheinen aber auch kantige Kristalle im Bereich von Krusten eine nicht unbedeutende Rolle für den Abgang von Schneebrettlawinen gespielt haben (sh. Schneeprofile).

Die Tatsache, dass sich einige Schneebrettlawinen auch im südseitigen Gelände in Höhenbereichen zwischen etwa 2300m und 2700m lösten, weist auf die Ausbildung des Gefahrenmusters kalt auf warm seit Anfang Dezember hin.

Fazit: Speziell in Höhenbereiche zwischen etwa 2200m und 2700m befinden sich im Mittelteil der Schneedecke bzw. in Bodennähe zum Teil lang anhaltende Schwachschichten (beginnendes Altschneeproblem), welche auch während der kommenden Tage zu stören sein werden. In größeren Höhen kann vorerst noch überschneiter bzw. überwehter Pulverschnee als Schwachschicht dienen, v.a. im kammnahen, sehr steilen, windabgewandten Gelände. Über diesen Schwachschichten liegen zum Teil mächtige, spröde Triebschneepakete, die vermehrt an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee bzw. allgemein an schneeärmeren Stellen gestört werden können.

Aufgrund der doch recht verbreiteten Gefahrenstellen und des sich anbahnenden schönen Wetters während der Weihnachtsfeiertage gehen wir von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Lawinenunfällen aus. Heute am 24.12. wurden wir von der Leitstelle über einen in Söll und einen in der Axamer Lizum (letzterer kammnah, sehr steil, O-seitig auf etwa 2200m) informiert. Beide gingen unseren Informationen nach (recht) glimpflich aus. Diese Lawinenabgänge mögen Anlass sein, morgen am Christtag (und auch noch die Folgetage) möglicht defensiv unterwegs zu sein. Denn: Erfahrungsgemäß ist der erste Schönwettertag nach einer stürmischen Periode besonders unfallträchtig.

Donnerstag, 20. Dezember 2018

Am Wochenende Zunahme an Gefahrenstellen mit Regen, Schnee und Wind - Weihnachtstauwetter

Wetterrückblick

Die vergangene Woche war wieder wechselhaft: Es gab Sonne, Wolken und etwas Niederschlag. Die sehr kalte Phase ging ab dem 16.12. zu Ende. Seither stiegen die Temperaturen kontinuierlich an. Man beobachtete drei Windphasen: Am 13.12. blies dieser kurzfristig stark aus Süd, am 16.12. aus West und am 19.12. gebietsweise wieder aus Süd.

Wetterstationsdaten der Station Plojen / Planskopf im Skigebiet Serfaus

Gefahrensituation

In der EUREGIO Tirol-Südtirol-Trentino herrschte verbreitet geringe und mäßige Lawinengefahr. Die Hauptprobleme waren frischer (häufig kammnaher) Triebschnee sowie Gleitschnee, gebietsweise (und eher kleinräumig) auch Altschnee.


Schneelage & Schneedecke

Tirol präsentierte sich vielerorts in einem Winterkleid. Dennoch waren und sind die Tourenmöglichkeiten zumindest in tiefen und mittleren Höhenlagen weiterhin sehr eingeschränkt.

Unterwegs in den Stubaier Alpen. Blick ins Senderstal. Steinkontakt nicht ausgeschlossen... (Foto: 18.12.2018)

Skispuren bei Jochberg in den Kitzbüheler Alpen. Grasiger Untergrund kommt den Skifahrern entgegen. (Foto: 15.12.2018)

Die Woche wurde genützt, um unser Bild des Schneedeckenaufbaus in Tirol weiter zu schärfen. In Summe schaut es recht gut aus. Am vergleichsweise ungünstigsten erscheint der Schneedeckenaufbau in Schattenhängen beginnend von etwa 2300m bis maximal 2800m hinauf. Dort findet man innerhalb der Schneedecke vermehrt schwache Schichten aus kantigen Kristallen, welche von Schmelzkrusten umgeben sind. (Diese Krusten wurden während der letzten Kältephase dünner und weicher.) Schwachschichten sind meist nicht über größere Flächen zusammenhängend und deshalb eher im Bereich von Mulden bzw. kleineren Geländekammern bedeutsam. Rissbildungen und Setzungsgeräusche wurden vergangene Wochen nicht mehr beobachtet.

Abfolge von Krusten und kantigen Kristallen. Stubaier Alpen. NW, 2300m (Foto: 18.12.2018)

Schwachschicht aus kantigen Kristallen in Bodennähe am Predigberg in der Silvretta, N, 2100m. (Die Altschneedecke ist in diesem Höhenbereich nur kleinräumig und selten zusammenhängend vorhanden.) (Foto: 18.12.2018) 

Auffallend ist auch die Beschaffenheit der Schneeoberfläche, die während der vergangenen Kältephase in windberuhigten Lagen locker wurde. Zumindest von der Waldgrenze abwärts fand man häufig auch Oberflächenreif, der im Westen Nordtirols bereits etwas eingeschneit wurde. Vereinzelt bekamen wir auch Meldungen über den Nigg-Effekt (Oberflächenreifbildung im Kammbereich).

Oberflächenreif an der Waldgrenze in den Kitzbüheler Alpen (Foto: 15.12.2018)

Der zu Beginn erwähnte Windeinfluss machte sich natürlich auch - insbesondere oberhalb der Waldgrenze - bemerkbar. Immer öfters findet man dort einen Winddeckel, in besonnten Hängen dünne Schmelzkrusten.

Windgangeln an der Schneeoberfläche in der Silvretta (Foto: 18.12.2018)

Lawinenaktivität

Letzte Woche ging seitens der Leitstelle Tirol eine Meldung über eine von Wintersportlern ausgelöste Schneebrettlawine im Fimbertal in der Silvretta ein. Ansonsten schien es recht ruhig zu sein. Eindeutig zugenommen hat jedoch die Aktivität von Gleitschneerutschen und -lawinen auf Grashängen. Förderlich war der Temperaturanstieg.


Links mittig im Bild eine frische Gleitschneelawine. Weitere Anrisse und Gleitschneemäuler zeugen von erhöhter Aktivität. Silvretta (Foto: 18.12.2018)

Gleitschneelawinen stellen in den schneereicheren Regionen auf Grashängen eine permanente Bedrohung dar. Hochfügen (Foto: 13.12.2108) 

Ausblick

Pünktlich zur Weihnachtszeit kündigt sich während der kommenden Tage Weihnachtstauwetter an. Es wird noch milder. Niederschlag wird zumindest bis in mittlere Höhenlagen als Regen fallen. Der Wind legt zu und soll zum Teil stürmisch werden.

Die Auswirkungen auf die Schneedecke und Lawinengefahr sind mehrschichtig:
In den vom Regen beeinflussten Gebieten wird die Schneeoberfläche feucht, oberflächennahe, lockere Kristalle werden zerstört. Dies ist prinzipiell positiv zu werten.

In höheren Regionen werden sich hingegen frische Triebschneepakete bilden. Besonders dort, wo diese in bisher windberuhigten, sehr steilen Gebieten abgelagert werden, muss von einer erhöhten Störanfälligkeit ausgegangen werden. Die Störanfälligkeit wird mit weiteren Niederschlägen und den zunehmenden Temperaturen weiter ansteigen.

Deutlich zunehmen wird auf alle Fälle die Wahrscheinlichkeit von Gleitschneelawinen. Durch den Wärme- und Regeneintrag wird die Reibung in Bodennähe vermindert, was die Abgangsbereitschaft erhöht.

Fazit: Gleitschnee auf steilen Wiesenhängen und frischer Triebschnee in größeren Höhen bilden die Hauptgefahr!

Donnerstag, 13. Dezember 2018

Frische Triebschneepakete bilden die Hauptgefahr. Gebietsweise Altschneeproblem beachten!

Lawinenabgänge während der vergangenen Tage weisen zumindest gebietsweise auf eine störanfällige Schneedecke hin. Aktuell sind im Wesentlichen zwei Gefahrenmomente zu beachten:

- Frischer Triebschnee
- Gebietsweise eine störanfällige Altschneedecke

Frischer Triebschnee ist immer dann besonders leicht zu stören, wenn lockerer Neuschnee bei kalten Temperaturen verfrachtet wird. Beides trifft derzeit zu: Es ist sehr kalt. In den Föhnschneisen wehte heute am 13.12. zum Teil starker Wind. Es reicht dann häufig geringe Belastung im Steilgelände aus, um diese Triebschneepakete zu stören. (Pulverschnee bzw. filzige Kristalle bilden dann die Schwachschicht. Letztere wird sich während der kommenden Tage wieder langsam mit den Triebschneepaketen verbinden.)

Besonders entlang des Alpenhauptkammes konnte man heute große Schneeverfrachtungen beobachten. Zillertaler Alpen (Foto: 13.02.2018)


Lawinenunfall unterhalb der Spannagelabfahrt im Skigebiet Hintertuxer Gletscher vom 13.12.2018. Der Hang befindet sich auf 2500m in einem sehr steilen Nordhang. Starker Wind verfrachtete unmittelbar vor dem Lawinenabgang viel Schnee in diesen Hang. Schneedeckenuntersuchungen, die heute am 13.12. durchgeführt wurden, zeigen, dass der frische Triebschnee leicht zu stören war. Die primäre Schwachschicht war überwehter Pulverschnee. (Sekundär dürften auch die im folgenden beschriebenen kantigen Schwachschichten zumindest stellenweise gebrochen sein.) Die Lawine ist ca. 100m lang und 200m breit.

Der Polizeihubschrauber transportiert nach dem Lawinenunfall die Hundeführer ins Tal (Foto: 13.12.2018)

Tiefer in der Schneedecke liegende Schwachschichten scheinen derzeit v.a. in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes zwischen etwa 2300m und 2900m insbesondere in Schattenhängen ein Thema zu sein. Im Nahbereich von (Regen-)Krusten findet man dort meist kantige, lockere Kristalle. Diese Schwachschichten sind in der Regel nicht über große Flächen zusammenhängend vorhanden.

Kleine, überwehte, spontane Schneebretter in den Stubaier Alpen auf etwa 2400m Höhe (in Bildmitte) weisen auf eine erhöhte Störanfälligkeit der Schneedecke hin. (Foto: 12.12.2018)

Unterhalb des Pfaffenbichls löste sich ein Schneebrett, als sich Personen in der Abfahrt befanden. Der Anriss befand sich auf 2300m in einem extrem steilen Nordhang. Die Anissmächtigkeit variierte zwischen etwa 20cm und 160cm. Ausgelöst wurden Triebschneepakete vom Wochenende auf kantigen Schwachschichten.

Lawinenunfall vom 12.12.2018 unterhalb des Pfaffenbichls (Foto: 13.12.2018)

Blick vom oberen Bereich des Lawinenanrisses in Richtung Lawinenablagerung. Pfaffenbichl (Foto: 13.12.2018)

Profile zu den oberen Lawinen findet man - wie gewohnt - hier.

Ebenfalls auf kantigen Kristallen löste sich dieses Triebschneebrett im freien Skiraum des Skigebietes Silvretta Skiarena in Ischgl, als eine Person dort abfuhr. Seehöhe: 2300m, West, sehr steil (Foto: 12.12.2018)

Es gibt auch Positives zu berichten: 

Abseits des Alpenhauptkammes haben sich ältere Triebschneepakete allgemein gut verbunden. Dort liegt das Hauptproblem derzeit in meist kleinen, frischen Triebschneeablagerungen, dies häufig im kammnahen, schattigen Gelände.

Überwiegend gute Bedingungen am Arlberg (Foto: 13.12.2018)

Dort, wo es besonders viel geschneit hat beobachten wir zudem vermehrt Gleitschneeabgänge. Diese Lawinen sind meist klein, manchmal auch mittelgroß. 

Zahlreiche Gleitschneeabgänge im Lechtal (Foto: 13.12.2018)

Gleitschneerisse weisen auf eine mögliche Gefahr hin. Wir empfehlen, sich nicht unterhalb solcher Risse aufzuhalten. (Foto: 12.12.2018)

Ausblick für das Wochenende: 

Der heute am 13.12. so starke Wind lässt noch in der Nacht nach. Es sollten sich kaum mehr frische Triebschneepakete bilden. Allerdings werden die heute am 13.12. entstandenen Triebschneepakete aufgrund der niedrigen Temperaturen noch einige Tage störanfällig bleiben. Das gebietsweise Altschneeproblem zwischen etwa 2300m und 2900m in den oben erwähnten Gebieten scheint das vergleichsweise größte Problem zu sein. Wetteränderung am Sonntag, den 16.12.. 
(Was wir noch im Auge behalten: Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm) speziell in Sonnenhängen abseits der besonders schneereichen Regionen.)

Dienstag, 11. Dezember 2018

Nach Wintereinbruch ist Zurückhaltung angesagt

In Tirol ist der Winter eingekehrt. Seit Samstag, dem 08.12.2018 sind in der Höhe zum Teil über 100cm Schnee gefallen.

Beträchtliche Neuschneesummen in weiten Teilen Tirols.

Rückblick


In weiten Teilen Tirols sorgte am Freitag, 07. 12. ein Zwischenhoch für recht freundliches Wetter mit milden Temperaturen. Die Nullgradgrenze lag dabei tagsüber nahe 3000m. Die Schneesituation war mit Ausnahme des Alpenhauptkammes bis zu diesem Zeitpunkt relativ dürftig, die Schneedecke meist stark windbeeinflusst und unregelmäßig.

Wenig Schnee und unregelmäßige Schneeverteilung in den Zentralen Stubaier Alpen. Bei den abgeblasenen Rücken tritt mit Saharastaub gefärbter Schnee von Ende Oktober zutage (Foto: 07.12.2018)

In der Nacht auf Samstag, 08.12. kühlte es mit dem Durchzug einer intensiven Kaltfront aus Nordwest abrupt ab. Innerhalb eines kurzen Zeitraumes fielen die Temperaturen um rund 10° C. Begleitet von stürmischem Wind fielen verbreitet 5-10 cm Neuschnee bei einer Schneefallgrenze um die 1000m. Vermehrt wurden auch intensive Graupelschauer beobachtet.

Während der vergangenen Tage beobachtete man vielerorts Graupel, Inntal (Foto: 10.12.2018)

Schneeprofil in der Grieskogelgruppe vom 08.12.2018; Nordost, 2580m, 26°. Unterhalb einer dünnen Triebschneeauflage erkennt man Graupel, welcher während der intensiven Kaltfront in der Nacht auf Samstag, 08.12. gefallen war. Nordseitig, oberhalb von 2400m findet man in der Altschneedecke zudem mögliche Schwachschichten (© Lukas Ruetz).

Nachdem am Samstag, 08.12. eine Warmfront für leichte Milderung und nur geringfügig Niederschlag sorgte, erreichte uns in der Nacht auf Sonntag eine weitere Kaltfront bei stürmischem Wind aus Nordwest. Die Schneefallgrenze sank bis in Tallagen.

In Nordtirol sowie in den Hohen Tauern fielen in hohen Lagen verbreitet 40cm bis 100cm Neuschnee, lokal auch mehr. Am meisten schneite es dabei in den typischen Nordweststaulagen von der Silvretta- und Samnaungruppe über die Verwallgruppe und die Allgäuer Alpen bis zum Karwendel sowie im Wilden Kaiser. In den Deferegger Alpen schneite es mit rund 10cm bis 20cm deutlich weniger, in den Lienzer Dolomiten kaum.

Messstation Pischgraben/Madleinkopf in der Westlichen Verwallgruppe: In der Nacht auf Samstag, 08.12. kommt es mit Durchzug der Kaltfront zu einem schlagartigen Absinken der Temperaturen um mehr als 10°C sowie einer abrupten Zunahme der Windgeschwindigkeit. Die schwache Warmfront bringt darauffolgend kurzzeitig eine leichte Milderung, bevor eine erneute Kaltfront zu einer weiteren Abnahme der Temperaturen führt. Seit Beginn der Niederschläge wurde an der Station rund 100cm Schneezuwachs verzeichnet. Der Wind blies während des Ereignisses stark bis stürmisch aus nordwestlichen Richtungen.

Im mittleren Ötztal wurden bis Montag, 10.12. auf 1400m rund 35cm Neuschnee, im Bereich der Waldgrenze an die 50cm Neuschnee gemessen (Foto: 10.12.2018).

Winterlandschaft auch im Zillertal (Foto: 10.12.2018).
Durch den stark bis stürmischen Wind entstanden oberhalb der Waldgrenze in allen Expositionen umfangreiche Triebschneeansammlungen.

Der Wind als Baumeister der Lawinen verfrachtet den frischen Schnee. Tuxer Alpen (Foto: 08.12.2018)

Mögliche Schwachschichten für Schneebrettlawinen findet man meist innerhalb des Neuschneepakets in Form von kaltem Neuschnee bzw. Graupel. Spontane Lawinen, welche uns während der Niederschlagsperiode gemeldet wurden, waren vermutlich in diesen Schwachschichten angebrochen.

Innerhalb der Altschneedecke findet man zudem Schwachschichten in Schattenhängen zwischen etwa 2400m und 2900m. Es handelt sich um kantige Kristalle zwischen Krusten. Stabilitätsuntersuchungen zeigen bisher unterschiedliches Bruchverhalten, von guter bis zu schlechter Bruchausbreitung.

Weiters trifft man im hochalpinen, vergletscherten, schattigen Gelände noch aufbauend umgewandelten Schnee direkt oberhalb des Gletschereises. Diese Schicht sollte aufgrund der meist kompakten Schneeauflage von Ende Oktober nur in Ausnahmefällen zu stören sein.

Schneeprofil in den Zentralen Stubaier Alpen; Nord, 2615m, 25°. In schattigen Nordhängen findet man häufig eine Abfolge von Krusten und lockeren Schichten. Auch wenn die Schneedecke vor den letzten Niederschlägen sehr inhomogen war, können Schneebrettlawinen, welche im Altschnee anbrechen, nicht ausgeschlossen werden (© LWD Tirol). 

Ausblick

Mit der Wetterbesserung vom Westen her nimmt auch der Wind ab. Triebschneeansammlungen sind zum Teil überschneit und dadurch schwierig zu erkennen. Bei den vorherrschenden kalten Temperaturen dauert es vermutlich einige Tage, bis sich die Triebschneepakete mit den im Neuschnee befindlichen Schwachschichten gut verbunden haben. Wir raten deshalb zu Zurückhaltung im sehr steilen Gelände. Vorsicht auch: Der erste Schönwettertag nach einer stürmischen Schneefallperiode ist immer besonders unfallträchtig!

In ganz Tirol war es am Dienstagmorgen, 11.12 frostig kalt. Die kalten Temperaturen bleiben uns die nächsten Tage erhalten und verhindern ein schnelles Verfestigen der Schneedecke.

Sonst noch zu beachten: Auf steilen Wiesenhängen kann der Neuschnee abgleiten. Bereiche unter Gleitschneerissen sollten möglichst gemieden werden.

Auch Kunstschnee kann als Gleitschneelawine abgehen, wie hier im Skigebiet Hochimst. Inzwischen präsentiert sich dieses Gebiet tief winterlich. (Foto: 05.12.2018)