Mittwoch, 17. Mai 2023

Mit Wetterbesserung samt Erwärmung ist mit Lawinenabgängen zu rechnen

Kurz vorweg

Der zu kühle und sehr niederschlagsreiche Mai hat bis heute, 17.05. angehalten. Nun ist bei weiterhin etwas wechselhaftem Wetter eine Wetterbesserung mit stetig steigenden Temperaturen in Sicht. Wir rechnen während der kommenden Tage wiederum mit vermehrten Lawinenabgängen. Vorsicht u.a. auch unterhalb von sehr steilen bis extrem steilen, hoch gelegenen, vornehmlich im Nordsektor befindlichen Einzugsgebieten. Dort können Lawinen immer noch ins Grüne vorstoßen. Kurzfristig werden wir es auch mit zahlreichen Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände zu tun haben.


Frische Lawinenablagerung im Ködnitztal im Nahbereich eines Weges. (Foto: 17.05.2023)
Frische Lawinenablagerung im Ködnitztal im Nahbereich eines Weges. (Foto: 17.05.2023)


In der Höhe liegt noch viel Schnee

Aufgrund der niederschlagsreichen Monate April und Mai ist in der Höhe einiges an Schnee dazugekommen, während in tiefen und mittleren Höhenlagen die Ausaperung (mit kurzen Unterbrechungen aufgrund von Kälteeinbrüchen) rasch vorangeschritten ist. 

Analyse der Gesamtschneehöhenverteilung in Tirol vom 17.05.2023
Analyse der Gesamtschneehöhenverteilung in Tirol vom 17.05.2023


Trotz bereits zahlreicher Lawinenabgänge gibt es weiterhin Potential für Lawinen

Seit Ende April hatten wir es mit einer recht lawinenaktiven Zeit zu tun. Neben Schneebrettlawinen beobachteten wir zahlreiche Lockerschneelawinen und vereinzelt Gleitschneelawinen. Schneebrettlawinen lösten sich sowohl aufgrund der Zusatzbelastung des zum Teil beachtlichen Neuschnees, aber auch aufgrund der fortschreitenden Durchnässung der Schneedecke und Schwächung von bodennahen Schwachschichten. Während kurzer Wetterbesserungen unmittelbar nach Neuschneefällen lösten sich zudem zahlreiche Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände. Gleitschneelawinen wiederum glitten in den neuschneereichen Gebieten auf glattem Untergrund ab.

Am vergleichsweise gefährlichsten sind weiterhin Schneebrettlawinen aus hoch gelegenen Einzugsgebieten. Vornehmlich betroffen sind sehr steile bis extrem steile Hänge im Nordsektor oberhalb etwa 2600m. Hochalpin, also oberhalb etwa 3000m sind dann zunehmend auch besonnte Hänge entsprechend betroffen. Unterhalb solcher Einzugsgebiete, insbesondere auch im Bereich von langgezogenen Rinnen, Mulden oder kleinen Tälern, können Lawinen auch in den flachen Talboden, dort wo es inzwischen schneefrei ist, vorstoßen! Lawinensperren bitte weiterhin beachten!


Immer wieder zu beobachten: Durch den Impuls von Lockerschneelawinen lösten sich in Folge Schneebrettlawinen. Region Kühtai (Foto: 13.05.2023)
Immer wieder zu beobachten: Durch den Impuls von Lockerschneelawinen lösten sich in Folge Schneebrettlawinen. Region Kühtai (Foto: 13.05.2023)


Unmittelbar mit den ersten Sonnenstrahlen hohe Lawinenaktivität. Auch an diesem Foto erkennt man sowohl Lockerschnee-, als auch Schneebrettlawinen. Östliche Deferegger Alpen (Foto: 12.05.2023)
Unmittelbar mit den ersten Sonnenstrahlen hohe Lawinenaktivität. Auch an diesem Foto erkennt man sowohl Lockerschnee-, als auch Schneebrettlawinen. Östliche Deferegger Alpen (Foto: 12.05.2023)


Auf dem Glasdach im Vordergrund erkennt man Risse, aber auch bereits einen Bereich, wo Schnee abgeglitten ist (Foto: 11.05.2023)
Auf dem Glasdach im Vordergrund erkennt man Risse, aber auch bereits einen Bereich, wo Schnee abgeglitten ist (Foto: 11.05.2023)


Vergleichsfoto 10 Minuten später...
Vergleichsfoto 10 Minuten später...


Schneefall bis in mittlere Höhenlagen

Ab dem 11.05. schneite es immer wieder bis in mittlere Höhenlagen. So gab es u.a. auch Probleme auf Passstraßen mit winterlichen Fahrverhältnissen, wie u.a. am Arlbergpass.


Winterlich im Serleskamm auf ca. 1600m (Foto: 11.05.2023)
Winterlich in der Region Serleskamm auf ca. 1600m (Foto: 11.05.2023)


Monatsrückblick: Auffallend der häufige Niederschlag, der zu einem Schneehöhenanstieg in der Höhe geführt hat. Für die Jahreszeit häufig zu kalt.
Monatsrückblick: Auffallend der häufige Niederschlag, der zu einem Schneehöhenanstieg in der Höhe geführt hat. Für die Jahreszeit häufig zu kalt.


Ähnliches Bild im hinteren Zillertal - viel Niederschlag, wenig sonnige Tage, kalt
Ähnliches Bild im hinteren Zillertal - viel Niederschlag, wenig sonnige Tage, kalt


Die Schneedecke

Aktuell haben wir wenige, aktuelle Schneedeckeninformationen aus dem Gelände. Was wir wissen: Während der kürzlichen Neuschneefälle wurde immer wieder auch Graupel eingelagert. Kurzfristig kann dieser in großen Höhen eine mögliche Schwachschicht im Bereich von frischen Triebschneepaketen bilden. Prinzipiell denkbar sind auch oberflächennahe Umwandlungsprozesse aufgrund kurzfristiger Temperaturunterschiede (Gefahrenmuster kalt auf warm - gm.4). Auch das stellt - wenn überhaupt - nur ein sehr kurzfristiges Problem dar. 

Bedeutsam ist v.a. die zu erwartende rasche, oberflächennahe Anfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke. Daraus wird ebenso rasch eine hohe Aktivität an Lockerschneelawinen resultieren. Impulse dieser Lockerschneelawinen können in Folge - wie in der jüngeren Vergangenheit - mitunter  Schneebrettlawinen auslösen. 

Aufgrund der stetig steigenden Temperaturen während der kommenden Tage rechnen wir dann mit einem fortschreitenden Wassereintrag auch in tieferen Schichten in höheren Lagen. Daraus resultiert  eine Schwächung bodennaher Schichten (dort, wo dies nicht bereits der Fall war). In Folge ist dann mit einigen spontanen Schneebrettlawinen v.a. oberhalb etwa 2600m zu rechnen.    


Temperaturanstieg während der kommenden Tage. Folglich wird die Schneedecke neuerlich  feucht bzw. nass.
Temperaturanstieg während der kommenden Tage. Folglich wird die Schneedecke neuerlich  feucht bzw. nass.


Kurzer Ausblick

Die mögliche Problematik mit Schneebrettlawinen verlagert sich dann wohl zunehmend in immer größere Höhen. Achtet bei der Tourenplanung darauf, dass sich insbesondere während dieser Jahreszeit kleine Wetteränderungen massiv und sehr rasch auf die Verhältnisse sowohl in positiver, als auch in negativer Richtung auswirken können.

Dienstag, 9. Mai 2023

Gebietsweise über 50cm Neuschnee auf den Bergen lässt die Lawinengefahr ansteigen - Vorsicht vor spontanen Lawinenabgängen!

Kurz vorweg

Es scheint, der schneearme und zu warme Winter möchte Ende der Saison noch etwas wettmachen. Ab heute, 09.05.2023 abends trifft eine Kaltfront ein, die auf den Bergen viel Neuschnee bringen wird. Die Lawinengefahr steigt dadurch an. Es ist während der kommenden Tage mit vermehrten spontanen Lawinenabgängen zu rechnen.


Einiges an Neuschnee auf den Bergen

Laut GeoSpere Austria sollen bis Donnerstag, 11.05. abends verbreitet 40-60mm, lokal bis etwa 90mm Niederschlag zusammenkommen. Auf den Bergen bedeutet das meist um 50cm Neuschnee, lokal auch (deutlich) mehr. Die Nullgradgrenze soll anfangs von etwa 2900m rasch auf etwa 2200m sinken. Von Mittwoch, 10.05. auf Donnerstag, 11.05. erreicht die Nullgradgrenze ihren Tiefpunkt bei etwa 1800m.


72h Neuschneeprognose 09.05.-11.05.2023
72h Neuschneeprognose 09.05.-11.05.2023


Die kommenden Tage wird es nass... Wind ist überschaubar. Während des Niederschlags sinkende Schneefallgrenze.
Die kommenden Tage wird es nass... Wind ist überschaubar. Während des Niederschlags sinkende Schneefallgrenze.


Schneefallgrenze für 11.05. 05:00 Uhr
Schneefallgrenze für 11.05. 05:00 Uhr


Temperaturentwicklung in verschiedenen Höhenniveaus
Temperaturentwicklung in verschiedenen Höhenniveaus


Anstieg der Lawinengefahr mit spontanen Lawinenabgängen

Lawinenaktivität während der vergangenen Tage

Die vergangenen Tage waren - wie im letzten Blogeintrag angekündigt - geprägt von spontanen Lawinenabgängen. Dabei handelte es sich um große, vereinzelt auch sehr große Schneebrettlawinen, die mitunter bis in tiefe Lagen ins Grüne vorstießen. Die meisten, von uns beobachteten bzw. uns gemeldeten Lawinen lösten sich im Nordsektor zwischen etwa 2600m und 2900m. In besonnten Hängen handelte es sich fast ausschließlich um hochalpines Gelände (über etwa 3000m). Der Grund der Lawinenabgänge war der fortschreitende Nässeeintrag und die dadurch bedingte Schwächung bodennaher Schwachschichten vom Frühwinter. Impulse für Schneebrettlawinen kamen relativ häufig auch von Lockerschneelawinen, vereinzelt von Wechtenbrüchen.


Oberhalb der roten Pfeile lösten sich Lockerschneelawinen im felsdurchsetzten Gelände. Die Zusatzbelastung einer dieser Lockerschneelawinen dürfte die Ursache der Schneebrettauslösung gewesen sein. Defereggental (Foto: 06.05.2023)
Oberhalb der roten Pfeile lösten sich Lockerschneelawinen im felsdurchsetzten Gelände. Die Zusatzbelastung einer dieser Lockerschneelawinen dürfte die Ursache der Schneebrettauslösung gewesen sein. Defereggental (Foto: 06.05.2023)


Schneebrettauslösung vermutlich durch einen kleinen Wechtenbruch - Stubaier Gletscher (Foto: 05.05.2023)
Schneebrettauslösung vermutlich durch einen kleinen Wechtenbruch - Stubaier Gletscher (Foto: 05.05.2023)


Lawinenabgang in den Nördlichen Zillertaler Alpen vom 08.05.2023. Der im Bereich des Lawinenkegels vorbeiziehende Wanderweg wurde vorsorglich gesperrt. (Foto: 08.05.2023)
Lawinenabgang in den Nördlichen Zillertaler Alpen vom 08.05.2023. Der im Bereich des Lawinenkegels vorbeiziehende Wanderweg wurde vorsorglich gesperrt. (Foto: 08.05.2023)


Lawinenabgänge während der kommenden Tage

Während der kommenden Tage erwarten wir eine relativ hohe spontane Lawinenaktivität. In den neuschneereichen, höher gelegenen Regionen - vermehrt im Nordsektor oberhalb etwa 2600m sowie in den übrigen Expositionen im hochalpinen Gelände - werden durch die Zusatzbelastung des Neuschnees weitere spontane Schneebrettlawinen abgehen. Ähnlich, wie kürzlich, können diese Lawinen ins Grüne vorstoßen.

Während Niederschlagspausen, dann wenn (diffuse) Strahlung wirkt bzw. nach den Schneefällen mit Temperaturanstieg werden zahlreiche Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände abgehen. Wiederum können Lockerschneelawinen den Impuls für Schneebrettlawinen geben. 

Dort, wo es auf steilen Wiesenflächen mehr schneit, ist kurzfristig mit Gleitschneerutschen bzw. Gleitschneelawinen zu rechnen. 


Ernst zu nehmende Lawinensituation - Lawinensperren beachten!

Wir haben es während der kommenden Tage mit einer durchwegs ernst zu nehmenden Lawinensituation zu tun. Wer im Gelände unterwegs ist sollte sich deshalb über das erhöhte Lawinenrisiko im Klaren sein. Beachtet bitte Lawinensperren auf Wanderwegen, Forststraßen etc. Diese haben, wie obiges Bild zeigt,  aktuell immer noch ihre Berechtigung!

Freitag, 5. Mai 2023

Nach guten Firnbedingungen wieder Eintrag von Wärme und Regen

 Kurz vorweg

Nach zwei Tagen mit perfekten Firnbedingungen und einem tageszeitlichen Anstieg der Gefahr von nassen Lawinen, wird das Wetter nun wieder unbeständiger. Am Samstag, 06.05., wird es etwas kühler. Es wechseln sich Sonne und Wolken ab. Hier und da können Schauer und Gewitter durchziehen. Sonntag, 07.05., wird es wieder warm mit einem Mix aus Sonne, Wolken und gewittrigen Schauern. Dementsprechend kann die Lawinengefahr lokal sehr unterschiedlich sein. Gefahrenstellen für nasse Lawinen sind v.a. an steilen, eher schneearmen Schattenhängen oberhalb von 2600m. Dort, wo die Temperaturreserven in der Schneedecke fast aufgebraucht sind und wir kantige Schwachschichten finden, sind spontane Lawinen möglich.

Rückblick auf die vergangenen Tage und Ausblick aufs Wochenende
In den letzten Nächten konnte die Oberfläche der Schneedecke gut abkühlen. Es entstand ein tragfähiger Schmelzharschdeckel, der im Tagesverlauf aufweichte und in hohen Lagen und im Hochgebirge je nach Exposition für perfekte Firnverhältnisse sorgte.

Geißlehnscharte am 04.05.: Der lange Anstieg wurde mit perfekten Firn belohnt.

Die wenigen Information aus der Schneedecke durch beobachtete Profile und Schneedeckenmodelle, die uns derzeit noch erreichen, zeigen, dass es v.a. oberhalb von 2600m an Schattenhängen noch Temperaturreserven gibt. Je mächtiger hier die Schneedecke noch ist, desto größer sind diese.
 
Schneeprofil vom 04.05. an der Geißlehnscharte: Der Temperaturverlauf in der Schneedecke zeigt, dass es noch Temperaturreserven gibt. Die Schneehöhe des Standorts ist überdurchschnittlich.

In tieferen Lagen und dort, wo es weniger Schnee hat, wurden auch hochgelegene Schattenhänge das erste Mal durchfeuchtet. Wie in den letzten Blogeinträgen berichtet, war die Aktivität wohl am Wochenende vor dem 01.05. am höchsten. Auch in den letzten Tagen erreichten uns immer wieder eindrückliche Bilder, die Lawinen aus dieser Perioden zeigen.
 
Durchs Fernrohr beobachtet: Nasse Lawinen bis ins Gipfelniveau, wie hier am Ochsenbug in Osttirol. Exposition Süd, 3000m (Foto: 04.05.2023)

 
Große, spontane, nasse Lawine an der Schlicker Seespitze in den Stubaier Alpen; vermutlich vom Samstag, 29.04., oder Sonntag, 30.04. (Foto: 04.05.2023)


 
Endlich mal guter Firn - aber leider schon wieder vorbei. Durch die Wetterentwicklung der kommenden Tage erwarten wir kaum gute Firnverhältnisse. 

Nach klarer Nacht vom 03.05. auf 04.05. sackte die Oberflächentemperatur auf -10° C. Mit der tageszeitlichen Erwärmung stieg sie markant an (roter Pfeil) und konnte auch aufgrund der höheren relativen Feuchte in der Luft in der Nacht auf 05.05. nicht mehr so stark auskühlen.

Andere Wetterstation aber gleiches Bild: Nach klarer Nacht vom 03.05. auf 04.05. sackte die Oberflächentemperatur auf -10° C. Mit der tageszeitlichen Erwärmung stieg sie markant an (roter Pfeil) und konnte auch aufgrund der höheren relativen Feuchte in der Luft in der Nacht auf 05.05. nicht mehr so stark auskühlen.

Verminderte Abstrahlung, gewittrige Schauer und Wärmeeintrag werden die Schneedecke, v.a. dort wo sie noch nicht durchfeuchtet wurde, wieder schwächen. Schneequalität und Schneedeckenstabilität werden wohl schlecht bis sehr schlecht ausfallen. Gefahrenstellen für nasse Lawinen sind v.a. an steilen, eher schneearmen Schattenhängen oberhalb von 2600m. Dort, wo die Temperaturreserven in der Schneedecke fast aufgebraucht sind und wir kantige Schwachschichten finden, sind spontane Lawinen möglich.

Zum Schluss noch ein paar Bilder zur Schneebedeckung: 

Während in den vergletscherten Gebieten noch mehr als ausreichend Schnee für Wintersport vorhanden ist ... (Foto: 04.05.2023)

... kann die Routenfindung für den Weg ins Tal mitunter schwierig werden. (Foto: 04.05.2023)

Mittwoch, 3. Mai 2023

Der Mai gibt sich wie der April - In der Höhe schwache Schneedecke

 Kurz vorweg

Auch wenn wir uns schon im Mai befinden - das Aprilwetter hält weiter an. Das wechselhafte Wetter der letzten Tage hat die Schneedecke geschwächt. Regen, hohe Temperaturen und wiederum Regen bzw. Neuschnee führten zu einer Schwächung der Schneedecke, v.a. an Schattenhängen oberhalb von 2300m Am Samstag, 29.04., konnten wir eine erhöhte Lawinenaktivität verzeichnen - auch mit Personenbeteiligung. Am Donnerstag, 04.05., und Freitag, 05.05., soll es frühsommerlich warm werden. Die Lawinengefahr unterliegt dann einem starken Tagesgang. Touren sollten rechtzeitig beendet werden. 
 
Große Lawine am 29.04. mit Personenbeteiligung unterhalb der Östlichen Seespitze in den Stubaier Alpen. Höhe ca. 2950m, Exposition Nord. (Foto: 30.04.2023)

Rückblick auf die vergangene Woche
Das Wetter der letzten Tage war v.a. durch verschiedene Niederschlagsereignisse geprägt. Am Freitag, 28.04. setzte in ganz Tirol Niederschlag ein. Zum Teil kamen beachtliche Mengen an Regen bzw. Schnee zusammen:

48h-Summen des Niederschlags gemessen ab Freitag, 28.04.

Verbreitet fielen 30 mm Regen, oberhalb von ca. 2500m fiel dieser als Schnee. Vor allem im Westen und äußersten Nordosten Tirols konnten aber auch größere Mengen an Niederschlag verzeichnet werden. Die Schneefallgrenze lag am Beginn des Ereignisses bei ca. 2000m und stieg in der Folge auf ca. 2500m an.
 
Drei Niederschlagsereignisse mit unterschiedlichen Schneefallgrenzen, gemessen an der Wetterstation am Pitztaler Gletscher und abgeglichen mit Rückmeldungen unserer Beobachter.

Nach dem Niederschlagsende war es am Samstag, 29.04. teils sonnig und sofort sehr mild. Die Nullgradgrenze lag bei ca. 3000m. Die Gefahr von nassen Lawinen stieg deutlich an und war, aufgrund des Regens, der Wärme und der fehlenden nächtlichen Abstrahlung in den darauf folgenden Tagen die Hauptgefahr.

Am Abend des 01.05. setzte nochmals Niederschlag ein. Am 02.05. regnete es in tiefen Lagen den ganzen Tag. Oberhalb von ca. 2300m kamen dabei nochmals einige Zentimeter an Neuschnee hinzu. Der Wind war dabei schwach bis mäßig.

Lawinenaktivität vom verlängerten Wochenende (29.04. bis 01.05.)
Mit Regen und Wärme gingen v.a entlang des Alpenhauptkamms viele, mitunter grosse Nassschneelawinen ab. Wie im letzten Blogeintrag erwähnt waren dafür drei Grundzutaten entscheidend: Höhe der Regengrenze bzw. dessen Intensität, Wärmeeintrag und die damit verbundene erste Durchfeuchtung von bis dahin trockenen Schwachschichten. Da diese tiefer in der Schneedecke waren, ging mitunter die komplette Schneedecke ab. Lawinen konnten deshalb für Skifahrer:innen beachtliche Größen erreichen. Über die Leitstelle Tirol wurden uns zehn Lawinen mit vermuteter Personenbeteiligung gemeldet. In drei Fällen konnte die Personenbeteiligung bestätigt werden. Alle Lawinen gingen glimpflich aus.

Typisches Bild vom Samtag, 29.04.: Aufgrund der Durchfeuchtung reißen Lawinen als Schneebrett bodennah an ...

... und können teilweise beachtliche Größen erreichen. (Foto: 29.04.2023)

Auch in Osttirol gab es die ein oder andere nasse Lawine, wie hier am Vorderen Plattenkogel. (Foto: 29.04.2023)

Große Lawine am Hohen Zahn in den Stubaier Alpen. Nasse Lawinen können oft auch Bahnen nehmen, die man kaum vorhersehen kann. Ablagerungen können massiv sein. (Foto: 03.05.2023)

Ausblick auf die kommenden Tage

Die Nacht vom Mittwoch 03.05. auf Donnerstag 04.05. wird vorwiegend klar sein, die Schneeoberfläche wird gut abstrahlen und es bildet sich eine tragfähige Schmelzkruste aus. Durch die mittlerweile doch sehr starke Sonneneinstrahlung und die hohen Temperaturen wird sich der tragfähige Deckel rasch aufweichen und die Durchfeuchtung wird weiter voranschreiten. Vor allem dort, wo die Schneedecke noch nicht isotherm und durchfeuchtet war, erwarten wir wieder vermehrt Lawinenaktivität. Dies trifft auf sehr steile, schattige Hänge zwischen 2600m und 3000m zu.

Gute Tourenplanung und Zeiteinteilung
Mit zunehmenden Frühjahr können Wetter, Schneedecke und somit auch die Lawinenverhältnisse lokal sehr unterschiedlich sein. Deshalb ist es umso wichtiger, dass ihr die Verhältnisse vor Ort genau bewertet und eine flexible Tourenplanung macht, die es euch erlaubt auf die unterschiedlichen Verhältnisse zu reagieren. 

In den nächsten Tagen sollten eure Tourenziele mit einer gute Zeiteinteilung ausgesucht werden. Wie oben beschrieben erwarten wir einen starken und schnellen Tagesgang der Lawinengefahr. 

In großen Höhen trifft man auf Gefahrenstellen vermehrt in sehr steilen Schattenhängen in oberflächennahen Schwachschichten (Altschneeproblem aufgrund kalt auf warm seit Ende März). Besonders davon betroffen scheint ein Höhenband zwischen etwa 2600m und 3000m zu sein. Hochalpin, also oberhalb etwa 3000m sind davon vereinzelt auch Sonnenhänge betroffen.

Wer nicht allzu hoch hinauf kommt, der findet aktuell v.a. in den bereits geschlossenen Skigebieten auf den Pisten meist recht gute Verhältnisse.

"Wås duasch'd du då?" Mitunter wird man als Tourengeher:in mit einem langen Piff kritisch in Empfang genommen. (Foto: 03.05.2023)

Freitag, 28. April 2023

Regen und Wärme schwächen die Schneedecke

Kurz vorweg

Das Aprilwetter hält an. Eine Warmfront bringt von heute, 28.04. auf morgen, 29.04. Regen bis etwa 2700m (Aktualisierung am 28.04. 19:55 Uhr) hinauf. Am meisten davon - bis zu 30mm - sollen nördlich des Inns fallen. In der Höhe weht kräftiger Wind aus West. Am Wochenende soll es auflockern und freundlicher werden, bevor am 01.05. bei leichtem Föhneinfluss im Tagesverlauf neuerlich mit Regen gerechnet werden muss. Regen und Wärme werden während der kommenden Tage das Nassschneeproblem wieder in den Vordergrund rücken.


Niederschlag ist im Anmarsch und wird sich heute, am 28.04. über ganz Tirol ausbreiten.
Niederschlag ist im Anmarsch und wird sich heute, am 28.04. über ganz Tirol ausbreiten.


Regen und Wärme schwächen die Schneedecke

Während dieses Winters wurde die Schneedecke schon mehrmals durchfeuchtet bzw. durchnässt. Dies trifft für steile Sonnenhänge bis in hochalpine Lagen, für Schattenhänge bis etwa 2500m zu. Entscheidend ist das für die Bewertung des vorhergesagten Regens auf die Lawinengefahr. Liegt die Regengrenze, wie vorhergesagt, bei etwa 2300m, sollten v.a. oberflächennahe Schichten (der kürzlich gefallene Neuschnee) geschwächt werden.


Der Neuschnee vom 24.04. und 25.04.2023. Wassereintrag kann diesen (inzwischen vielerorts gesetzten) Schnee wieder schwächen.
Der Neuschnee vom 24.04. und 25.04.2023. Wassereintrag kann diesen (inzwischen vielerorts gesetzten) Schnee wieder schwächen. 



Oberflächennahe Lockerschneelawinen werden mit dem Regen vermehrt zu beobachten sein. (Foto: 25.04.2023)
Oberflächennahe Lockerschneelawinen werden mit dem Regen vermehrt zu beobachten sein. (Foto: 25.04.2023)

Liegt die Regengrenze weiter oben (wie aktuell am 28.04. um 19:55 Uhr), sollte zudem auf eine erhöhte Störanfälligkeit der Schattenhänge geachtet werden. Dabei spielen einerseits die Regenintensität, aber auch die nächtliche Ausstrahlung der Schneedecke vom 27.04. auf den 28.04. eine Rolle. Dort, wo die Nacht länger klar war, ist der Wassereintrag aufgrund eines über Nacht gebildeten dünnen Harschdeckels verzögert.


Anfangs noch klare Nacht...
Anfangs noch klare Nacht...


In den Morgenstunden bedeckt.
In den Morgenstunden bedeckt.

V.a. in Schattenhängen sind bei entsprechender Durchnässung spontane Schneebrettlawinen nicht auszuschließen. Brüche in oberflächennahen Schwachschichten (Bildung seit Ende März) können in Folge zu tieferliegenden Brüchen innerhalb der Schneedecke führen.


Kurzer Rückblick auf die vergangene Woche

Die Woche stand wiederum im Zeichen des Aprils. Nach sehr warmen Tagen am vergangenen Wochenende (22.04./23.04.) folgte eine kühlere Phase. Inzwischen ist die Temperatur wieder gestiegen. Eine Warmfront bringt nun Regen.


Hohe Luftfeuchtigkeit und warme Temperaturen am 23.04. - Golzentipp - Südliches Osttirol
Hohe Luftfeuchtigkeit und warme Temperaturen am 23.04. - Golzentipp - Südliches Osttirol


Wetterverschlechterung am 23.04.2023


Schneefall in der Weißkugelgruppe (Foto: 25.04.2023)
Schneefall in der Weißkugelgruppe (Foto: 25.04.2023)


Recht gute Bedingungen in der Silvretta (Foto: 27.04.2023)
Recht gute Bedingungen in der Silvretta (Foto: 27.04.2023)


Wochenrückblick: Anfangs warm, dann mit Schneefall kälter werdend, die Schneedecke stabilisierend, dann wieder wechselhaftes, wärmer werdendes Aprilwetter. In der Höhe recht windig. Die Schneeoberfläche kühlte in der vergangenen Nacht etwas aus.
Wochenrückblick: Anfangs warm, dann mit Schneefall kälter werdend, die Schneedecke stabilisierend, dann wieder wechselhaftes, wärmer werdendes Aprilwetter. In der Höhe recht windig. Die Schneeoberfläche kühlte in der vergangenen Nacht etwas aus. 


Wechten als drohende Gefahr, auch als mögliche große Zusatzbelastung auf die Schneedecke. Silvretta. (Foto: 27.04.2023)
Wechten als drohende Gefahr, auch als mögliche, große Zusatzbelastung auf die Schneedecke. Silvretta. (Foto: 27.04.2023)


Auch wenn die Spaltenüberdeckung im April besser wurde bleiben Spalten eine nicht zu unterschätzende Gefahr (Foto: 25.04.2023)
Auch wenn die Spaltenüberdeckung im April besser wurde, bleiben Spalten eine nicht zu unterschätzende Gefahr (Foto: 25.04.2023)


Gute Tourenplanung und Zeiteinteilung...

...beide helfen, ein der Situation angepasstes Tourenziel auszuwählen. Wer nicht allzu hoch hinauf kommt, der findet aktuell v.a. in den bereits geschlossenen Skigebieten auf den Pisten meist recht gute Verhältnisse.

In großen Höhen trifft man auf Gefahrenstellen vermehrt in sehr steilen Schattenhängen in oberflächennahen Schwachschichten (Altschneeproblem aufgrund kalt auf warm seit Ende März). Besonders davon betroffen scheint ein Höhenband zwischen etwa 2600m und 3000m zu sein. Hochalpin, also oberhalb etwa 3000m sind davon vereinzelt auch Sonnenhänge betroffen.

Nach Schneefällen sollte kurzfristig auf Lockerschneelawinen im extrem steilen Gelände, hochalpin, v.a. kammnah auf frischen Triebschnee geachtet werden.


24h-Neuschneeprognose. Bis zumindest mittlere Lagen hinauf fällt Regen (der hier natürlich nicht aufscheint.)
24h-Neuschneeprognose. Bis zumindest mittlere Lagen hinauf fällt Regen (der hier natürlich nicht aufscheint.)