Mittwoch, 17. Mai 2023

Mit Wetterbesserung samt Erwärmung ist mit Lawinenabgängen zu rechnen

Kurz vorweg

Der zu kühle und sehr niederschlagsreiche Mai hat bis heute, 17.05. angehalten. Nun ist bei weiterhin etwas wechselhaftem Wetter eine Wetterbesserung mit stetig steigenden Temperaturen in Sicht. Wir rechnen während der kommenden Tage wiederum mit vermehrten Lawinenabgängen. Vorsicht u.a. auch unterhalb von sehr steilen bis extrem steilen, hoch gelegenen, vornehmlich im Nordsektor befindlichen Einzugsgebieten. Dort können Lawinen immer noch ins Grüne vorstoßen. Kurzfristig werden wir es auch mit zahlreichen Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände zu tun haben.


Frische Lawinenablagerung im Ködnitztal im Nahbereich eines Weges. (Foto: 17.05.2023)
Frische Lawinenablagerung im Ködnitztal im Nahbereich eines Weges. (Foto: 17.05.2023)


In der Höhe liegt noch viel Schnee

Aufgrund der niederschlagsreichen Monate April und Mai ist in der Höhe einiges an Schnee dazugekommen, während in tiefen und mittleren Höhenlagen die Ausaperung (mit kurzen Unterbrechungen aufgrund von Kälteeinbrüchen) rasch vorangeschritten ist. 

Analyse der Gesamtschneehöhenverteilung in Tirol vom 17.05.2023
Analyse der Gesamtschneehöhenverteilung in Tirol vom 17.05.2023


Trotz bereits zahlreicher Lawinenabgänge gibt es weiterhin Potential für Lawinen

Seit Ende April hatten wir es mit einer recht lawinenaktiven Zeit zu tun. Neben Schneebrettlawinen beobachteten wir zahlreiche Lockerschneelawinen und vereinzelt Gleitschneelawinen. Schneebrettlawinen lösten sich sowohl aufgrund der Zusatzbelastung des zum Teil beachtlichen Neuschnees, aber auch aufgrund der fortschreitenden Durchnässung der Schneedecke und Schwächung von bodennahen Schwachschichten. Während kurzer Wetterbesserungen unmittelbar nach Neuschneefällen lösten sich zudem zahlreiche Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände. Gleitschneelawinen wiederum glitten in den neuschneereichen Gebieten auf glattem Untergrund ab.

Am vergleichsweise gefährlichsten sind weiterhin Schneebrettlawinen aus hoch gelegenen Einzugsgebieten. Vornehmlich betroffen sind sehr steile bis extrem steile Hänge im Nordsektor oberhalb etwa 2600m. Hochalpin, also oberhalb etwa 3000m sind dann zunehmend auch besonnte Hänge entsprechend betroffen. Unterhalb solcher Einzugsgebiete, insbesondere auch im Bereich von langgezogenen Rinnen, Mulden oder kleinen Tälern, können Lawinen auch in den flachen Talboden, dort wo es inzwischen schneefrei ist, vorstoßen! Lawinensperren bitte weiterhin beachten!


Immer wieder zu beobachten: Durch den Impuls von Lockerschneelawinen lösten sich in Folge Schneebrettlawinen. Region Kühtai (Foto: 13.05.2023)
Immer wieder zu beobachten: Durch den Impuls von Lockerschneelawinen lösten sich in Folge Schneebrettlawinen. Region Kühtai (Foto: 13.05.2023)


Unmittelbar mit den ersten Sonnenstrahlen hohe Lawinenaktivität. Auch an diesem Foto erkennt man sowohl Lockerschnee-, als auch Schneebrettlawinen. Östliche Deferegger Alpen (Foto: 12.05.2023)
Unmittelbar mit den ersten Sonnenstrahlen hohe Lawinenaktivität. Auch an diesem Foto erkennt man sowohl Lockerschnee-, als auch Schneebrettlawinen. Östliche Deferegger Alpen (Foto: 12.05.2023)


Auf dem Glasdach im Vordergrund erkennt man Risse, aber auch bereits einen Bereich, wo Schnee abgeglitten ist (Foto: 11.05.2023)
Auf dem Glasdach im Vordergrund erkennt man Risse, aber auch bereits einen Bereich, wo Schnee abgeglitten ist (Foto: 11.05.2023)


Vergleichsfoto 10 Minuten später...
Vergleichsfoto 10 Minuten später...


Schneefall bis in mittlere Höhenlagen

Ab dem 11.05. schneite es immer wieder bis in mittlere Höhenlagen. So gab es u.a. auch Probleme auf Passstraßen mit winterlichen Fahrverhältnissen, wie u.a. am Arlbergpass.


Winterlich im Serleskamm auf ca. 1600m (Foto: 11.05.2023)
Winterlich in der Region Serleskamm auf ca. 1600m (Foto: 11.05.2023)


Monatsrückblick: Auffallend der häufige Niederschlag, der zu einem Schneehöhenanstieg in der Höhe geführt hat. Für die Jahreszeit häufig zu kalt.
Monatsrückblick: Auffallend der häufige Niederschlag, der zu einem Schneehöhenanstieg in der Höhe geführt hat. Für die Jahreszeit häufig zu kalt.


Ähnliches Bild im hinteren Zillertal - viel Niederschlag, wenig sonnige Tage, kalt
Ähnliches Bild im hinteren Zillertal - viel Niederschlag, wenig sonnige Tage, kalt


Die Schneedecke

Aktuell haben wir wenige, aktuelle Schneedeckeninformationen aus dem Gelände. Was wir wissen: Während der kürzlichen Neuschneefälle wurde immer wieder auch Graupel eingelagert. Kurzfristig kann dieser in großen Höhen eine mögliche Schwachschicht im Bereich von frischen Triebschneepaketen bilden. Prinzipiell denkbar sind auch oberflächennahe Umwandlungsprozesse aufgrund kurzfristiger Temperaturunterschiede (Gefahrenmuster kalt auf warm - gm.4). Auch das stellt - wenn überhaupt - nur ein sehr kurzfristiges Problem dar. 

Bedeutsam ist v.a. die zu erwartende rasche, oberflächennahe Anfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke. Daraus wird ebenso rasch eine hohe Aktivität an Lockerschneelawinen resultieren. Impulse dieser Lockerschneelawinen können in Folge - wie in der jüngeren Vergangenheit - mitunter  Schneebrettlawinen auslösen. 

Aufgrund der stetig steigenden Temperaturen während der kommenden Tage rechnen wir dann mit einem fortschreitenden Wassereintrag auch in tieferen Schichten in höheren Lagen. Daraus resultiert  eine Schwächung bodennaher Schichten (dort, wo dies nicht bereits der Fall war). In Folge ist dann mit einigen spontanen Schneebrettlawinen v.a. oberhalb etwa 2600m zu rechnen.    


Temperaturanstieg während der kommenden Tage. Folglich wird die Schneedecke neuerlich  feucht bzw. nass.
Temperaturanstieg während der kommenden Tage. Folglich wird die Schneedecke neuerlich  feucht bzw. nass.


Kurzer Ausblick

Die mögliche Problematik mit Schneebrettlawinen verlagert sich dann wohl zunehmend in immer größere Höhen. Achtet bei der Tourenplanung darauf, dass sich insbesondere während dieser Jahreszeit kleine Wetteränderungen massiv und sehr rasch auf die Verhältnisse sowohl in positiver, als auch in negativer Richtung auswirken können.