Der vorhergesagte Schneefall wirkt sich nicht überall unmittelbar auf die Lawinengefahr aus. Entscheidend dafür ist v.a. die bisherige Schneeverteilung, die Beschaffenheit des Untergrundes sowie der derzeitige Schneedeckenaufbau in großen Höhen.
Hier ein rascher Überblick der Ausgangslage vor den Niederschlägen, die gestern am 05.11. begonnen haben.
Blick von den Südlichen Ötztaler Alpen zu den Südlichen Stubaier Alpen. Die Ausaperung ist bis in große Höhen recht weit fortgeschritten. Eine zusammenhängende Schneedecke findet man allgemein auf den Gletschern. (Foto: 31.10.2016).
Blick Richtung Wurmkogel bei Hochgurgl in den Südlichen Ötztaler Alpen. Eine zusammenhängende Schneedecke findet man entlang des Alpenhauptkammes zum Teil auch im nicht vergletscherten, hochalpinen, schattigen Gelände (Foto: 31.10.2016).
Blick Richtung Großglockner. Durchgehend weiß ist es nur dort, wo Gletscher den Untergrund bilden (Foto: 04.11.2016)
Von den bis zu 50cm Neuschnee, die vom 20.10. auf den 21.10. im südlichen Osttirol gefallen sind, ist kaum mehr was übriggeblieben. (Foto: 04.11.2016)
Die bisher durchgeführten Schneedeckenuntersuchungen im hochalpinen, vergletscherten, schattigen Gelände sind sich ähnlich. In Bodennähe (oberhalb des Gletschereises) findet man verbreitet eine dünne Schicht aus kantigen Kristallen. Stabilitätstests zeigen, dass für eine Störung dieser Schichten inzwischen meist große Belastung notwendig ist, auch deshalb, weil diese Schichten oft von recht harten Schneepaketen überlagert sind. Interessant für die derzeitige Situation ist v.a. der Wechsel von dünnen härteren Schichten und weicheren Schichten im Nahbereich der Schneeoberfläche. Diese Schichten stammen von den Schneefällen vom 21.10., dann vom 24. und 25.10. (samt Regeneintrag bis teilweise 3300m hinauf) und der am 26.10. hereinziehenden Kaltfront. An der Schneeoberfläche findet man z.T. dünne Wind- oder Schmelzkrusten (mitunter von einer dünnen Schicht aus verkrustetem Oberflächenreif überzogen).
Typische Schichtabfolge im hochalpinen Gelände. Schneeprofil vom 31.10. am Rettenbachferner
Ähnliches Profil am Stubaier Gletscher vom 02.11.2016
Hier zum Vergleich das Foto zu oberem Profil. Früh übt sich…(Foto: 02.11.2016)
Dünne Schmelzkruste mit Oberflächenreif, darunter kalter, filziger Schnee, dann die nächste dünne Kruste. Brüche in der Schneedecke sind derzeit v.a. in diesen oberflächennahen Schichten zu erwarten. (Foto: 31.10.2016)
Unterschiedliche Testergebnisse in Bezug auf die bodennahe, kantige Schicht. Auf dem Foto konnte kein flächiger Bruch initiiert werden. (Foto: 31.10.2016)
Inzwischen schneit es in weiten Teilen Tirols, zum Teil auch schon bis in tiefere Lagen. U.a. gibt es heute am 06.11. Verkehrsprobleme aufgrund hängengebliebener Fahrzeuge am Brenner. Am meisten Schnee bzw. Niederschlag ist bisher in den Osttiroler Tauern und im Südlichen Osttirol gefallen.
Ein Blick auf die Windkarte zeigt, dass der Wind seit gestern vielerorts deutlich nachgelassen hat, was positiv zu werten ist.
Dennoch, dort wo dieser kräftiger weht, ist davon auszugehen, dass sich frisch gebildete Triebschneepakete v.a. im hochalpinen, schattigen Gelände eher schlecht mit den oberflächennahen Schichten verbinden. Entsprechend stellen solche Triebschneepakete derzeit die größte Gefahr für Wintersportler dar. Dies sollte vermehrt im hochalpinen, sehr steilen Gelände der Exposition WNW über N bis ONO beachtet werden.
Nicht vergessen darf man die Gefahr von Gleitschneelawinen. Dort, wo es auf steilen Wiesenhängen mehr schneit, muss man mit dem Abrutschen des Neuschnees rechnen. Die Erfahrung zeigt, dass man besonders jetzt im Herbst, wenn der Boden noch warm ist, besonders viele solcher Gleitschneerutsche bzw. –lawinen beobachten kann.