Freitag, 5. November 2021

Vorsicht: Hochalpin bereits Altschneeproblem mit Potential für Schneebrettlawinen! Zudem kann Schnee auf Grashängen abgleiten.

Vorab: Wintersportler können hochalpin Schneebrettlawinen auslösen! Problembereiche findet man von etwa 2800m aufwärts


Bis zu einem Meter Neuschnee

Der Wintereinbruch auf Tirols Bergen, der in zwei Staffeln, nämlich vom 01.11. auf den 02.11. sowie vom 03.11. auf den 04.11. gebietsweise bis zu 100cm Neuschnee brachte, führte zu einem für den Wintersportler beachtenswerten Anstieg der Lawinengefahr!


24h-Neuschnee der ersten Niederschlagsstaffel (01.11. auf den 02.11.2021)
24h-Neuschnee der ersten Niederschlagsstaffel (01.11. auf den 02.11.2021)

24h-Neuschnee der zweiten Niederschlagsstaffel (03.11. auf den 04.11.2021)
24h-Neuschnee der zweiten Niederschlagsstaffel (03.11. auf den 04.11.2021)

Gebietsweise schwache Altschneedecke

In hochalpinen Regionen, das betrifft v.a. die Regionen entlang des Alpenhauptkammes, kam dieser Neuschnee nämlich mancherorts bereits auf eine schwache Altschneedecke zu liegen. Schwachschichten befinden sich unmittelbar in Bodennähe und sind häufig zwischen dünnen Krusten eingelagert. ("Krusten-Sandwich). Problembereiche befinden sich unserem aktuellen Wissensstand von etwa 2800m aufwärts. Anfangs betrifft dies schattiges Steilgelände. Mit zunehmender Seehöhe sind dann auch weitere Expositionen, insbesondere der Sektor SW über N bis SO betroffen. (Anmerkung vom 05.11. 09:25Uhr: Inzwischen ist uns aus vergletschertem Gelände bekannt, dass auch der reine Südsektor davon betroffen sein kann.) Dies hat mit dem im Frühwinter gefallenen Schnee zu tun, der dort liegen geblieben ist und sich insbesondere auch während der Schönwetterperiode im Oktober aufbauend umgewandelt hat.


Schneeprofil im Nahbereich des Wurmkogels in den südlichen Ötztaler Alpen. Man erkennt im Bereich des Handschuhs eine bodennahe, lockere Schicht. Darüber lagert Neuschnee, der außer in Oberflächennähe gut gebunden ist (Wind ließ gegen Ende des Schneefalls deutlich nach.)  (Foto: 04.11.2021)
Schneeprofil im Nahbereich des Wurmkogels in den südlichen Ötztaler Alpen. Man erkennt im Bereich des Handschuhs eine bodennahe, lockere Schicht. Darüber lagert Neuschnee, der außer in Oberflächennähe gut gebunden ist (Wind ließ gegen Ende des Schneefalls deutlich nach.)  (Foto: 04.11.2021)


Hier das zu oberem Foto dazugehörige Schneeprofil: Schwache Schichten zwischen dünnen Krusten in Bodennähe, darüber das "Brett", dann lockerer, vom Wind unbeeinflusster Neuschnee.  Nord, 2800m



Lockere, aufbauend umgewandelte Schneekristalle wurden u.a. auch am Hintertuxer Gletscher in Bodennähe in großen Höhen gefunden. (Foto: 21.10.2021) 


Vorsicht! Schneebrettlawinen

Bereits Anfang Oktober, nach ergiebigeren Neuschneefällen, wurden die ersten Schneebrettlawinen der Saison beobachtet. Dies war im Bereich der Wildspitze in den Ötztaler Alpen der Fall.

Spontane, gering mächtige Schneebrettlawinen. Wildspitze (Foto: 09.10.2021)
Spontane, gering mächtige Schneebrettlawinen. 3200m, Nord Wildspitze (Foto: 09.10.2021)


Spontanes, kammnahes Schneebrett Großglockner. 3550m OSO (Foto: 02.11.2021)
Spontanes, kammnahes Schneebrett Großglockner. 3550m, OSO (Foto: 02.11.2021)


Ein durch Fernauslösung oberhalb des Gletschereises abgegangenes Schneebrett am Rettenbachferner in den Ötztaler Alpen (Foto: 04.11.2021)
Ein durch Fernauslösung oberhalb des Gletschereises abgegangenes Schneebrett am Rettenbachferner in den Ötztaler Alpen. 2900m, Nord (Foto: 04.11.2021)


Etwas heimtückisch: Die Schneeoberfläche ist oftmals locker. 

Da gegen Ende der vergangenen Niederschläge der Wind eingeschlafen ist, findet man aktuell in großen Höhen tendenziell eher eine wenig vom Wind beeinflusste Schneeoberfläche. Dies kann den Eindruck erwecken, dass der gesamte Neuschnee locker sei, was aber, wie schon kurz angedeutet, nicht der Fall ist! Dies erkennt man sehr gut auch an folgender Wetterstationsgrafik vom Stubaier Geltscher.

Zum Teil stürmischer Wind am 03.11. der in Folge deutlich nachgelassen hat.
Zum Teil stürmischer Wind am 03.11. der in Folge deutlich nachgelassen hat.


Schlussfolgerung: Zurückhaltung und Erfahrung abseits des gesicherten Skiraums

Wintersportler, die sich in großen Höhen abseits des gesicherten Skiraums aufhalten, sollten über Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr verfügen und zurückhaltend unterwegs sein. Neben der Verschüttungsgefahr ist gerade auch während des Frühwinters immer auch auf eine mögliche Verletzungsgefahr durch herausragende Steine zu achten. 


Zudem Vorsicht im Bereich von Wiesenhängen - Gleitschneerutsche und -lawinen möglich

Typisch für den Frühwinter, nach ergiebigeren Schneefällen, sind Gleitschneelawinen auf Grashängen, sowie Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände. Diese Lawinen konnte man während der vergangenen Tage vielerorts beobachten. Dies wird auch noch während der kommenden Tage mit abnehmender Tendenz der Fall sein. Insbesondere unterhalb von steilen Grashängen in schneereichen Gebieten also auch darauf achten. Hier ein paar Fotos...

Gleitschneerutsche und -lawinen im Defereggental (Foto: 02.11.2021)
Gleitschneerutsche und -lawinen im Defereggental (Foto: 02.11.2021)


Gleitschneerutsche auf einem Damm in der Axamer Lizum (Foto: 04.11.2021)
Gleitschneerutsche auf einem Damm in der Axamer Lizum (Foto: 04.11.2021)


Lockerschneelawine in der Schlick (Nördliche Stubaier Alpen) (Foto: 03.11.2021)