Freitag, 8. Oktober 2021

Wintergruß im Hochgebirge - Sinne für winterliche Gefahren schärfen

Kaltfront brachte Schnee im Hochgebirge

Nach einer stürmischen Südföhnlage und einer Kaltfront wurde es auf Tirols Bergen entlang des Alpenhauptkammes winterlich. Zwischen dem 04.10. und 07.10.2021 kamen bei den Messtationen meist zwischen 20 und 80mm Niederschlag zusammen, vereinzelt waren es über 100mm. Aufgrund der anfänglich noch überdurchschnittlich warmen Temperaturen fiel allerdings etwa die Hälfte des Niederschlags in Form von Regen, sodass in den "hotspots" aktuell um 40cm Schnee liegen. Die "hotspots" betreffen v.a. den Bereich zwischen den südlichen Ötztaler und Stubaier Alpen und dem westlichen Teil der Zillertaler Alpen entlang des Alpenhauptkammes.


72h-Differenz der Schneehöhe 05.10.-08.10.2022
72h-Differenz der Schneehöhe 05.10.-08.10.2022


Nach der Kaltfront mit Schneefall reißt es nun auf. Blick Richtung Weißkugel. Interessant v.a. die Spalten am Hintereisferner, die großteils noch gut sichtbar sind, vereinzelt - zumindest kleine davon - aber auch schon von Neuschnee überweht sein können.
Nach der Kaltfront mit Schneefall reißt es nun auf. Blick Richtung Weißkugel. Interessant v.a. die Spalten am Hintereisferner, die großteils noch gut sichtbar sind, vereinzelt - zumindest kleine davon - aber auch schon von Neuschnee überweht sein können.


Lawinen stellen noch kein größeres Problem dar

Wir gehen aktuell davon aus, dass aufgrund des Neuschneefalls Lawinen nur in kleinem Ausmaß ein Thema sein können. Primär ist kurzfristig von kleinen Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Gelände in hochalpinen Lagen auszugehen, insbesondere heute am 08.10., sobald die Sonne zum Vorschein kommt.

Hochalpin, also oberhalb etwa 3000m, in schattigen, sehr steilen Lagen, dort, wo Altschneefelder über den Sommer bestehen blieben, und zudem Schnee von Ende August und Mitte September liegen blieb, könnten ansonsten noch kleinräumige Triebschneepakete auslösbar sein. Aber auch dieses Szenario sollte die Ausnahme bilden und zudem auch nur sehr kurzfristig Bestand haben. Bei einem möglichen Lawinenabgang überwiegt derzeit eindeutig die Absturzgefahr.


Sinne für winterliche Gefahren schärfen

Dennoch: Nun beginnt die Zeit, ab der man die Sinne für eine mögliche Lawinengefahr bzw. für andere alpine Gefahren, wie die frühwinterliche Spaltensturzgefahr oder Steinkontakt beim Skifahren schärfen sollte. Denn: Immer wieder passieren bereits um diese Jahreszeit die ersten, für viele Personen unerwarteten Unfälle. Ein Beispiel eines frühwinterlichen Lawinenunfalls findet sich u.a. hier. 

Aktuell haben wir noch keine detaillierten Infos über die Beschaffenheit der im vergletscherten Bereich teilweise vorhandenen Altschneedecke. Wir gehen aber davon aus, dass sich dort noch kaum signifikante Schwachschichten ausbilden konnten. Wir stützen uns aktuell auf den Wetterverlauf seit Ende August und Prozessdenken. Hier ein kleiner Exkurs:


Der Gletscherrückgang hält an. Einige Altschneefelder vom vergangenen Winter. Hinteres Jamtal (Foto: 26.08.2021)
Der Gletscherrückgang hält an. Einige Altschneefelder vom vergangenen Winter. Hinteres Jamtal (Foto: 26.08.2021)


Wetterverlauf am Beispiel der Station Pitztaler Gletscher: Relevante Schneefälle gabs v.a. Ende August, um den 20.09. und während der vergangenen Tage. Am meisten Schnee fiel Ende August mit Spitzenwerten von knapp 100cm Neuschnee entlang des Alpenhauptkammes v.a. in Osttirol.
Wetterverlauf am Beispiel der Station Pitztaler Gletscher: Relevante Schneefälle gabs v.a. Ende August, um den 20.09. und während der vergangenen Tage. Am meisten Schnee fiel Ende August mit Spitzenwerten von knapp 100cm Neuschnee entlang des Alpenhauptkammes v.a. in Osttirol.


Valsertal in den Zillertaler Alpen: Zusammenhängende Altschneefelder samt Schneeresten seit Ende August nur im Bereich von Gletscherresten bzw. Lawinenablagerungen vom vergangenen Winter.
Valsertal in den Zillertaler Alpen: Zusammenhängende Altschneefelder samt Schneeresten seit Ende August nur im Bereich von Gletscherresten bzw. Lawinenablagerungen vom vergangenen Winter. (Foto: 01.10.2021)


Nun gilt es - nicht nur für uns Lawinenprognostiker - uns wieder intensiv mit der faszinierenden Materie Schnee auseinanderzusetzen. Gerade jetzt im Frühwinter dominieren nämlich oftmals recht ausgeprägte Temperaturgegensätze innerhalb und außerhalb der Schneedecke (u.a. hochreichender Regen, der von Schnee abgelöst wird). Temperaturgegensätze fördern Umwandlungsprozesse, aufgrund derer Schwachschichten entstehen können. Fällt darauf wiederum Schnee (oft unter Windeinfluss) kann dieser Mix die Zutaten für die ersten Schneebrettlawinen der Saison darstellen.

Die nächste Aktualisierung des Blogs erfolgt bei gravierenden Änderungen der Schnee- und Lawinensituation in Tirols Bergen. Bis dann eine schöne, unfallfreie Zeit in den Bergen!