Montag, 10. Dezember 2012

Schneefall, Wind und kalte Temperaturen führen zu einem Anstieg der Lawinengefahr! Vermehrt auf Gleitschneelawinen achten!



Wieder schneite es in Tirol zum Teil ergiebig. Am meisten war es in den Regionen der Silvretta-Samnaun, des Arlberg-Außerferns sowie der Nordalpen mit bis zu 50cm. Aber auch der bisher benachteiligte Osten bekam etwa 20-30cm Neuschnee dazu, während Osttirol meist leer ausging.
 
 
Auf den Bergen wehte bei durchwegs sehr kalten Temperaturen starker bis stürmischer Wind aus nördlicher und westlicher Richtung, der zu entsprechenden Verfrachtungen führte.
 
 
Schneefahnen auf den Bergen konnte man am 09.12.2012 bei vormittags allgemein noch gutem Wetter in vielen Landesteilen beobachten.
 
Nördliche Stubaier Alpen (09.12.2012)
 
Der vielerorts lockere, kalte Schnee wurde somit an exponierten Stellen abgeblasen und im Lee in Form von störanfälligen Triebschneepaketen abgelagert.
 
Abgeblasene Rücken, eingewehte Rinnen und Mulden...Südliche Stubaier Alpen (09.12.2012)
 
Aufgrund der vorherrschenden Windrichtung lagen die Gefahrenstellen vermehrt im Sektor O über S bis W. Passend dazu auch die Rückmeldungen über zwei Lawinenereignisse mit Personenbeteiligung sowie kleine, spontane Lawinen aus südlichen Expositionen am 09.12.2012. Bei beiden Lawinenereignissen - eines unterhalb des Pfoner Kreuzjöchls in den Tuxer Alpen sowie eines im Bereich der Nassereinalpe in der Glockturmgruppe - ist nichts passiert.
 
Hinter dem roten Pfeil im Bereich des Pfoner Kreuzjöchls in den Tuxer Alpen lösten Skitourengeher südseitig eine Schneebrettlawine aus. Sie meldeten den Abgang umgehend der Leitstelle Tirol. Der blaue Pfeil symbolisiert die Windrichtung (09.12.2012)
 
Das Problem lag und liegt somit vielerorts an der Grenzfläche zwischen kaltem lockeren Neuschnee und Triebschnee.
 
Spröder Triebschnee auf kaltem, lockeren Neuschnee (Zürs, am 07.12.2012)
 
Vorsicht: Unterhalb der Waldgrenze entwickelte sich vom 08.12. auf den 09.12. mancherorts Oberflächenreif, der in windexponierten Bereichen ev. zu Problemen führen kann.
 
Oberflächenreif in Inneralpbach (09.12.2012)
 
Sehr gute Sprengerfolge deuten derzeit auch auf die für den Wintersportler in windexponierten Bereichen eher heiklen Verhältnisse hin.
 
 
Aufgrund der zunehmenden Schneemächtigkeit und somit Bindung der Schneedecke stellen Gleitschneerutsche und -lawinen auf steilen Wiesenhängen vermehrt ein Problem dar.
 
Krinnenspitze, Außerfern (09.12.2012)
 
Kauschkahorn, Zentralosttirol (07.12.2012)
 
Berwang (09.12.2012)
 
Nordkette, Westliche Nordalpen (09.12.2012)
 
Was gibt es sonst noch zu beachten: Oberhalb etwa 2500m sollte man weiterhin v.a. in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes sowie in Osttirol v.a. im Sektor WNW über N bis ONO auf bodennahe Schwachschichten aus kantigen Kristallen im Bereich von härten Krusten achten. Dort können in eher kleinräumigen „Nestern" und zudem im sehr steilen Gelände Schneebrettlawinen durch Wintersportler ausgelöst werden.

 

Freitag, 7. Dezember 2012

Ein erster Überblick über den Schneedeckenaufbau im Land.

DER entscheidende Faktor für die Lawinengefahr ist immer der Schneedeckenaufbau. Wichtig erscheint derzeit v.a. die Unterscheidung, wo vor Ende November, als sich im ganzen Land eine Schneedecke ausbildete, eine Altschneedecke vorhanden, und wo der Boden aper war.
 
Ein Blick Richtung Mieminger Kette auf sonnenexponierte Hänge (Foto: 25.11.2012)
 
Schattseitig schaute das Bild anders aus: Dort blieb der Altschnee oberhalb der Waldgrenze großteils liegen. In den nordöstlichen Regionen Nordtirols waren es meist nur kleine, unzusammenhängende Schneereste.
 
Gleicher Fotostandort wie voriges Bild, diesmal mit schneebedeckten Schattenhängen (Nördliche Stubaier Alpen; Foto vom 25.11.2012)
 
Im südlichen Osttirol sowie in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes ist die Altschneedecke mächtiger als in den übrigen Regionen.
 
Malhalm-Osttiroler Tauern (23.11.2012)
 
Wichtig erscheint dabei, dass sich dort in hohen und hochalpinen Lagen bis Ende Oktober Schmelzharschkrusten ausgebildet haben, die klarerweise mit zunehmender Seehöhe immer dünner wurden.
 
Das Profil vom Gaißkarferner (Südliche Ötztaler und Stubaier Alpen) zeigt Eiskrusten in Bodennähe (30.10.2012)
 
Die Altschneedecke war damals noch stabil. Bedeutsam waren im November zudem Regenfälle bis in große Höhen, am markantesten war jener vom 11.11.2012. Danach haben sich während der meist recht stabilen Wetterlage im November vermehrt zwischen diesen Schmelzharsch- und Regenkrusten kantige, lockere Kristalle gebildet. Unsere Untersuchungen zeigten, dass die Schneedecke derzeit oberhalb etwa 2500m im Bereich dieser Krusten und kantigen Schichten mitunter störanfällig ist. Es handelt sich dabei meist um eher kleinräumige Bereiche, vermehrt im Sektor WNW über N bis ONO.
 
Eines dieser ungünstigen Profile…
 
Vielerorts ist die Altschneedecke hochalpin jedoch vom Wind beeinflusst und somit recht kompakt.
 
Profil vom 27.11. am Rettenbachgletscher
 
Etwas erschwerend kommt noch eine dünne Regenkruste hinzu, die sich am 28.11. v.a. in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes bis zumindest 2800m hinauf gebildet hat. Auch da gilt, dass mancherorts eher kleinräumig im Bereich dieser Kruste kantige Kristalle entstanden sind und somit als Schwachschicht für Schneebrettlawinen in Frage kommen können.
 
Die am 28.11. entstanden Regenkruste als mögliche Schwachschicht (Verwalltal-Südliche Ötztaler Alpen, 05.12.2012)
 
Hier nochmals das Profil vom Verwalltal in den Südlichen Ötztaler Alpen (05.12.2012). Bruch im Bereich der Regenkruste. Tiefere Schichten waren hier nicht zu stören.
 
Rückmeldungen und unsere Nachforschungen ergaben auch, dass sich bis zum 28.11. hochalpin, kammnah und schattseitig ganz vereinzelt ein dünnes Band aus Oberflächenreif (Nigg-Effekt) gebildet haben dürfte. Vermehrt dürfte da wieder der Alpenhauptkamm betroffen gewesen sein.
 
Schneebrettauslösung im Bereich Hochgurgl auf Oberflächenreif (01.12.2012)
 
Nach diesem doch eher längeren Exkurs über die Altschneedecke muss man noch auf den kürzlich gefallenen Schnee eingehen. Durch die derzeit kalten Temperaturen sowie den teilweise kräftigen Wind haben sich frische, spröde Triebschneepakete gebildet, die im Bereich der Schichtgrenze zwischen kaltem, lockeren Neuschnee und Triebschnee brechen. Sofern es die Sichtverhältnisse zulassen lassen sich Bereiche gut erkennen.
 
Frischer Triebschnee: Im sehr steilen Gelände mitunter ein Problem
 
Ebenso wurde uns am 04.12. vom Außerfern bis zu den Stubaier Alpen Graupel gemeldet. Im Außerfern war dieser ausgeprägter, als anderswo. Uns fehlen derzeit allerdings Schneedeckenuntersuchungen, die auf ev. Probleme hinweisen könnten.
 

Der Winter kehrt ein.

Seit dem 28.11. schneite es in Tirol mit Unterbrechungen. Anfangs war der Süden bevorzugt, inzwischen ist es der Nordwesten des Landes.
 
                                                                                       
 
In Tirol bildet sich somit zunehmend eine Gesamtschneehöhe aus, die für Wintersportaktivitäten im freien Gelände ausreichend ist. Einzig der Osten Nordtirols ist diesbezüglich noch benachteiligt.
 
 
Passend zum Winterstart sind auch die durchwegs tiefen Temperaturen…
 
 

Lawinenverschüttung im Bereich der Schermerspitze gut ausgegangen

Am 01.12. haben Variantenfahrer im freien Skigelände des Skigebietes Hochgurgl nahe der Bergstation der Schermerbahn eine Schneebrettlawine ausgelöst. Der Hang liegt auf knapp 3000m, ist über 40° und Richtung Norden ausgerichtet. Als Gleitfläche diente eine kantige Schicht im Altschnee.
Ein Snowboarder wurde dabei total verschüttet. Glücklicherweise schaute ein Teil seines Snowboards aus der Schneedecke, sodass er rasch von seinen Kameraden unverletzt geborgen werden konnte.
 
Einfahrtsspur (Pfeil) und Lawinenanriss. Die links zu sehende Lawine wurde gesprengt.
 
Als Gleitfläche diente die kantige Schicht bei 63cm. Die oberste Regenkruste stammt vom 28.11.2012
 

Mittwoch, 5. Dezember 2012

Wetterrückblick Herbst 2012

Am 12. September sorgt eine kräftige Kaltfront für die ersten Schneefälle bis etwa 1500m.
Die zweite Septemberhälfte verläuft sehr wechselhaft, häufig ist es bei Südföhn in Nordtirol sonnig und mild. Zwischendurch sorgen mehrere schwache Kaltfronten für Regenschauer, wobei die Schneefallgrenze ab dem 20. September meist oberhalb von 2800m bleibt.
Am 07. Oktober sorgt eine Kaltfront aus Nordwesten für Abkühlung und Niederschläge, die bis auf etwa 2000m in Form von Schnee fallen. Die Neuschneemengen bleiben aber meist unter 10cm.
Eine Woche später schneit es kräftiger; am Alpenhauptkamm sind es bis zu 40cm, wobei die Schneefallgrenze auf etwa 1000m sinkt.
 
Gleitschneerutsche nach den ersten Schneefällen in Obernberg am Brenner (Foto: 16.10.2012)
 
Daraufhin folgen eineinhalb Wochen mit stabilem Hochdruckeinfluss. In den Tälern bildet sich häufig Hochnebel, während es darüber meist wolkenlos und warm ist. Am 23.10. liegt die Tageshöchsttemperatur auf der Seegrube (1921m) bei 19,5°C, während in Innsbruck am Flughafen (579m) mit Hochnebel nur 11,5°C erreicht werden.
 
Hochnebel über dem Inntal am 24.10.2012.
 
Ab dem 26. Oktober dringt polare Kaltluft nach Mitteleuropa vor, die die Schneefallgrenze in den kommenden Tagen bis in die Täler sinken lässt. Durch diese Kaltfront aus Norden, in Verbindung mit einem Mittelmeertief, das zusätzlich von Süden feuchte Luftmassen an die Alpen herantransportiert, fallen am 27. und 28. Oktober entlang des Alpenhauptkamms bis zu 40cm Neuschnee, im übrigen Nordtirol und in Osttirol um 10-20cm.
 
Neuschnee auf der Nordkette über Innsbruck (Foto: 29.10.2012)
 
In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November sorgt ein Italientief für größere Neuschneemengen in Osttirol, vor allem im südlichen Osttirol kommen dabei teilweise über 50cm Neuschnee zusammen.
 
Gleitschneelawine in Osttirol (Foto: 01.11.2012)
 
Die ersten Skitouren der Saison bei über 50cm Neuschnee am Karnischen Kamm (Foto: 02.11.2012)
 
Wetterstationsgrafik Neustift-Alpein (2020m), Oktober 2012: Eine Kaltfront am 16.10. sorgt für Abkühlung und die ersten größeren Schneefälle. In der darauffolgenden Schönwetterperiode erreichen die Temperaturen in 2000m Höhe wieder um 15°C, bevor sie am 27.10. mit einer kräftigen Kaltfront um über 10°C fallen, sodass die Schneefallgrenze bis in die Täler absinkt. (Visualisierung: LWD Tirol, Daten: TIWAG)
 
Wetterstationsgrafik Obertilliach-Connyalm (1998m), Oktober 2012: In der Nacht vom 31.10. auf den 01.11. sorgt ein Italientief nochmals für kräftige Schneefälle im südlichen Osttirol. (Visualisierung: LWD Tirol, Daten: Hydrographie)
 
Nach einigen Tagen mit Südföhn und milden Temperaturen zieht in der Nacht vom 04. auf den 05. November eine Kaltfront von Nordwesten über Tirol. Anfangs liegt die Schneefallgrenze noch über 2000m, sie sinkt jedoch bis in die Morgenstunden auf etwa 1200m ab. Auf den Bergen kommen dabei Neuschneemengen von bis zu 20cm zusammen. In Osttirol regnet es zu Beginn dieser Niederschlagsperiode bis etwa 2800m, am 05.11. sinkt auch hier die Schneefallgrenze im Lauf des Tages auf etwa 1700m ab.
 
Praxmar, 09.11.2012
 
Nach einigen Tagen mit ruhigem Herbstwetter kommt es am 11.11. bei südlicher Höhenströmung zu starken Niederschlägen in Osttirol und am Alpenhauptkamm. Während dieser Niederschlagsperiode regnet es zum Teil bis auf 2800m, meist bis etwa 2300m hinauf. In Osttirol führt der Starkregen zu mehreren Murenabgängen auf Straßen und auf die Bahnstrecke. Auch im hinteren Stubaital und Ötztal sowie im Brennergebiet kommt es zu Hangrutschen aufgrund des starken Regens.
 
Regeneinfluss im Lasnitzental/Prägraten (Foto: 17.11.2012)
 
Ab Mitte November herrscht meist ausgeprägtes Hochdruckwetter. Teilweise bildet sich in den Tälern Nebel oder Hochnebel, ansonsten gibt es viel Sonne. Nur um den 22.11. gibt es kurzfristig etwas mehr Bewölkung, und einzelne Regentropfen.
Die nächsten nennenswerten Niederschläge fallen erst wieder in der letzten Novemberwoche mit der Bildung eines Mittelmeertiefs sowie dem Eintreffen einer Kaltfront aus Nordwesten.
 
Strahlendes Herbstwetter im hinteren Ötztal (Foto: 21.11.2012)
 
Barwies, 25.11.2012
 
Wetterstationsgrafik Achenkirch (904m), November 2012: Niederschlagsereignisse am 04./05. November, am 11. November und Ende November. Das Schönwetter in der zweiten Monatshälfte zeigt sich in einem ausgeprägten Tagesgang der Temperatur, sowie in der oftmals ungetrübten Globalstrahlung. (Visualisierung: LWD Tirol, Daten: ZAMG)

Wetterstationsgrafik Sillian (1080m), November 2012: Die Niederschlagsereignisse am 11. November und Ende November fallen im südlichen Osttirol besonders kräftig aus. (Visualisierung: LWD Tirol, Daten: ZAMG)