Während der vergangenen Tage häufte sich Regen. Am meisten davon fiel in Osttirol bzw. in der Region Südliches Osttirol. Die Regengrenze reichte dort am 12.04. und 13.04. bis maximal 2400m, vom 15.04. auf den 16.04. gebietsweise sogar bis zu 2800m hinauf. In Nordtirol regnete es mit Ausnahme der Grenzbereiche entlang des Alpenhauptkammes nur vom 15.04. auf den 16.04. mit geringerer Intensität. Die Regengrenze schwankte dabei zwischen etwa 2200m und 2600m.
Niederschlagsverteilung in [mm] vom 15.04. auf den 16.04. für Tirol
Niederschlag und Temperatur in der niederschlagsreichsten Region, dem Südlichen Osttirol
Die Kombination aus Regen, warmen Temperaturen, hoher Luftfeuchtigkeit, diffuser Strahlung und dem auf der Schneeoberfläche häufig abgelagerten Saharastaub führen dazu, dass die Schneedecke nun auch in Schattenhängen immer weiter hinauf durchfeuchtet wird.
Schwülwarmes Wetter fördert die Durchfeuchtung der Schneedecke. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 13.04.2018)
Am Foto erkennt man den Farbunterschied zwischen hellerer Piste (im Vordergrund) bzw. Lawinengleitflächen der Lockerschneelawinen (im Hintergrund) und der durch Saharastaub gefärbten Schneeoberfläche. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 13.04.2018)
Während man bis vor wenigen Tagen in Schattenhängen oberhalb von etwa 2200m eine durchwegs noch trockene Schneedecke vorfinden konnte, hat sich dies inzwischen geändert. Die kürzlich dort noch vorhandenen (allerdings geringen) Temperaturreserven werden zunehmend (bzw. wurden bereits) aufgebraucht.
Man beachte den roten Temperaturverlauf. Auf 2380m im 35 Grad steilen, N-exponierten Gelände gab es unterhalb der Mute in den Nördlichen Stubaier Alpen am 13.04. noch leichte Temperaturreserven, während…
… auf 2890m, in derselben Region in ähnlich steilem Gelände, allerdings SO-exponiert die Schneedecke schon länger isotherm (überall 0 Grad Celsius) ist.
Ähnlich, wie wir es seit Beginn des Monats in besonnten Hängen beobachten konnten, steigt somit in Schattenhängen nun auch die spontane Lawinenaktivität, die in Osttirol derzeit (16.04.) am meisten ausgeprägt ist. Neuesten Informationen zufolge betrifft es Schattenhänge in Höhenbereichen zwischen etwa 2200m und 2700m. Neben Schneebrettlawinen treten gehäuft auch nasse Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände auf. Beide Lawinenarten können wegen der überdurchschnittlichen Schneehöhen und des in der Sturzbahn mitgerissenen nassen Schnees durchaus groß werden.
Lawinenabgang vom 16.04. aus schattigem Gelände bei Hinterbichl im Virgental. Man befürchtete kurzfristig, dass die Lawine die Isel aufstauen würde, was nicht der Fall war.
Beginnende Lawinenaktivität in Schattenhängen im Sellrain in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 16.04.2018)
Sonst noch rasch berichtenswert:
Bei der Abfahrt vom Hinteren Brochkogel in den Südlichen Ötztaler Alpen löste ein Skitourengeher am 14.04. im kammnahen, extrem steilen Gelände ein Schneebrett aus. Die Person wurde in einem Bergschrund verschüttet, blieb jedoch unverletzt.
Lawinenabgang Hinterer Brochkogel (Nahbereich der Wildspitze) vom 14.04.2018
Vermehrte Lawinenaktivität in Osttirol bereits ab dem 12.04. in Form von Lockerschnee-, Schneebrett- und Gleitschneelawinen.
Lockerschneelawinen im Defereggental (Foto: 14.04.2018)
Schneebrettlawine im Nahbereich des Höhen Bösring im Südlichen Osttirol (Foto: 14.04.2018)
Lawinenablagerung einer Gleitschneelawine bei der Zufahrt ins Defereggental (Foto: 14.04.2018)
Während des Frühjahrs kann sich die Lawinensituation innerhalb sehr kurzer Zeit rasch zum Positiven, wie zum Negativen ändern. Am 14.04. in der Früh fand man nach einer sternenklaren Nacht in weiten Teilen Tirols überwiegend günstige Verhältnisse vor. Wintersportler konnten bei guter Zeiteinteilung vielerorts perfekten Firn genießen. Am 15.04. war die Ausstrahlung bereits durch Wolkenaufzug während der Nachtstunden vermindert, das Zeitfenster für gute Verhältnisse wurde kürzer. Heute am 16.04. gab es keine nächtliche Abstrahlung mehr. Ganz im Gegenteil: Regen begann die Schneedecke zunehmend zu schwächen.
Wetterstationsgrafik Serfaus. Wichtig im Frühjahr (wieder einmal) der Verlauf der Schneeoberflächentemperatur. Derzeit am 16.04. ist die Schneeoberfläche nass, am 14.04. war diese in der Früh bei -10 Grad hart gefroren.
Ab morgen, dem 17.04. beginnen sich das Wetter und auch die Lawinensituation wieder zu bessern. Die Luft wird laut ZAMG-Wetterdienststelle trockener. Wir erwarten sonnige, frühlinghaft warme Tage mit einer kräftigen Tageserwärmung. Die Schneedecke wird sich während sternenklarer Nächte zumindest in höheren Lagen gut auskühlen können.
Somit haben wir zumindest in größeren Höhen zunehmend gute Voraussetzungen für Firnverhältnisse. Wichtig: Früh aufbrechen und rechtzeitig auf der Hütte bzw. beim Ausgangspunkt sein. Die Gefahr von Gleitschneelawinen auch während der Morgenstunden beachten!