Während der vergangenen Tage hat sich die bisher allgemein sehr günstige Lawinensituation durch vermehrten Windeinfluss doch verschärft. Dies hängt damit zusammen, weil die Altschneeoberfläche länger der Kälte ausgesetzt war und sich nun zu lockeren, kantigen Kristallen umgewandelt hat. Ebenso findet sich dort immer wieder Oberflächenreif (auch in größeren Höhen). Kantige Kristalle sowie Oberflächenreif gelten als ideale Gleitflächen für Schneebrettlawinen, die nun immer häufiger von frischem Triebschnee überlagert und somit störanfällig sind.
Der Wind ist lokal recht unterschiedlich und hat v.a. am 07.02. im Tagesverlauf deutlich zugelegt.
Die Devise heißt nun also: Ausschau nach frischen Triebschneeansammlungen halten und diesen im Steilgelände ausweichen!
Der Wind als Baumeister der Lawinen hat mancherorts ganze Arbeit geleistet (Osttiroler Tauern, 06.02.2012)
Typische Gefahrenzeichen, wie Rissbildungen oder Setzungsgeräusche, aber auch meist noch kleine spontane Rutsche bzw. Lawinen weisen ebenso auf die erhöhte Störanfälligkeit der Schneedecke hin. Vorsicht: Auch harte, frische Triebschneeansammlungen sind leicht zu stören!
Risse in der Schneedecke als eindeutiger Gefahrenhinweis (Westliche Nordalpen, 06.02.2012)
Die Schneedecke steht in windbeeinflussten Gebieten häufig unter Spannung - Nördliche Stubaier Alpen (05.02.2012)
Nicht verwunderlich, dass sich seit dem vergangenen Wochenende wieder die Meldungen über Lawinenereignisse mit Personenbeteiligung häufen. Am 04.02. starben zwei Tourengeher auf der Südtiroler Seite des Staller Sattels, nachdem sie im kammnahen, extrem steilen Gelände bei der Abfahrt eine Schneebrettlawine auslösten. Unterhalb des Valdafourkopfes in den Südlichen Ötztaler Alpen lösten Freerider am 05.02. eine Schneebrettlawine aus. Die Personen wurden verschüttet, blieben jedoch unverletzt.
Während des Lawineneinsatzes unterhalb des Valdafourkopfes (Südliche Ötztaler Alpen, 05.02.2012)
In Osttiroler gingen am 06.02. ein Lawinenabgang unterhalb des Peischlachtörls, am 08.02. im Bereich der Weißeneckscharte sowie auf der Südseite des Fiegerhorns glimpflich aus. Am 07.02. wird ein Wanderer unterhalb der Amberger Hütte von einer kleinen Lawine erfasst und getötet (sh. demnächst erscheinenden Blogeintrag!). In Bschlabs verlegte eine kleine Schneebrettlawine in der Nacht vom 08.02. auf den 09.02. die Straße. Immer wieder beobachtet man auch, dass Gämsen mitunter Rutsche bzw. Lawinen auslösen...
Osttiroler Tauern (06.02.2012)
Eine Gämse löst ein Schneebrett aus. Südliche Ötztaler Alpen (08.02.2012)
Wichtig zu erwähnen: Es gibt immer noch viele Bereiche, in denen kein Wind im Spiel war. Dort herrschen weiterhin günstige Bedingungen bei tollem Pulverschnee!
V.a. unterhalb der Waldgrenze, jedoch auch noch darüber dominieren in windberuhigten Bereichen weiterhin gute Verhältnisse (Tuxer Alpen, 07.02.2012)
Weiterhin ein Thema bleiben trotz der eisigen Temperaturen Gleitschneelawinen. In den besonders schneereichen Regionen mit vielen Grashängen (dazu zählen derzeit v.a. die Regionen Silvretta-Samnaun, Arlberg-Außerfern, Nordalpen, Kitzbüheler Alpen) haben sich zum Teil riesige Risse aufgetan. Die Schneedecke ist dort unverändert in Bewegung und kann jederzeit als Lawinen abgehen. Wir raten deshalb unverändert, Bereiche unterhalb von Gleitschneemäulern möglichst zu meiden. Aufpassen sollte man zudem auch darauf, dass man bei der Abfahrt nicht in solche Risse stürzt. Mancherorts gleicht die vielfach aufgerissene Schneedecke derzeit ja fast schon Gletschern
Die mächtige Schneedecke isoliert gut und ist deshalb auf Grashängen am Boden häufig feucht. Schnee gleitet deshalb trotz der eisigen Temperaturen unverändert Richtung Tal...(Arlberg, 05.02.2012)
Ein riesiges Gleitschneemaul (Tuxer Alpen, 05.02.2012)
Zu erwähnen ist auch noch, dass das südliche Osttirol zwischen dem 06.02. und 08.02. meist um 20cm, lokal bis zu 30cm Neuschnee bekommen hat.
Endlich gibt es auch im südlichen Osttirol(zumindest für die Optik) etwas Neuschnee...
Derzeit bekommen wir auch recht zahlreiche Rückmeldungen von Wintersportlern, denen Stufe 3 oberhalb der Waldgrenze als zu kritisch erscheint. Hier muss gesagt werden, dass inzwischen aufgrund der vermehrten Windtätigkeit auf Tirols Bergen die Anzahl an Gefahrenstellen innerhalb einer Region (!) doch so zugenommen hat, dass trotz der meist noch geringmächtigen und eher kleinräumig anzutreffenden Gefahrenstellen diese Stufe aufgrund der hohen Auslösewahrscheinlichkeit gerechtfertigt ist. Ganz klar, wie auch schon oben erwähnt, wenn kein Wind im Spiel war, findet man auch oberhalb der Waldgrenze immer noch super Verhältnisse!
Ein zum Teil abrupter Sprung der Gefahrenstufe von 1 auf 3. Stufe 2 in den Südlichen Ötztaler Alpen wegen vermehrter Triebschneeansammlungen unterhalb der Waldgrenze, in den Regionen R4, R1 und R2 wegen der größeren Gefahr durch Gleitschneelawinen