Während der vergangen Tage waren wir ständig im Gelände unterwegs und haben dabei in unterschiedlichsten Höhenlagen und Expositionen in die Schneedecke gegraben und Stabilitätsuntersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis ist eindeutig: Durch die lang anhaltende Kälteperiode hat sich an der Schneeoberfläche verbreitet eine lockere Schicht aus kantigen Kristallen gebildet. Häufig findet man dort auch Oberflächenreif, zum Teil auch mehrere, bereits von Neuschnee überlagerte Reifschichten. Dort wo diese Schichten bereits von Triebschnee überlagert wurden, ist deren Verbindung durchwegs schlecht. Aufgrund der meist noch geringen Mächtigkeit dieser Triebschneepakete fehlen derzeit aber häufig noch größere Spannungen, die für eine Rissfortpflanzung innerhalb dieser Schwachschicht(en) notwendig sind. Dies wird sich ab morgen, dem 15.02. mit dem prognostizierten Neuschnee und Wind abrupt ändern! Es wird sich eine durchwegs heikle Lawinensituation einstellen!
Immer wieder das selbe Bild: Meist noch gering mächtiger Triebschnee ist sehr schlecht mit der lockeren Altschneedecke verbunden (Malgrube, Stubaier Alpen, 14.02.2012)
Das Problem findet sich derzeit durchwegs in oberflächennahen Schichten...
Schneeprofil Malgrube in besonntem Gelände, Schmelzharsch ist häufig von lockeren Schichten umgeben (14.02.2012)
Von Skifahrern ausgelöste Lockerschneerutsche im Steilgelände weisen im windberuhigten Gelände auf die lockere, aufbauend umgewandelte Schneeoberfläche hin.
Ein typisches Bild von windberuhigten Hängen - eine lockere Schneeoberfläche (Allgäuer Alpen, 13.02.2012)
Oberflächenreif ist recht häufig anzutreffen und gilt als eine der kritischsten Schwachschichten in der Schnee- und Lawinenkunde...
Kürzlich gebildeter Oberflächenreif an der Schneeoberfläche inklusive bereits überlagertem Oberflächenreif nahe der Schneeoberfläche, Kalbenjoch (13.02.2012)
Bereits eingeschneiter Oberflächenreif, Rossgrube (14.02.2012)
Und hier das dazugehörige Profil...
Schneeprofil Rossgrube, Nördliche Stubaier Alpen(14.02.2012)
In Tirol findet man mit zwei Ausnahmen immer das selbe Bild: Ein kompakter Unterbau mit lockerem Oberbau. Ausnahme 1: Im südlichen Osttirol ist die gering mächtige Schneedecke allgemein aufbauend umgewandelt und stellenweise von Triebschnee überlagert. Ausnahme 2: Hochalpin findet man in Bodennähe Schwimmschnee vom Herbst, darüber einen häufig durchgängig kompakten Oberbau, weil dort der Wind in Oberflächennähe die kantige Schicht der Kälteperiode teilweise zerstört hat.
Die ZAMG-Wetterdienststelle prognostiziert bis Donnerstag, den 16.02. 30-70cm Neuschnee bei stürmischem Wind aus Nordwest mit Spitzen bis zu 120km/h. Die Lawinengefahr wird dadurch voraussichtlich ab den Nachmittagsstunden des 15.02. auf groß ansteigen. Schneebrettlawinen können dann von Wintersportlern allgemein sehr leicht ausgelöst werden. Ebenso rechnen wir mit spontanen Lawinenabgängen, nicht nur aus kammnahem Gelände, sondern auch unterhalb der Waldgrenze, v.a. dort, wo sich massiver Oberflächenreif abgelagert hat.
Zurückhaltung auch unterhalb der Waldgrenze ist ab dem 15.02. ein Muss!
Günstiger ist die Situation in jenem Gelände, welches den Winter über ständig befahren und dadurch die lockere Schneeoberfläche zerstört wurde. Etwas günstiger ist es auch im hochalpinen, ständig dem Wind ausgesetztem Gelände (sh. oben).