Freitag, 9. März 2012

Nachtrag zur Lawine in Hochfügen vom 04.03.2012

Wir haben uns selbst ein Bild von der Lawine in Hochfügen gemacht und möchten dies zum Anlass nehmen, nochmals auf die spezielle Problematik der Lawinenvorhersage im (beginnenden) Frühjahr einzugehen: Ganz gewiss ein harter Job für Lawinenkommissionsmitglieder!
 
Durch die zunehmende Durchfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke steigt die Gefahr von Gleitschneelawinen sowie nassen Lockerschneelawinen an. (Klassische Schneebretter gingen in letzter Zeit aufgrund der meist fehlenden Schwachschichten nur in Ausnahmefällen - nämlich bei massiver Durchnässung - ab).
 
Die Lawine in Hochfügen löste sich als relativ kleine Gleitschneelawine, die die gesamte, bis zum Boden durchnässte Schneedecke mitriss, sich deutlich verbreiterte und dabei die Straße verschüttete.
 
Die Lawine von Hochfügen im Überblick (Foto vom 07.03.2012)
 
Nach dem Unglück brachte eine Kaltfront Niederschlag bei sinkenden Temperaturen.
 
Daten der Wetterstation Sonntagsköpfl oberhalb von Hochfügen der vergangenen Woche
 
An der Schneeoberfläche bildete sich ein Harschdeckel, der von etwas Neuschnee überdeckt wurde. Unter dem Harschdeckel blieb die Schneedecke im Bodenbereich weiterhin feucht bzw. nass. Die kälteren Temperaturen und der dadurch bedingte fehlende zusätzliche Wassereintrag führten zwar dazu, dass Gleitschneelawinen seltener auftraten als zwischen dem 29.02. und 04.03., jedoch weiterhin beobachtet werden konnten. Meldungen kamen u.a. am 06.03. aus dem Valser Tal.
 
Am 07.03. wurden wir in Hochfügen selbst Zeuge einer weiteren Gleitschneelawine im Anrissgebiet der ersten Lawine vom 04.03. Diese Lawine drang nicht allzu weit vor und gefährdete somit niemanden. Der Abgangszeitpunkt der zweiten Lawine traf zwar mit einem Temperaturanstieg zusammen, dennoch gab es keinen weiteren Feuchtigkeitseintrag in die Schneedecke, weil die Luft sehr trocken war. Aufgrund der Wetterstationsdaten hätte man am 07.03. bei der an sich kompakten Schneedecke nicht auf einer höhere Abgangsbereitschaft schließen können! Es bleibt also dabei: Gleitschneelawinen sind praktisch nicht vorherzusehen! Einzig die zunehmende Durchnässung sowie die vermehrte Bewegung bei Gleitschneemäulern sind ein Indiz für deren erhöhte Abgangswahrscheinlichkeit. Sprengmaßnahmen helfen übrigens bei dieser Situation nichts. Dies bestätigten auch die vergeblichen Sprengungen der Hochfügener Lawinenkommission am 07.03. nachmittags.
 
Eine zweite Gleitschneelawine (rechter, oberer Bildteil) löste sich am 07.03. gegen 15:00 Uhr. Die Lawine „verhungerte" und gefährdete niemanden!