Rechtzeitig zu den Feiertagen hat der Winter in weiten Teilen Tirols Einzug gehalten. Benachteiligt ist derzeit v.a. das südliche Osttirol.
Am meisten schneite es seit der vergangenen Woche im Arlberggebiet und Außerfern sowie in Teilen der Westlichen Nordalpen. Hier die Spitzenreiter…
Wetterstation Seegrube, Westliche Nordalpen: Markant waren diese Woche Neuschneefall, sinkende Temperaturen und starker Wind aus Nord, der kurzfristig auf Süd drehte.
Neuschneereich: auch das Arlberggebiet am Beispiel der Wetterstation Ulmerhütte
Für morgen, den 31.12., werden seitens der ZAMG-Wetterdienststelle weitere Schneefälle vorhergesagt. Am meisten soll es im Nordtiroler Unterland sowie den Osttiroler Tauern schneien. Mancherorts könnte an der 50cm-Grenze gekratzt werden…
Somit gehören Bilder, wie unteres Webcambild vom 24.12. in den Kitzbüheler Alpen, ab nun der Vergangenheit an…
Blick vom Pendling Richtung Kufstein und Kaisergebirge am 24.12.2014 (Foto: foto-webcam.eu)
Skitourenfreaks kamen mit kurzen Ausnahmen Ende Oktober, Anfang November bisher eigentlich nur in den Südlichen Ötztaler und Stubaier Alpen sowie in hohen Lagen der Osttiroler Tauern und Teilen Zentralosttirols auf ihre Rechnung, wo für die Jahreszeit überdurchschnittlich viel Schnee liegt. Dennoch beobachtete man auch anderswo so manchen unerschütterlichen Skitourengeher.
Skitourengeher im Kühtai, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 21.12.2014)
Mit den Skier unterwegs Richtung Brechhorn in den Kitzbüheler Alpen (Foto: 27.12.2014)
Im Wildlahnertal, Schmirn - Zillertaler Alpen (Foto: 29.12.2014)
Wie immer entscheidend für die Lawinengefahr ist der Schneedeckenaufbau:
Wichtig ist, zu unterscheiden, ob vor den kürzlichen Schneefällen bereits eine Schneedecke vorhanden war oder nicht.
Unterhalb etwa 2100m war es vielerorts aper bzw. konnte eine nur unzusammenhängende Schneedecke beobachtet werden.
Darüber hat sich zumindest schattseitig (mit den bereits oben erwähnten schneereichen Ausnahmen) eine meist unterdurchschnittlich mächtige, anfangs häufig unregelmäßig verteilte Schneedecke halten können.
Somit erwarten wir unterhalb etwa 2100m während der kommenden Tage zwei Probleme:
Problem 1: frischer, störanfälliger Triebschnee. Triebschnee ist derzeit aufgrund der kalten Temperaturen sehr spröde und bricht an der Grenzfläche zum darunter befindlichen lockeren Pulverschnee. Verschärfend wird der am Neujahrstag vorhergesagte Temperaturanstieg sein. Die Schneedecke wird dadurch kurzfristig noch störanfälliger. Wir rechnen dann durchwegs auch mit spontanen kleinen, vereinzelt mittelgroßen Lawinenabgängen aus extrem steilem, windabgewandten, meist kammnahen Gelände.
Rissbildungen zeigen bereits derzeit, dass frischer Triebschnee mitunter leicht zu stören ist, am ehesten ist dies dort der Fall, wo lockerer Pulverschnee von Triebschnee überlagert wurde. (Foto: 29.12.2014)
Problem 2: Auf steilen Wiesenhängen wird man in den neuschneereichen Regionen vermehrt Gleitschneelawinen beobachten können.
Oberhalb etwa 2100m haben wir es zusätzlich mit einem weiteren Problem zu tun. Dies liegt v.a. im schattigen Steilgelände innerhalb der Altschneedecke, in der man derzeit zum Teil sehr kritische Schwachschichten findet.
Deutlich zu erkennen ist die Schichtabfolge von drei Krusten und unmittelbar darunter befindlichem lockeren, aufbauend umgewandelten Schnee.
Hier zur Verdeutlichung das zum Foto passende Profil:
Schneeprofil Wildlahnertal, Zillertaler Alpen am 29.12.2014: Unterhalb einer dünnen Eislamelle konnte im Bereich von lockeren, kantigen Kristallen sehr leicht ein Bruch initiiert werden, der sich sehr gut ausbreitete: leider ein schlechtes Vorzeichen für darüber abgelagertem Neuschnee.
Das Problem findet sich in ganz Tirol. Hier ein fast identes Profil aus den Osttiroler Tauern.
Die Testergebnisse sprechen für eine leichte Bruchfortpflanzung und somit erhöhte Störanfälligkeit.
Am leichtesten bricht die Schneedecke unterhalb einer oberflächennahen Eiskruste bzw. Eislamelle, die sich vom 18.12. auf den 19.12. gebildet hat. Diese Eislamelle sollte bis maximal 2600m hinauf zu beobachten sein. Deshalb gilt auch unsere Empfehlung für die kommende Zeit: Steiles schattiges Gelände in einem Höhenbereich zwischen etwa 2200m und 2600m sollte mit äußerster Vorsicht beurteilt werden, speziell dort, wo nun vermehrt Neuschnee bzw. Triebschnee abgelagert wird.
Regenanalyse vom 18.12.2014 18:00 Uhr: Die roten Umrandungen zeigen Bereiche mit einer Regengrenze von etwa 2300m an (Quelle: Institut für Meteorologie und Geodynamik in Innsbruck)
Regenanalyse vom 19.12.2014 00:00 Uhr: Die roten Umrandungen zeigen Bereiche mit einer Regengrenze von etwa 2300m an (Quelle: Institut für Meteorologie und Geodynamik in Innsbruck)
Unterhalb der am Bild ersichtlichen Regenkruste konnte sich während der kalten Tage eine ausgeprägte Schwachschicht bilden. Zentralosttirol (Foto: 20.12.2014)
Oberhalb etwa 2800m, vereinzelt auch darunter, wissen wir auch in südlichen Expositionen von der Existenz von kantigen Kristallen unterhalb von dünnen Schmelzkrusten. Wir gehen dort inzwischen eher von großer Belastung aus, die notwendig ist, um im sehr steilen Gelände Schneebrettlawinen auszulösen.
Wie schon erwähnt, muss natürlich auch oberhalb etwa 2100m auf frischen Triebschnee geachtet werden. Gleitschneelawinen werden hingegen mit zunehmender Seehöhe immer seltener.
Unser Fazit: Frischen Triebschnee im sehr steilen Gelände möglichst ausweichen sowie steile Schattenhängen zwischen etwa 2200m und 2600m in neuschneereicheren Gebieten möglichst meiden.
Somit bleibt uns noch, euch allen einen guten Rutsch und ein unfallfreies Jahr 2015 in den winterlichen Bergen zu wünschen!