Montag, 6. November 2017

Bis zu 100cm Neuschnee entlang des Alpenhauptkammes und in Osttirol – Hauptgefahr: Frischer Triebschnee in großen Höhen

Kurz vorab:
Der spätherbstliche Wintereinbruch in den Bergen verlangt eine Schärfung der Sinne für eine mögliche Lawinengefahr. In großen Höhen sollte auf frischen Triebschnee geachtet werden. Aus felsigem Gelände können Lockerschneelawinen abgehen. Dort, wo es viel geschneit hat, kann Schnee auf steilen Wiesenhängen abrutschen.

Weitere Infos im Detail:
Eine Kaltfront brachte vom 05.11. auf den 06.11. die von der ZAMG-Wetterdienststelle vorhergesagten Neuschneesummen.

Neuschnee im südlichen Osttirol. (Foto: 06.11.2017)

Am meisten schneite es in den Ötztaler, Stubaier und Zillertaler Alpen sowie in Osttirol. Dort waren es 50cm-80cm, hochalpin (also oberhalb etwa 3000m) lokal sogar bis zu 100cm.


Einen guten Überblick über die Niederschlagsverteilung in Tirol gibt auch die Karte von Hydro Online mit Höchstwerten des gemessenen Niederschlags im südlichen Osttirol.

24-Stunden-Niederschlag zwischen dem 05.11. und 06.11. 08:30 Uhr.

Anhand der automatischen Wetterstationen erkennt man zudem, wie rasch der starke Süd-Föhneinfluss von der kalten N-Strömung abgelöst wurde. Bezeichnend ist auch der abrupte Rückgang des Winds mit Beginn des Neuschneefalls.

Ein Lehrbeispiel für Meteorologen: Mit Zusammenbruch des Föhns beginnt es zu schneien. Der Wind dreht und wird deutlich schwächer.

Was bedeutet das alles für die Lawinengefahr? Um diese Frage besser beantworten zu können, muss kurz ausgeholt werden. Wichtig erscheint die Beantwortung von drei Fragen: Wo ist vor den Schneefällen bereits zusammenhängend Schnee gelegen? Wie war die Altschneedecke beschaffen? Gibt es in den neuschneereichen Gebieten glatte Grashänge?

Die Frage 1, „Wo ist vor den Schneefällen bereits zusammenhängend Schnee gelegen?", lässt sich am besten mit Webcam-Bildern beantworten, die im Folgenden beginnend von den niederschlagsreichsten zu den niederschlagsärmeren Regionen dargestellt werden.

Webcambild Südliches Osttirol (Foto: 04.11.2017; foto-webcam.eu)

Webcambild Zillertaler Alpen (Foto: 04.11.2017; foto-webcam.eu)

Blick vom Stubaier Gletscher ins Stubaital (Foto: 04.11.2017)

Blick vom Pendling in Richtung Kaisergebirge (Foto: 04.11.2017)

Blick von der Zugspitze Richtung Süden (Foto: 04.11.2017)

Blick vom Nebelhorn in Bayern Richtung Südosten (Arlberg-Außerfern) Foto: (04.11.2017; foto-webcam.eu)

Eine zusammenhängende Schneedecke war prinzipiell nur schattseitig bzw. hochalpin  in allen Expositionen vorhanden. Schattseitig begann diese in den Tuxer- und Zillertaler Alpen bereits ab ca. 2100m, ansonsten meist zwischen etwa 2300m bis 2800m.

Frage 2, „Wie war die Altschneedecke beschaffen?" beschränkt sich noch auf relativ wenige Schneeprofilauswertungen. Am ungünstigsten scheint diese hochalpin bzw. schattseitig oberhalb etwa 2800m aufgebaut zu sein. Dort findet man bereits eine Abfolge von Krusten und aufbauend umgewandelten Kristallen.

Das Schneeprofil auf der Weißseespitze im Kaunertal auf 3470m, NO vom 31.10.2017 zeigt eine Abfolge von Krusten und weicheren, aufbauend umgewandelten Schichten. Beim Stabilitätstest konnte an diesem Standort nur ein Teilbruch erzeugt werden.

Frage 3, „Gibt es in den neuschneereichen Gebieten glatte Grashänge?" muss mit Ja beantwortet werden. Gerade im Spätherbst beobachtet man nach intensiven Schneefällen gehäuft so genannte Gleitschneerutsche. Dies hat auch damit zu tun, weil der Boden noch warm ist und die Schneedecke darauf besser abgleiten kann, als dies auf gefrorenem Boden möglich wäre.