Montag, 11. April 2022

Vieles spricht für Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm) in großen Höhen

Nach Schneefällen störanfällige Schwachschicht höchstwahrscheinlich aufgrund von gm.4


Schwachschicht aufgrund von gm.4 (kalt auf warm)

In unserem letzten Blogeintrag wiesen wir beim beschriebenen "(kleinen) Triebschneeproblem in großen Höhen" u.a. auf die mögliche Entwicklung von Gefahrenmuster "kalt auf warm" (gm.4) hin. Damals am 07.04. hatten wir noch keine Informationen über die Entwicklung einer bösartigen Schwachschicht. Inzwischen häufen sich jedoch Meldungen über Schneebrettlawinen auf einer oberflächennahen Schwachschicht in großen Höhen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte es sich dabei um eine Schwachschicht aufgrund des Gefahrenmusters gm.4 handeln.

Aufgrund der uns aktuell zugrundeliegenden Informationen grenzen wir die Problembereiche aufgrund gm.4 grob folgendermaßen ein:

  • Neuschneereiche Regionen, insbesondere Silvretta, Arlberggebiet, Karwendel, Regionen entlang des Alpenhauptkammes und das nördliche Osttirol
  • Schattenhänge zwischen etwa 2600m-2800m
  • Sonnenhänge oberhalb etwa 2800m, vermehrt wohl oberhalb etwa 3000m

Anhand der Monatsgrafik der Station Pitztaler Gletscher erkennt man nicht nur den Beginn der Niederschläge ab dem 31.03., sondern auch folgende Temperatursprünge samt kürzlich kräftigem Windeinfluss.
Anhand der Monatsgrafik der Station Pitztaler Gletscher erkennt man nicht nur den Beginn der Niederschläge ab dem 31.03., sondern auch folgende Temperatursprünge samt kürzlich kräftigem Windeinfluss.


Schwachschicht aufgrund von gm.9 (eingeschneiter Graupel)

Denkbar sind allerdings auch lokal massivere Graupeleinlagerungen, die von den kürzlich entstandenen Triebschneepaketen überlagert sind. Graupel entsteht bevorzugt aufgrund schauerartiger Niederschläge und wird naturgemäß in allen Expositionen gleichermaßen abgelagert. Graupelniederschläge wurden während der vergangenen Niederschlagsereignisse immer wieder beobachtet. Ähnlich wie bei gm.4 gehen wir davon aus, dass Problembereiche von etwa 2600m aufwärts vorhanden sind. 

Einige Rückmeldungen über Lawinenabgänge

Lawinenabgänge wurden uns u.a. von der Wildebene und dem Albonakopf in der Arlbergregion, vom Felderkogel in den Ötztaler Alpen, vom Großglockner in der Glocknergruppe und vom Großen Geiger (SW, 3200m) in der Venedigergruppe gemeldet. Zudem ging heute am 11.04. eine Meldung über großflächige Setzungsgeräusche in der Venedigergruppe oberhalb von etwa 3000m ein.



Anhand der Webcam vom Lucknerhaus lassen sich kürzlich abgegangene spontane Schneebrettlawinen erkennen. Untere Lawine hat sich heute am 11.04. um die Mittagszeit gelöst. SW, 3360m (c) foto-webcam.eu  



Lawinenabgang Felderkogel. Die Lawine wurde fernausgelöst. Nord: 2700m-2750m (Foto: 10.04.2022)
Lawinenabgang Felderkogel. Die Lawine wurde fernausgelöst. Nord, 2700m-2750m (Foto: (c) Hugo Reindl, 10.04.2022)


Nächste Tage noch erhöhte Vorsicht

Mit den zu erwartenden warmen Temperaturen und der Strahlung kann die Schneedecke kurzfristig geschwächt und die Auslösebereitschaft von Schneebrettlawinen erhöht werden. Wir gehen davon aus, dass die Schwachschicht kurz nach deren Durchfeuchtung / Durchnässung nicht mehr zu stören sein wird. Somit wird das Problem schattseitig etwas länger andauern. Dies hängt unmittelbar von der weiteren Wetterentwicklung (u.a. auch diffuse Strahlung) ab und kann aktuell zeitlich nicht genau eingegrenzt werden. WintersportlerInnen mit großer Erfahrung in der Lawinenbeurteilung können allerdings recht einfach mit Schneedecken- und Stabilitätsuntersuchungen ein mögliches Problem erkennen und entsprechend reagieren. Natürlich sind wir über entsprechende Rückmeldungen direkt an lawine@tirol.gv.at besonders dankbar!