Freitag, 20. Januar 2023

Frischer Triebschnee lässt sich leicht durch Wintersportler stören. Stellenweise Altschneeproblem beginnend von etwa 2200m aufwärts beachten.

Hauptproblem frischer Triebschnee

Endlich ist es der Jahreszeit entsprechend wieder kälter geworden. Aktuell liegen wir im langjährigen Mittel der Lufttemperatur. Der Neuschnee der vergangenen Tage ist deshalb in windberuhigten Gebieten häufig locker. Dort, wo der Wind weht, kann der Neuschnee allerdings auch sehr leicht verfrachtet werden. Frischer Triebschnee lagert somit häufig auf kaltem, lockeren Neuschnee, einer recht bösartigen bzw. störanfälligen, allerdings nur wenige Tage aktiven Schwachschicht. Wintersportler können deshalb aktuell recht leicht meist kleine, mit zunehmender Seehöhe auch vermehrt mittelgroße Schneebrettlawinen auslösen. Vorsicht v.a. im kammnahen Gelände, hinter Geländekanten sowie in steilen Rinnen und Mulden. Bei starkem Windeinfluss sind auch spontane Lawinen denkbar. Davon ist aktuell vermehrt der Osten des Landes betroffen.


Speziell entlang des Alpenhauptkammes und in den typischen Föhnschneisen konnte man v.a. Anfang der Woche beeindruckende Schneefahnen beobachten. Stubaier Gletscher (Foto: 16.01.2023)
Speziell entlang des Alpenhauptkammes und in den typischen Föhnschneisen konnte man v.a. Anfang der Woche beeindruckende Schneefahnen beobachten. Stubaier Gletscher (Foto: 16.01.2023)



Speziell entlang des Alpenhauptkammes und in den typischen Föhnschneisen konnte man v.a. Anfang der Woche beeindruckende Schneefahnen beobachten. Stubaier Gletscher (Foto: 16.01.2023)
In den Föhnschneisen machte sich der Wind auch unterhalb der Waldgrenze bemerkbar. Westliche Tuxer Alpen. (Foto: 16.01.2023) 



Frischer, störanfälliger Triebschnee in den Kalkkögeln (Foto: 16.01.2023)
Frischer, störanfälliger Triebschnee in den Kalkkögeln (Foto: 16.01.2023)



Risse in der Schneedecke können auf ein mögliches Triebschneeproblem hinweisen. Geigenkamm. (Foto: 16.01.2023)
Risse in der Schneedecke können auf ein mögliches Triebschneeproblem hinweisen. Geigenkamm. (Foto: 16.01.2023)



Ab Sonntag, den 15.01., ist es zunehmend kälter geworden. Der Wind wehte aus unterschiedlichen Richtungen und war dabei meist stark.
Ab Sonntag, den 15.01., ist es zunehmend kälter geworden. Der Wind wehte aus unterschiedlichen Richtungen und war dabei meist stark.


Lawinenabgänge der vergangenen Woche

Am 12.01.2023 wurden uns noch Fernauslösungen von je einer kleinen und einer mittelgroßen Schneebrettawine im Westen des Landes in der Samnaungruppe gemeldet. Am Wochenende (14.01./15.01) gingen weitere Lawinen ab, denen ein Altschneeproblem zugrunde lag. Betroffen waren Höhenbereiche oberhalb etwa 2200m in allen Hangrichtungen. (Details sh. lawis.at) Während der vergangenen Tage waren es dann hauptsächlich frische Triebschneepakete, die von Wintersportlern gestört wurden. Vereinzelt beobachtete man noch Gleitschneerutsche auf Wiesenhängen, dies besonders während und nach Regeneinfluss am 14.01. und 15.01.


Fernauslösung in der Samnaungruppe. 2750m, W (Foto: 12.01.2023)
Fernauslösung in der Samnaungruppe. 2750m, W (Foto: 12.01.2023)



Eine Schneebrettlawine, die sich im kammnahen Gelände löste, als Skifahrer in den Hang einfuhren. Greitspitze, Samnaungruppe im Grenzgebiet Tirol/Schweiz. 2700m. SO (Foto: 14.01.2023)
Eine Schneebrettlawine, die sich im kammnahen Gelände löste, als Skifahrer in den Hang einfuhren. Greitspitze, Samnaungruppe im Grenzgebiet Tirol/Schweiz. 2700m. SO. Altschneeproblem (Foto: 14.01.2023)



Schneebrettlawine im Rettenbachtal aufgrund eines Altschneeproblems. SO. 2200m (Foto: 14.01.2023)
Schneebrettlawine im Rettenbachtal aufgrund eines Altschneeproblems. SO. 2200m (Foto: 14.01.2023)



Schneebrett im kammnahen Gelände nach Einfahrt von Skifahrern in den extrem steilen O-Hang auf 2800m. Altschneeproblem (Foto: 14.01.2023)
Schneebrett im kammnahen Gelände nach Einfahrt von Skifahrern in den extrem steilen O-Hang auf 2800m. Altschneeproblem (Foto: 14.01.2023)



Gleitschneerutsche im Außerfern (Foto: 14.01.2023)
Gleitschneerutsche im Außerfern (Foto: 14.01.2023)


Die Schneedecke

Viel wars nicht an Neuschnee, welcher diese Woche dazugekommen ist. Meist fielen 10-20cm, im Osten des Landes lokal auch mehr. Im Neuschnee war immer wieder auch Graupel eingelagert. Neben den bereits erwähnten oberflächennahen Problembereichen (lockerer Neuschnee als Schwachschicht für darüber gelagerten frischen Triebschnee), findet man in der Altschneedecke weiterhin mögliche Schwachschichten. Meist handelt es sich um kantige Kristalle im Bereich von dünnen Krusten oder aber um Schwimmschnee bzw. kantige Kristalle an der Basis. Bei Stabilitätstests überwiegen dort inzwischen unvollständige Brüche. Teilweise ist die gesamte Schneedecke nur locker aufgebaut, ohne dass ein Brett existiert. Dennoch, es gibt weiterhin auch störanfällige Bereiche. Vermehrt trifft man diese im bisher wenig verspurten Gelände an. Es sind v.a. Schattenhänge von etwa 2200m aufwärts sowie Sonnenhänge von etwa 2500m aufwärts davon betroffen. Übergänge von wenig zu viel Schnee gelten als Bereiche mit erhöhter Auslösewahrscheinlichkeit. Je steiler, desto eher lassen sich Schneebrettlawinen im Altschnee auslösen.



Ein oftmaliger Begleiter der vergangenen Schneefälle: Graupel. Venedigergruppe (Foto: 18.01.2023)
Ein oftmaliger Begleiter der vergangenen Schneefälle: Graupel. Venedigergruppe (Foto: 18.01.2023)



Schneeprofil in der Glockturmgruppe: N, 2480m, 26° vom 19.01.2023. Recht typisch: Schwache Basis, dennoch unvollständiger Bruch.
Schneeprofil in der Glockturmgruppe: N, 2480m, 26° vom 19.01.2023. Recht typisch: Schwache Basis, dennoch unvollständiger Bruch. 


48h-Schneedifferenz vom 17.01.2023
48h-Schneedifferenz vom 17.01.2023



48h-Schneedifferenz vom 19.01.2023
48h-Schneedifferenz vom 19.01.2023



Sehr speziell während dieses Winters: Häufig Regen bis in höhere Lagen. Hier am Beispiel der Arlbergregion.
Sehr speziell während dieses Winters: Häufig Regen bis in höhere Lagen. Hier am Beispiel der Arlbergregion.



Weiterhin messen wir bei allen Beobachterstationen eine unterdurchschnittliche Schneehöhe (obere Grafik). Mittlere Grafik: Gemessener Neuschnee. Die unterste Grafik zeigt die heurigen Temperatursprünge sowie die Abweichungen vom Mittel.
Weiterhin messen wir bei allen Beobachterstationen eine unterdurchschnittliche Schneehöhe (obere Grafik). Mittlere Grafik: Gemessener Neuschnee. Die unterste Grafik zeigt die heurigen Temperatursprünge sowie die Abweichungen vom Mittel.



Weiterhin erhöhte Spaltensturzgefahr auf den Gletschern. Venedigergruppe (Foto: 12.01.2023)
Weiterhin erhöhte Spaltensturzgefahr auf den Gletschern. Venedigergruppe (Foto: 12.01.2023)


Ausblick

Laut Geosphere Austria (vormals ZAMG) stehen wolkenreiche, windige und kalte Tage bevor. Am vorherrschenden Triebschneeproblem ändert sich nichts. Vorsicht: Von frischem Triebschnee überlagerter, kalter, lockerer Pulverschnee ist immer besonders störanfällig. Meidet deshalb konsequent frischen Triebschnee im Steilgelände.


Grober Wettereindruck für die kommenden Tage... Westliches Karwendel (Foto: 19.01.2023)
Grober Wettereindruck für die kommenden Tage... Westliches Karwendel (Foto: 19.01.2023)