Donnerstag, 13. Dezember 2012

Details zum tödlichen Lawinenunfall im freien Skiraum - Pezid, Serfaus

Am 12.12.2012 gegen 10:00 Uhr fuhren drei tschechiche Wintersportler im Skigebiet Serfaus-Fiss-Ladis im Bereich Pezid von der gesicherten Piste in den freien Skiraum ein.
 
Der Einfahrtsbereich  in den bis zu 40° steilen Pezid-Nordhang
 
Zwei von ihnen waren mit Snowboards, einer mit Skiern ausgerüstet. Als der Skifahrer zwei Schwünge in den Pezid-Nordhang zog, löste er eine Schneebrettlawine aus, die ihn mitriss und 1,2m tief verschüttete. Die anderen Personen befanden sich gerade noch oberhalb des Anrisses und wurden somit nicht erfasst. Die Lawine hatte eine mittlere Anrissmächtigkeit von etwa 30cm, war ca. 150m breit und knapp 300m lang. Alle Personen waren mit LVS-Geräten ausgestattet. Die Kollegen konnten den Verschütteten damit allerdings nur grob orten. Erst einem innerhalb kürzester Zeit herbeieilenden Bediensteten der Bergbahnen Komperdell gelang es, die Person exakt zu orten. Innerhalb von 20min war die Person ausgegraben, musste jedoch noch vor Ort reanimiert werden und verstarb gegen 23:00 Uhr in der Klinik.
 
Unsere Schneedeckenuntersuchungen bestätigten unsere Vermutung, dass die Lawine auf einer Gleitfläche aus Schwimmschnee und kantigen Kristallen im Bereich einer dünnen Regenkruste, die sich am 11.11.2012 gebildet hat, abgegangen ist. Diese Schwachschicht ist speziell in den Regionen südlich des Inn zwischen etwa 2200m und 2800m in den Expositionen W über N bis O mitunter markant ausgeprägt. Setzungsgeräusche, Rissbildungen sowie großflächige Fernauslösungen in diesen Höhenbereichen stehen zur Zeit an der Tagesordnung und weisen auf den allgemein ungünstigen Schneedeckenaufbau hin.
 
Die Schwachschicht unmittelbar unter einer dünnen Regenkruste
 
Hier das zum Foto passende Profil auf 2680m...
 
Bei den Stabilitätstests zeigte sich noch eine dünne kantige Schicht als Gleitfläche. Das Hauptproblem stellte allerdings die erwähnte Schwachschicht unter der Regenkruste dar.
 
Wir fertigten noch weitere Profile in tieferen Bereichen an. Hier ein Profil auf 2450m der selben Exposition...
Auch hier gibt es ein Problem im Bereich der Regenkruste
 
Und hier noch eines auf 2260m, ebenso nordexponiert. Die Schwachschicht verliert nun an Bedeutung.
 
 
Die Schlussfolgerung daraus: Sehr steile Hänge der Exposition W über N bis O oberhalb etwa 2200m, welche bisher noch nicht vielfach befahren wurden, sollten speziell in den Regionen südlich des Inn möglichst gemieden bzw. sehr, sehr sorgfältig beurteilt werden. Merke: IM ZWEIFEL gilt immer VERZICHT! Auch mäßig steiles, also bis 30° steiles Gelände bietet schöne Abfahrtserlebnisse! Vorsicht auf Fernauslösungen! In den Expositionen O über S bis W  fehlen die erwähnten Schwachschichten zumindest unterhalb etwa 3000m. Es muss hier derzeit v.a. auf frischen Triebschnee geachtet werden.
 
Hier noch zwei Fotos vom gestrigen Lawinenunfall...
 
Im Anrissbereich
 
Die Verschüttungsstelle sowie der Lawinenanriss