Nach tiefwinterlichen Tagen hat sich inzwischen wieder das Frühjahr durchgesetzt. Dies hat Vor-, aber auch Nachteile:
Der Vorteil besteht darin, dass sich Triebschneepakete, die sich kürzlich gebildet haben nach einem kurzfristigen Festigkeitsverlust durch Strahlungs- und Temperatureinfluss in Summe rasch verbinden. Dies bestätigen u.a. auch unsere während der vergangenen Tage durchgeführten Stabilitätsuntersuchungen.
Unterhalb der Weißseespitze auf ca. 3200m in den Südlichen Ötztaler Alpen aufgenommenes Profil vom 08.04. Der Triebschnee hat sich bereits recht gut verbunden. Der Bruch pflanzte sich kaum mehr fort.
In den Osttiroler Tauern wehte allerdings auch gestern noch zum Teil stürmischer Wind, der sich im übrigen Tirol nicht so bemerkbar machte. Heute am 09.04. muss deshalb in größeren Höhen dort vermehrt noch von einer etwas erhöhten Störanfälligkeit solcher Triebschneepakete ausgegangen werden. Eine Tourengruppe löste deshalb am 08.04. im Bereich der Rostocker Hütte ein kleines Schneebrett aus. Der Tourenleiter wurde mitgerissen und unserer Information leicht verletzt.
Tauernwind in Osttirol, während der Wind im übrigen Tirol meist schon deutlich nachgelassen hatte…
Stürmischer Wind beim Aufbruch zur Tour, Rostocker Hütte, Osttiroler Tauern (Foto: 09.04.2015)
Gefahrenbereiche, wo frischer Triebschnee ausgelöst werden kann, findet man derzeit am ehesten noch kammnah in größeren Höhen, schattseitig eher, als sonnseitig.
Lawinenauslösung im Nahbereich des Gaiskogels am 08.04.. Bei der Einfahrt ins extrem steile Gelände löste eine Person einer 3-er Gruppe dieses Schneebrett aus und wurde mitgerissen. Primär wurde frischer Triebschnee, sekundär erst tiefere Schichten im Altschnee gestört.
Überblick der Lawine unterhalb des Gaiskogels in den Nördlichen Stubaier Alpen. Die mitgerissene Person blieb unverletzt und wurde gemeinsam mit den anderen Tourenteilnehmern ins Tal geflogen (Foto: 08.04.2015)
Ähnliches Bild im hintersten Kaunertal: Kammnaher, frischer Triebschnee löste sich primär, sekundär Bruch in tiefere Schichten. (Foto: 08.04.2015)
Ein weiterer Vorteil im Frühjahr: Nach klaren, kühleren und trockenen Nächten bildet sich nun zunehmend eine stabile, tragfähige Harschkruste. Die Bedingungen sind dort in den Morgen- und Vormittagsstunden meist sehr gut.
Der Nachteil vom Frühjahr: Die Schneedecke verliert im Tagesverlauf an Festigkeit: Man muss deshalb ab nun wieder vermehrt mit spontanen Lockerschnee-, Schneebrettlawinen rechnen. Ebenso werden wieder vermehrt Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen abgehen. Dies umso mehr, je feuchter der Schnee wird.
Spontane Lockerschneelawine durch Durchfeuchtung; Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 08.04.2015)
Leider kommt nun auch wieder der im Hochwinter schlechte Schneedeckenaufbau in bodennahen Schichten zum Tragen. Durch zunehmenden Wassereintrag verlieren tiefere Schichten, die ab Mitte Februar meist recht gut verbunden waren, wieder an Festigkeit. Primär erwarten wir spontane Lawinen aus O- und W-Hängen in einem Höhenbereich um 2400m, in Südhängen oberhalb etwa 2600m, wobei sich diese Grenze dann im Laufe des Frühjahrs stetig nach oben verschieben wird.
Noch ist es meist nicht so weit (Meist gibt noch etwas Temperaturreserven). Allerdings muss man dieses Problem im Auge behalten. Spontane Lawinen können dann durchaus mittelgroß bis groß werden.
Spontane Schneebrettlawinen werden mit zunehmender Durchfeuchtung vermehrt in tieferen Schichten im Altschnee brechen (Foto: 08.04.2015). Einige der kürzlich beobachteten spontanen Lawinen wurden meist jedoch noch durch den primären Abgang von frischem Triebschnee ausgelöst. Durch diese große Belastung kam es dann zum Bruch im Altschnee.