Wie schon im vorigen Blogeintrag geschrieben, hat sich die Lawinensituation zunehmend entspannt. Der Hauptgrund war das schöne, kalte Winterwetter, das Umwandlungsprozesse innerhalb der Schneedecke förderte und Spannungen abbaute. So änderte sich einerseits die Eigenschaft des Brettes (das immer lockerer wurde), aber auch die Eigenschaft der bodennahen Schneestruktur (wo Schwachschichten teilweise zu sintern begannen). Föhneinfluss auf den Bergen führt nun wieder zu einer Verschlechterung der Situation.
Blick Richtung Glungezer in den Tuxer Alpen. Der Föhn beginnt in der Höhe Schnee zu verfrachten. Es bilden sich neue, störanfällige Triebschneepakete (Foto: 27.01.2017)
Rückblick auf die vergangene Woche: Schon am 22.01. sowie neuerlich seit gestern, dem 26.01. machte sich insbesondere in den typischen Föhnschneisen bzw. in den Regionen entlang des Alpenhauptkammes Windeinfluss vermehrt bemerkbar. Zusätzlich zu erkennen: strahlender Sonnenschein. kalt, trockene Luftmasse
Gut zu erkennen: Zunehmender Föhneinfluss
Dieser Triebschnee lagert schattseitig entweder auf Windkrusten ober aber auf einer locker aufgebauten Schneeoberfläche. Letzteres ist problematisch.
Schattseitiger Pulverschnee hat sich während der kalten Schönwetterperiode umgewandelt. Der Schnee ist dort, wo der Wind nicht im Spiel war, immer noch sehr locker. Man findet jedoch anstelle von Neuschneekristallen häufig kantige, lockere, bzw. filzige Kristallformen. Kitzbüheler Alpen (Foto: 26.01.2017)
Charakteristisch für die vergangene Zeit war auch eine extrem trockene Luftmasse mit einer relativen Luftfeuchtigkeit von teilweise unter 5% auf 3000m. Dies hatte zur Folge, dass die Schneedecke in besonnten, sehr steilen Hängen nur oberflächennah leicht feucht wurde. Für Firnverhältnisse reichte dies trotz der guten nächtlichen Abkühlung nicht. Kurzum: Die Schneequalität hat in besonnten Hängen gelitten.
Kleine Feuchtschneerutsche in den Südlichen Ötztaler Alpen (Foto: 26.01.2017)
Selbst in extrem steilen Südhängen auf 2000m findet man meist nur Bruchharsch. Kitzbüheler Alpen (Foto: 26.01.2016)
Zwei interessante, jedoch für die Lawinensituation vermutlich nicht mehr bedeutsame Entwicklungen konnte man kurzfristig in besonnten Hängen feststellen: Dort bildete sich einerseits aufgrund der extrem trockenen Luftmasse und der Sonneneinstrahlung knapp unter der pulvrigen Schneeoberfläche eine dünne Schmelzkruste. Andererseits war das Gefahrenmuster „kalt auf warm" zu beobachten: Auf einer vormals durchfeuchteten Schneeoberfläche, die von kaltem Pulverschnee überschneit wurden, entwickelten sich kantige Kristalle.
Was sich nicht geändert hat ist die Schneeverteilung im Land: Meist genügend Schnee für Wintersportaktivitäten in Nordtirol, zu wenig Schnee im südlichen Osttirol.
Schöne Winterlandschaft im Arlberggebiet (Foto: 24.01.2017)
Am meisten Schnee liegt in Osttirol ganz im Norden (Foto: 19.01.2017)
Wichtig erscheint weiterhin ein tiefer gehender Blick in die Schneedecke, und zwar in den Bereich der bodennahen Schwachschichten. Auffallend im Gelände ist die (meist schon länger zurückliegende) Lawinenaktivität in schattigen, sehr steilen Hängen, vermehrt in Höhenbereichen zwischen etwa 2300m und 2800m.
Die rote Markierung zeigt Lawinenaktivität in den Tuxer Alpen: Blick vom Tuxerjoch Richtung Westen (Foto: 23.01.2017)
Ein ähnliches Bild aus den Nördlichen Stubaier Alpen samt eingezeichneten Lawinenabgängen. (Foto: 22.01.2017)
Föhneinfluss samt Verfrachtungen führte am 22.01. zum Abgang der eingezeichneten Schneebrettlawine am Tuxerjoch. Bei der Ellipse wurde unteres Schneeprofil erstellt. Dahinter erkennt man die Wetterstation Tuxerjoch. (Foto: 23.01.2017)
An diesem Profilstandort beim Tuxerjoch erkennt man noch gut die Abfolge von Krusten und weichen, möglichen Schwachschichten. Die Testergebnisse variieren. Die Situation ist also noch etwas indifferent und deshalb nicht immer gut einschätzbar.
Hingegen erkennt man an diesem Profil die immer häufiger beobachtete Entwicklung, dass bodennahe Krusten abgebaut wurden und dort vorhandene Schwachschichten zusammensintern. Hier konnte bei Stabilitätstests kein Bruch erzeugt werden.
An diesem Profilstandort auf ca. 2300m, schattseitig in den Tuxer Alpen gibt es hingegen noch zwei mögliche Problembereiche: Harter Triebschnee auf lockeren, filzigen Kristallen. Bodennahe Schwachschicht, die zwischen einer Eislamelle und einer Schmelzkruste zu finden ist.
Ein Schneebrett, das vermutlich von einem Skifahrer in einem Westhang in den Zillertaler Alpen am 22.01. (nach Föhneinfluss) fernausgelöst wurde (Foto: 23.01.2017)
Ein bei Triebschneeauflage problematisches Schneeprofil aus den Ötztaler Alpen, ebenso in einem sehr steilen Westhang.
Mit den Profilen und dem Aufzeigen von noch problematischen Bereichen möchten wir v.a. darauf hinweisen, dass das Altschneeproblem noch nicht gebannt ist. Vermehrt im sehr steilen Gelände, an schneearmen Stellen lassen sich Lawinen auch noch in bodennahen Schichten stören. Öfters betroffen ist eindeutig schattseitiges Gelände in den inneralpinen Regionen in einem Höhenbereich zwischen etwa 2300m und 2800m. Aber auch in besonnten Hänge, (v.a. noch W- und O-seitig beginnend von etwa 2300m aufwärts) sollte man das Altschneeproblem in Betracht ziehen.