Wie schon in den vorigen Blogeinträgen beschrieben, spielen nun für die Beurteilung der Lawinengefahr die Durchfeuchtung der Schneedecke und der damit einhergehende Festigkeitsverlust eine zentrale Rolle. In tiefen und mittleren Lagen (dort, wo überhaupt noch Schnee liegt), ist die Schneedecke inzwischen bis zum Boden durchfeuchtet bzw. durchnässt. Dies hat auch mit der für die Jahreszeit häufig deutlich unterdurchschnittlichen Schneehöhe zu tun.
Immer wichtiger wird nun die Schneetemperatur: Die rote Linie zeigt, dass die Schneedecke am Profilstandort im Nahbereich des Skigebietes Nauders bei null Grad liegt (=isotherm) und somit zumindest feucht ist.
Aufgrund der unterdurchschnittlichen Schneehöhe dringt oberflächennahes Wasser rasch bis in bodennahe Schichten ein. Dies ist derzeit in allen Expositionen unterhalb etwa 2200m der Fall. Besonnte Hänge sind zumindest in oberflächennahen Schichten bis etwa 2800m hinauf angefeuchtet.
Die fortschreitende Durchfeuchtung erkennt man auch bei den Wetterstationen, v.a. dort, wo die Schneeoberflächentemperatur gemessen wird.
Ab Samstagmittag (18.03.) setzte von Nordwesten her Niederschlag ein, wobei die Schneefallgrenze in den Nordalpen um 1700 m und in den Zentralalpen um 2000m lag. In der Nacht auf den 19.03. schneite es auf der Seegrube nass, während es insbesondere in den inneralpinen Regionen gebietsweise auch bis rund 2400m, lokal kurzfristig auch höher hinauf, regnete; neuerlich Niederschlag am 22.03. Die Schneeoberflächentemperatur (graue Linie) pendelt inzwischen bei der Station Seegrube um 0 Grad.
Lawinenauslösung Östliche Kaminspitze (Nordkette) in den Westlichen Nordalpen am Nachmittag des 17.03.2017. Auch hier war die Durchfeuchtung maßgeblich für die Lawinenauslösung. Eine Person wurde bis unterhalb der Höttinger Alm mitgerissen und verletzte sich dabei u.a. am Knie. In Bildmitte erkennt man den Hubschbrauber des Innenministeriums während des Einsatzes.
Nassschneerutsch in der Wilden Grube; Südliche Stubaier Alpen (Foto: 21.03.2017)
Nicht unerwartet: In der neuschneereichsten Region, der Silvretta, lösten sich nach den Schneefällen vom 18.03. auf den 19.03. aufgrund der nachfolgenden Erwärmung und Strahlung zahlreiche feuchte Lockerschneelawinen. (Foto: 20.03.2017)
Es gibt auch Positives zu berichten: In größeren Höhen wirkt sich der Temperaturanstieg samt (diffuser) Strahlung derzeit eher stabilisierend aus. Die Schneequalität ist dort häufig relativ gut.
Pulver gesucht, Firn gefunden… Zwieselbacher Rosskogel, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 20.03.2017)
Allerdings sollte man nicht vergessen, dass es bodennahe Schwachschichten in größeren Höhen auch in besonnten Hängen gibt: in West- und Osthängen beginnend von etwa 2400m, in Südhängen von etwa 2600m aufwärts.
Noch dauert es etwas, bis sich die Situation auch in größeren Höhen verschlechtert. Es empfiehlt sich, den Wassereintrag in die Schneedecke im Gelände besonders gut zu beobachten. Blick Richtung Großer Schafkopf südlich des Skigebietes Nauders (Foto: 21.03.2017)
Nicht die Durchfeuchtung, sondern die Belastung eines Pistenfahrzeuges war ausschlaggebend für die Fernauslösung dieser großen Lawine unterhalb des Pitztaler Jöchls in den Südlichen Ötztaler Alpen auf über 3000m (Foto: 20.03.2017)
Verteilung der gemeldeten Lawinenereignisse mit Personenbeteiligung seit Beginn des Monats. Die Nassschneeproblematik begann ab dem 17.03.2017