Samstag, 18. März 2017

Neuerlich tödlicher Lawinenunfall: Rendl im Arlberggebiet

Kurz nach Mittag ging heute am 17.03. eine Meldung über einen Lawinenabgang am Rendl ein. Die Lawine wurde von einem Gruppenteilnehmer einer 5-köpfigen, geführten Gruppe bei der Abfahrt auf einem Lawinendamm ausgelöst und verschüttete drei Teilnehmer. Zwei davon konnten aus ca. 3m bzw. 2m Tiefe nur mehr tot geborgen werden. Der Anrissbereich liegt auf 2030m, ist 40° steil und nach NNW ausgerichtet.

Der kleine Kreis auf der Karte symbolisiert den Ort des Lawinenabgangs. Auf der Karte erkennt man auch den etwas versetzten, unmittelbar nördlich angrenzenden zweiten Lawinendamm © tiris

Lawine auf dem Lawinendamm. Der zweite Damm ist links versetzt (ausgeaperte  Dammkrone) (Foto: 17.03.2017)

Auf dem Damm führen zweimal jeweils vier nebeneinander liegende Spuren in den Hang (direkt in die Lawine und orographisch rechts versetzt. Unserem derzeitigen  Informationsstand dürfte die Lawine von einem Skifahrer während eines Rechtsschwungs ausgelöst worden sein. Diese Person konnte aus der Lawine ausfahren. (Foto: 17.03.2017) (Anmerkung vom 21.03.2017: Nach neuen Erkenntnissen fuhren alle fünf Personen direkt oberhalb der Lawine in den Hang ein, die Lawine wurde somit nicht in dem am Foto eingezeichneten Bereich ausgelöst.)   

Die anderen vier Personen befanden sich bereits am Hangfuß. Dem Skiführer gelang es, der Lawine zu entkommen. Drei Teilnehmer wurden verschüttet. Verschüttungsstellen in rot (Foto: 17.03.2017)

Der Lawinenanriss war zwischen ca. 40cm und 60cm hoch.

Bei der Suche nach der Ursache des Lawinenabgangs spielen mehrere Faktoren eine wesentliche Rolle. Entscheidend war die bereits fortgeschrittene Durchfeuchtung der Schneedecke bis in die dort vorhandene, bodennahe Schwachschicht. Die Verbindungen  zwischen den Kristallen wurden dadurch schwächer, die Störanfälligkeit erhöht. Die geringe Schneemächtigkeit war zudem ausschlaggebend, dass die Feuchtigkeit die bodennahe Schwachschicht bereits erreichen konnte. Eine in der Schneedecke eingelagerte, am 09.03. entstandene Regenkruste erhöhte zusätzlich die Steifigkeit des Brettes und förderte dadurch die Bruchfortpflanzung.

Die Luft wurde am 17.03. durch Wolkenaufzug etwas feuchter: Taupunkt (blaue Linie) steigt. Dies wirkte sich unmittelbar auf die Schneeoberflächentemperatur aus (schwarze Linie), die relativ rasch die 0 Grad erreichte.

Blick Richtung Außerfern und Arlbergregion: Um 02:00 Uhr erkennt man beginnenden Wolkenaufzug aus Westen

Blick Richtung Außerfern und Arlbergregion: Um 06:20 Uhr überziehen viele Wolken den Himmel

Schneeprofil im oberen Bereich des Lawinenanrisses. oberer Pfeil zeigt auf die eingelagerte Regenkruste. unterer Pfeil zeigt auf die bodennahe Schwachschicht. Die Schneedecke ist isotherm, d.h. die Temperatur liegt bei 0 Grad.

Interessant erscheint der Stauchwall der Lawine. Die bodennahe Schwachschicht konnte dort offensichtlich nicht mehr gestört werden. Aufgefallen ist uns, dass die Schneedecke im Bereich des Stauchwalls etwas weniger durchfeuchtet und mächtiger war, als weiter oben. In die Schneedecke eindringendes Wasser könnte dort die bodennahe Schicht noch nicht ausreichend aufgeweicht haben. Vermutlich hatte auch die vermehrte Befahrung der Schneedecke während des Winters im Bereich des Stauchwalls einen Einfluss.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in dieser Höhenlage und Exposition bereits so weit fortgeschrittene Durchnässung überraschte, jedoch nachvollziehbar ist. Schlussendlich führte eine Menge an kleinen ungünstigen Faktoren zum Lawinenabgang.

Der Unfall mahnt vor dem nun bevorstehenden Frühjahr, der Durchfeuchtung der Schneedecke, insbesondere auch der dadurch bedingten Schwächung bodennaher Schwachschichten wieder erhöhtes Augenmerk zu schenken.