Sonntag, 25. März 2018

Kammnaher Oberflächenreif (Nigg-Effekt) als Ursache des Lawinenunfalls auf der Hohen Warte im Navistal

Gemeinsam mit der Alpinpolizei waren wir heute am 25.03. bei der Unfallstelle des gestrigen Lawinenabgangs unterhalb der Hohen Warte im Navistal (Tuxer Alpen).

Der obere Pfeil zeigt die Einfahrtsspur der Gruppe, der untere jenen Lawinenkegel, bei dem zwei Personen verschüttet wurden. (Foto: 25.03.2018)

Unsere Schneedeckenuntersuchungen zeigten ein klares Bild: Kammnaher Oberflächenreif im schattigen Gelände bildete die Schwachschicht für das Schneebrett. Der Oberflächenreif konnte vom Kammbereich bis etwa 150 Höhenmeter unterhalb mit abnehmender Tendenz beobachtet werden. Das dahinterliegende Phänomen wird als Nigg-Effekt bezeichnet und ist typisch für das Frühjahr (wie für den Frühwinter): Wärmere Luftmassen steigen im besonnten Gelände auf und streichen über Bergkämme ins schattige Gelände. Dort ist die Schneeoberfläche häufig noch (sehr) kalt. Die Luftmasse kühlt sich ab. Die Luftfeuchtigkeit der wärmeren Luft lagert sich an der kalten Schneeoberfläche ab. Es bildet sich Oberflächenreif. Je weiter man vom Kamm weg kommt, desto mehr wurde die Luft verwirbelt. Der Effekt nimmt dadurch mit abnehmender Seehöhe vom Kamm ab.

Zwei von drei beobachteten Oberflächenreifschichten im Anrissbereich der Schneebrettlawine (Foto: 25.03.2018)

 Die Anrissmächtigkeit betrug zwischen 30 und 40cm, die Hangneigung bis etwa 35 Grad. (Foto: 25.03.2018)

Eines unserer Schneeprofile: Der Stabilitätstest führte zu einem glatten Bruch beim 11. Schlag mit der Hand (ECTP11) (Foto: 25.03.2018)

Die zwei Verschüttungsstellen am orographisch rechten Lawinenkegel (Foto: 25.03.2018)

Der Nigg-Effekt kann übrigens in ganz Tirol ein Thema sein und sollte entsprechend beachtet werden.