Auswertungen der ZAMG-Wetterdienststelle zeigen, dass der bisherige meteorologische Frühling zu einem der wärmsten und trockensten der Messgeschichte zählt. "In Innsbruck brachte der Frühling 2020 bisher 27 Millimeter Niederschlag (72 Prozent weniger als im Durchschnitt). Trockener war es hier seit dem Messbeginn im Jahr 1877 nur drei Mal: in den Jahren 1879 (12 Millimeter), 1946 (24 Millimeter) und 1976 (24 Millimeter)."
Passend dazu auch das Wetter der vergangenen Woche: Meist war es sonnig, Niederschlag fiel - wenn überhaupt - nur im einstelligen mm-Bereich, und dies am ehesten am Sonntag, den 19.04. sowie am Montag, den 20.04.
Sehr überschaubare Niederschlagsmengen in Tirol vom 19.04. auf den 20.04. |
Die Station Inzinger Alm in den Stubaier Alpen ist inzwischen aper. Die kleinen blauen Ausbuchtungen in der oberen Grafik zeigen den Niederschlag der vergangenen Woche an. |
Auswirkungen auf die Schneedecke
Die Schneedecke wird auch in höheren Lagen immer feuchter
Bleiben wir vorerst beim Niederschlag: Selbst wenn dieser gering ausfiel, so war die Luftfeuchtigkeit an den Niederschlagstagen absolut gesehen recht hoch. Die Schneedecke "sog" damals die Feuchtigkeit in der Luft quasi wie ein Schwamm auf und wurde rasch entsprechend feucht bzw. nass. Man erkennt das sehr gut an jenen automatischen Wetterstationen, bei denen einerseits noch Schnee liegt, andererseits diese mit Sensoren zur Messung der Oberflächentemperatur sowie der Lufttemperatur und Luftfeuchte ausgestattet sind.
Bedeutsam war die zunehmende Durchfeuchtung vergangene Woche v.a. in Nordhängen in hohen Lagen, wo die Schneedecke tiefergreifend durchfeuchtet bzw. durchnässt und dadurch geschwächt wurde.
Die Schneemächtigkeit nimmt ab
Der Schnee wurde auch diese Woche weniger, einerseits durch Schmelzprozesse, anderseits durch Sublimation (direkter Übergang von festem in gasförmigen Zustand). Ersteres war v.a. zwischen dem 18.04. und 21.04. der Fall (als die Luft feucht war), zweiteres v.a. am 17.04. und 22.04. (als die Luft sehr trocken war).
Der Schnee wurde nicht nur weniger, teilweise "kratzen" wir auch am Minimum von längeren Messreihen. |
Zum Vergleich: Schneehöhe am Furkajoch (im Bregenzerwald) am 08.03.2020 ... |
...und hier am heutigen 23.04... |
Interessant auch eine Zusammenstellung von foto-webcam.eu dieser Station, welche Vergleichswerte der vergangenen Winter zeigt:
Sehr unterschiedliche Ausaperung während der verganenen Winter... |
...auch das passt zur fortschreitenden Ausaperung (Foto: 22.04.2020) |
"Sommerfirn"
Das bereits oftmalige Gefrieren und Auftauen der Schneedecke führte inzwischen auch zur Umwandlung des Schnees in Richtung eines stabilen "Sommerfirns". Dies betrifft v.a. mittlere Lagen aller Expositionen (sofern dort überhaupt noch Schnee liegt) und vermehrt besonnte Hänge in etwas höheren Lagen.
Kurzfristig erhöhte Lawinenaktivität am 19.04. und 20.04.
Die bereits erwähnte zunehmende Durchfeuchtung der Schneedecke während der Tage mit etwas Regen und wolkenverhangener Nächte führte in Folge zu einer erhöhten Lawinenaktivität. Bezeichnenderweise beobachtete man fast ausschließlich Lockerschnee- und Gleitschneelawinen. Sehr vereinzelt waren es meist nur kleine Schneebrettlawinen.
Lockerschneelawinen am Nederkogel im Ötztal: Aufnahme am 20.04. 16:30 Uhr |
Weitere Lockerschneelawinen am Nederkogel im Ötztal: Aufnahme am 20.04. 2 Stunden später, also um 18:30 Uhr |
Ablagerungen von Lockerschneelawinen im Zemmgrund (Foto: 22.04.2020) |
Ähnliches Bild in den Kalkkögeln (Foto: 21.04.2020) |
Wie geht es weiter?
Die Luft wurde nach den feuchteren Tagen wieder viel trockener. Die Lawinengefahr unterliegt deshalb neuerlich nur einem leichten tageszeitlichen Gang. Mit der Labilisierung der Luftmassen und vermehrtem Wolkenaufzug wird die Luft während der kommenden Tage gebietsweise feuchter, die Situation dort etwas ungünstiger.
Gefahrenstufenkarte für den 24.04.2020 |