Donnerstag, 17. März 2022

Nassschnee und Saharastaub

Nässeeintrag in die Schneedecke führt zu Lawinenabgängen

Wir befinden uns im Frühjahr mit einem ausgeprägten Nassschneeproblem. Die Ursache daran liegt im Wettergeschehen mit warmen Temperaturen, (diffuser) Strahlung, Saharastaub und relativ hoher Luftfeuchtigkeit. Dadurch wird die Schneedecke von Tag zu Tag in immer höhere Lagen hinauf feuchter bzw. nässer. Sie verliert an Festigkeit. In Folge lösen sich vermehrt nasse Lockerschnee-, Schneebrett- und Gleitschneelawinen. Meist handelt es sich um spontane Lawinenabgänge mittlerer Größe. Immer wieder beobachtet man aber auch kleine Lawinenabgänge, die in der Lawinenbahn immer mehr Schnee (seitlich) mitreißen und dadurch bis zum Ablagerungsgebiet gefährlich groß werden können.


Spontanes Schneebrett auf ca. 2100m, Ost vom 16.03.2022 im hinteren Kaunertal (Foto: 17.03.2022)
Spontanes Schneebrett auf ca. 2100m, Ost vom 16.03.2022 im hinteren Kaunertal (Foto: 17.03.2022)


Lockerschneelawinen im Außerfern. Die Schneedecke ist vom Saharastaub bräunlich gefärbt (Foto: 16.03.2022)
Lockerschneelawinen im Außerfern. Die Schneedecke ist vom Saharastaub bräunlich gefärbt (Foto: 16.03.2022) 


Seit dem vergangenen Wochenende beobachtet man wieder eine deutliche Zunahme an Gleitschneelawinen. Mehr Wassereintrag bis zum Boden bedeutet geringere Reibung und dadurch erhöhte Wahrscheinlichkeit solcher Lawinenabgänge. Häufig künden sich diese durch Risse in der Schneedecke an. Aktuell gehen sie gehäuft auch ohne vorangegangene Rissbildung ab. Westliche Tuxer Alpen (Foto: 15.03.2022)
Seit dem vergangenen Wochenende beobachtet man wieder eine deutliche Zunahme an Gleitschneelawinen. Mehr Wassereintrag bis zum Boden bedeutet geringere Reibung und dadurch erhöhte Wahrscheinlichkeit solcher Lawinenabgänge. Häufig künden sich diese durch Risse in der Schneedecke an. Aktuell gehen sie vermehrt auch ohne vorangegangene Rissbildung ab. Westliche Tuxer Alpen (Foto: 15.03.2022)


Der Verlauf der Oberflächentemperatur wurde während der vergangenen Tage immer flacher. Kaum bis wenig Ausstrahlung während der Nacht. Fortschreitende Durchnässung der Schneedecke
Der Verlauf der Oberflächentemperatur wurde während der vergangenen Tage immer flacher. Kaum bis wenig Ausstrahlung während der Nacht. Fortschreitende Durchnässung der Schneedecke


Die Temperatur geht ab den Nachtstunden zurück. Der Himmel bleibt jedoch bedeckt. Der Temperaturrückgang ist in Osttirol ausgeprägter als in Nordtirol.
Die Temperatur geht ab den Nachtstunden zurück. Der Himmel bleibt jedoch bedeckt. Der Temperaturrückgang ist in Osttirol ausgeprägter als in Nordtirol. 


Lockerschneelawinen lösen sich nicht nur in extrem steilem besonnten Gelände, sondern auch dort, wo zumindest die Schneeoberfläche bis zum vergangenen Wochenende aufbauend umgewandelt und somit locker war. Vermehrt war dies in Schattenhängen in mittleren und hohen, windgeschützten Lagen der Fall. Schneebrettlawinen lösen sich aktuell wohl v.a. in Höhenbändern zwischen etwa 2000m und 2600m.


Nasse Lockerschneelawine aus extrem steilem, lichten, schattigen Waldbereich. Ötztal (Foto: 16.03.2022)
Nasse Lockerschneelawine aus extrem steilem, lichten, schattigen Waldbereich. Ötztal (Foto: 16.03.2022)


Beeindruckend: Saharastaub!

Der angekündigte Saharastaub ist (massiv) angekommen. Dort wo es vom 15.03. auf den 16.03. etwas regnete, wurde mehr Saharastaub abgelagert und die Schneedecke noch färbiger.


Nirgends regnete es während der Nachtstunden vom 15.03. auf den 16.03. viel. Dort, wo es etwas mehr war, wurde mehr Saharastaub abgelagert.
Nirgends regnete es während der Nachtstunden vom 15.03. auf den 16.03. viel. Dort, wo es etwas mehr war, wurde mehr Saharastaub abgelagert.


Links im Bild ist Süden: Von dort kam am 15.03. der Saharastaub zu uns. Der Himmel war zum Fotozeitpunkt im Süden durch Saharastaub dünkler als im Norden. Dies spiegelte sich an der Schneeoberfläche wieder (Foto: 15.03.2022)
Links im Bild ist Süden: Von dort kam am 15.03. der Saharastaub zu uns. Der Himmel war zum Fotozeitpunkt im Süden durch Saharastaub dünkler als im Norden. Dies spiegelte sich an der Schneeoberfläche wieder (Foto: 15.03.2022)


Alles andere als alltäglich!
Alles andere als alltäglich!


Windy.com: Saharastaubverteilung in der Atmosphäre: Donnerstag, 17.03. 16:00 Uhr
Windy.com: Saharastaubverteilung in der Atmosphäre: Donnerstag, 17.03. 16:00 Uhr


Bild ohne Filter: Saharastaub im Arlberggebiet (Foto: 15.03.2022)
Bild ohne Filter: Saharastaub im Arlberggebiet (Foto: 15.03.2022)


Saharastaub färbt die Schneedecke. Deferegger Berge (Foto: 17.03.2022)
Saharastaub färbt die Schneedecke. Deferegger Berge (Foto: 17.03.2022)


Die Schneedecke

Aktuell haben wir in der Schneedecke nur mehr in Schattenhängen in hohen Lagen sowie in Sonnenhängen oberhalb etwa 2800m etwas "Temperaturreserven". Sonst ist diese bereits überall feucht bzw. nass. Daran ändert sich vorerst wenig: Der Himmel bleibt zumindest auf morgen, 18.03. bedeckt. Die Ausstrahlung der Schneedecke wird wieder stark reduziert sein. An der Schneeoberfläche wird vermehrt - wenn überhaupt - ein nur dünner Harschdeckel vorhanden sein. Besser ist es nur in großen Höhen.


Saharastaub färbt die Schneedecke. Deferegger Berge (Foto: 17.03.2022)
Bereits am Vormittag brach man auf ca. 2700m südseitig immer wieder ein. Glockturmgruppe (Foto: 17.03.2022) 


Die Schneedecke ist isotherm (rote, gerade Temperaturlinie). 2790m, SO. Eine recht locker aufgebaute Schneedecke.
Die Schneedecke ist isotherm (rote, gerade Temperaturlinie). 2790m, SO. 34°. Eine recht locker aufgebaute Schneedecke.


Etwas Temperaturreserve im hochalpinen Gelände. 3030m, O, 5°. Profil vom 17.03.2022
Etwas Temperaturreserve im hochalpinen Gelände. 3030m, O, 5°. Profil vom 17.03.2022 


In Sonnenhängen findet man häufig (noch) gefrorene Wasserkanäle. Teilweise haben diese noch stabilisierende Wirkung, welche durch Nässeeintrag jedoch abnimmt. (Foto: 17.03.2022)
In Sonnenhängen findet man häufig (noch) gefrorene Wasserkanäle. Teilweise haben diese noch stabilisierende Wirkung, welche durch Nässeeintrag jedoch abnimmt. (Foto: 17.03.2022)


Zunehmend klassische Frühjahrsverhältnisse mit einem tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr

Ab dem Wochenende soll die Luft zunehmend trockener werden. Der Saharstaub wird weniger, der Himmel somit klarer werden. Es werden sich recht klassische Frühjahrsverhältnisse mit einem tageszeitlichen Anstieg der Lawinengefahr einstellen. Wir empfehlen eine gute Tourenplanung und Zeiteinteilung. Je höher man unterwegs ist, desto vergleichsweise günstiger werden die Lawinenverhältnisse sein.