Donnerstag, 31. März 2022

Auf den Bergen wird es wieder winterlich

Einer der trockensten März-Monate liegt hinter uns - nun meldet sich der Winter zurück

Mit den heute am 31.03. beginnenden Niederschlägen ist es sich gerade nicht für den trockensten März der Messgeschichte ausgegangen. Für Innsbruck war es jedoch der sonnigste März seit es Aufzeichnungen gibt. Damit ist es nun vorbei. Der April mit dem bekannt wechselhaften Wettercharakter scheint pünktlich vorstellig zu werden. In Tirol setzt heute überall Niederschlag ein, der anfangs in mittleren Höhenlagen noch als Regen, sukzessive während der kommenden Tage aber bis in Tallagen als Schnee fallen wird. Auf den Bergen soll es bis Sonntag, 03.04. gebietsweise um 50cm, lokal mitunter auch mehr schneien. Die anfängliche Süd- bis Südwestströmung wird von einer Strömung aus nördlicher Richtung abgelöst. Der Wind weht tendenziell eher schwächer. Die Wetterlage erinnert an Situationen, die typisch für das Frühjahr sind: Aufgrund der vermehrt konvektiven Niederschlagstätigkeit wird es lokal zu größeren Schneehöhenunterschieden, aber auch zu einem teilweise recht markanten Anstieg der Neuschneehöhe mit der Seehöhe kommen.


72h-Neuschneesumme bis Sonntag, 02.04.2022
72h-Neuschneesumme bis Sonntag, 03.04.2022


Ende der Trockenperiode: Am 30.03. setzte im südlichen Osttirol Niederschlag ein. Die Temperatur geht nun deutlich zurück.
Ende der Trockenperiode: Am 30.03. setzte im südlichen Osttirol Niederschlag ein. Die Temperatur geht nun deutlich zurück.


Die Lawinengefahr steigt nach einer langen Phase mit günstigen Verhältnissen (etwas) an

Während des März dominierten mit einer kurzen Unterbrechung (Mitte März mit einem ausgeprägten Frühjahrs-Lawinenzyklus) günstige Verhältnisse bei häufig geringer Lawinengefahr.

Vor Schneefällen machen wir uns immer besonders intensiv Gedanken über den Aufbau der Altschneedecke sowie der Altschneeoberfläche, Beides hat nämlich unmittelbaren Einfluss auf die zukünftige Lawinengefahr. Aktuell sind die Ausgangsbedingungen gut: Die Altschneedecke ist im ganzen Land stabil, die Altschneeoberfläche häufig unregelmäßig.


Schneedeckenuntersuchung gemeinsam mit Lawinenhundeführer in Kühtai in den Nördlichen Stubaier Alpen. (Foto: 29.03.2022)
Schneedeckenuntersuchung gemeinsam mit Lawinenhundeführer in Kühtai in den Nördlichen Stubaier Alpen. (Foto: 29.03.2022)

 
Unregelmäßige Altschneeoberfläche. Silvretta. (Foto: 25.03.2022)
Unregelmäßige Altschneeoberfläche. Silvretta. (Foto: 25.03.2022)


Außergewöhnlich rau und unregelmäßig: Büßerschnee im sehr steilen besonnten Gelände. Liebenerspitze - Ötztaler Alpen. (Foto: 26.03.2022)
Außergewöhnlich rau und unregelmäßig: Büßerschnee im sehr steilen besonnten Gelände. Liebenerspitze - Ötztaler Alpen. (Foto: 26.03.2022)

Aufgrund dieser Ausgangsbedingungen, aber auch aufgrund der windschwachen Verhältnisse während des vorhergesagten Schneefalls wird die Lawinengefahr nur langsam ansteigen. Problembereiche müssen sich erst innerhalb des Neuschneepakets entwickeln. Vorstellbar sind vorerst folgende Szenarien:
  • In den neuschneereicheren Gebieten, dort wo Wind doch über Verfrachtungsstärke weht, können sich frische Triebschneepakete bilden. Als Schwachschicht kommt anfangs unter weniger Windeinfluss gefallener Neuschnee in Frage. Vorsicht in sehr steilen, windabgewandten, vornehmlich wohl kammnahen Hängen.
  • Lockerschneelawinen im extrem steilen Gelände: Vermehrt zu beobachten in neuschneereichen, windschwachen Gebieten dann, wenn die Sonne zum Vorschein kommt. Dies wird voraussichtlich erst am kommenden Montag, 04.04. der Fall sein.
  • Schneebrettlawinen in neuschneereichen, windschwachen Gebieten, dann, wenn die Sonne zum Vorschein kommt. Durch Strahlungseinfluss wird die Schneeoberfläche gebunden. Dadurch entsteht ein Brett. Die Schwachschicht ist der darunter befindliche, noch lockere Pulverschnee. Es handelt sich um ein nur sehr kurzfristiges Problem, das sich allerdings recht rasch (auch bereits bei diffusem Strahlungseinfluss) ausbilden kann.
  • Gleitschneelawinen: Sehr vereinzelt kann im Bereich von bereits bestehenden Rissen die Schneedecke auf steilen, glatten Flächen abgleiten. Zusätzlich sind eher kleine Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen in den neuschneereichen Gebieten auf zuvor bereits ausgeaperten Wiesenflächen vorstellbar.


Risse in der Schneedecke als Zeichen für eine Gleitbewegung der Schneedecke. Griesner Alm - Wilder Kaiser (Foto: 28.03.2022)
Risse in der Schneedecke als Zeichen für eine Gleitbewegung der Schneedecke. Griesner Alm - Wilder Kaiser (Foto: 28.03.2022)


Eingekreist: Potentielles Gleitschneeproblem. Gamskopf. Westliche Kitzbüheler Alpen (Foto: 27.03.2022)
Eingekreist: Potentielles Gleitschneeproblem. Gamskopf. Westliche Kitzbüheler Alpen (Foto: 27.03.2022)


Außergewöhnlich: Unterdurchschnittliche Schneehöhen

Bei unseren langjährigen Beobachterstationen sieht man sehr eindrucksvoll, dass für die Jahreszeit zu wenig Schnee liegt. Teilweise liegen wir sogar im Nahbereich des bisher gemessenen Minimums (und das bei Messreihen von 60 Jahren.)

Obere Grafik: Bisherige Schneehöhenmaxima, - minima und -mittelwert inkl. aktueller Gesamtschneehöhe des Winters 2021-22. Untere Grafik: Rote Balken zeigen Neuschneezuwächse.
Obere Grafik: Bisherige Schneehöhenmaxima, - minima und -mittelwert inkl. aktueller Gesamtschneehöhe des Winters 2021-22. Untere Grafik: Rote Balken zeigen Neuschneezuwächse. 


Extreme Trockenheit in besonntem Gelände. Venedigergruppe. (Foto: 28.03.2022)
Extreme Trockenheit in besonntem Gelände. Venedigergruppe. (Foto: 28.03.2022)


Blick von der Kraspespitze in den Nördlichen Stubaier Alpen in Richtung Norden. (Foto: 27.03.2022)
Blick vom Zwieselbacher Rosskogel in den Nördlichen Stubaier Alpen in Richtung Norden. (Foto: 27.03.2022)


Skipiste im Nordtiroler Unterland (Foto: 28.03.2022)
Skipiste im Nordtiroler Unterland (Foto: 28.03.2022)