Samstag, 23. März 2019

Ab den späteren Vormittagsstunden vermehrte Gefahr von nassen Lockerschnee-, vereinzelt auch Gleitschnee- und Schneebrettlawinen

Neuerlich erwartet uns von Samstag, 23.03. auf Sonntag, 24.03. eine sternenklare Nacht. Die Schneedecke kühlt entsprechend aus. In steilen, besonnten Hängen bildet sich deshalb bis am Morgen bis in große Höhen hinauf verbreitet ein tragfähiger Harschdeckel. Unter diesem Deckel ist die Schneedecke bis zumindest 2500m hinauf, dort wo es sehr steil ist, bis in Bodennähe nass bzw. feucht. Mit der tageszeitlichen Erwärmung und der für die Jahreszeit entsprechend intensiven Sonneneinstrahlung weicht der Harschdeckel allerdings wieder auf - in Osthängen früher als in Süd- und Westhängen. Die Schneedecke verliert dadurch an Festigkeit und lässt sich leichter stören.

Betrachtet man die vergangenen Tage so zeigt sich, dass die Anzahl an beobachteten Lawinen von Tag zu Tag zugenommen hat. Anfangs war es noch sehr ruhig, heute am 23.03. beobachteten wir vermehrt Lawinenabgänge. U.a. meldete die Leitstelle Tirol vier Lawinen, bei denen Personen beteiligt waren. Die Personen blieben unverletzt. (Mutmalspitze in der Gurgler Gruppe, Arnplattenspitze und Handschuhspitze im Mieminger Gebirge sowie Malgrube in den Nördlichen Stubaier Alpen). Die primäre Lawinenart stellen derzeit nasse Lockerschneelawinen dar. Diese können bei entsprechender Durchnässung sowohl spontan abgehen, aber auch durch externe Impulse ausgelöst werden, seien diese durch Wintersportler, herabfallende Steine oder beispielsweise Wechten.

Lockerschneelawine oberhalb der Seegrube auf der Nordkette. Eine herabfallende Wechte gab den entscheidenden Impuls für diese nasse Lockerschneelawine. Es kam niemand zu Schaden. (Foto: 23.03.2019)

Spontane Lockerschneelawine im Paznauntal (Foto: 23.03.2019)

Gleitschneelawinen gehen derzeit nur vereinzelt ab, bleiben aber, wie es deren Natur entspricht, unberechenbar.

Kein alltägliches Bild: Gleitschneelawine auf glattem Felsen (Gletscherschliff); NO; 2400m in den Zillertaler Alpen. (Foto: 21.03.2019)
Schneebrettlawinen sollten derzeit die Ausnahme darstellen. Dennoch, gerade in sehr steilen besonnten Hängen in großen Höhen (beginnend von etwa 2500m aufwärts), findet man stellenweise etwas ausgeprägtere Schichten aus kantigen Kristallen unterhalb von Schmelzkrusten. Bei entsprechendem Wassereintrag wird diese, meist verkrustete bzw. von Schmelzkanälen durchzogene Schicht geschwächt. Eine Lawinenauslösung kann somit ab den Mittagsstunden nicht ausgeschlossen werden.

Der Pfeil stellt eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen dar und zwar dann, wenn diese Schicht durchnässt wird. (c) Lukas Ruetz, Stefan Herbke; Profil vom 21.03.2019

Den kürzlich gebildeten, meist kleinen Triebschneeansammlungen messen wir derzeit praktisch keine Bedeutung mehr zu. Einzig unter oberflächennahen harten Windkrusten beobachteten wird z.T. schwache, kantige Schichten. Diese sind aber nur sehr kleinräumig und meist nicht zusammenhängend vorhanden. Problematisch könnten solche kleinen "Nester" somit eigentlich nur im extrem steilen Gelände sein, wo eine Scholle bricht und in Folge zum Absturz führen kann.

Unter Pulverschnee lagert eine harte Windkruste, darunter eine dünne Schicht aus kantigen Kristallen. Beim Stabilitätstest blieb ein Teil des Blockes stehen. Dies passt ins Gesamtbild mit einem überwiegend günstigen Aufbau in Schattenhängen. Nord, 2790m; 30 Grad (Foto: 21.03.2019)

Die Schneeoberfläche besteht aus...

...Pulverschnee (Foto: 21.03.2019)

...in besonnten Hängen am Morgen aus einem meist tragfähigem Harschdeckel, zum Teil auch noch aus Bruchharsch (Foto: 22.03.2019)

...wenn man später dran ist, wird die Schneedecke nass. Bei guter Zeiteinteilung wird man allerdings in steilen, besonnten Hängen mehrheitlich mit Firn belohnt! (Foto: 22.03.2019)

Weitere interessante Infos:

Der Schnee schmilzt dahin...

Die bis zum 20.03. eingeschneiten Lufttemperatur- und Feuchtesensoren messen nun wieder...

Speziell an der Schneeoberflächentemperatur (graue Linie in der zweiten Kachel von oben) erkennt man die von Tag zu Tag kürzer werdende Zeitreserve.

Vorsicht auf Gletschern. Von sehr gut überschneiten Spalten bis großflächig aperen Gletschern findet man in Tirol derzeit alles. Wilder Freiger in den Zentralen Stubaier Alpen (Foto: 23.03.2019)