Donnerstag, 7. März 2019

Unbeständiger Wettercharakter bestimmt die Lawinengefahr: Achtung vor störanfälligem Triebschnee!

Ausblick

Der stürmische Südföhn, welcher seit gestern Mittwoch, 06.03. über Nordtirol hinwegfegte, war ein Vorbote der Kaltfront, welche vom 07.03. auf den 08.03. über Tirol zieht und in ganz Tirol etwas Niederschlag bringt.

Unterwegs bei Durchzug der Kaltfront im Bereich des Aifners (Foto: 07.03.2019)

Der Schwerpunkt der Niederschläge soll entlang des östlichen Alpenhauptkammes sein. Ab morgen Freitag, 08.03. folgt dann eine Westströmung mit weiterhin feuchten Luftmassen, aber vorerst noch geringen Niederschlagsmengen.

Auflebender Südwestwind kündigte bereits am Mittwoch, 06.03. die nächste Störung an. Östl. Simonyspitze, Venedigergruppe (Foto: 06.03.2019).

Der Südföhn erreichte Orkanstärke mit Windgesschwindigkeiten über 130 km/h an der Windstation am Patscherkofel.

Der Föhnsturm machte sich auch am Stubaier Gletscher bemerkbar (Foto: 07.03.2019).
 
Bis Samstagmorgen, 09.03. fallen verbreitet 5cm bis 15cm Schnee. In den Zillertaler Alpen sowie in den Hohen Tauern ist mit Neuschneemengen von 20cm bis 40cm zu rechnen.

Der Wind lässt während des Niederschlagereignisses zwar nach, bleibt aber vielfach über Verfrachtungsstärke. Es bilden sich daher mitunter leicht auszulösende Triebschneepakete, welche in den niederschlagsreichen Regionen mächtig werden können. Die frischen Triebschneepakete sind v.a. in sehr steilen Schattenhängen, wo die Schneeoberfläche vor den Niederschlägen noch pulvrig und locker war, leicht auszulösen. Über etwa 2800m sind solche Gefahrenstellen vermehrt auch in den übrigen Expositionen zu finden - besonders in Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten in Kammhähe. Gegen Ende der Schneefälle werden die Triebschneepakete zum Teil überschneit und damit schwierig erkennbar.

Nach den frischen Triebschneepaketen sind nach wie vor die Gleitschneelawinen die größte Gefahr in Tirols Bergen. Da dieses Problem gefühlt bereits in jedem Blogeintrag in diesem Winter thematisiert wurde, wollen wir hier diesmal nicht näher darauf eingehen. Gleitschneelawinen können zu jeder Tageszeit abgehen und Bereiche unter Rissen sollten nach Möglichkeit gemieden werden. Ein Unfall aus Vorarlberg zeugt von deren Unberechenbarkeit.

Gleitschneelawinen - eine unberechenbare Gefahr. Landeggtal, Glocknergruppe (Foto: 05.03.2019).

Riesige Schollen im Ablagerungsbereich einer Gleitschneelawine an der Jöchelspitze, Allgäuer Alpen (Foto: 06.03.2019).

Der untere Teil der Schneedecke ist derzeit verbreitet gut verfestigt und stabil. Dies gilt auch für das zentrale Osttirol, wo wir in den vergangenen Tagen umfangreiche Schneeedeckenuntersuchungen vorgenommen haben. Das schwache Altschneefundament, welches sich dort aufgrund des schwächelnden Winterbeginns insbesondere in steilen Schattenhängen zwischen 2000m und 2600m ausgebildet hat, konnte sich in den vergangenen Wochen durch die Schneeauflast und die warmen Temperaturen sehr gut verfestigen.

Schneedeckenuntersuchungen in Osttirol. Landeggtal, Glocknergruppe (Foto: 05.03.2019).


Das Schneeprofil aus der Lasörlinggruppe in Osttirol zeigt einen gut verfestigten Schneedeckenaufbau. Es ließen sich keine Brüche in tiefer liegenden Schichten mehr erzeugen. NW; 2570m; 39 Grad (©LWD Tirol).

Weiter im Süden, in den Lienzer Dolomiten scheint im Waldgrenzbereich, in sehr steilen Schattenhängen zwischen etwa 1800m und 2000m noch ein Altschneeproblem zu bestehen. Hier findet sich in Bodennähe eine Schwachschicht aus kantigen Kristallen, welche vereinzelt durch meist große Zusatzbelastung noch gestört werden könnte. Ungünstig sind besonders Übergänge von wenig zu viel Schnee.

Eine ausgeprägte Schicht aus kantigen Kristallen in bodennähe ist im Waldgrenzbereich in den Lienzer Dolomiten potenziell noch störanfällig. Hoher Bösring, Karnische Alpen (Foto: 05.03.2019).

Laut ZAMG-Wetterdienststelle ändert sich am derzeitig unbeständigen Wettercharakter auch in der nächsten Woche nur wenig. Es wird spätwinterlich kalt und es kommt neuerdings zu Niederschlägen. Lediglich am Dienstag soll es vorübergehend nochmals föhnig und milder werden.


Rückblick

Eine Woche mit sehr wechselhaftem Wetter liegt hinter uns. Zwei Kaltfronten, am Freitag, 01.03. sowie am Montag, 04.03. brachten in ganz Tirol etwas Neuschnee. Zwischen den Niederschlagsstaffeln sowie in den darauffolgenden Tagen wechselten sich Sonne und Wolken ab, und es war zeitweise sehr mild.

An der Wetterstationsgrafik lässt sich der wechselhafte Wettercharakter der vergangenen Tage sehr gut nachvollziehen. Am Freitag, 01.03. sowie am Montag, 04.03. sorgten zwei Kaltfronten für einen starken Temperaturrückgang und brachten etwas Neuschnee (rot hervorgehoben). Dazwischen sowie danach stieg die Lufttemperatur (rote Linie) zeitweise stark an.


Am Freitag, 01.03. (links) lag der Schwerpunkt der Niederschläge an der Grenze zu Vorarlberg. Am Montag, 04.03. (rechts) hingegen, schneite es vor allem in den südlichen Landesteilen.

Der Wind, welcher die Schneefälle begleitete, verfrachtete den Neuschnee und führte zur Bildung von kleinen Triebschneepaketen. Diese konnten jedoch meist nur in steilen Schattenhängen in hohen Lagen und im Hochgebirge ausgelöst werden. Dies hat damit zu tun, dass es für eine Schneebrettauslösung immer auch eine Schwachschicht braucht:
Vor den Schneefällen am Freitag, 01.03. war die Schneeoberfläche sehr unregelmäßig (siehe Blog vom 28.02.). Nur  in sehr steilen, schattseitigen Hängen waren zum Teil lockere, kantige Kristalle zu finden, welche eine Schwachschicht für ein darüberliegendes Schneebrett darstellen konnten.
Im Vorfeld der Schneefälle vom Montag, 04.03. war es die Sonneneinstrahlung und die Wärme, welche die Schneeoberfläche beeinflussten. Auch diesmal war eine Schwachschicht - in Form von lockerem Pulverschnee - nur im Nordsektor vorhanden.

Der am Montag, 04.03. auflebende Südwind sorgte neuerdings für Schneeverfrachtungen und zur Bildung von Triebschneepaketen. Venedigergruppe (Foto: 04.03.2019).

Die meist kleinen Triebschneepakete waren besonders in Rinnen, Mulden und hinter Geländekanten an Schattenhängen in hohen Lagen und im Hochgebirge kurzzeitig störanfällig. Rieder Wetterkreuzspitze, Nördl. Stubaier Alpen (Foto: 04.03.2019).

Während der Schönwetterphasen zwischen den beiden Niederschlagsperioden sowie am Mittwoch, 06.03. stiegen die Temperaturen erneut an. Mit der Sonneneinstrahlung kam es zu zahlreichen feuchten Lockerschneerutschen aus steilen Südhängen.

Mit der Sonneneinstrahlung stieg die Auslösebereitschaft von feuchten Lockerschneelawinen an Südhängen. Der verharschte, glatte Untergrund bot eine gute Gleitfläche für den abrutschenden Schnee. Schobergruppe (Foto: 06.03.2019).

Die Schneedecke an Südhängen hat stark unter den hohen Temperaturen der vergangenen Wochen gelitten. Die Gefahr von Gleitschneelawinen hat in Osttirol aus diesem Grund etwas abgenommen (Foto: 06.03.2019).

An Schattenhängen blieb die Schneeoberfläche oberhalb von etwa 2200m weitestgehend trocken. Dort wo der Wind den Schnee nicht beeinflusst hatte, konnten dort gute Tourenbedingungen angetroffen werden.

Abfahrtsgenuss in der Lasörlinggruppe. Unter dem Neuschnee machte sich die alte Schneeoberfläche noch etwas bemerkbar (Foto: 06.03.2019).

Wer derzteit im Gelände unterwegs ist, sollte v.a. Windzeichen erkennen können. Frische Triebschneepakete im sehr steilen, v.a. schattigen und allgemein kammnahen Gelände sollten möglichst gemieden werden. (Foto: 06.03.2019).