Donnerstag, 28. Februar 2019

Etwas Neuschnee, Wind und vorübergehender Temperaturrückgang. Vorsicht vor Gleitschnee!

Ausblick

In der Nacht auf morgen, Freitag 01.03. erreicht uns eine Kaltfront, welche mit starkem Nordwestwind gegen die Alpennordseite gedrängt wird und den zuletzt frühlingshaften Bedingungen vorübergehend ein Ende setzt. Schon heute Donnerstag, 28.02. zeichnet sich die für morgen angekündigte Kaltfront mit auflebendem Nordwestwind und einem leichten Temperaturrückgang in mittleren und hohen Lagen an.

Insbesondere in den Nordweststaulagen entlang der Grenze zu Vorarlberg und im Karwendel sind bis Samstag, 02. März 20cm bis 30cm Neuschnee zu erwarten. Die Schneefallgrenze liegt laut ZAMG-Wetterdienststelle zu Beginn der Niederschläge bei etwa 1700m, sinkt aber in Folge bis gegen 1000m herab. Die Kaltfront wird von mäßigem bis starkem Wind aus nordwestlichen Richtungen begleitet.




Der Niederschlag, welcher gerade zu Beginn in mittleren Lagen noch als Regen fallen wird, führt am morgigen Freitag, 01.03. zu einem Anstieg der Gefahr von Gleitschneelawinen unter etwa 2000m. In den westlichen Teilen Nordtirols wird dadurch bedingt die Gefahrenstufe 3, "erheblich" erreicht. Dort ziehen bereits am späten Abend des 28.02. die ersten Wolkenfelder auf und beeinträchtigen die Wärmeabstrahlung der vor allem südseitig durchnässten Schneeoberfläche. Der Regeneinfluss führt somit zu einem weiteren Feuchtigkeitseintrag und begünstigt ein Abgleiten der Schneedecke auf steilen Wiesenhängen.

Weiter im Osten Nordtirols kann die Schneedecke meist bis gegen Mitternacht abstrahlen. Zudem wird es dort weniger regnen. Entsprechend sollte dort im Vergleich zu den westlichen Regionen die Wahrscheinlichkeit von Gleitschneelawinen etwas geringer sein.

Offene Gleitschneemäuler und eine kürzlich abgegangene Gleitschneelawine zeugen von intensivem Schneegleiten der Schneedecke auf steilen Wiesenhängen, Nordkette (Foto: 26.02.2019).

In hohen Lagen und im Hochgebirge werden Neuschnee und Wind zur Bildung von kleinen Triebschneepaketen führen, welche vor allem kammnah sowie in Mulden und Rinnen anzutreffen sein werden. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die Beschaffenheit der Schneeoberfläche, welche aktuell recht unregelmäßig ist. Dies ist positiv zu werten (siehe Rückblick). Die frischen Triebschneeansammlungen sollten deshalb nur sehr vereinzelt gestört und als Lawine ausgelöst werden können. Am ehesten wird dies in sehr steilen, schattseitigen, bisher windberuhigten Hängen möglich sein. Dort besteht die Altschneeoberfläche stellenweise aus lockeren, kantig aufgebauten Kristallen.

In Osttirol, abseits des Alpenhauptkammes, bleibt die Lawinensituation mehrheitlich günstig. Dort verfestigt sich die Schneeoberfläche durch die nächtliche Abstrahlung sehr gut. Niederschlag gibt es kaum. Tief in der Schneedecke sind dort jedoch vereinzelt noch störanfällige Schwachschichten vorhanden, welche in sehr steilen Schattenhängen zwischen 2000m und 2600m mit meist großer Zusatzbelastung potenziell noch störbar sind. Die Gefahrenstellen sind allerdings sehr selten, leider aber nicht zu erkennen. Schneearme Bereiche im extrem steilen Gelände scheinen am ehesten gefährdet zu sein.

Neben einer möglichen (meist überschaubaren) Lawinengefahr sollte man andere alpine Gefahren nicht außer Acht lassen. Dort, wo die Schneedecke über Nacht gefrieren konnte, besteht insbesondere in den Morgenstunden in sehr steilen Sonnenhängen auf der harten Schneeoberfläche Absturzgefahr. Dies wurde einem Skitourengeher an der Reichenspitze an der Grenze zwischen Tirol und Salzburg gestern 27.02. zum Verhängnis. Er stürzte auf dem Weg vom Gipfel zum Skidepot mehrere hundert Meter eine Rinne hinab und kam dabei ums Leben. Aufpassen sollte man auch auf die zum Teil weit ausladenden Wechten, die (ähnlich wie Gleitschneelawinen) eine unberechenbare Gefahr darstellen.

Bereiche unter großen Wechten sollten  kritisch beurteilt werden. Totenfeldscharte, Silvretta (Foto: 27.02.2019).

Zum Wochenende hin bessert sich laut ZAMG-Wetterdiensstelle das Wetter. Der Wind dreht auf Südwest und es wird föhnig und milder. Die Lawinengefahr ändert sich nur unwesentlich. Die Triebschneepakete in der Höhe sollten kaum mehr störanfällig sein. Die Gleitschneeaktivität nimmt nach der Niederschlagsperiode wieder etwas ab. Mit den warmen Temperaturen und der Sonneneintrahlung wird die Lawinengefahr neuerlich im Laufe des Tages etwas ansteigen. In den neuschneereicheren Gebieten wird man insbesondere aus extrem steilen Sonnenhängen zahlreiche eher kleine Lockerschneelawinen beobachten können.

Zu Beginn der nächsten Woche zeichnet sich wechselhaftes und unbeständiges Wetter ab. Die Temperaturen fallen erneut und es kommt etwas Neuschnee dazu.

Ab Wochenbeginn wird es wechselhaft. Die Temperatur sinkt.  (©meteoblue).
 
Rückblick 

Nach dem Niederschlag von vergangenem Freitag, 22.02. wurde es wieder frühlingshaft mit milden Temperaturen und viel Sonne. Die Nullgradgrenze stieg auf rund 3000m. Die Lawinensituation war verbreitet günstig und folgte einem tageszeitlichen Gang.

Die günstigen Tourenbedingungen in den vergangenen Tagen waren Anreiz für viele, dem Büro vorübergehend den Rücken zu kehren. Sonnblick, Hohe Tauern (Foto: 27.02.2019).

Die Schnee- und Lawinensituation lies auch Steilabfahrten möglich werden. Haagspitze, Silvretta (Foto: 27.02.2019).
 
Erste Schmetterlinge sind bereits aus der Winterstarre erwacht und wurden mit dem Wind in die Höhe getragen. Dieses schöne Exemplar wurde auf ca. 2900m an der Schnapfenspitze in der Silvretta beobachtet (Foto: 26.02.2019).

Aufgrund der starken Sonneneinstrahlung wurde die Schneedecke in sehr steilen Südhängen bereits bis auf etwa 3000m hinauf durchfeuchtet. Nordseitig hingegen blieb die Schneedecke bis auf 2000m hinunter weitestgehend trocken.

Sonnseitig und sehr steil ist die Schneedecke bis auf 3000m bereits annähernd isotherm. In Zonen geringerer Schneemächtigkeit reicht die Durchfeuchtung bis zum Boden. S; 2980m; 37 Grad (©LWD Tirol).

Bei Stabilitätstests können derzeit - wenn überhaupt - nur Teilbrüche erzeugt werden. Die Schneedecke ist verbreitet gut verfestigt und stabil (Foto: 26.02.2019).

Aufgrund der überaus trockenen und klaren Atmosphäre konnte die Schneedecke in der Nacht meist gut abstrahlen. Die nasse Schneeoberfläche gefror in den Nachtstunden wieder tragfähig. In Sonnenhängen weichte die Schneeoberfläche während des Tages wieder auf. Guter Firn war vielerorts die Folge. Erst am späten Nachmittag waren oberflächennahe Schichten etwas tiefergehend durchfeuchtet. Die Durchfeuchtung der Schneedecke verlief allgemein vergleichsweise langsam. Dies hatte mit der sehr trockenen, eher warmen Luftmasse zu tun, welche der Schneedecke viel Feuchtigkeit entzog. Dadurch verlor die Schneedecke auch an Masse, weil das in den Eiskristallen gebundene Wasser als Wasserdampf von der Luft quasi "aufgesogen" wurde.

Firnverhältnisse in weiten Teilen Tirols, so wie hier am Freihut in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 26.02.2019).

Die Gleitschneeaktivität folgte meist auch einem tageszeitlichen Gang. Gleitschneelawinen wurden vermehrt am späten Nachmittag sowie den Abend- und Nachtstunden beobachtet. Dies hat mit hoher Wahrscheinlichkeit mit dem etwas zeitverzögerten Eindringen von Wasser bis hin zur Bodenoberfläche tun.

Gleitschneerisse und eine gewölbte Schneeoberfläche sind Anzeichen für Schneegleiten. Grieskopf, Westl. Verwallgruppe (Foto: 27.02.2019).
 
Anrissgebiet einer Gleitschneelawine am Malgrübler, Westl. Tuxer Alpen (Foto: 24.02.2019).

Ablagerung einer Gleitschneelawine in der Silvretta (Foto: 27.02.2019).

Sonneneinstrahlung, Windeinfluss, nasse Lockerschneelawinen aus felsigem Steilgelände sowie auch Mensch und Tier haben die derzeitige Schneeoberfläche stark geprägt. Diese ist auf kleinstem Raum sehr unregelmäßig und inhomogen. Die Schneeoberfläche ist dadurch für kommende Schneefälle sehr günstig beschaffen: Frische Triebschneepakete werden deshalb - wenn überhaupt - nur an relativ kleinen Flächen zu stören sein.

Eine v.a stark vom Wind geprägte Schneeoberfläche am Großen Wilden in den Allgäuer Alpen (Foto: 24.02.2019).

Durch Windeinfluss herausgearbeitete Skispuren im Kühtai (Foto: 24.02.2019).

Vielerorts konnte in den vergangenen Tagen auch ein ausgeprägter Firnspiegel beobachtet werden. Jamtal, Silvretta (Foto: 26.02.2019).