Donnerstag, 7. Februar 2019

Schwachschichten im Altschnee erfordern Vorsicht, Gleitschneeaktivität nimmt zu.

Aktuelle Situation

Schwachschichten im Altschnee sind derzeit die Hauptproblematik für Wintersportler in den Tiroler Bergen. 

In Osttirol, abseits des Alpenhauptkammes, ist das Altschneeproblem besonders ausgeprägt. Aufgrund der bis Ende Jänner geringmächtigen Schneedecke haben sich dort in Bodennähe ausgeprägte Schwachschichten in Form von kantigen Kristallen bzw. Schwimmschnee gebildet, welche nun vom Neuschnee von Ende der letzten Woche überlagert wurden. Zwischen etwa 1600m und 2600m können diese Schwachschichten stellenweise bereits durch geringe Belastung - wie etwa einen einzelnen Skifahrer - gestört werden. Kritisch ist vor allem der Sektor West über Nord bis Ost. Aufgrund der mächtigen Neuschneeauflage können Lawinen, welche im schwachen Altschneefundament ausgelöst werden, große Ausmaße annehmen.

Zudem beobachten wir in weiten Teilen Tirols südseitig (SO-S-SW), in einem recht schmalen Höhenbereich von ca. 2300m bis 2600m eine Schwachschicht aus kantigen Kristallen, welche sich an einer Schmelzkruste von Mitte Jänner entwickelt hat. In den vergangenen Tagen haben wir zahlreiche Rückmeldungen von Setzungsgeräuschen und Lawinenabgängen (siehe Blog vom 04.02.) erhalten, welche mit dieser Schwachschicht in Verbindung stehen. Die Schwachschicht war bis vor den letzten Schneefällen recht oberflächennah anzutreffen. In Gebieten wo während der vergangenen Niederschlagsperiode mehr Schnee gefallen ist, sowie in Hängen, welche mit Triebschnee eingeblasen wurden, sind die Eigenschaften des Schneebretts aus der Sicht des Skifahrers ungünstiger: Brüche können sich besser fortpflanzen und Lawinen ein größeres Ausmaß annehmen. In Osttirol ist diese Schwachschicht Teil des schwachen Altschneefundaments.  

Schneeprofil aus den grenznahen Sextner Dolomiten vom 05.02.2019. SW; 2090m; 34 Grad. Im zentralen Osttirol sowie in den Dolomiten überlagert der Neuschnee von Ende letzter Woche eine schwache Schneedeckenbasis. Das Profil zeigt den Schwimmschnee nahe der Bodenoberfläche, sowie die darüber befindliche Schmelzkruste mit kantigen Kristallen von Mitte Jänner (©Lukas Rastner; Sarah Graf).


Schneeprofil in der östlichen Verwallgruppe (Madlein). SW; 2550m; 43 Grad. Schwachschichten für mögliche Schneebrettlawinen finden sich oberflächennah unter bzw. über Schmelzkrusten. Der darunterliegende Schneedeckenaufbau ist sehr stabil (©LWD Tirol).


Im oben dargestellten Schneeprofil konnte beim Stabilitätstest ein Bruch (ECTP2) oberhalb der Schmelzkruste vom 16. Jänner erzeugt werden (Foto: 06.02.2019).



Die Schwachschicht von Mitte Jänner führte während des Niederschlags am vergangenen Wochenende zu zahlreichen spontanen Lawinenabgängen im Südsektor zwischen ca. 2300m und 2600m (Foto: 06.02.2019).

In den Zentralen Stubaier Alpen, den Zillertaler Alpen sowie den Tuxer Alpen erscheint weiterhin ein Auslösen bzw. Durchbrechen von Lawinen in tieferliegende Schwachschichten im Altschnee denkbar. Dies in sehr steilen Schattenhängen zwischen etwa 2300m und 2600m. Eine Auslösung sollte jedoch nur bei großer Zusatzbelastung möglich sein. Die Gefahrenstellen sind eher selten. 

Altschneeprobleme sind immer besonders heimtückisch. Sie liegen innerhalb der Schneedecke und Gefahrenstellen sind für den Wintersportler meist nicht zu erkennen. In den im Lawinenreport entsprechend genannten Expositionen und Höhenbereichen empfehlen wir deshalb eine möglichst defensive Routenwahl. Große Steilhänge sollten gemieden werden.

Die derzeit warmen Temperaturen, welche uns bis einschließlich Sonntag erhalten bleiben (siehe "Weitere Entwicklung"), bringen zudem eine erhöhte Gleitschneeaktivität mit sich. Aufgrund der mächtigen Schneedecke bis in tiefe Lagen, können Gleitschneelawinen auch große Ausmaße annehmen. Nach wie vor gilt: Zonen unter Gleitschneerissen sollten möglichst gemieden werden. 

Schneereiche Winter bedingen eine hohe Gleitschneeaktivität (Foto: 06.02.2019).
 
Positiv:

In weiten Teilen Nordtirols findet man derzeit recht gute Tourenbedingungen vor. Südseitig wurde der Schnee bereits durch die Sonne in Mitleidenschaft gezogen, Nordseitig jedoch kann der während der Kaltfront am Sonntag, 03.02. gefallene lockere Neuschnee in vollen Zügen genossen werden. Die umfangreichen Triebschneepakete der vergangenen Woche haben sich gut mit dem Altschnee verbunden und sollten kaum mehr störbar sein. Vereinzelt findet man störanfällige, aber meist kleine Triebschneeansammlungen in schattigen, kammnahen Hängen in hohen Lagen und im Hochgebirge.


Nordseitig findet sich traumhafter Pulverschnee, wie hier nahe der Zittauer Hütte in den Zillertaler Alpen (Foto: 05.02.2019).


An der Schneeoberfläche hat sich während der vergangenen klaren Nächte Oberflächenreif gebildet. Während die Sonne diesen an Südhängen weitestgehend wieder zerstört hat, bildet dieser schattseitig eine Schwachschicht für zukünftige Schneefälle (Foto: 05.02.2019).
  
Im nördlichen Osttirol, wie hier in der Venedigergruppe, blies der Wind in den vergangenen Tagen zum Teil auch kräftiger und beeinflusste die Schneeoberfläche stark (Foto: 06.02.2019).


Weitere Entwicklung

In der Nacht auf morgen Freitag, 08.02. erreicht uns eine schwache Kaltfront, infolge dessen im Norden des Landes über etwa 800m bis 1200m einige Zentimeter Neuschnee fallen. Der Wind nimmt etwas zu und es entstehen insbesondere schattseitig, in Kammlagen meist kleine aber leicht auszulösende frische Triebschneeansammlungen, welche z.T. auf Wildschnee oder Oberflächenreif liegen. Die Gefahrenstellen sind leicht zu erkennen.

Am Freitag entstehen vor allem in Kammnähe meist kleine aber leicht auszulösende Triebschneeansammlungen.

Ab Freitag, 08.02. bis einschließlich Sonntag, 10.02. wechseln sich Sonne und Wolken ab, es bleibt jedoch relativ mild für die Jahreszeit. Diese zwischenzeitliche Erwärmung wird sich einerseits positiv auf die Stabilisierung der Schneedecke im Südsektor auswirken: die Störanfälligkeit der Schwachschicht in Nordtirol nimmt aufgrund der Wärme- und Strahlungseinwirkung etwas ab. Anderseits kommt es aber zu einer erhöhten Gleitschneeaktivität auf steilen Wiesenhängen.

Die Gleitschneeaktivität wird in den kommenden Tagen wieder etwas zunehmen. Gartalm, östl. Tuxer Alpen (Foto: 06.02.2019).

In der Nacht auf Montag kommt es aller Voraussicht nach zu einer Störung mit Niederschlägen, abnehmenden Temperaturen und starkem Nordwestwind. Es werden sich neue Triebschneeansammlungen bilden, die Lawinengefahr steigt an.

Die Altschneeproblematik bleibt uns - insbesondere in Osttirol - weiterhin erhalten. 

Bis einschließlich Sonntag, 10.02.2019 bleibt es für die Jahreszeit mild. Dann folgt eine Störung mit abnehmenden Temperaturen und Niederschlägen (©meteoblue).

In der Nacht auf Montag fällt in ganz Tirol etwas Neuschnee.