Montag, 23. Dezember 2019

Stürmische Nordwestströmung bringt gebietsweise Starkschneefall und Regen - Anstieg der Lawinengefahr!

Niederschlag, Wind und Temperatursprünge

Die lang anhaltende Südströmung mit Niederschlägen entlang des Alpenhauptkammes sowie in Osttirol wurde inzwischen von einer Nordwestströmung abgelöst. Die ZAMG-Wetterdienststelle warnt vor Starkschneefällen und Regen im Zeitraum vom 22.12.2019 18:00 Uhr bis 25.12.2019 18:00 Uhr. Am meisten soll es in den Regionen der Silvretta, des Arlbergs und der Allgäuer / Westlichen Lechtaler Alpen mit 100-150cm (lokal auch mehr) schneien. Von den Östlichen Lechtaler Alpen über das Karwendel bis zum Wilden Kaiser sollen es 70-100cm mit lokalen Abweichungen nach oben werden. Im restlichen Nordtirol und nördlichen Osttirol werden Summen meist zwischen 30cm und 80cm erwartet.



Auf Hydro Online erkennt man die bereits stattgefundenen 24h Niederschläge in Tirol. (Stichzeitpunkt: 23.12.2019 12:30 Uhr):

In den Regionen im Nordwesten und Norden des Landes fällt am meisten Niederschlag. Hier das Beispiel Muttekopfhütte, wo inzwischen bereits über 50cm Schnee gefallen sind. Gut zu erkennen der starke Wind, die Winddrehung sowie der Temperaturabfall

Bedeutsam für die Lawinensituation sind nicht nur die großen Neuschneemengen, sondern auch die Temperatursprünge. Auf eine Kaltfront am 23.12. (Schneefallgrenze 800-900m) folgt am 24.12. eine Warmfront (Schneefallgrenze ca. 1700m), die wiederum am 25.12. von einer Kaltfront abgelöst wird (Schneefallgrenze um 1000m). Begleitet wird der Niederschlag von stürmischen Verhältnissen auf den Bergen.

Strichliert bzw. dunkelgrün: Prognose der Niederschläge und des Temperaturverlaufs, gültig für Kaisers im Außerfern  ("Heute" bezieht sich auf den 23.12.2019)  

Anstieg der Lawinengefahr

Die Kombination aus diesen Faktoren führt zu einem Anstieg der Lawinengefahr. Wir erwarten die höchste spontane Lawinenaktivät mit dem Durchzug der Warmfront am 24.12.. Regen wird die Schneedecke in tiefen und mittleren Lagen schwächen. In Folge wird man in den neuschneereichen Regionen zahlreiche Gleitschneelawinen auf steilen Wiesenhängen, zum Teil auch nasse Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Gelände beobachten können. In höheren Lagen, dort wo es schneit, werden dann gehäuft Schneebrettlawinen von selbst abgehen.

Überlegungen zum Schneedeckenaufbau

Bezüglich der Lawinengröße stellen wir derzeit folgende Überlegungen an. Mögliche Schwachschichten für Schneebrettlawinen findet man derzeit innerhalb der Altschneedecke vermehrt im Sektor O über S bis W, dies beginnend von etwa 2300m-2500m aufwärts. Es handelt sich dabei um kantige Schichten im Bereich von Schmelzkrusten, die sich relativ nahe an der Altschneeoberfläche gebildet hatten. Solche Bereiche sollten nicht über große Flächen zusammenhängen. Brüche, die aufgrund der Auflast dort entstehen, sollten sich deshalb nicht über große Geländekammern ausbreiten.

Eine weitere mögliche Schwachschicht wird innerhalb des Neuschneepakets entstehen. Es handelt sich dabei um den bei kälteren Temperaturen gefallenen Neuschnee in windberuhigteren Bereichen. Mit Durchzug der Warmfront bildet sich durch den Temperaturanstieg ein oberflächliches "Brett", welches leicht auf dem lockeren und kälteren Schnee gestört werden kann. Das Brett wird durch weitere Schneefälle unter Windeinfluss mächtiger. Eine tendenziell höherer Störanfälligkeit bleibt auch während dem Durchzug der Kaltfront sowie zumindest am Folgetag, dem 26.12. noch aufrecht.

Zudem beschäftigt uns eine weitere mögliche Entwicklung innerhalb der Schneedecke. Es handelt sich um das Gefahrenmuster 4 (kalt auf warm). Die bis zum 20.12. in tiefen und mittleren Lagen sowie in besonnten Hängen zumindest bis etwa 2500m hinauf feuchte Altschneeoberfläche wurde ab dem 20.12. von kälterem Schnee überlagert. Aufgrund des Temperaturunterschiedes an der Grenzfläche dieser beiden Schichten kann sich (verzögert) eine kantige Schwachschicht bilden. Derzeit gibt es allerdings noch keine Informationen, dass die Schicht bereits ausgeprägt genug für Lawinenabgänge wäre. Wir gehen von Höhenbereichen oberhalb der Waldgrenze aus.

Die rote senkrechte Linie und der Pfeil symbolisieren den möglichen Start für die Ausbildung des Gefahrenmusters gm.4 (kalt auf warm)

Nun, um den Kreis zu schließen: Lawinen werden meist mittelgroß, in den Hauptniederschlagsgebieten häufig groß werden. Sehr große Lawinen sollten die Ausnahme bilden. Wenn dann könnte man sich diese nur in den besonders neuschneereichen Gebieten aus windabgewandten, hoch gelegenen und meist kammnahen Einzugsgebieten (ev. auch unter Felswänden) vorstellen.

Zwischenhocheinfluss am Donnerstag, den 26.12. - Zurückhaltung ist angebracht!

Laut ZAMG-Wetterdienststelle soll sich das Wetter am 26.12. unter Zwischenhocheinfluss bessern. Bekanntlich ist der erste Schönwettertag nach einer stürmischen Schneefallperiode besonders unfallträchtig. Wir raten deshalb, an diesem Tag sehr zurückhaltend im freien Gelände unterwegs zu sein. Gefahrenbereiche werden in den Haupt-Niederschlagsgebieten verbreitet anzutreffen sein.