Samstag, 9. Februar 2013

Gefahrenmuster kalt auf warm!

In den Tagen von Ende Jänner bis Anfang Februar sorgte ein rascher Wechsel von Warm- und Kaltfronten, die in eine stürmische Westströmung eingebettet waren, für ein mehrmaliges Ansteigen und Absinken der Schneefallgrenze.
 
Dadurch bildeten sich in jenem Höhenbereich, in dem durch die Temperaturschwankungen Regen und Schneefall abwechselten, mehrere Regenkrusten in der Schneedecke. Im unmittelbaren Nahbereich dieser Krusten haben sich wegen des großen Temperaturgradienten durch die seit 02.02. stark gesunkenen Temperaturen inzwischen heimtückische, dünne, kantige Schwachschichten gebildet.
 
Die Regenkrusten mit teilweise bereits kantigen Zwischenschichten (Schlick, am 08.02.2013)
 
Unsere fast täglich durchgeführten Stabilitätstests zeigen mancherorts bereits eine erhöhte Störanfälligkeit dieser Schichten. Dies betrifft derzeit  v.a. den Höhenbereich zwischen etwa 1800m bis 2300m in allen Expositionen, vermehrt vermutlich im Sektor W über N bis O.
 
Schauen wir uns den für diese Situation entscheidenden Temperaturverlauf anhand der Wetterstation Vorderegg in den Südlichen Ötztaler Alpen auf 2200m Höhe an:
 
 
Am 29.01. gab es vom frühen Nachmittag bis in die Nacht hinein Niederschlag. Die Temperaturen lagen nach Mittag noch deutlich über null, und sanken gegen Abend, als die Niederschläge noch anhielten, unter den Gefrierpunkt. Die nächsten Niederschläge folgten in der Nacht vom 30. auf den 31. Jänner aufgrund einer Kaltfront, die die Temperaturen über Nacht stark sinken ließ. Am 01.02. sorgte eine Warmfront, die die Schneefallgrenze im Tagesverlauf anstiegen ließ, für Bewölkung und leichte Niederschläge. Die zugehörige Kaltfront folgte über Nacht und sorgte für einen kräftigen Temperatursturz, womit die Schneefallgrenze am Morgen des 02.02. bis in die Täler absank.
 
Hier zwei typische Schneeprofile, die diese Entwicklung aufzeigen.
 
 
 
Und hier noch die Detailanalyse von unserer Praktikantin und Meteorologin Ursula Blumthaler, die diesen Blogeintrag wesentlich mitgestaltet hat.
 
Die ungefähren Schneefallgrenzen für das hintere Ötztal (zu den Niederschlagszeitpunkten):
29.01. Nachmittag: ca. 2300-2400m
29.01. auf 30.01. erste Nachthälfte: ca. 2000m
30.01. auf 31.01. erste Nachthälfte: ca. 2500-2600m
30.01. auf 31.01. zweite Nachthälfte: ca. 1900-2000m (aber kaum noch Niederschlag)
01.02. Vormittag bis Mittag: ca. 1900-2000m (aber nur wenig Niederschlag)
01.02. auf 02.02. über Nacht (ab Mittag des 01.02.): ca. 2000-2200m (an den meisten Wetterstationen im gesamten Nachtverlauf ziemlich stationärer Temperaturverlauf, erst in der Früh bzw. am Vormittag des 02.02. starker Temperaturrückgang und damit Absinken der Schneefallgrenze bis in Tallagen).
 
In den kälteren Niederschlagsperiode zwischen den Niederschlagsereignissen vom 30./31.1. und vom 01./02.02. (also in der zweiten Nachthälfte vom 30.01. auf den 31.01. und am Vormittag des 01.02.), in denen die Schneefallgrenze jeweils etwa um 1900-2000m lag, kamen nur geringe Neuschneemengen zusammen; meist wohl eher nicht ausreichend für eine weitere Zwischenschicht zwischen den Regenkrusten!?
 
Wie soll man sich verhalten? Vieles spricht in Hinblick auf das Gefahrenmuster kalt auf warm während der kommenden Tage eher für defensives Verhalten v.a. in einem Höhenbereich zwischen etwa 1900m und 2300m, in sehr steilen, sonnenbeschienenen Hängen auch darüber. Das heißt nicht zu steil unterwegs zu sein! Klarheit kann man sich durch einen raschen Blick in die Schneedecke verschaffen. Gefährlich ist es immer dann, wenn man unterhalb des Neuschnees dünne Regenkrusten bzw. alte Schmelzharschkrusten entdeckt, die von lockeren, zuckerartigen Kristallen (kantige Kristalle) umlagert sind. Je zuckerartiger diese Kristalle, desto ungünstiger ist es.
 
Neben dieser Schwachschicht muss natürlich unverändert auf frische Triebschneepakete geachtet werden, die nun teilweise durch lockeren Pulverschnee überdeckt und somit mitunter schwer zu erkennen sind.
 
Wir sind übrigens über Rückmeldungen über eure Beobachtungen sehr dankbar! So gelingt es uns, ein noch klareres Bild über die Situation zu erhalten.