Nach einer in Summe recht günstigen Lawinensituation ab dem 09.03., rechnen wir ab heute, dem 19.03. mit (neuerlich) beginnender spontaner Lawinenaktivität aufgrund der zunehmenden Durchfeuchtung der Schneedecke.
Besonders betroffen sind vorerst schneearme, besonnte, sehr steile Hänge in einem Höhenbereich zwischen etwa 2000m und 2500m. West- und Osthänge sind dabei aufgrund des tendenziell schlechteren Schneedeckenaufbaus häufiger betroffen als Südhänge.
Der Schnee wird zumindest in besonnten Hängen zunehmend feuchter und schmilzt dahin…
An schneearmen, besonnten Steilhängten führen die warmen Temperaturen und die intensive Sonneneinstrahlung zu einer rascheren Durchfeuchtung bzw. Durchnässung der Schneedecke. Schichten mit kantigen Kristallen, die mit den umliegenden Schichten letzthin noch recht gut miteinander verbunden waren, verlieren durch den Wassereintrag massiv an Festigkeit. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit von Lawinenabgängen. (Foto stammt vom Lawinenanriss am Grießkopf vom 12.03.2014 - einer vergleichbaren Situation wie im heurigen Winter)
Vorerst bevorzugte Bereiche für erhöhte Lawinenaktivität ab dem 19.03.: schneearmes, besonntes Gelände; Osttirol (Foto: 14.03.2015)
Sprengerfolge werden in besonnten Hängen zunehmen.
Ebenso werden Gleitschneelawinen ab nun vermehrt zu beobachten sein. Kitzbüheler Alpen. Im Vergleich zu anderen Wintern fehlt heuer häufig die Schneemächtigkeit für größere Probleme mit Gleitschneelawinen. (Foto: 18.03.2015)
Der ab nun fortschreitende Festigkeitsverlust der Schneedecke hat auch mit der in besonnten, sehr steilen Hängen unterhalb von etwa 2500m fehlenden Temperaturreserve zu tun. Dies bedeutet, dass die komplette Schneedecke dort bis zum Boden meist schon 0 Grad erreicht hat. Weiterer Energieeintrag führt somit unmittelbar zur Erhöhung des Wassergehaltes der Schneedecke. Bisher vorhandene Verbindungen zwischen Kristallen werden dadurch geschwächt.
Schneeprofil südseitig auf 2500m in den Südlichen Ötztaler Alpen: Die Pfeile zeigen auf Eislamellen, die durch eindringendes Wasser, Stau auf härteren Schichten sowie folgender Abkühlung entstanden sind. (Foto: 17.03.2015)
Die Eissäule weist auf Wasserabfluss von der Schneeoberfläche hin. (Foto: 17.03.2015)
Das zu oberen Fotos passende Profil. Gut zu erkennen: Die Schneedecke ist isotherm (0 Grad bis zum Boden).
Schattseitig dauert es noch, bis sich die Wärme negativ auf die Schneedecke auswirkt. Dort findet man weiterhin eine Hochwintersituation vor. Schneebrettlawinen sollten hier nur mehr vereinzelt in einem schmalen Höhenband um 2300m in den inneralpinen Regionen im Altschnee auszulösen sein. Älterer Triebschnee lagert dort mitunter auf dünnen Krusten, unter denen vereinzelt noch Schichten mit lockeren, kantigen Kristalle vorhanden sind.
Bruchfortpflanzungen ausgehend von Schwimmschneenestern an schneearmen Stellen im extrem steilen Gelände in größeren Höhen sind prinzipiell auch noch denkbar, jedoch unwahrscheinlich.
Schattseitig regiert noch der Hochwinter…(Foto: 15.03.2015)
Wie geht es weiter?
Die klassischen Frühjahrsverhältnisse werden am Samstag und Sonntag durch eine kurze Kaltfront mit etwas Schneefall in Nordtirol bis auf unter 1000m unterbrochen. Danach wird es wieder frühlingshaft.
Wichtig erscheint derzeit die richtige Zeiteinteilung, also eine rechtzeitige Abfahrt im besonnten Gelände. Entscheidend für gute Verhältnisse in den Morgenstunden ist immer auch eine sternenklare Nacht. Diese begünstigt die Ausstrahlung und somit Abkühlung der Schneedecke und dadurch die Ausbildung eines stabilen Harschdeckels.
Eine klare Nacht vom 14.03. auf den 15.03. (bei zudem eher kühleren Temperaturen) begünstigte die Ausbildung eines tragfähigen Harschdeckels; Seejoch, Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 15.03.2015)
Wolkenaufzug während der Abendstunden verminderte die nächtliche Ausstrahlung vom 18.03. auf den 19.03.; Inntal (Foto: 18.03.2015)
Wetterstation Schlick: Die Temperaturen steigen von Tag zu Tag an. Wochenbeginn mit starkem Wind und folgendem Wolkenaufzug. Ein derzeit wichtiges Kriterium ist immer auch die Schneeoberflächentemperatur (graue Linie bei der zweiten Grafik von oben). Je größer die Amplitude, desto besser die Ausstrahlung. Je weiter sich diese Linie in Richtung 0 Grad bewegt, je geringer die Amplitude, desto ungünstiger sind die Verhältnisse für den Wintersportler. Man erkennt an der Schneeoberflächentemperatur u.a. auch gut den nächtlichen Wolkenaufzug vom 18.03. auf den 19.03.2015.