Freitag, 22. Dezember 2017

Warmes Wetter führt zu einer Besserung der Lawinensituation über die Weihnachtsfeiertage – Hauptprobleme: Altschnee in Osttirol, Gleitschnee in Nordtirol

Eine Warmfront hat vom 21.12 auf den 22.12 etwas Niederschlag gebracht und die Temperatur ansteigen lassen. Heute am 22.12. regnet es teilweise bis knapp 2000m hinauf.

Aufzug der Warmfront (Foto: 21.12.2017)

Die Schneedecke wird dadurch zumindest oberflächig feucht und verliert etwas an Festigkeit. Nasse Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände können die Folge sein.

Beginnende Knollenbildung durch oberflächige Durchfeuchtung aufgrund zunehmender Erwärmung und langwelliger Gegenstrahlung. Karwendel (Foto: 21.12.2017)

Ebenso kann sich das Gleitschneeproblem in den schneereichen Regionen dadurch etwas verstärken.

Gleitschneemaul im Außerfern – Gefahr von Gleitschneelawinen aber auch Gefahr eines „Spalten"-Sturzes (Foto: 20.12.2017)

Hohe Gleitschneelawinen-Aktivität im Außerfern (Foto: 21.12.2017)

Interessant erscheint derzeit auch die Beschaffenheit der Altschneeoberfläche zu Wochenbeginn. Während kalter Tage bildete sich mancherorts Raureif und Oberflächenreif, verbreiteter Wildschnee.

Raureif im Arlberggebiet (Foto: 20.12.2017)

In weiten Teilen Nordtirols sowie im nördlichen Osttirol flockte es aus hochnebelartiger Bewölkung. Es entstand sehr lockerer Pulverschnee, der sogenannte Wildschnee. Silvretta (Foto: 20.12.2017)

Wildschnee in der Silvretta (Foto: 20.12.2017)

Wildschnee ist bekannt als sehr störanfällige Schwachschicht, sobald dieser eingeschneit bzw. von Triebschnee überlagert ist.

Am Weg zur Pleisenspitze im Karwendel. Kleines Triebschneepaket auf Wildschnee konnte leicht gestört werden. (Foto: 21.12.2017)

Lockerer Pulverschnee bzw. Wildschnee als Schwachschicht für frischen Triebschnee. Silvretta (Foto: 20.12.2017)

Beginnend von etwa 2200m aufwärts sollte man deshalb während der kommenden Tage frische Triebschneepakete im sehr steilen Gelände meiden. Das Problem wird sich aufgrund der zunehmend milden Witterung dann recht rasch wieder erledigen.

Ein mögliches Altschneeproblem haben wir speziell in Osttirol, mancherorts auch in Nordtirol. In Osttirol scheint derzeit besonntes, sehr steiles Gelände in einem Höhenbereich zwischen etwa 2300m und 2800m am kritischsten einzustufen sein. Während der vergangenen Tage bekamen wir weitere Rückmeldungen über Lawinenauslösungen. Es handelt sich dabei um eine Schwachschicht aus aufbauend umgewandelten Kristallen unterhalb einer Schmelzkruste. Die Schwachschicht ist in Osttirol ausgeprägter als in Nordtirol. Dies hat v.a. mit den vermehrten Niederschlägen in Nordtirol zu tun.

Lawinenabgang Gabelsitten in Zentralosttirol, SW, 2400m (Foto: 19.12.2017)

Fernauslösung am Ende der Aufstiegsspur, dahinter ein Lawinenabgang. Zentralosttirol. 2700m, Süd (Foto: 20.12.2017)

Villgratental (Foto: 21.12.2017)

In Nordtirol ist dieses Problem deutlich weniger ausgeprägt. Wir gehen von einem Höhenbereich oberhalb etwa 2700m aufwärts aus. Eine Lawinenauslösung ist dann jedoch meist nur durch große Belastung an schneearmen Stellen möglich.

Am Bild erkennt man gefrorene Wasserkanäle unterhalb einer Schmelzkruste, die in eine kantige Schicht eindringen. Südliche Arlbergregion, ca. 2500m, Süd; Hier konnte sich ein Bruch nur teilweise fortpflanzen, was positiv zu werten ist. (Foto: 19.12.2017)

Schattseitig ist das Altschneeproblem noch nicht ganz gebannt, obwohl sich die Situation während der vergangenen Wochen deutlich entspannt hat. Eine Störung der seit Anfang Dezember eingeschneiten kantigen Schicht sollte inzwischen auch nur mehr durch große Belastung in wenigen, windberuhigten, selten frequentierten, sehr steilen Hängen möglich sein. In Osttirol scheint die Wahrscheinlichkeit von Lawinenauslösungen im sehr steilen Gelände dabei etwas höher zu sein, als in Nordtirol. Bevorzugter Höhenbereich zwischen etwa 2200m und 2600m.

Bei Schneedeckenuntersuchungen konzentrieren wir uns zurzeit verstärkt auch auf Umwandlungsprozesse im Nahbereich von Krusten. Am Foto erkennt man gut die Regenkruste vom 11.12. – Tuxer Alpen (Foto: 18.12.2017)

Mit der milden Witterung wird sich die Lawinengefahr weiter entspannen. Das Hauptproblem bleibt der auf Wiesenhängen abgleitende Schnee, in Osttirol sollte das Altschneeproblem noch etwas im Auge behalten werden.

Auf diesem Weg wünscht das Team des LWD Tirol frohe und besinnliche Weihnachtsfeiertage!