Donnerstag, 6. Februar 2020

Nach Schneefall und Sturm kurzfristig heikle Situation für den Wintersportler

Viel Schnee und Wind, nun Hochdruckeinfluss

Nach schneereichen und stürmischen Tagen hat sich nun schönes Wetter durchgesetzt. 

Eine turbulente Woche liegt hinter uns. Windig, anfangs noch sehr warm samt Regen, dadurch bedingte Schneehöhenabnahme, folgend eine Kaltfront, die z.T. viel Neuschnee brachte. Hochdruckeinfluss ab 06.02.

In Teilen Tirols fielen während der vergangenen 3 Tage lokal bis zu 100cm Schnee

Einer der hotspots des Schneefalls: Karwendelgebirge. Foto zeigt die Seegrube oberhalb von Innsbruck (Foto: 05.02.2020)

Es war mitunter stürmisch

Sturm nicht nur auf den Bergen. Osttirol (Foto: 05.02.2020)

Frischer Triebschnee bildet derzeit die Hauptgefahr

Die Lawinensituation für den Wintersportler ist oberhalb der Waldgrenze in den neuschneereichen Regionen kurzfristig heikel. Frischer Triebschnee bildet dabei die Hauptgefahr. Dies bestätigen auch Lawinenabgänge, bei denen am heutigen 06.02. Wintersportler involviert waren. All diese Lawinenabgänge sind glimpflich ausgegangen.

Lawinenabgänge der vergangenen Tage

Aufgrund zahlreicher Rückmeldungen haben wir einen guten Überblick über Lawinenabgänge der vergangenen Tage. Ein großes DANKE dafür! Es zeigte sich, dass die meisten Lawinen im Neuschnee gebrochen sind. Einige wenige brachen in aufbauend umgewandelten Schichten, die uns insbesondere vor den Regenfällen vom 03.02. beschäftigten. Letztere Situation wurde nur mehr vereinzelt und dann oberhalb etwa 2300m, also in etwa oberhalb der Regengrenze beobachtet.

Lawinenabgänge auf der Nordkette (Foto: 06.02.2020)

Schneebrettanriss im Bockkar - Außerfern (Foto: 06.02.2020)

Unterschiedlich gute Sprengerfolge im gesamten Land. Meist gut waren diese u.a. am Stubaier Gletscher (Foto: 06.02.2020)

Kammnah im Lee (somit in besonnten Hängen) konnten die meisten Lawinenabgänge beobachtet werden. Stubaier Gletscher (Foto: 06.02.2020)

Kammnahes Schneebrett, O-seitig, Roter Kogel, Osttiroler Hauptkamm (Foto: 06.02.2020)

Wintersportler waren u.a. am Arlberg, in der Silvretta oder auch im Ötztal in Lawinenabgänge involviert.

Ein Wintersportler wollte hinter der Absperrung in den Hang einfahren und konnte sich dort festhalten, als die Lawine abging. Skigebiet Sölden (Foto: 06.02.2020)

Eine der wenigen, uns bekannten Lawinen, die noch im Altschnee gebrochen sind. Gleirschtal (Foto: 06.02.2020) 

Ein Blick zurück: Spontaner Lawinenabgang aufgrund aufbauend umgewandelter Schwachschicht und Erwärmung. O-Hang, ca. 2300m am 31.01.2020. Die folgenden Tage lösten sich weitere, solcher Lawinen aufgrund massiver Erwärmung und Regen. (Foto: 01.02.2020)

Lockerschneelawinen aus extrem steilem Gelände aufgrund von Sonneneinstrahlung. Mieminger Gebirge (Foto: 06. die

Ein Blick in die Schneedecke

Die vergangenen Schneefälle waren dadurch gekennzeichnet, dass viel Graupel eingelagert wurde. Dieser dürfte u.a. eine Schwachschicht für Schneebrettlawinen gebildet haben. Eine weitere Schwachschicht bildete u.a. überwehter Neuschnee. Beide Schwachschichten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie meist nur über kurze Zeiträume leicht zu stören sind. Vorsicht derzeit v.a. noch in größeren Höhen im besonnten Gelände sowie in hohen, schattigen Lagen.

Im ganzen Land in den schneereicheren Gebieten beobachtet. Graupel. Außerfern. (Foto: 04.02.2020)

Bezeichnend für den derzeitigen Schneedeckenaufbau. Mehrere Schwachschichten im Neuschneepaket. Nordkette (Foto: 06.02.2020)

Schwachschichten in oberflächennahen Schichten. Die untere Schicht zeigt eine Schmelzkruste, darunter findet man kantige Kristalle. Bereiche, wo die Schneedecke dort noch gestört werden kann, finden sich derzeit v.a. noch oberhalb etwa 2300m im W- und O-exponierten bisher kaum befahrenen Gelände. Ötztaler Alpen (Foto: 02.02.2020)

Die Lawinenwarner der EUREGIO bei Schneedeckenuntersuchungen in den Lienzer Dolomiten. (Foto: 06.02.2020)

Gefahrenmuster kalt auf warm (gm.4) kann ein Thema werden!

Wir beobachten derzeit besonders aufmerksam die Grenzschicht zwischen der vom Regen durchfeuchten Altschneeoberfläche und dem Neuschnee. Aufgrund eines großen Temperaturunterschiedes kann sich dort während der kommenden Tage eine Schwachschicht bilden. Noch konnten wir in dem Grenzbereich dieser Schneeschichten nichts Besorgniserregendes beobachten. Sobald wir Indizien haben, werden wir dies sofort publik machen. 

Eine Bitte an Wintersportler, die gerne mal in die Schneedecke schauen. Wir sind sehr dankbar für Rückmeldungen über beobachtete Umwandlungsprozesse der Schneedecke in erwähntem Grenzbereich (Finden sich schon kantige Kristalle? Was sagen Stabilitätstests?). Am besten direkt an lawine@tirol.gv.at schicken. DANKE!

Am Bild erkennt man die Altschneedecke und den darüber gelagerten Neuschnee. Im Grenzbereich zwischen  angefeuchtetem bzw. durchnässtem Altschnee und kaltem Neuschnee (sh. Pfeil) können sich zukünftig kantige Kristalle bilden. (Foto: 05.02.2020) 

Schneeprofile zeigen einen markanten Temperaturunterschied an der Grenzfläche Alt- und Neuschnee

Idente Situation wie bei obigem Profil

Wie geht es weiter?

...darüber machen sich die EUREGIO-Lawinenwarner tagtäglich ihre Gedanken...

Diese Tage für den Lawinenreport zuständig: Die EUREGIO Lawinenwarner Lukas (Südtirol), Norbert (Nordtirol) und Sergio sowie Gianluca (Trentino). Dolomitenhütte (Foto: 06.02.2020)

Schönwetter dominiert die kommenden Tage. Frischer Triebschnee sollte v.a. in größeren Höhen noch vorsichtig beurteilt werden. Wir raten deshalb Wintersportler weiterhin zu Vorsicht. Am vergleichsweise kritischsten ist derzeit kammnahes Gelände in größeren Höhen, wo sich vermehrt Triebschnee abgelagert hat. Ebenso vermehrt aufpassen sollte man in einem Höhenbereich zwischen etwa 2300m und 2800m in W- und O-Hängen. Dort lassen sich in den neuschneereicheren Regionen an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee im sehr steilen Gelände mitunter noch größere Lawinen auslösen.

Übrigens: Pulver lässt sich auch in weniger steilem Gelände genießen. Wankspitze, Mieminger Gebirge (Foto: 05.02.2020)

Wie schon angesprochen, kann sich aufgrund von gm.4 eine neue Schwachschicht bilden, die in regenbeeinflussten Gebieten v.a. oberhalb der Waldgrenze ein Thema werden könnte.