Donnerstag, 27. Februar 2020

Sehr wechselhaft! Stürmisch! Triebschnee bildet die Hauptgefahr

Zweitwärmster Winter der Messgeschichte

Der meteorologische Winter 2019/2020 (01.12. bis 29.02.) geht dem Ende zu. Laut ZAMG-Wetterdienststelle handelte es sich dabei um den zweitwärmsten Winter der 253-jährigen Messgeschichte. Bezeichnend dafür ist u.a. auch die am 23.02.2020 am Innsbrucker Flughafen in den späten Abendstunden gemessene Lufttemperatur von 20,5°C. (Nur zweimal wurde dieser während eines meteorologischen Winters gemessene Wert überschritten, und zwar am 24.02.2008 und am 28.02.2019, als jeweils 20,6°C erreicht wurden).

Laut Alexander Radlherr von der ZAMG-Wetterdienststelle: Außergewöhnlich: Über 20°C am Abend  mit rein windbedingter Durchmischung der Luftmasse ganz ohne Sonne

Neuerlich stürmisch

Die ZAMG-Wetterdienststelle warnt vor einem kurzen, aber sehr intensiven Sturmtief, das von heute 27.02. auf morgen 28.02.  über Tirol zieht. Am meisten betroffen ist der Alpennordrand. In der zweiten Nachthälfte lässt der Sturm von West nach Ost nach und flaut am Freitag Vormittag, 28.02., ab.

Gut zu erkennen: Der Wind hat im Laufe des Tages deutlich zugelegt. Gleichzeitig hat die Schneehöhe markant abgenommen. Der Schnee wurde also verfrachtet.

Maximale Windböen

Immer wieder Neuschnee

Mehrmals gab es während der vergangenen Woche Niederschlag: Hier erkennt man den Neuschnee vom 26.02. auf den 27.02. Heute am 27.02. kommt neuerlich Neuschnee dazu. Am meisten im Westen des Landes mit bis etwa 30cm, lokal auch mehr. 

Neuschneeprognose für die kommenden zwei Tage

Frischer Triebschnee bildet die Hauptgefahr

Die Kombination aus Neuschnee, Wind bzw. Sturm und kalten Temperaturen führt unweigerlich zu umfangreichen Schneeverfrachtungen.

Schneefahnen weisen auf entsprechende Verfrachtungen hin. Silvretta (Foto: 26.02.2020)

Der dabei gebildete Triebschnee ist vermehrt im sehr steilen Gelände in größeren Höhen zu stören, dann v.a. hinter Geländekanten in allen Expositionen sowie vermehrt in Schattenhängen. Eine mögliche Schwachschicht für Schneebrettlawinen wird vermehrt innerhalb des Neuschneepakets (z.B. Graupel, ev. auch kalter, lockerer Pulverschnee) zu finden sein. Zusätzlich gibt es derzeit v.a. im schattigen Gelände oberhalb der Waldgrenze im Nahbereich der aktuellen Schneeoberfläche filzige Kristalle unterhalb dünner Krusten. Auch dort ist bei mächtigerer Auflage von Neu- und Triebschnee ein Bruch bei entsprechender Belastung (z.B. durch einen einzelnen Wintersportler) denkbar. Lawinen sollten aufgrund einer wohl meist nicht allzu ausgeprägten Tendenz zur Bruchausbreitung maximal nur mittelgroß werden. Zudem sind sehr vereinzelt auch ältere Schichten aus kantigen Kristallen unter Krusten (dann v.a. oberhalb etwa 2300m im schattigen Gelände) noch störanfällig.

Weiche Schichten unterhalb von Krusten können bei Überlagerung von mächtigeren Triebschneepaketen mitunter eine Schwachschicht für Schneebrettlawinen bilden.

Ähnliche Situation wie beim obigen Profil. Zusätzlich findet man hier noch eine weitere (nur mehr selten anzutreffende Schwachschicht von Ende Jänner in Form von kantigen Kristallen). Letztere Schicht ist insbesondere nur durch große Belastung v.a. an schneearmen Stellen zu stören.

Bezeichnend für besonntes Gelände: Stabiler Aufbau mit einer Abfolge von Krusten sowie eine meist von Schmelzkanälen durchzogenen Schneedecke.

Die Schneeoberfläche

Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang auch die sehr unregelmäßig beschaffene Schneeoberfläche, mit der sich Neu- und Triebschnee meist gut verbunden haben bzw. verbinden werden.

Eine stark vom Wind geprägte Schneeoberfläche in den Osttiroler Tauern (Foto: 22.02.2020)

Lawinenablagerungen von 03.02./04.02. in der Silvretta (Foto: 18.02.2020)

Bruchharsch im besonnten Gelände am Tauernhauptkamm (Foto: 22.02.2020)

Richtig lockeren, kalten Pulver gab es selten. Meist war dieser von der Strahlung, mehrheitlich auch schon leicht vom Wind geprägt. Tonigenkogel (Foto: 22.02.2020)

Markant war auch der vom 23.02. auf den 24.02. gefallene Regen bis in große Höhen hinauf. Bis in mittlere Lagen wurde die meist schon feuchte Schneedecke durchnässt und erreichte somit überall 0°C. In Folge einer zumindest teilweise sternenklaren Nacht bildete sich in der Nacht vom 24.02. auf den 25.02. an der Schneeoberfläche verbreitet eine meist recht gut ausgeprägte Schmelzkruste.

Das Wetter der vergangenen Woche - warm, wechselhaft, windig, Regen bis in große Höhen

Am letzten Wochenende und zu Wochenbeginn brachte eine Westströmung sehr milde, atlantische Luftmassen in den Alpenraum. Am Samstag, 22.2.2020, waren die herangeführten Luftmassen noch trocken und sorgten ganztägig für Sonnenschein mit nur harmlosen Schleierwolken. Zum Sonntag hin wurde die Luft feuchter. Es dominierten kompakte Wolkenfelder. Am Abend des 23.02. wurden die oben erwähnten rekordverdächtigen Temperaturen gemessen. Danach begann es zu regnen, wobei der Regen meist um etwa 2500m, zum Teil sogar bis 2900m hinauf reichte.

Rückmeldungen über Regengrenzen vom 23.02. auf den 24.02. von unseren Beobachtern

Die vorherrschende westliche Höhenströmung mit einem raschen Wechsel von trockenen und feuchten Luftmassen brachte dann am Mittwoch, 26.02.2020, wieder kältere Luft und Schnee nach Tirol. Im Laufe des heutigen Donnerstags, 27.02.2020, nähert sich eine Kaltfront und bringt bei starkem bis stürmischen Westwind Schneefall, welcher sich bis Freitagmorgen behaupten kann. Laut ZAMG dreht die Höhenströmung am kommenden Wochenende auf Südwest und es wird vorübergehend wieder milder.


Wechselhaft: Regen vom 23.02. auf den 24.02., anschließend weitere, eher unergiebige Niederschläge, windig, gute Ausstrahlung vom 24.02. auf den 25.02. durch Eindringen trockener Luftmassen. Am 27.02. zunehmender Wind.

Situation im Süden des Landes

Der Süden des Landes war während der letzten Zeit kaum von Niederschlag betroffen. Erst jetzt, mit der sich ändernden Strömung, bekommt auch der Süden Schnee bzw. Regen ab. Markant ist dort v.a. die sehr harte Schneeoberfläche, in Folge derer sich Personen immer wieder verletzt haben. In einem Fall ist eine Person mit Schneeschuhen in 30° steilem Gelände bei Obertilliach ausgerutscht und in Folge tödlich abgestürzt.

Bezeichnend für die vergangene Zeit: Die Schneeoberfläche war immer wieder vereist. Lienzer Dolomiten (Foto: 21.02.2020)

In tiefen und mittleren Lagen liegt wenig bis kein Schnee. In besonnten Hängen apert es zunehmend aus. Südliches Osttirol (Foto: 22.02.2020)

Kurzfristig vermehrte Gleitschneeaktivität, allgemein geringe Lawinenaktivität während der vergangenen Zeit

In ganz Tirol, speziell im Süden, war die Lawinenaktivität während der vergangenen Wochen sehr gering. Am ehesten wurden feuchte bzw. nasse Lockerschneelawinen beobachtet. Vermehrte Lawinenaktivität wurde allerdings in den regenbeeinflussten Gebieten speziell am 24.02. in Form von Gleitschneelawinen beobachtet.

Gleitschneelawine in den Osttiroler Tauern (Foto: 24.02.2020)

Gleitschneelawine im Kleinvermunttal (Foto: 25.02.2020)

Nicht zu unterschätzen: Dachlawine im Defereggental (Foto: 23.02.2020)

Sonst noch zu beachten und vereinzelt beobachtet: Wechtenbrüche

Wechtenbruch in den Tuxer Alpen (Foto: 22.02.2020)