Unfallablauf und Lawinenfakten
Heute am 12.12. waren wir gemeinsam mit der Alpinpolizei und weiteren Experten auf der Unfallstelle vom 11.12.2021. Die Recherchen der Alpinpolizei ergaben folgenden Unfallablauf:
6 Jugendliche fuhren bereits 3x orographisch links des späteren Lawinenabgangs im pistennahen, tendenziell flacheren Gelände im freien Skiraum ab. Bei der vierten Abfahrt kurz vor 12:00 Uhr querten sie einen sehr steilen Nordhang. Inmitten des immer noch sehr bis extrem steilen Geländes blieben sie der Reihe nach stehen. Als die letzten zwei Personen dieser Gruppe zum Sammelplatz fuhren, löste sich oberhalb von ihnen eine Schneebrettlawine. Alle Personen wurden von der Lawine erfasst. Während es einer Person gelang, orographisch rechts aus der Lawine auszufahren, wurden die restlichen Jugendlichen mitgerissen. Vier davon wurden teilweise, eine Person total verschüttet.
Die Lawine wurde von Wintersportlern beobachtet. Sie führten sehr professionell die sofortige Alarmierung durch und beteiligten sich zudem sofort an der Suche nach den Verschütteten.
Von den teilweise Verschütteten zogen sich zwei Verletzungen zu und wurden ins Krankenhaus Zams geflogen. Die total verschüttete Person wurde im Rahmen eines groß angelegten Sucheinsatztes nach 1,5 Stunden geortet und konnte nur mehr tot geborgen werden.
Die Lawine war 280m lang, 70m breit und wies eine durchschnittliche Anrissmächtigkeit von etwa 50cm (Maximum bis 140cm) auf. Das Anrissgebiet befand sich auf 2140m. Der Hang ist 40° steil (extrem steil) und weist nach Norden.
Weiteres Überblicksbild von der Alpinpolizei vom 11.12.2021 |
Im Anrissgebiet der Lawine. Man erkennt links oben einen Teil des Lawinenanrisses. Zudem lässt sich die Steilheit des Geländes erahnen. (Foto: 12.12.2021) |
Am Lawinenanriss. Bruch bis in bodennahe Schichten. Rechts erkennt man zudem eine gering mächtige, kürzlich gebildete Triebschneeauflage. (Foto: 12.12.2021) |
Bei der kleinen Lärche wurde der getötete Jugendliche aufgefunden (Foto: 12.12.2021) |
Schneedeckenanalyse
Unsere Schneedeckenuntersuchungen bestätigten das im gestrigen Blog vermutete kombinierte Trieb- und Altschneeproblem. Dabei war das Altschneeproblem mit einer durchgängigen, zum Teil sehr ausgeprägten Schwachschicht aus lockeren, kantigen Kristallen dafür verantwortlich, dass die Lawine diese Ausmaße erlangte. Die für den Lawinenabgang relevanten Schwachschichten bildeten sich übrigens während der langen Schönwetterphase bis Ende November.
Auffallend war, und das zeigen auch weitere Schneedeckenuntersuchungen in anderen Teilen des Landes, dass die Schwachschichten in schneeärmeren Bereichen ausgeprägter und störanfälliger sind, als in schneereicheren Bereichen. In ersteren Bereichen benötigt man mitunter sehr geringe Belastung für eine Störung.
Das zu obigem Bild gehörige Profil. Der Pfeil zeigt die schwache Schicht aus kantigen Kristallen, die mitunter sehr leicht zu stören war. |
FAZIT
Schneebrettlawinen lassen sich weiterhin, v.a. an schneeärmeren Stellen bzw. an Übergangsbereichen von wenig zu viel Schnee in schwachen Schichten auslösen. Eine Verfestigung der Schichten geht aktuell nur langsam vonstatten. An der für den Wintersportler zum Teil immer noch komplexen und mitunter schwierig einzuschätzenden Lawinensituation ändert sich zumindest vom Waldgrenzbereich aufwärts vorerst nichts.